Der Verfasser geht der Frage nach, in wie fern die Vereinten Nationen Elemente von Kants "Weltbürgertum" umsetzen. Er behandelt dabei die allmähliche Etablierung der Friedenssicherung als Ziel der Politik, die Bedeutung einer globalen Rechtsordnung und die Verortung einer "Weltregierung" zwischen souveränen Nationalstaaten, supranationalen Staatenbünden wie der EU und einem potenziellen Weltstaat. In diesem Zusammenhang plädiert Kant für einen "Völkerbund" - eine "Republikenrepublik" - und gegen einen "Völkerstaat". (ICE2)
Der Autor des vorliegenden Beitrags befaßt sich mit den Fragen, (1) wie es zu verstehen ist, daß Konflikte im modernen Europa sich zu Kriegen ausweiten; (2) wie sich die Eskalationen hin zu Kampfhandlungen abwenden lassen könnten und (3) ob und wenn ja, was die Friedensforschung zu dieser Problematik Tragfähiges leisten kann? In Auseinandersetzung mit sozialwissenschaftlichen Ansätze zu Ethno-Konflikten und deren Ausweitung zu Kriegen kommt der Autor zu dem Schluß, daß "die Ereignisse den Sozialwissenschaften ein neues Thema vorgeben und daß vorfindliche Analysekonzepte weiter entwickelt werden müssen". Sein Vorschlag lautet in bezug auf die zunehmenden Grausamkeiten der Kriegsführung (Krieg im vormaligen Jugoslawien und in Tschetschenien), die Forschung über Ethno-Kriege mit der Extremismusforschung zu verbinden. "Das, was sozialwissenschaftlich über Ethno-Kriege erarbeitet worden ist, soll mit Aussagen der Extremismusforschung in Bezug gesetzt werden,um Eskalationen und Grausamkeiten in den Auseinandersetzungen zu erklären." (psz)
Der Autor nennt im Zuge der Aufhebung von deutscher und europäischer Teilung im Jahre 1989-90 zunächst drei entscheidende Grundlagen für eine zeitgerechte Friedenspolitik in Europa: (1) Ausgehend von einer umfassenden Definition von Friedenssicherung als Friedensgestaltung, d.h. über die Kriegsverhütung hinaus die Sicherstellung grundlegender Lebenserfordernisse und Entfaltungsmöglichkeiten für die Individuen, die Erkenntnis der Wechselbeziehungen zwischen Kriegsverhütung und Friedensgestaltung zu intensivieren; (2) gesamteuropäische Friedensgestaltung muß allen Teilen des alten Kontinents zugute kommen und (3) den Einbezug von Frieden und Wohlfahrt für alle nicht-europäischen Länder. In diesem Zusammenhang fordert er eine Umgestaltung der Ost-West-Militärallianzen, eine Abschwächung der hegemonialen Führungsposition der beiden Führungsmächte und den Ausbau systemübergreifender Strukturen in der Sicherheitspolitik. Dies wird an jüngsten Beispielen verdeutlicht. Der Schwerpunkt bei den Bemühungen um eine Neugestaltung bzw. Überwindung der überkommenen Machtstrukturen in Europa liegt nicht auf dem Gebiet der zwischenstaatlichen Beziehungen, sondern im Bereich der gesellschaftspolitischen Entwicklung, der Vertrauensbildung und der Achtung der Menschenrechte. Den neutralen Staaten wie Österreich oder Schweden wird eine ökonomische Anbindung an die EG nahegelegt. Fernziel ist die Schaffung einer politischen Union in Europa. (ICK)
"Die Diskussionen um herkömmliche militärische Strategie- und Strukturergänzungen sowie die Vorstellung vieler alternativer Konzepte lassen zunehmend eine Verengung auf den rein militärischen Aspekt erkennen. Inzwischen werden mehr denn je militärisch-technische Vergleiche und Kriterien entwickelt. Dadurch wird die sicherheitspolitische Sichtweise eingeschränkt. Verteidigungspolitische Daten und Fakten werden nicht mehr im notwendigen Maße gleichgewichtig nach politischen, wirtschaftlichen, militärischen und gesellschaftlichen Richtlinien untersucht und beurteilt. Zum Ausgleich dieses Mangels werden zehn Kriterien entwickelt. Sie sollen, so wird vorgeschlagen, als Maßstab für ein Beurteilungsraster von militärischen Strategie- und Strukturkonzepten herangezogen werden. Im Gleichklang mit den sicherheitspolitischen Dimensionen und möglichen operativ-taktischen sowie technischen Bedingungen ergibt sich ein Entscheidungsfeld mit unterschiedlich zu wertenden Einwirkungs- und Bestimmungsgrößen. Der herausgearbeitete Kriterienkatalog will einen Denk- und Handlungsanstoß vermitteln. Danach sind sicherheits- und verteidigungspolitische Analysen und Bewertungen weitestgehend nur in Anerkennung einer gemeinsamen Plattform möglich und sinnvoll. Demzufolge ist wiederum ein Konsens über die Kriterien notwendig. Der Beitrag unterbreitet dazu ein Angebot - insbesondere im Sinne einer an guter Nachbarschaft zwischen den Staaten und gesellschaftlicher Akzeptanz orientierten Friedens- und Entspannungspolitik." (Autorenreferat)
