Diese interdisziplinäre Dissertation aus dem Fachbereich Politikwissenschaften verfolgt vordergründig das Ziel, die Wirkungsweise der nonverbalen Kommunikation im Bundestagswahlkampf 2002 zu analysieren. Im Zentrum der empirisch-analytischen Untersuchung stehen Gerhard Schröder und Edmund Stoiber, die nach den nonverbalen Merkmalen: äußeres Erscheinungsbild, Mimik, Stimmklang, Gestik und Motorik untersucht werden. Das leitende Forschungsinteresse der Arbeit besteht darin, zu eruieren, inwieweit die Körpersprache der politischen Opponenten zum politischen Erfolg/Misserfolg resp. zur positiven/negativen Medienpräsenz beigetragen hat. Die gewonnenen Erkenntnisse aus den Untersuchungen werden in tabellarischer Form komprimiert zusammengefasst und transparent gemacht. Aus den Studien werden allgemeingültige Grundsätze über die Wirkungsweise der Körpersprache abgeleitet, die der Wissenschaft auch zukünftig als Kompendium dienen sollen, um die Dekodierung von Körpersprache zu ermöglichen.
Mit der Formulierung des Themas Ohnmacht und Erhabenheit. Performative Sprachlosigkeit in Friedrich Schillers Dramen stellt die Vf. bereits zentrale Aspekte der Studie heraus: Es geht um einen kulturwissenschaftlichen sowie ästhetischen Blick auf die Konstruktion der Figuren in Schillers Dramen von 1781–1804, d. h. in der Zeit der Spätaufklärung. Vor dem Hintergrund von 'Theorien des Performativen' (Fischer-Lichte) werden in der Untersuchung die kontrastierenden Ausdrucksgesten von Ohnmacht und Erhabenheit als genderspezifische Merkmale zur Konstruktion der Figuren in Schillers Dramen verstanden. Von Schiller werden diese performativen Angaben in den zeitgenössisch üblichen Regieanweisungen literarisiert, also u. a. mit den jeweiligen Angaben zur Körpersprache der Figuren; insbesondere in diesen Nebentexten werden die genderspezifischen Merkmale als konstituierende Angaben erkennbar. Diese theoretischen Vorüberlegungen werden ergänzt um die Definition der polarisierenden Untersuchungskriterien von Ohnmacht und Erhabenheit. Dazu werden Analysekriterien kontemporärer Diskurse zur ambivalenten, nicht nur weiblich konnotierten Ohnmacht (vgl. Mülder-Bach und Galle) kritisch aufgegriffen, ebenso wie Paradigmen des männlichen Freundschaftskultes im 18. Jahrhundert (vgl. Pfeiffer). Der dann analysierende Durchgang durch die Dramen erfolgt zudem mit der kontemporären Sicht auf weitere polarisierende Begriffspaare in anthropologischen und ästhetischen Diskursen am Ende des 18. Jahrhunderts wie 'Schönheit und Erhabenheit' ( Zelle); 'Körper und Geist', 'Natur und Kultur' (Schiller) und auch 'Sinnlichkeit und Sittlichkeit'. Letzteres wird bei Schiller entsprechend thematisiert in Anmut und Würde, darin in der besonderen Gegenüberstellung von 'schöner Seele' und 'erhabener Würde'. In Analogie zur Gegenüberstellung (also nicht zur Abgrenzung) gerade zu diesen kontrastierenden, geschlechtsspezifisch konnotierten Kategorien wird in der Studie die Beziehung bzw. der Einsatz der Merkmale von Ohnmacht und Erhabenheit verstanden. Die so definierten Ausdrucksgesten (von (weiblich konnotierter) Ohnmacht und von (männlich konnotierter) Erhabenheit werden. in den differenzierten Textanalysen zu Die Räuber, Kabale und Liebe, Don Karlos, Die Jungfrau von Orleans und Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder erkennbar. Der besondere, zeitgenössisch unübliche Einsatz dieser geschlechtsspezifischen und polarisierenden Merkmale zur Konstruktion der Schiller'schen Dramenfiguren wird durchgängig nachgewiesen, insbesondere in den Jugenddramen. So setzt Schiller die empfindsame Ausdrucksgeste der Ohnmacht – synonym für Unschuld/ Tugend/ 'Weiblichkeit' – zwar zeitgenössisch üblich ein, aber er verknüpft dieses Merkmal konstituierend in einer besonderen Gegenüberstellung mit dem 'männlichen' Merkmal der Erhabenheit, d. h. in einer 'gegenstrebigen Spannungsbeziehung' (vgl. Zelle) bzw. in einer Art 'Verkreuzung' (vgl. Nübel); die Vf. benennt Schillers ungewöhnlichen Einsatz der kontrastierenden Merkmale zur Konstruktion der Figuren in seinen Dramen als 'poetische Verfugung'. Belegt wird dies, beginnend mit Amalia und darauf Luise, insbesondere dann mit der Königin in Don Karlos. Gerade die Analyse zur Konstruktion dieser Figur (im Kontext des Handlungsbogens und der Beziehung zu den männlichen Figuren) liefert neue Erkenntnisse zum Verständnis von Don Karlos als politisches Drama.
