Der Kaschmir-Konflikt
In: Marxistische Blätter, Band 40, Heft 5, S. 21-26
ISSN: 0542-7770
Der Streit um Kaschmir ist ein zentraler Streitpunkt in den Beziehungen zwischen Indien und Pakistan seit ihrer Gründung. Er war Gegenstand mehrerer kriegerischer Auseinandersetzungen, und vorläufig gibt es kaum Aussicht auf eine baldige demokratische Lösung angesichts der von den Regierenden beider Staaten verfolgten Politik. Westliche Medien präsentieren die Vorgänge gleichsam als einen "Kulturkampf", hervorgerufen durch die politische Teilung des Subkontinents nach religiösen Kriterien am Ende der Kolonialherrschaft 1947, und fortgesetzt als Feindschaft zwischen dem muslimischen Pakistan und einem Hindu-dominierten Indien. Der vorliegende Beitrag zeigt, dass jedoch nicht die unterschiedliche religiöse Orientierung den permanenten Konflikt verursacht, sondern die Tendenz, den in der Kolonialperiode zum Politikum gewordenen Hindu-Muslim-Konflikt auf die Ebene der Staatspolitik zu projizieren. Nachdem beide Staaten seit 1998 über einsatzfähige Kernwaffen verfügen, erhielt der bilaterale Konflikt eine neue Dimension. Die Vorgänge in und um Afghanistan 2001/02 veränderten frühere Konstellationen und den Stellenwert Kaschmirs. In der von den USA gezimmerten "Koalition gegen den internationalen Terrorismus" finden sich Indien und Pakistan Seite an Seite - trotz unvereinbarer Positionen zur Terrorismusproblematik in der engeren Region. Das hat indes die Rivalen nicht dazu bewegt, von ihrer Konfrontationshaltung abzurücken. Die Interessen der etwa 10 Mio. Bewohner Kaschmirs spielen bei all dem nur eine untergeordnete Rolle. (ICA2)