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Volltext // Exemplar mit der Signatur: München, Bayerische Staatsbibliothek -- Eur. 427 ul

Das Buch des heutigen Staatspräsidenten der Republik Kroatien stellt zum einen Teil eine primär europabezogene, allgemeinere geschichtswissenschaftliche und geschichtsphilosophische Untersuchung zum Gewaltmißbrauch im Krieg und zu Genozid sowie sog. ethnischer Säuberung dar. Zum anderen Teil werden diese Untersuchungen konzentriert auf die diesbezüglichen Ereignisse in Jugoslavien im 2. Weltkrieg und bei dessen Beendigung, sowie auf das offizielle diesbezügliche Geschichtsbild und die Informationspolitik im kommunistischen Nachkriegsjugoslavien zu Lasten Kroatiens. Auf Grund seiner Methodenkritik und Wirklichkeitsorientierung kann das Werk hierbei als ein Standardwerk beurteilt werden. Die offizielle jugoslavische Angabe von insgesamt ca. 1,7 Mio. Menschen sog. Kriegsverluste erklärt Tudjman realistisch als demographische Verluste, die durch die Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsereignisse verursacht sind und in denen sowohl die Kriegstoten, als auch die Opfer von Genozid, als auch die aus dem Land Vertriebenen, als auch die eines notbedingten, vorzeitigen natürlichen Todes Gestorbenen, als auch der Rückgang der Geburten enthalten sind. Die Zahl aller Kriegs- und Lagertoten im Herrschaftsgebiet des NDH (Kroatien und Bosnien-Hercegovina) gibt Tudjman mit 180.000 - 240.000 an. Für die Verringerung der Zahl der Serben auf dem Gebiet des NDH in der Zeit 1941-1948 als Folge aller möglichen Kriegsereignisse gibt Tudjman aus einer Belgrader Dokumentation von 1986/87 275.943 - 356.000 an (S. 348). Leider fehlen genauere Zahlen für die kroatischen und muslimischen Opfer im Gebiet des serbischen kollaborationistischen Staates unter dem General Milan Nedic und im Operationsgebiet der serbischen Cetnik-Bewegung. Die Zahl der von den britischen Streikräften den kommunistischen Partisanen Titos 1945 in Kärnten in der Nähe von Bleiburg ausgelieferten kroatischen und slovenischen Soldaten und Zivilpersonen wird mit 26.339 angegeben. Der größte Teil dieser Personen starb auf den sog. Todesmärschen durch Jugoslavien. (SOI-Abr)

Begründung der Jury: Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahr 2022 Serhij Zhadan. Wir ehren den ukrainischen Schriftsteller und Musiker für sein herausragendes künstlerisches Werk sowie für seine humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im Krieg zuwendet und ihnen unter Einsatz seines Lebens hilft. In seinen Romanen, Essays, Gedichten und Songtexten führt uns Serhij Zhadan in eine Welt, die grosse Umbrüche erfahren hat und zugleich von der Tradition lebt. Seine Texte erzählen, wie Krieg und Zerstörung in diese Welt einziehen und die Menschen erschüttern. Dabei findet der Schriftsteller eine eigene Sprache, die uns eindringlich und differenziert vor Augen führt, was viele lange nicht sehen wollten. Nachdenklich und zuhörend, in poetischem und radikalem Ton erkundet Serhij Zhadan, wie die Menschen in der Ukraine trotz aller Gewalt versuchen, ein unabhängiges, von Frieden und Freiheit bestimmtes Leben zu führen. (Börsenverein des dt. Buchhandels)