Umbruch in der Sowjetunion und Auseinandersetzung mit der Vergangenheit: Alexej Losevs Erfahrung der frühen sowjetischen Wirklichkeit
In: Der Umbruch in Osteuropa als Herausforderung für die Philosophie: dem Gedenken an Rene Ahlberg gewidmet, S. 107-128
"In Losevs Arbeiten der 20er Jahre wurde Russische Religiöse Philosophie 'sowjetisch', ohne mit der offiziellen Sowjetphilosophie, dem Marxismus Leninismus theoretische Berührungspunkte aufzuweisen." Die Autorin untersucht den komplexen, widersprüchlichen Zusammenhang zwischen "Russischer Philosophie" und sowjetischer Ideologie anhand Losevs Reflexion seiner Erfahrung der frühen sowjetischen Wirklichkeit, die sich in der philosophischen Erzählung "Gespräche beim Weißmeerkanalbau" niederschlug. Losevs Position, so wird gezeigt, ist weniger konservativ im Sinne von "wertebewahrend", als vielmehr "vergangenheitsorientiert" und revolutionär: Die bestehenden, im Rahmen der aktuellen Kultur sanktionierten Werte werden negiert, um auf etwas Absolutes, das bestehende Wertesystem Übersteigendes zu rekurrieren. Losev beschreibt die frühe sowjetische Wirklichkeit als "tragischen Dithyrambus", in dem die von der Revolution aufgeworfene Frage, die Schaffung einer neuen Welt oder Fortsetzung der alten, noch ungelöst scheint. Seine antiliberale Haltung ist von der Interpretation des Ausgeliefertseins an ein unabänderliches Schicksal (die Revolution und die Technik) als tragisch-positive Chance geprägt. (ICD)