Psyche und Bewußtsein, Ausdruck und Gestik, Sprache und Bild – diese drei Aspekte eines Sachkomplexes rückten im Zeichen eines neuerwachten Interesses an Anthropologie, Körpersprache und Metaphorik in den letzten Jahren verstärkt ins Blickfeld. Eine Untersuchung der Metaphern, die affektische Regungen versprachlichen, muss demnach verschiedene Ebenen berücksichtigen. Auf der ersten Ebene liegt der Bereich der psychischen Bewegungen. Was sich im Bewusstsein oder im Unterbewusstsein ereignet und in Form von - kalkulierten und emotionalen - Handlungen äußert, scheint ein Resultat bestimmter Hirnfunktionen zu sein, wie die Hirnforschung der letzten Jahre deutlich machen konnte. Auf einer zweiten Ebene sind die Ausdrucksformen des Bewusstseins angesiedelt. Mit ihnen hat sich außer der modernen Psychologie schon immer die Disziplin der Mimik und Gestik beschäftigt, weniger aus erkenntnistheoretischen Gründen, als vielmehr aus pragmatischen Interessen. Der gesellschaftliche Aspekt findet sich in der das weltkluge Handeln lehrenden Wissenschaft von der "Politik" und deren Ausläufern, den Benimmbüchern; der künstlerische Aspekt in der Schauspielkunst, die sich mit dem Komplex körperlichen Agierens auseinandergesetzt hat und den werdenden Mimen konkrete Anweisungen erteilt, wie am eindrucksvollsten Schmerz und Freude, Hass und Liebe pantomimisch ausgedrückt werden könne – im Bund mit oder an Stelle von sprachlicher Handlung. Auf einer dritten Ebene, der Ebene der Zeichen, befindet sich das Arsenal der sprachlichen Mittel, mit denen die Ausdrucksformen literarisiert werden. Es handelt sich dabei um ein festumgrenztes Bild- und Metaphernrepertoire zur Benennung bestimmter Ausdrucksformen, das in gesellschaftlichen Konventionen steht und in ritualisierter Weise zur Anwendung kommt. In der Literatur freilich werden diese Konventionen erweitert oder durchbrochen; das macht ihren "Mehrwert" gegenüber der ritualisierten Alltagssprache aus. Metaphern sind konzentrierte Semantik, und insofern vermag ihre Analyse auch über historische Mentalitätsprozesse Aufschlüsse geben.