"Den Linken in der Stuttgarter SPD sei es 1910 gelungen, den bestimmenden Einfluß auf die Parteiorganisation zu gewinnen. Das Beispiel der Stuttgarter Linken zeige, daß diese fähig gewesen seien, die Massen zu mobilisieren und eigenständig Beiträge zu wichtigen Grund- und Detailfragen des Klassenkampfes zu leisten, die ihnen 'durchaus einen ebenbürtigen Platz neben den zentralen Persönlichkeiten dieser politisch-ideologischen Strömung einräumten." (Autorenreferat)
Ausgangspunkt der Überlegungen ist der Tatbestand, daß der alte deutsche Traum, einmal auf der Seite der Sieger zu stehen, ein Traum, der bekanntlich 1918 und 1945 zerrann und morgen möglicherweise mit Ronald Reagan und seinen Raketen, die letzte Erfüllung finden soll, noch nicht ausgeträumt zu sein scheint. Dies kommt zum einen in der inhaltlichen Ausrichtung der erneut entfachten historiographischen Auseinandersetzung um den Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum Ausdruck, zum anderen in der Instrumentalisierung geschichtswissenschaftlicher Aussagen als "politisches" Argument zur Propagierung bestimmter politischer Ziele durch führende Politiker. Die sich dabei abzeichnenden Tendenzen sind Gegenstand der beiden ersten Abschnitte: (1) Zahlreiche Historiker in der Bundesrepublik bemühen sich in jüngster Zeit verstärkt darum, die relative Unschuld des Deutschen Reiches am Ausbruch des Ersten Weltkriegs erneut zu begründen. Die historische Forschung dieser Problematik wird unter Berücksichtigung der jeweils leitenden wissenschaftlichen und politischen Erkenntnisinteressen nachgezeichnet. (2) Die historiographischen Restaurationstendenzen stehen in enger Beziehung zur unmittelbar politischen Auseinandersetzung. Abschließend werden die Konsequenzen aus der so reklamierten deutschen "Sonderrolle" für die Stationierungspolitik aufgezeigt. Die Regierung hat eine Entwicklung forciert, die auf eine Einordnung in das globalstrategische Konfrontationskonzept der Regierung Reagan hinzielt, eine Politik, die mit hohen Kosten und Risiken belastet ist und den Überlebensinteressen der Bevölkerung entgegensteht. (RW)
Krieg, grundsätzlich verstanden als organisierte Gewaltanwendung zwischen gesellschaftlichen Gruppen oder Staaten, ist eine Erscheinung der Konfliktaustragung, die seit Jahrtausenden einen festen Bestandteil der menschlichen Geschichte bildet. Zugleich wird der Krieg trotz seiner offensichtlichen Bedeutung für das Zusammenleben der Menschen und dessen Gefährdung in Teilen der Sozialwissenschaften kaum thematisiert bzw. als temporäre und zu überwindende Abweichung von einem unterstellten Zivilisationsprozess betrachtet. Dieses Buch versucht vor diesem Hintergrund, das noch immer aktuelle Phänomen des Krieges und der Kriegführung aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und so den aktuellen, i.w.S. sozialwissenschaftlichen Stand über seine begrifflichen Grundlagen, Ursachen, Erscheinungsformen und Entwicklungstendenzen zusammenzufassen. Der Inhalt Das Phänomen Krieg und seine Ursachen.- Der Krieg in den Sozialwissenschaften.- Erscheinungsformen und Entwicklungstendenzen des Krieges.- Besondere Erscheinungsbilder des Krieges. - Grenzformen des Krieges.- Kriegsinitiierung.- Kriegsverhinderung.- Kriegsbeendigung.- Der Krieg als bleibendes Grundproblem internationaler Beziehungen Die Zielgruppen Dozierende und Studierende der Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte sowie der interdisziplinär mit Fragen der Friedens-, Konflikt- und Militärforschung befassten Bereiche der Wirtschafts-, Rechts-, Kultur-, Natur- und Ingenieurwissenschaften. Der Autor Dr. Ralph Rotte ist Professor für Internationale Beziehungen an der RWTH Aachen University
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"Dieser einführender Beitrag zum Thema bietet mehr als nur einen Überblick über die Internationalen Beziehungen. Die Autoren erörtern nicht nur die Gegenstände dieses Lehrgebietes - mehr oder weniger souveräne Staaten und ihre Interaktionen - und ihre Behandlung durch die drei großen Theorieschulen Realismus, Liberalismus und Marxismus. Vielmehr schreiben sie auch eine Theoriegeschichte der Internationalen Beziehungen mit Hilfe dreier Paradigmen, welche das Zusammenspiel zwischen diesen Theorieschulen durch die Ausrichtung auf bestimmte zu erklärende Größen strukturiert haben: das Friedens-, das Kooperations- und das global governance-Paradigma. Das Friedensparadigma mit seiner praxeologischen Ausrichtung auf die Kriegsverhinderung dominierte die junge Disziplin nach dem Ersten Weltkrieg für mehrere Jahrzehnte. Keinen grundsätzlichen Widerspruch dazu, aber eine wegweisende Neuerung brachte das Kooperationsparadigma angesichts wachsender Interdependenzen etwa seit Mitte der 1970er Jahre mit sich. Gerade sein Erfolg führte seit Ende der 1980er Jahre zur Herausbildung des global governance-Paradigmas, das 'die Gesamtheit der kollektiven Regulierung sozialer Problemlagen im globalen Raum' in den Blick nimmt. Im Moment sehen uns die beiden Autoren als Zeugen der Emergenz eines neuen Paradigmas, welches internationale Institutionen im Hinblick auf ihre Autorität und Legitimität kritischer betrachtet." (Textauzug)
