Der Körper wird von der kultur-, sozial- und geisteswissenschaftlichen Körperforschung und der Geschlechterforschung gleichermaßen als historisch geworden, kulturell spezifisch und sozial gerahmt verstanden und untersucht. Dabei gerät der menschliche Körper im Spannungsfeld von Natur und Kultur in den Blick. Geschlecht und Körper sind vielfach aufeinander bezogen. Die Naturalisierung des Geschlechtskörpers diente unter anderem dem Ausschluss von Frauen aus der öffentlichen Sphäre.
Nicht das Setting als formale Struktur, sonder das Dilemma von Erreichbarkeit/Unerreichbarkeit des Wunschobjekts (hier verstanden als das reale, körperliche in der Psychoanalyse) und sein Verhältnis zur Sprache sind zentral für die Unterschiedlichkeit der psychonalytischen Erfahrung und für die Ausrichtung der Kur. In einem ersten Teil wird dem Verhältnis von Körper und Sprache in der Psychoanalyse anhand zentraler Freudscher Begriffe nachgegangen (Trieb, Urverdrängung, Partialobjekt, Körperoberfläche), um dies dann anhand einiger klinischer Beispiele zu konkretisieren. Dabei gehe ich von der These aus, dass die unterschiedliche Nähe zur Sprache resp. zum Objekt, oder mit Lacan gesagt, die Differenz von Begehren und Genießen, mit fundamental unterschiedlichen Erfahrungen und analytischen Interventionen verbunden ist. Es sind dies Unterschiede, die auch im Literarischen und Politischen sichtbar werden, einer je unterschiedlichen Ausrichtung bzgl. Sein und Sinn, bzgl. Liebe und Tod.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Körper und Sprache, von leiblicher Erfahrung und Diskurs. Im ersten, umfassenderen Teil der Arbeit werden verschiedene theoretische Ansätze vorgestellt der Körper wird aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, wobei ein Schwerpunkt auf die Körpergeschichte und auf der Bedeutung des Körpers für die Geschlechterstudien gelegt wird. Theoretisch aufgearbeitet werden auch Fragen nach der Wahrnehmung des Körpers und seinem Verhältnis zu gesellschaftlichen Diskursen sowie nach körperlichen Aspekten von Identität und deren politische Relevanz. Ansätze der (historischen) Diskursanalyse und der (Auto-)Biographieforschung werden schließlich angewendet, um autobiographische Texte der Autorin und politischen Aktivistin Audre Lorde zu analysieren und vor dem vorgestellten theoretischen Hintergrund zu kontextualisieren. Die Texte von Lorde erzählen von ihrer Brustkrebserkrankung und ihren Erfahrungen als schwarze, lesbische Frau in den USA der 1970/80er Jahre. Die Komplexität des Zusammenspiels von Körper-Ich und gesellschaftspolitischen Diskursen kann anhand des Dialogs zwischen den vorgestellten Theorien und der Analyse des Textmaterials beleuchtet werden. ; This master thesis addresses the relation between body and text, experience and discourse. In the first part of the thesis, different theoretical approaches will be introduced the body will be explored from different perspectives with a focus on the history of the body and the importance of the body in gender studies. The relation between body perception and societal discourses, as well as bodily aspects and their relevance in (political) identity concepts will also be questioned theoretically. After all, the concepts of (historical) discourse analysis and (auto-)biographical studies provide the basis for analyzing autobiographical texts of the author and political activist Audre Lorde against the theoretical backdrop. In her autobiographical writings Lorde refers to her experience of suffering from breast cancer and her life as black, lesbian woman in the U.S. of 1970/80ies. By bringing together the presented theoretical approaches and the analysis of Lordes writings, this paper puts a light on the complex interaction of the body-self and societal discourses. ; vorgelegt von Maga (FH) Elisabeth Fink ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Karl-Franzens-Universität Graz, Masterarbeit, 2019 ; (VLID)4431618
Foucault war einer der ersten Theoretiker, die die Historizität des Körpers radikal herausgestellt haben; seine Bedeutung für die Körpergeschichte ist entsprechend häufig hervorgehoben worden. Die meisten körperhistorischen Studien im Anschluss an Foucault haben sich auf die in "Überwachen und Strafen" beschriebenen Disziplinartechniken und seine Überlegungen zur Biomacht in "Sexualität und Wahrheit" bezogen. Weitgehend unbeachtet blieb in Foucaults Machtanalytik zunächst der Zusammenhang von Zugriffen auf den Körper und modernem Staat - ebenso wie die Dimension des Subjekts. Der in Foucaults Vorlesungen von 1978 und 1979 entwickelte weite Begriff von 'Regierung' ist als Versuch zu verstehen, Staat und Subjekt in seine Machtanalyse zu integrieren.