A reflexão sobre o teatro tradicional africano em geral e, neste caso, sobre o teatro moçambicano em particular, implica a necessária revisão de algumas concepções teatrais mais conservadoras. Tal se coloca quando discutimos sobre o conceito Teatro, levantando-se aí várias questões, nomeadamente até que ponto se deve entender aquele como a denominação de uma representação cénica de uma história ou acontecimento com implicações internas, ou externas à comunidade, durante a qual se estabelece uma comunicação artística entre aqueles que agem (actores/bailarinos) e aqueles que reagem (espectadores). Até que ponto podem ser consideradas danças/representações de carácter ritual, também como formas teatrais? Neste contexto pretendo-se abordar neste artigo as implicações do Mapico e do Ndau nas respectivas comunidades onde são realizadas, sobre o seu potencial estético-filosófico, bem como sobre a sua natureza deontológica. --- Der Mapico und Ndau sind archaische ritualisierte Theaterformen, die in der Tradition der großen afrikanischen performativen Manifestationen stehen. Mittel der Körpersprache sind Marksteine der mündlich überlieferten Tradition, sowohl als Traditionsträger, als auch Traditionsvermittler. Diese vom Text unabhängigen theatralen Manifestationen beinhalten nicht nur Elemente der sozialen und politischen Satire und Parodie, sondern auch Elemente der oralen Lobdichtung. Sie bezwecken die Regelung der sozialen Positionierung des Geschlechts innerhalb einer patriarchalischen Gesellschaft und haben zugleich eine pädagogisch-initiatoriscche Funktion.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, den Wert der nonverbalen Ausdrucksmittel für einen erfolgreichen Kommunikationsverlauf zu verdeutlichen und aufzuzeigen, welche Rolle Geschlecht und soziale Hierarchie in der nonverbalen Kommunikation spielen und in welchem Maße sie eine Interaktion beeinflussen können. Als Untersuchungsgegenstand fungiert das nonverbale Verhalten des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Vicente Correa Delgado, wobei der Fokus auf den Faktoren Geschlecht und soziale Hierarchie und deren Ausdruck in der nonverbalen Kommunikation liegt. Die Durchführung der Untersuchung erfolgt anhand des medial inszenierten Abbildes von Rafael Correa, das ihn in einer diskursiven Beziehung darstellt, d.h. Aufzeichnungen politischer Debatten und Interviews, die auf internationaler Ebene stattgefunden haben. Bei der Auswahl des Untersuchungsgegenstandes wird Wert auf Verschiedenheit der Konstellationen der Interaktionspartner (Status und Geschlecht) gelegt, um einen Vergleich des nonverbalen Verhaltens zu ermöglichen. Es ergeben sich für die vorliegende Arbeit folgende Hauptfragen, die es mit Hilfe der Untersuchung zu beantworten gilt: Inwieweit spiegelt das nonverbale Verhalten des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa in einer Interaktion seine soziale Hierarchie wider und weist geschlechtsspezifische Züge auf? Variiert je nach sozialer Hierarchie und Geschlecht seiner Interaktionspartner das nonverbale Verhalten des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa in einer Interaktion? Im Rahmen dieser Fragestellung ergeben sich ferner folgende Nebenfragen: In welcher Beziehung steht das nonverbale Verhalten des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa zum verbalen Verhalten? Harmonieren diese zwei Ebenen miteinander, ergänzen sie sich oder widersprechen sie sich? Inwieweit zeigt sich die kulturelle Prägung im nonverbalen Verhalten Rafael Correas? Die Auswertung des nonverbalen Verhaltens Rafael Correas in asymmetrischer und in symmetrischer Beziehung macht deutlich, dass sowohl das Geschlecht als auch die soziale Hierarchie der Interaktionspartner Einfluss auf den Charakter und den möglichen Verlauf einer Interaktion nehmen. Anhand des Vergleichs des nonverbalen Verhaltens Correas in verschiedenen Konstellationen wird deutlich, dass das nonverbale Verhalten des Präsidenten von der sozialen Hierarchie und dem Geschlecht seiner Interaktionspartner nicht abhängig ist und somit nicht variiert. Die verbale und nonverbale Ebene ergänzen sich und weisen keine Widersprüchlichkeit auf. Es sind nur wenige kulturspezifische Verhaltensweisen des Präsidenten zu beobachten.
