Aby M. Warburg und der Erste Weltkrieg
In: Aggression und Katharsis: der Erste Weltkrieg im Diskurs der Moderne, S. 139-161
Der Beitrag analysiert das ambivalente Verhältnis des Kulturwissenschaftlers und "Psychohistorikers" Aby M. Warburg zum Ersten Weltkrieg. Einerseits verstand Warburg den Krieg wie viele andere Intellektuelle als notwendige Verteidigungsmaßnahme der Kultur gegen die negativen Einflüsse der westeuropäischen Zivilisation, andererseits sah er von Anfang an deutlich auch die Gräuel des Krieges. Warburg war zwar bestrebt, aktiv zur "Cultur- und Staatsentwicklung" beizutragen: Seine Herausgeberschaft in Italien, dessen Kriegseintritt Warburg stark irritierte, und sein zusammen mit Binder verfasstes Memorandum bezüglich der "Judenfrage" können, so die Autorin, als Versuche in diese Richtung interpretiert werden. Gleichzeitig war er jedoch als "Verstandesmensch" in seiner Überzeugung, dass sich die Menschheit durch Vernunft weiterentwickeln werde, tief getroffen. Warburg entwickelte nun die Überzeugung, dass die Barbarei stets nur von einer dünnen Schicht der Kultur überdeckt sei. Der Einzelne und die Gesellschaft müssen daher ständig an der Unterdrückung der "wilden, zerstörerischen Triebe" arbeiten. (ICA2)