Die Willensbildung in den Gewerkschaften: Entscheidungsprozesse und Konfliktregelung
In: Beiträge zur Konfliktforschung: Grundlagen-Informationen, Band 7, Heft 4, S. 57-77
ISSN: 0045-169X
Mit fast siebeneinhalb Millonen Mitgliedern ist der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Dachorganisation von 16 Einzelgewerkschaften, die bei weitem größte gesellschaftspolitische Organisation in der Bundesrepublik. Ihr demokratischer Aufbau "von unten nach oben" ist satzungsgemäß festgelegt. Am unmittelbarsten kommt die Willensbildung der Mitglieder in der Tarifpolitik zum Ausdruck, die seit jeher eine ausschlaggebende Bedeutung für die Verbesserung der Lage aller Arbeitnehmer hat, von denen allerdings weniger als die Hälfte gewerkschaftlich organisiert ist. Über den Einsatz des schärfsten Kampfmittels zur Verwirklichung von tarifpolitischen Forderungen, den Streik, entscheiden die Mitglieder unmittelbar durch die geheime Urabstimmung. Träger und Ausführende des Mitgliederwillens sind die Funktionäre, die das Rückgrat der Gewerkschaftsbewegung bilden. Der DGB ist parteipolitisch unabhängig, auch von der SPD. Das zeigte sich beispielsweise bei der frühen Bejahung der europäischen Integration, vor Jahren bei der Notstandsgesetzgebung, heute auch in der Frage der Kernenergie. Die Gewerkschaftsführung fühlt sich verplichtet - unterstützt durch den Sachverstand ihres Funktionärsapparates - Zielentwürfe und gesellschaftspolitische Modelle auszuarbeiten und der Mitgliedschaft vorzulegen. Die Meinungsbildung erfolgt also auch von oben nach unten. (Redaktionsreferat)