Wie das Beispiel Nietzsches zeigt, ist die geschichtsphilosophische Bedeutung der Jugend eng mit der von Reinhart Koselleck beschriebenen Erfahrung der 'Sattel- Zeit' verknüpft. Die Jugend steht für die Einlösung jener paradoxen Erwartung einer Andersartigkeit der Zukunft, die vom beschleunigten Zeiterlebnis in der verstörenden Erfahrung der raschen Auflösung der bestehenden Lebensformen und der sich wiederholenden Brüche mit der Überlieferung bewirkt wurde. Bereits im Kontext der Französischen Revolution wurde gegen das Erbschaftsprinzip des Ancien Régime das Recht der Nachkommen auf eine autonome Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse proklamiert. In seinem Entwurf zu einer Erklärung der Menschenrechte (1793) schreibt beispielsweise Marie Jean Antoine de Condorcet: "Keine Generation hat das Recht, eine zukünftige Generation den eigenen Gesetzen zu unterstellen." Diese radikale Umstellung auf die Perspektive der Nachkommen, d.h. aber der jungen Generation, begründet jenen emphatischen Begriff von Jugend, der mit dem Entwurf einer anderen Zukunft assoziiert wird. Damit kann die Jugend als wesentlicher Bestandteil des aufklärerischen Fortschrittsnarrativs interpretiert und zu den großen Ideen der Französischen Revolution gezählt werden.
Adoleszenzkrisen im Jugendalter sind unzweifelhaft Antriebe für kritisches Jugendverhalten; in welche Richtung sich nun aber diese Kritik bewegt, und gegen was sie sich richtet, hängt von den jeweiligen historisch-gesellschaftlichen Positionen ab, in denen sich die soziale Umwelt der Jugendlichen entwickelt. Diese Aussage untermauert die gesellschaftspolitische Entlastung des Jugendbildes und läßt die Möglichkeiten, die lebensaltertypisch in der Jugend stecken, hervortreten. Die Chance der Vitalität der Jugend besteht z.B. darin, daß Jugendliche vom gesellschaftlichen Status quo noch unbefangen, aber auch von den physisch-psychischen Antrieben her noch unverbraucht, gesellschaftlich Neues oder Abweichendes risikoreich und auch experimentell leben können. Jugend ist also eine Lebensphase, die vor den institutionalisierten Zwängen und gesellschaftlichen Tabuzonen liegt und der damit eine Vitalität innewohnt, die sich - je nach gegebenen historischen Umweltkonstellationen - politisch verlängern kann aber nicht muß. (DIPF/Orig.)
Warum braucht es einen Jugend-Check? Der aktuelle Kinder- und Jugendbericht (15. KJB)1 der Bundesregierung bestätigt zentrale Erkenntnisse der Eigenständigen Jugendpolitik: Jugend ist eine Lebensphase, deren Besonderheiten in politischen Prozessen oft nicht berücksichtigt werden. Dort ist gar von der "Leerstelle Jugendpolitik" (15. KJB, S. 41) die Rede. Dabei können Gesetze aus allen Politikfeldern beabsichtigte und nicht beabsichtigte Auswirkungen auf junge Menschen haben – diese werden bislang im Gesetzgebungsprozess allerdings nicht systematisch erfasst. Hier setzt die Idee des Jugend-Checks an. Dieser soll dazu dienen, die zu erwartenden Folgen geplanter Gesetzesvorhaben für junge Menschen sichtbar zu machen und für mögliche Auswirkungen zu sensibilisieren. Als Prüf- und Sensibilisierungsinstrument ist der Jugend-Check ein Beitrag für eine jugendgerechtere Politik und Gesetzgebung.
Hachschara und Jugend-Alija standen 2019 im Zentrum einer Tagung in Steinhorst, aus der die Beiträge des vorliegenden Bandes hervorgingen. Auf der Grundlage intensiver Quellenarbeit werden darin zwei Phänomene untersucht und miteinander in Beziehung gesetzt, die sich in der Zwischenkriegszeit zu den wichtigsten Institutionen der Auswanderung, Emigration und Flucht jüdischer Jugendlicher und junger Erwachsener nach Palästina entwickelten. Die Beiträge eröffnen eine transnationale Perspektive auf Netzwerke von Protagonist*innen und Organisationen, die die Hachschara und Jugend-Alija prägten und markieren damit einen Schritt auf dem Weg zu einer systematischen und quellenbasierten Erforschung der jüdischen Jugendmigration dieser Zeit. Hachschara, die eine Berufsausbildung in Landwirtschaft, Handwerk und Hauswirtschaft zur Vorbereitung auf die Alija nach Palästina beinhaltete, wird zunächst als bestimmendes Merkmal der zionistisch-chaluzischen Jugend nach 1918 herausgearbeitet und ihre Entwicklung zu einem umfassenden Berufsbildungs-, Erziehungs-, und Rettungsprojekt skizziert. Daran anschließend werden die konfliktreichen Anfänge der Jugend-Alijaim Spannungsfeld der politischen Notwendigkeiten nach 1933, theoretischer Entwürfe und praktischer Umsetzungen erzieherischer und berufsbildender Maßnahmen in Deutschland und Palästina untersucht.