"Logistik. KÃrper, Krieg und Strategie" beschÃ$ftigt sich mit Geschichte und Philosophie des europÃ$ischen Kriegswesens von der Entstehung moderner Massenheere zur Zeit der Napoleonischen Kriege bis zur AuflÃsung der Wehrpflicht in der Gegenwart. Ausgehend von einer These Michel Foucaults soll mit genealogischem Zugang das Wirken der Macht mit ihrem Disziplinierungsinventar (Logistik) auf den Einzelnen (KÃrper-Ich), aber auch auf die Gesellschaft (kollektiver KÃrper) untersucht werden. "Logistik" meint in diesem Zusammenhang nicht den militÃ$rischen Fachbegriff fÃr die Wissenschaft vom Nachschubwesen. Logistik ist eine Umsetzung der Macht, die die Einbettung des Krieges in die europÃ$ische Gedankenwelt als rational definierbares und einsetzbares Mittel beschreibt, gleichzeitig aber auch das Feld des ImaginÃ$ren besetzt und einen symbolischen Apparat ausbildet. Logistik formatiert die Gesellschaft und kommt durch sie zur Wirkung. Diese Arbeit beschÃ$ftigt sich als kulturwissenschaftliche Studie mit dem kulturellen System "MilitÃ$r". Dessen Entwicklung spiegelt den unterschiedlichen gesellschaftlichen Stellenwert wider, den der militÃ$risch-kulturelle Komplex wÃ$hrend des Untersuchungszeitraums eingenommen hat: von einer hegemonialen Struktur hin zur Subkultur. Letztendlich sollen strategische Fragen behandelt werden: Wie wird Krieg definiert? Wie Ãberholt ist die Dreifaltigkeitsthese von Clausewitz zum Krieg, der Volk, Heer und Regierung als Grundelemente voraussetzt? Es wird zwischen institutioneller und existenzieller Auffassung des Krieges unterschieden: ersterer geht es um den Staatenkrieg, zweitere verankert das agonale Muster als Lebenseinsstellung. Wiederum wird mit Foucault Clausewitz paraphrasiert, um festzustellen, dass "Politik die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln" sei. Zuletzt soll Krieg als Aspekt der Massenkultur des 21. Jahrhunderts beleuchtet werden. ; No abstract available ; Jürgen Hatzenbichler ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Klagenfurt, ...
From Anthropology to Sociology, many of the historically minded Social Sciences and Cultural Studies have been interested in the subjects of ecstasy, trance and intoxication for a quite a long tme. This article seeks to assemble ideas and outline perspectives for researching the history of ecstatic and/or intoxicated bodies. It draws on approaches from the history of drugs in modern societies and proposes combining them with genealogical and praxeological accounts. The authors argue that these research tools can be fruitful for an integrative approach that can analyze the body history of various forms of 'Rausch', such as drug experiences, religious trances, sexual ecstasies, or similar feelings during sports or violence under a common denominator. They want to encourage body historians to focus on the practical production of ecstasies and intoxications and put them even more into the foreground of their research interest. From this angle, the discourses and practices of 'Rausch', their embeddedness in socio-technical contexts, and the collectives and self-relations they formed and transformed in the 19th and 20th centuries can be analyzed as techniques of modern body politics.
Das Immunsystem ist eine mächtige Institution. Ohne die Strategen der Abwehr würden wir rasch dem allgegenwärtigen Heer krank machender Mikroben zum Opfer fallen. Unfehlbar ist das Immunsystem jedoch nicht: Manchmal kann es sogar vorkommen, dass es seine Waffen gegen den eigenen Körper richtet. Schwere Krankheiten sind die Folge. Wie und warum es zu solchen "Autoimmunerkrankungen" kommt, ist noch weitgehend unbekannt. Wenn aber erst die molekularen Details verstanden sind, so die Hoffnung der Wissenschaftler, besteht die Chance auf eine bessere Therapie, womöglich sogar auf Heilung.
In der Praxis der Architektur beginnt der Entwurf oftmals mit Strichen auf einem weißen Blatt Papier oder einer Serviette, die im Nachhinein mystifiziert als erste Skizze bereits in Konturen die Vision eines Gebäudes in der (Stadt-) Landschaft vorwegnimmt. Nach diesen Strichen folgen meist noch viele Weitere. Am Ende dieser Kette steht nicht selten eine Architekturfotograf_in, die unter bestmöglichen Lichtbedingungen die Raumatmosphäre eines "fertigen" Gebäudes dokumentiert. Mit der Frage, was zwischen Serviette und Foto geschieht, damit sich Körper und Dinge in den gebauten Räumen bewegen können oder durch die Architektur bewegt werden, befasst sich dieser Artikel. Insbesondere auf diagrammatische Techniken bezogen, lässt sich fragen, wie in der Entwurfsmethodik die Bewegungen von Körpern und Dingen konzipiert werden.