Die politische und wirtschaftlich-soziale Situation in der sich die Gesellschaft seit Beginn des 21. Jahrhund. wiederfindet, ist schwierig und teilweise auch schwer zu verstehen. Die Antworten auf zahlreiche offensteh. Fragen aus dem vorherigen Jahrhundert können uns auch nicht weiterhelfen. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf dem Gebiet der Kommunikation in der Politik ? dem Segment der Gesellschaft deren Qualität Einfluss auf die Qualität unseres Lebens nimmt. Das Ziel dieser Arbeit ist es zu erforschen, wie Politiker erfolgreich bzw. erfolglos kommunizieren. Ob dies nun auf verbaler Ebene durch die Analyse ihres Diskurses erfolgt, oder eben nonverbal anhand verschied. Aspekte nonverb. Kommunikation: die Gestik, Körpersprache, Bilder und Marketing mit einschließt. Untersucht wird auch, welche Strategien von Politikern im Zuge der Vorwahl-Kampagnen genutzt werden, um die Gunst der potenz. Wähler zu gewinnen - ungeachtet dessen ob es sich dabei um ?style over content? Methoden handelt. Natürlich unterscheidet sich die Situation bei den Politikern in verschied. Kulturen und Gesellschaften, sodass man beobachten kann, dass jene Situation weitaus gegliederter aber auch kompliz. im südosteuropäischen Raum ist, wo Politiker die Seriosität ihres Verhaltens aber auch ihrer Kommunikation betreffend verfehlen. Der Hauptteil der Arbeit setzt den Fokus folgende Aspekte zu belichten: Das Verhältnis von wirtschaft. und politischer Kommunikation; wie Politiker in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden und wie man das Interesse der Öffentlichkeit auf Politik lenken könnte. Und auch unter anderem ob 'soft power' Politik und sogenannte Hasstiraden in den Schwellenländern SOE zu den ausschlaggebenden Faktoren für unstabile Zustände in den entsprechenden Regionen zählen. In dieser Arbeit wird für eine Modifikation oder Innovation in den gegenwärtigen politischen Systemen der Welt argumentiert wobei direkte bzw. deliberative Demokratie als Alternative in Betracht gezogen wird. ; The political and socio-economic situation, in which society finds itself since the beginning of the 21st century, is a difficult one and sometimes even hard to understand. The answers to numerous outstanding issues from the previous century might not help us either. The focus of this thesis lies in the field of communication in politics ? a segment of society whose quality has an impact on the quality of our lives. The aim of this study is to explore how politicians communicate successfully or unsuccessfully. Whether this is done on a verbal level through the analysis of their discourse, or non-verbally by means of various aspects of non-verbal communication, including: gestures, body language, images as well as marketing. Also strategies will be examined, which are used by politicians during the pre-election campaigns in order to win the favour of potential voters ? regardless of whether it is a matter of ?style over content? methods. Obviously, the situation differs with politicians in various cultures and societies, so that it can be observed that the respective situation is much more structured but also more complex in Southeastern Europe, where politicians seem to miss the seriousness concerning their behavior as well as their communication. The main part of the work places the focus on exposing the following aspects: the relationship between economic and political communication; how politicians are perceived by the public eye and how the public interest in politics could be drawn. The work will also explore, whether 'soft-power'-politics and the so-called torrent of hatred in the developing or newly industrialised countries of Southeastern Europe are among the decisive factors for unstable conditions in the respective regions. This thesis argues in favor of a modification or innovation with regards to the current political systems in the world, whereby direct or deliberative democracy is considered as an alternative. ; vorgelegt von Dinko Sulejmanovic ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Graz, Univ., Dipl.-Arb., 2012 ; (VLID)224410