Die Autorinnen untersuchen, inwiefern das bundespolitische Format der JugendPolitikTage zur dauerhaften und wirkmächtigen Berücksichtigung der Erwartungen und Forderungen junger Menschen geeignet ist. Sie entwickeln dabei breit anwendbare Kriterien für gute politische Kinder- und Jugendbeteiligung.
Vor dem Hintergrund der gestiegenen Kriminalitätsbelastung junger Menschen warnt die Autorin vor Pauschalisierungen und wendet sich ebenso gegen eine Dramatisierung wie Bagatellisierung der derzeitigen Datenlage. Delinquenz bleibe biografisch gemeinhin passager und stehe der Ausbildung eines moralischen Bewusstseins nicht grundsätzlich entgegen. Wichtig für die soziale Integration seien allerdings stabile Sozialisationsbedingungen, die es dem Einzelnen erlauben, sowohl gesellschaftliche Reaktionen auf eigene Normverletzungen auszutesten, als auch widersprechende Rollenerwartungen und Anforderungsprofile aus unterschiedlichen Lebensbereichen in den persönlichen Lebensentwurf zu integrieren. Dass Jugend immer wieder als Sicherheitsrisiko thematisiert und zum Sündenbock gesellschaftlicher Fehlleistungen gemacht wird, erklärt die Autorin neben einem zuweilen recht einseitigen Blick auf bestimmte Desintegrationserscheinungen in Teilbereichen der jungen Generation mit dem Ansinnen mancher Erwachsener, ihre eigenen Sozialisationserfahrungen auch zum Maßstab der Nachgeborenen machen zu wollen. (DIPF/Orig.)
Bei Analysen zum Verhältnis von Jugend und Politik stehen in der Regel die - meist als defizitär betrachteten - Einstellungen der Jugend zur Politik und deren politische Orientierungen im Vordergrund. Demgegenüber fehlt es so gut wie ganz an Analysen zu der Frage, wie sich die Politik auf die Jugend bezieht, mit ihr umgeht. Diese Frage verdient Aufmerksamkeit, weil die Vermutung nahe liegt, dass es möglicherweise die Handlungen oder auch Versäumnisse der Politik in Bezug auf die Jugend sind, die deren aufs ganze gesehen eher problematische Einstellungen gegenüber den Trägern und Institutionen der staatlichen Politik erzeugen. Die Analyse rückt vor allem diejenigen Formen der Politik in den Vordergrund, die sich explizit als "Jugendpolitik" verstehen und zeigt, dass die Einbindung dieser Politik in die Organisationsprinzipien und -strukturen der staatlichen Politik unter den Bedingungen der radikalisierten Moderne und der damit gegebenen Grenzen der Politik auch die Jugendpolitik zu einem zum Scheitern verurteilten Projekt macht. (DIPF/Orig.) ; Analyses on the relationship between adolescents and politics usually focus on young people´s attitudes towards politics– mostly considered to be deficient – and on their political orientations. In contrast, one finds hardly any analyses on the question of how politics relates to adolescents, how it treats them. This question deserves attention because it seems reasonable to suppose that it is probably the activities and also the failings of politics with regard to adolescents which trigger the latters overall rather problematic attitudes towards the representatives and institutions of state politics. The present analysis focusses primarily on those forms of politics which think of themselves explicitly as "youth policy" and shows that the integration of this sphere of politics into the organizational principles and structures of state politics under the conditions of the radicalized modern age and the thus defined limits of politics makes of youth policy, too, a project doomed to failure. (DIPF/Orig.)
Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit der russischen Jugend unter dem Einfluss historischer Entwicklungen und der Politik des Landes. In diesem Zusammenhang spielen vor allem Jugendbewegungen eine wichtige Rolle, da diese seit der Gründung des kommunistischen Jugendverbandes, des Komsomol, im Jahre 1918, bis heute ein wichtiges Instrument der russischen Staatsführung darstellen, um die junge Generation zu politisieren und für sich zu gewinnen. Ausgehend von der Annahme, dass die russische Jugend durch die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts bis heute stark von den zum Teil epochalen politischen Entwicklungen im Land beeinflusst wurde bzw. wird, zeigt diese Arbeit einen Ausschnitt des politischen Jugend-Mediendiskurses in Russland, in dem die junge Generation als politische Zielgruppe gesehen wird. Zunächst bietet die Arbeit einen Überblick über historische und politische Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die junge Generation der UdSSR bzw. Russlands, bevor die gegenwärtige Situation dargestellt wird und aktuell bestehende politische Jugendorganisationen präsentiert werden. Danach werden die Grundlagen der Methode der Diskursanalyse präsentiert, bevor schließlich im empirischen Teil die selbstständige Analyse von Medien aus dem Umfeld der kreml?nahen Jugendbewegung Na?i erfolgt. Durch die Untersuchung einer Auswahl publizierter Texte und Videos konnte bestätigt werden, dass die Jugendbewegung bewusste Argumentationsstrategien anwendet, um die junge Generation zu politisieren und vom politischen Kurs V. V. Putins zu überzeugen. In diesem Zusammenhang wurden auch Merkmale, die zur Konstruktion von Feindbildern im Diskurs beitragen, in den untersuchten Materialien festgestellt. Es konnte bestätigt werden, dass die russische Jugend eine wichtige Zielgruppe der Politik darstellt und derzeit ein breites Feld politischer Jugendbewegungen unterschiedlichster politischer Orientierung existiert. ; This master thesis deals with the Russian youth under the influence of historical developments and politics. In this context, especially youth movements play an important role as they represent an important instrument of the Russian governance to politicize the young generation. Since the founding of the Communist Youth League, the Komsomol, in 1918, the Russian governance has always tried to convince young people of their political course in order to hold up power and exploit them for political goals. Starting from the assumption that the Russian youth through the entire history of the 20th century was and still is heavily influenced by some momentous political developments in the country, this thesis shows a section of the political Youth-Media-Discourse in Russia, wherein the young generation is seen as a political target group. First, the paper provides an overview of historical and political developments and their impact on the young generation of the USSR and Russia. Second, the present situation and currently existing political youth organizations are presented. Third, forming the basis of the empirical part of this thesis, a general review of the scientific method of Discourse Analysis is given. Then, texts and videos published by the pro-Kremlin youth movement Na?i are analysed independently. The examination of a selection of materials published by the youth movement Na?i confirmed that the political youth organization consciously applies strategies of reasoning to politicize the young generation and to convince it of Vladimir V. Putin's political course. In this context, also characteristics that contribute to the construction of enemy images in the discourse were found in the texts and videos investigated. It was confirmed that the Russian youth is an important target group of politics in Russia and that a wide range of political youth movements with different political orientations exist at present. ; vorgelegt von Andrea Christandl ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Zsfassung in dt. und engl. Sprache ; Text überwiegend dt., teilw., russ. ; Teilw. in kyrill. Schr. ; Graz, Univ., Masterarb., 2013 ; (VLID)232237
"Erstes bis drittes Tausend." ; Über Schule und Freie Schulgemeinde: Die Aufgabe der Freien Schulen. Die deutschen Landerziehungsheime. Die Idee des Geschichts-Unterrichts. Der Aberglaube. Der Wert des Lebens für die Jugend. Solche Ansichten können wir nicht dulden. Der Krieg und die Schule -- Zur Jugendbewegung: Die deutsche Jugendbewegung. Zum Freideutschen Jugendtag. Die Entwicklung der Freideutschen Jugend. Jungendkultur. Wandervogel und freie Schulgemeinde. Der Sozialismus der Jugend. Der weltgeschichtliche Sinn der Jugendbewegung. Zweierlei Wollen. Liberalismus und Jugendbewegung. Studentenschaft und Schulreform. Die pädagogischen Million. Die Militarisierung der deutschen Jugend -- Reden: Eine Weihnachtsansprache in einer Freien Schulgemeinde. Student und Erziehungsproblem. Fichte als Erzieher. Alkohol und Jugendkultur. Rede auf dem Ersten Freideutschen Jugendtag 1913. ; Mode of access: Internet.
