Aufteilung(en) unter Gleichen: zur Theorie der demokratischen Konstitution der Welt bei Jacques Rancière
In: Die Rückkehr des Politischen: Demokratietheorien heute, S. 129-145
Jacques Rancieres wissenschaftliche Karriere beginnt 1965 mit der Publikation des Bandes "Lire le Capital", in dem Louis Althusser die wichtigsten Beiträge zu seinen Seminaren zu Marx an der Ecole Normale Superieure versammelt. Nach dem Mai 68 distanziert sich Ranciere jedoch zunehmend von Althusser und kritisiert dessen Enthistorisierung des Ideologiebegriffs sowie die distanzierte Attitüde des "akademischen Marxisten" gegenüber den faktischen politischen Auseinandersetzungen. Aus dieser Kritik gegenüber der Haltung des Wissenschaftlers sowie der reduktionistischen Praxis der politischen Philosophie wird ersichtlich, dass für Ranciere Theorien abzulehnen sind, die meinen, sich über diejenigen erheben zu können, die ihren Gegenstand bzw. ihre Adressaten bilden. Ranciere ist daher einer der wenigen Philosophen, der sich mit seinen Untersuchungen zur Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert wirklich der Herausforderung durch die Cultural Studies gestellt hat. Der Beitrag zeigt auch weiterhin, dass Ranciere auch deren methodologische Forderung nach einer demokratischen Gesellschaftstheorie aufnimmt, d.h. nach einer solchen Theorie, die ihre Gesprächspartner in den Feldern, die sie untersucht, in ihrem Selbstverständnis und in ihren Selbstbeschreibungen ernst nimmt. Kritisch wird angemerkt, dass die Verurteilung der politischen Philosophie in dieser Opposition zu einfach ausfällt, da die gegenwärtige politische Philosophie zumindest partiell den distanzierten Standpunkt des Experten verlässt und sich als - reflexiver - Teil einer historischen Praxis versteht. (ICA2)