Politik ist heutzutage eng an die Person des Politikers geknüpft. Diese zeigt sich mit ihren typischen Verhaltensmustern und wird auch so wahrgenommen. Identifikation und Projektion werden gerade durch die mediale Inszenierung bedingt und verstärkt. Die Erwachsenenbeobachtung hilft den Prozess der Personifizierung und medialen Inszenierung von Politik zu erfassen, zu analysieren und zu bewerten.Schlüsselwörter Erwachsenenbeobachtung; Verhaltensmuster; Identifizierung und Politik; Körpersprache; Affekt; Virtuelle Person; Prominenzierung ; Politics are nowadays often connected with the personality of a politician. The personality shows up with its typical patterns of behavior. It is also perceived in this way. Identification and projection are often induced and intensified by the staging for and by the media. Adult observation, that is, the observation of the behavior of adults, helps to realize the process of personification and media staging of politics as well as to analyze and to judge it.Keywords Patterns of behavior; Body language; Affect; Identification and politics; Virtual person; Becoming prominent ; La politique est aujourd'hui étroitement liée à la personne du politicien. Celle-ci s'exprime dans tous ses schémas mentaux et émotionnels, ainsi que dans ses actes et elle est perçue en tant que telle. Je présente un concept et un instrument servant à observer les adultes, ce qui me permet de cerner systématiquement les rapports entre personne, comportement politique et schémas de comportement, de les analyser en tant que processus et de les replacer dans leur contexte spécifique. Il devient alors possible de définir les étapes d'une démarche de coaching ainsi que ses implications pour une évolution. De mon point de vue, le modèle de l'observation des adultes complète les concepts utilisés dans l'observation des nouveaux-nés et le diagnostic psychopathologique. Dans ce sens, il est important de centrer l'observation sur la manière dont des adultes réfléchissent, ressentent et se comportent et sur des situations qui ne sont pas pathologiques. L'exemple de la chancelière de la République fédérale allemande, Angela Merkel, permet d'illustrer cette approche - des citations littérales servant à la confirmer. D'autre part, un projet organisé sur le Net à l'occasion de l'élection du Parlement fédéral allemand (www.charimakurve.de) permet de montrer comment le type d'observation mentionné peut être utilisé lors d'une lutte électorale. Il montre que les internautes auxquels on présente des images du comportement concret de politiciens reconsidèrent la manière dont ils les voient et agissent en conséquence, c'est-à-dire qu'ils émettent des propositions d'action sans forcément les avoir consciemment réfléchies.Dans ce contexte, je décris les notions de personnification, de rôle et de compétence en public et je définis « la personne virtuelle ». Cette dernière est « créée » par le biais d'une mise en scène dans les médias.En analysant ces derniers plus en détail et avec une approche spécifique, on y retrouve le reflet de certains types de pensée, de ressenti et d'action, ainsi que les caractéristiques attribuées par les médias à la « personne virtuelle» en question. Ces dernières constituent une base importante et utile par rapport à la pratique du conseil et du coaching politiques.