Die vorliegende Bachelor-Arbeit stellt die Entwicklung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ins Zentrum. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit ihre Herkunft einen Einfluss auf die Entwicklungsphase Jugend hat. Um ein Bild über die Situation der Entwicklung im Jugendalter zu erhalten, wurden mit sechs Jugendlichen mit Migrationshintergrund Leitfadeninterviews durchgeführt. Deren Schwerpunkte bildeten die Lebenswelten und die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben in der Jugendphase. Das Ergebnis zeigt eine Übereinstimmung der Entwicklungsaufgaben von einheimischen wie von zugewanderten Jugendlichen. Jugendliche mit Migrationshintergrund werden jedoch vorwiegend in den Lebenswelten von Schule und Freizeit aufgrund ihrer Herkunft mit Diskriminierung konfrontiert. Diese Situation führt wiederum zu erschwerten Bedingungen in der Bewältigung der Entwicklungsaufgaben. Daher bildet die theoretische Abhandlung über Diskriminierung in Institutionen den zweiten Schwerpunkt der Arbeit. Die Untersuchung deckt Mechanismen von institutioneller Diskriminierung in der Schule und der Sozialen Arbeit auf. Um Benachteiligungen von Klientinnen und Klienten mit Migrationshintergrund entgegen zu wirken, sollen diese Theoriekenntnisse vermehrt Eingang in das Professionswissen der Sozialen Arbeit finden. Diese Auseinandersetzung stellt insbesondere für das sozialarbeiterische Praxishandeln eine grosse Herausforderung dar und erfordert daher eine verstärkte sozialpolitische Diskussion auf der Makroebene. ; + Code Diss LU: hslusa basa 2010 + Fussnote: Bachelor-Arbeit, Hochschule Luzern - Soziale Arbeit, Ausbildungsgang Sozialarbeit, 2010
Wie haben sich rechtsextreme Orientierungen in die Mitte der Gesellschaft drängen können? Diese Kernfrage wird am Beispiel der Stadt Hennigsdorf geklärt. Es geht darum zu zeigen, wie einige wenige Einwohner dagegen kämpfen und die Bevölkerung der Stadt, der Bürgermeister, die Stadtverwaltung, die Stadtverordnetenversammlung und die Pressevertreter darauf reagieren. Des Weiteren soll geklärt werden, welche Ansatzmöglichkeiten existieren, dem Rechtsextremismus in Hennigsdorf besser als zuvor zu begegnen. Im ersten Teil wird die Untersuchung vorgestellt: Es werden die Bedingungen der Stadt Hennigsdorf, der Zugang zu den Probanden und der rechten Szene und die Art sowie mit ausgewählten Vertretern der Institutionen, vor allem aber mit sechs rechtsextrem orientierten Jugendlichen, die auch porträtiert werden. Im zweiten Teil zur Theorie werden die verschiedenen Debatten um den Begriff des Rechtsextremismus und dem der Demokratie dargelegt und dann auf die allgemeinen und Hennigsdorf-spezifischen rechtsextremen Erscheinungsformen vor allem in der Jugendkultur und ihrer Verankerung eingegangen. Anschließend werden die makrogesellschaftlichen Bedingungen für Rechtsextremismus in der Geschichte der DDR und den Rechtsextremismus insbesondere in der späten DDR als Ausdruck von Widerstand und Ressentiments - mit einer besonderen Akzentuierung von Gewalt und gewalttätigen Formationen am Ende der DDR in und um Oranienburg – gewissermaßen als gesellschaftlichen Boden für eine dann sehr schnelle Ausweitung nach der Wiedervereinigung im Kontext schwerer sozialer, ökonomischer und mentaler Erschütterungen, die bis in die Familienkonflikte hineinreichen. ; How have radically right-wing orientations been able to push to the middle of the society? This central issue is cleared at the example of the city of Hennigsdorf. It is all about showing how some few inhabitants fight against it and the population of the town, the mayor, the municipal authority, the municipal council and the representatives of the press react to it. Furthermore it shall be cleared, which possibilities exist to face the right-wing extremism better than before in Hennigsdorf. The analysis is introduced in the first part: The conditions of the city of Hennigsdorf, the entry to the probands, the right scene and representatives of the institutions, six right-wing orientated teenager also will be portrayed. The different debates about the term right-wing are explained in the second part and then discussed in relation to Hennigsdorf. Then it is explained how the macro social conditions for right-wing extremism developed in the history of the DDR as an expression of resistance and resentments - with a special accentuation of force and violent formations at the end the DDR in and around Hennigsdorf and Oranienburg.