Unter den Stichwörtern Liberalisierung, Globalisierung und Modernisierung veränderte die indische Regierung ab Mitte der 1980er Jahre drastisch ihre Innen- und Außenpolitik und begann Konsum als der Volkswirtschaft zuträglich zu propagieren. Seitdem ist die Produktion indischer Kleidung vielfach vom globalen Jahreszyklus der Mode geprägt. Luxuriöse Designermode wurde in diesem Zuge zu einem wichtigen Element neuer Narrative um Körper und nationale Identität. Die vorliegende Ethnographie zeichnet diesen Wandel mit Hilfe einer historisch orientierten transkulturellen Forschungsperspektive nach. Es wird aufgezeigt, wie grenzüberschreitende Medien auf ästhetisches Empfinden und Körperbilder einwirken und wie Gandhis khadi von einem simplen Baumwollstoff im Dienste des Freiheitskampfs im wirtschaftsliberalisierten Indien zu einer opulenten Designerware wurde und heute als Kulturerbe (Heritage) vermarktet wird. Die Arbeit demonstriert darüber hinaus anhand zahlreicher Beispiele, wie zentral Gold und andere Edelmetalle in der visuellen und materiellen Kultur des Subkontinents sind.
Avatare als virtuelle Gestalten in ihren verschiedenen Ausprägungen (von der elektronischen Stellvertreterin einer Userin in einem Grafik-Chatprogramm oder Computerspiel bis zu einem mit künstlicher Intelligenz versetzten Online-Banker oder einem virtuellen Popstar) rücken immer mehr in den Blickpunkt des Interesses von verschiedenen Gebieten wie der Medizin, der Politik, Wirtschaft, Unterhaltungsindustrie und nicht zuletzt geisteswissenschaftlicher Bereiche. Im Kontext von Fragestellungen um Zeichenhaftigkeit von Körpern im Netz in ihrem materiellen/entmaterialisierten Umfeld soll es zunächst einmal darum gehen, über den Umweg einer etymologischen Begriffskritik eine semiotische Analyse des Avatars - in einer seiner Funktionen als elektronischer Stellvertreter des Menschen - zu leisten. Bezeichnet der Begriff 'Avatar' im Hinduismus die zur Erde hinuntergekommene Gottheit in der Gestalt eines Menschen, so ist dieser Avatar, liest man ihn als de Saussuresches Zeichen, das signifiant, der materielle Aspekt des Zeichengefüges, welcher auf die Bedeutungsebene, das zunächst immaterielle signifié, nämlich die Gottheit, verweist. Im Internet verhält sich dies genau umgekehrt: Verweist der Avatar vom funktionalen Aspekt her noch immer auf eine Art Gottheit - User als Kontrollinstanz - so verhält es sich mit den Aspekten von Materialität und Immaterialität umgekehrt: Der Avatar als signifiant ist als Bewohner einer virtuellen Welt in gewissem Sinne immateriell und verweist auf den User in dessen materieller, realweltlichen Entität. Wie dies anhand einiger Beispiele aus der Filmwelt aufgezeigt wird, verweist das Konzept des autonomen Avatars - der künstlich-intelligenten, selbstgesteuerten Netz-Existenz -, spannt man den Bogen von de Saussure weiter, auf das semiotische Paradox des selbstreferentiellen Zeichens und wirft weitere Fragen auf in Bezug auf Dualitäten von Materialität/Immaterialität und Real Life/Virtual Reality.
Im Wandel von politischen, geografischen, kulturellen und ökonomischen Verhältnissen geraten die Grenzlinien von Raum und Körper in Frage und verändern sich. Kollektive und individuelle Identitäten sowie Lebensräume stehen zur Disposition. Der Band nimmt die historischen und gegenwärtigen Wandlungs- und Verschiebungsprozesse in den Blick und analysiert dabei so gegensätzliche Phänomene wie die Privatisierung öffentlicher Räume, die Technisierung und Virtualisierung von Körper und Raum, die Hybridisierung von Orten sowie die Ent- und Re-Sexualisierung von Körpern.
The article introduces the concept of "surveillance-capitalist biopolitics" to problematize the recent expansion of "data extractivism" in health care and health research. As we show, this trend has accelerated during the ongoing Covid pandemic and points to a normalization and institutionalization of self-tracking practices, which, drawing on the "quantified self", points to the emergence of a "quantified collective". Referring to Foucault and Zuboff, and by analyzing key examples of the leading "Big Tech" companies (e.g., Alphabet and Apple), we argue that contemporary forms of digital biopolitics are privatized, opaque, flexible, and not limited to the state. Instead, especially through the integration of wearable technologies, the biopolitical regulation of bodies is increasingly mediated by private tech companies. These companies rely on a questionable narrative of participation, responsibility, and care despite owning, and ultimately controlling, access to intimate health data and the proprietary algorithms mediating this data. The article shows that the proliferation of "surveillance-capitalist biopolitics" ultimately strengthens not only market power but also the epistemic and infrastructural power of the data-owning and gadget-producing firms. Finally, against an exclusively repressive and negative reading of biopolitics, and to effectively counter the forms of power emerging from surveillance-capitalist biopolitics, we propose four dimensions that are central to its democratization—namely privacy/individual sovereignty, democratic deliberation, pluralism, and epistemic equality.