Die Renaissance zwischen Wiedergeburt und Neuanfang
In: Das Staatsdenken der Renaissance: vom gedachten zum erlebten Staat, S. 29-42
Die Renaissance ist ein kulturgeschichtlicher Begriff, mit dem die Jahrhunderte vom Ausgang des Mittelalters bis zu den ersten beiden Jahrhunderten der Neuzeit bezeichnet werden. Einen großen Einfluss auf die Prägung des Begriffs hatten Historiker des 19. Jahrhunderts wie Michelet und Burckhardt. Für Michelet war sie der Schritt aus dem dunklen Mittelalter in das helle Licht der Neuzeit. Burckhardt verband sie mit der Entdeckung des Menschen, des Individuums und der Welt. Man denkt gewöhnlich, wenn man von Renaissance spricht, an Italien, an den Humanismus und an das Wiederaufblühen der Kunst. Sie kennzeichnet aber auch das Ineinandergreifen von Wiedergeburt und Neuanfang, von Er-Neuerung und Neuheit, von "regeneratio" und "innovatio". Dies führt zu der Frage, was an der Renaissance eine Wiedergeburt des Alten und was typisch neuzeitlich ist. Man begegnet dabei Mischungen von alt und neu, die in zweifacher Hinsicht für Verwirrung sorgen: Zum einen erscheint als neu und neuzeitlich, was in Wahrheit nur eine Wiedergeburt des Alten ist. Zum anderen wird das wiedergeborene Alte auf eine neue Weise angeeignet, so dass sich die Frage stellt: Bleibt es, was es war? Oder hat es sich in der Erneuerung derart verändert, dass es nicht mehr das Alte ist? Der Autor untersucht diese Frage anhand von drei Beispielen: anhand des Verständnisses von politischer Wissenschaft, anhand der Renaissance-Utopien und schließlich anhand des in der Renaissance aufkommenden neuen Weltbildes. (ICI2)