Der Beitrag versucht, einen Überblick über die Positionen der christlichen Kirchen gegenüber den Fragen von Frieden, Krieg und Gewalt zu bieten. Mit Blick auf die historische Entwicklung (seit den Stellungnahmen im frühen Christentum) erkennt der Verfasser drei Konzeptionen: (1) Pazifismus (bis zu der Zeit, als das Christentum etablierte Religion des Römischen Reiches wurde), (2) Lehren vom 'gerechten Krieg' (bis zum Zweiten Weltkrieg und zur Erfindung der Atombombe) und (3) zögernde Rückkehr zu pazifistischen bzw. semipazifistischen Positionen (seit 1945). Die Lehren vom 'gerechten Krieg' boten teilweise ein brauchbares Instrument der Kriegsverhinderung, sie wurden aber andererseits auch von Anbeginn als Mittel mißbraucht, jeden geführten Krieg zu rechtfertigen. Der Verfasser führt aus, daß die Frage im heutigen Katholizismus keineswegs endgültig entschieden ist; verschiedene Denk- und Handlungsschulen werden skizziert. Die Mehrheit der protestantischen Kirchen scheint sich für eine Barthsche Position des Semipazifismus und der Abrüstung entschieden zu haben; aber auch hier existieren militante reaktionäre Strömungen. Der Verfasser legt abschließend dar, daß die Zukunft der christlichen Haltung gegenüber diesen Problemen von der Überwindung staatskirchlicher Rollen und von der Demokratisierung der Kirchen abhängen wird. (JLÜbers)
Seit den 1990er Jahren hat sich die wissenschaftliche und öffentliche Debatte über Kriege verändert: In der Interpretation des globalen Kriegsgeschehens werden zunehmend politische oder religiöse Bewegungen als Kriegspartner (-gegner) berücksichtigt. Der Autor stellt in diesem Kontext zwei diskursive Strömungen vor: Zum einen den 'pessimistischen Kulturalismus' und zum anderen den 'utilitaristischen Ökonomismus'. Beide verbindet die These vom neuen Charakter der gegenwärtigen Kriege. Im Folgenden konfrontiert der Autor drei Thesen der Charakterisierung der 'neuen Kriege' mit drei Gegenthesen, die der Auffassung verbunden sind, dass sich der Charakter von Kriegen der Gegenwart nicht wesentlich verändert hat. Der Verfasser diskutiert die Thesen vom unpolitischen Charakter der handlungsleitenden Motive der Kriegsakteure, der zunehmenden Barbarei der Gewaltpraktiken sowie die These des zunehmenden staatlichen Charakters der gegenwärtigen Kriege. Der Verfasser relativiert zwar den Wahrheitsgehalt der drei Thesen, konstatiert aber eine Globalisierung und Ausdifferenzierung des Kriegsgeschehens nach 1945. Darüber hinaus, so der Autor, ist das Kriegsgeschehen der Welt zu einem Kernthema des Selbstverständnisses der Moderne geworden. (ICC2)
"Dieter Senghaas opens this section by discussing theoretical questions concerning the civilisation of conflict. He regards 'causal' or 'constructive' pacifism as a guiding notion for conflict transformation. If civil or international war is a result of anarchy, this can only be eroded by a social order that can contribute to enduring peace. This has to be built at national, regional and international levels. The author develops a model of a complex peace architecture ('civilisational hexagon'). The six components (1. monopoly of force by the state; 2. rule of law; 3. democratic participation; 4. constructive conflict management; 5. social justice and equity; 6. interdependencies and affect control) are the very basis for civilising conflicts in a potentially violence-prone political, socio-economic and socio-cultural environment. The author argues that causal pacifism established the right framework for 'thinking about peace' and 'making peace' and should be a source of inspiration for current endeavours. A guiding principle could be the notion that the measure of peace is peace itself. This is a legacy of an idea which originated in the early years of the twentieth century and which should now be revived." (author's abstract)