Im übergroßen Schatten, den das Musikland Österreich wirft, blieb lange Zeit verborgen, daß auch der Tanz hierzulande einen hohen Stellenwert besitzt. Im 18. Jahrhundert etwa gingen neben Frankreich, England und Italien deutliche Impulse auch von Wien aus, wo Jean Georges Noverre und Gasparo Angiolini wirkten und das Handlungsballett das Licht der Welt erblickte. Am Beginn des 20. Jahrhunderts, als weltweit neue Ausdrucksformen bewußt gegen die Tradition des klassischen Balletts erprobt und entwickelt wurden, steuerte Österreich mit Grete Wiesenthal und Gertrud Bodenwieser zwei der wichtigsten Vertreterinnen des modernen Ausdruckstanzes bei. Und seit den frühen achtziger Jahren schließlich erlebt auch in Österreich die Tanzszene einen großen Aufschwung. Das alles stärker ins Bewußtsein zu rufen und damit den Tanz von einer Fußnote in der Geschichte des Musiklandes Österreich zu einem großen eigenständigen Kapitel auszuweiten, haben sich die beiden Herausgeberinnen Andrea Amort und Mimi Wunderer-Gosch in ihrem im Böhlau-Verlag erschienenen Buch Österreich tanzt. Geschichte und Gegenwart zum Ziel gesetzt. In drei Teilen - Geschichte, Gegenwart und einem Lexikon der wichtigsten ChoreographInnen in Österreich seit 1980 - legen sie mit Hilfe namhafter AutorInnen eine umfassende, durch wertvolles Bildmaterial hervorragend ergänzte Bestandsaufnahme des Tanzes in Österreich in Geschichte und Gegenwart vor. So beleuchtet Alfred Oberzaucher im ersten Beitrag des historischen Abschnitts den Stellenwert, den der Tanz in den prunkvollen Festen am Kaiserhof in Wien spielt, wo sich bereits 1557 eine Tanzausbildung belegen läßt. Sibylle Dahms zeigt die Bedeutung Wiens für die Ballettreform des 18. Jahrhunderts auf, mit der sich vor dem Hintergrund der Aufklärung der Tanz vom gesprochenen Wort emanzipierte und eine für die dramatische Darstellung fähige eigene Körpersprache entwickelte. Nicht Paris, sondern Stuttgart und vor allem Wien waren die Zentren dieser Reform, in der neben Noverre und Angiolini auch der Wiener Ballettmeister Franz Anton Hilverding eine bedeutende Rolle spielte. Die wechselhafte Geschichte der Wiener Ballettszene im 19. Jahrhundert zeichnet Gunhild Oberzaucher-Schüller nach. Ohne einer kontinuierlichen Linie zu folgen, reagierte das Ballett auf die großen gesellschaftlichen Umwälzungen jener Zeit, war zum Teil fest in der Institution Oper verankert, verstand es aber dennoch, sich daneben auch Freiräume zu erkämpfen, die zur Basis der Tanzszene des 20. Jahrhunderts werden sollten. Den Anfängen dieser Szene "zwischen Eurythmie und Tanz" ist der Beitrag von Renate Kazda-Seelig gewidmet. Das Gastspiel Isadora Duncans im geschlossenen Zirkel der Secession 1902 wird darin ebenso behandelt wie die österreichischen Spielarten des freien Ausdruckstanzes, die von Duncan wesentlich beeinflußt worden sind. Die Schwestern Wiesenthal etwa erkoren den Wiener Walzer zum Vehikel ihrer Befreiung vom "klassischen Ballett", Gertrud Bodenwieser und Rosalia Chladek waren ganz dem Expressionismus verpflichtet. Sogar an der Wiener Staatsoper hielt der moderne Ausdruckstanz Einzug. Der "freie Tänzer" Sascha Leonthew kam 1927 als Ballettmeister ins Haus am Ring, ihm folgten als Gastchoreographinnen Grete Wiesenthal, Valeria Kartina, 1930 schließlich übernahm die Wigman-Schülerin Margarete Wallmann die Leitung des Ensembles. Allerdings wurde diese Entwicklung brutal abgewürgt, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen und die Moderne vertrieben. Andrea Amort beleuchtet in ihrem Beitrag unter anderem auch die verheerenden Folgen der nationalsozialistischen Kulturpolitik, die es noch in den unmittelbaren Nachkriegsjahren neuen Tendenzen schwer machten, in Österreich Fuß zu fassen. Dennoch war das "Tanzvirus" in Österreich ein besonders hartnäckiges und "nicht auszurotten", wie Horst Koegler in seinem Beitrag über das Ballett in Wien zwischen 1942 und 1976 meint. Denn über alle Dürrezeiten hinweg blieb das Interesse am Tanz lebendig. Und es gab sogar einige Glanzlichter als "Trostpflaster": So brachte etwa Merce Cunningham 1964 erstmals einen seiner später berühmt gewordenen Events im Wiener Museum des 20. Jahrhunderts zur Aufführung. Und Freunde des klassischen Balletts durften sich an Rudolf Nurejew erfreuen, den Aurel von Milloss an die Wiener Staatsoper holte. Im zweiten Abschnitt des Buches wird querschnittartig die Gegenwart der österreichischen Tanzszene beleuchtet. Andrea Amort berichtet vom Aufbruch des Neuen Tanzes in den siebziger Jahren, Ursula Kneiss von den Entwicklungen, die sich in Wien daran anschlossen und von wichtigen "Einzelkämpferinnen". Der keineswegs provinziellen Tanzszene in den Bundesländern spüren Ilse Retzek und Ursula Kneiss nach, auf die Spuren des ethnischen Tanzes begibt sich Gabriele Haselberger. Vier Kapitel sind herausragenden Persönlichkeiten des österreichischen Tanzes gewidmet: dem ehemaligen Ballettdirektor der Wiener Staatsoper Gerhard Brunner und seinem fruchtbaren Wirken für die Wiener Tanzszene (Andrea Amort), Liz Kings Heidelberger Jahren (Jochen Schmidt) sowie ihrem neu formierten Wiener Tanztheater (Ursula Kneiss), Renato Zanella (Silvia Kargl) und dem Österreicher Bernd R. Bienert, der als Ballettdirektor am Züricher Opernhaus für Aufsehen sorgte (Helmut Scheier). Dem Tanz im Musical ist ein Beitrag von Heidrun Hofstetter gewidmet, die sich auch mit der Professionellen Tanzausbildung gestern und heute beschäftigt. Abgerundet wird das Bild durch einen Blick auf Tanz in Österreich in Film und Video von Eva Stanzl, einen Bericht über die Derra de Moroda Dance Archives in Salzburg von Sibylle Dahms sowie über Tanz-Zeitschriften in Österreich von Edith M. Wolf Perez. Es ist ein umfassendes, in gewissem Maße auch repräsentatives Buch über den Tanz in Österreich geworden. Die LeserInnen erhalten auf übersichtliche Art und Weise überblicksartig wichtige Informationen und genaue Literaturangaben, die es ihnen ermöglichen, sich in das eine oder andere Gebiet zusätzlich zu vertiefen. Die Klassifizierungen und Einordnungen, die die AutorInnen vornehmen, leisten darüber hinaus wichtige Orientierungshilfen, sich in der immer bunter werdenden Tanzszene mit ihren vielfältigen Stilen und Schulen zurechtzufinden. Doch es gibt auch einige Schönheitsfehler, die den Wert des Buches zwar nicht ernsthaft mindern, bei einer Neuauflage aber dennoch korrigiert werden sollten. Da wäre zum ersten das Problem der Abgrenzung zu nennen. Denn behandelt wird ausschließlich der Bühnentanz in Österreich, ohne daß die Herausgeberinnen diese Beschränkung in irgendeiner Form begründen. Der Gesellschaftstanz, der in Österreich eine so wichtige Rolle spielt - man denke nur an den Siegeszug des Walzers -, bleibt ebenso unberücksichtigt wie die ländliche Volkstanzszene, die in Österreich weit verbreitet ist und oftmals fließende Grenzen zum Bühnentanz aufweist. Man denke etwa an Maibaum- und Bandltänze, die eher Schau- als Gesellschaftstänze zum Mitmachen sind. Das Ausklammern des österreichischen Volkstanzes fällt dabei umso mehr ins Gewicht, als die ethnische Tanzszene sehr wohl Berücksichtigung findet. Neben der Abgrenzung ist auch die mangelnde Distanz einzelner Autorinnen und Autoren zu den von ihnen behandelten Gegenständen wissenschaftlich gesehen zumindest problematisch. So wirkt es etwas befremdlich, wenn etwa Sibylle Dahms ausführlich über sich und ihr Wirken im Bereich der Aufführungspraxis von historischem Tanzmaterial in der dritten Person schreibt, dabei aber entsprechende Aktivitäten an Institutionen außerhalb ihres Wirkungskreises unterschlägt. So erwähnt sie etwa mit keinem Wort, daß am Orff-Institut der Universität Mozarteum seit mehr als zwanzig Jahren Historischer Tanz unterrichtet wird. Lückenlosigkeit kann dem Buch also nicht durchwegs attestiert werden. Wohl aber wurde mit ihm eine wesentliche Lücke in der Literatur über den Tanz in Österreich geschlossen, das ChoreographInnen und TänzerInnen, WissenschafterInnen und dem interessierten Publikum eine Fülle an wichtigen Informationen bietet.