Tiere und Medien beziehungsweise der Begriff des Medi-ums sind in vielfachen Weisen aufeinander bezogen. So sind Tiere in der Kunst- und Kulturgeschichte oft Bedeu-tungsvehikel. Sie haben daher in Bezug auf diese Bedeu-tungen Vermittlerfunktionen. Zudem sind Tiere in medizini-schen oder militärischen Experimenten Versuchsobjekte, in Fabeln werden sie als vermenschlichte Lehrmeister dargestellt und als Haustiere nehmen sie die Rolle von Kommunikationspartnern ein. In unterschiedlichen Religio-nen sind sie als Opfer, Totem oder Personifizierungen von Göttern dem übersinnlichen Bereich zugeordnet. An der Fleischtheke hingegen bilden sie einen Teil der profanen Warenwelt. Wenn Tieren von Philosophen wie Descartes jedes Gefühl abgesprochen wird, werden sie noch im Todeskampf zu bloßen Trägern physikalischer Vorgänge. In Gestalt der Lila Kuh fungieren sie als Werbeträger, während die transgene Maus in der Biotechnologie zur genormten Größe wird. Informationsträger sind Tierkörper außerdem für die Ingenieure der Bionik oder für Compu-terexperten, die sich mit einem Trojanischen Pferd kon-frontiert sehen. Die Zusammenhänge zwischen dem Konzept des Tiers beziehungsweise realen Tieren einerseits und dem Kon-zept des Mediums beziehungsweise Medien andererseits werden in den folgenden Beiträgen mit unterschiedlichem historischem sowie gattungsspezifischem Fokus erörtert.
In dieser Dissertation wird die These vertreten, dass in zentralen Werken des Dichters Paul Celan (1920-1970) aus den Jahren 1945 bis 1960 Medialität de-figuriert wird. Mit anderen Worten: Die rhetorische Konstituierung von Mediendispositiven, also von diskursiven und nicht-diskursiven Praktiken, die der Vermittlung des Menschen mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit der Umwelt dienen, wird in den Texten in Frage gestellt, ja zerstört. Die Nachzeichnung dieser De-figuration stützt sich dabei auf einen der poetologischen Kernsätze des Meridian, wonach das Gedicht der "Ort wäre, wo alle Tropen und Metaphern ad absurdum geführt werden". Nämlich die Metaphern, Tropen und überhaupt die rhetorischen Figuren der Medialität, die in der Prosopopoiia als dem Verleihen von Gesicht und Stimme ihrer Akteure, Fabrikationen und Funktionen ihre Quelle haben. Mediendispositive wie Printmedien, Tonträger, der Film, aber auch der politische und der ästhetische Diskurs stehen bei Celan im Verdacht, technische, nämlich auf Codierbarkeit beruhende Verlängerungen einer metaphysisch fundierten, aber irrational gewordenen instrumentellen Vernunft zu sein. Diese ist spätestens seit der Shoah und den anderen großen Verbrechen des 20. Jahrhunderts diskreditiert und wird für die Produktion gesellschaftlicher und individueller Entfremdung verantwortlich gemacht. Die Rhetorik von Medialität – die in eine unbewusste und unreflektierte Rhetorizität überzugehen neigt – zu de-figurieren, heißt, Medialität an ihrer Wurzel anzugreifen, nämlich an ihrer Schöpfung durch sprachliche Prozesse. Mit der De-figuration von Medialität in Celans Texten werden technische Mediendispositive mit den Mitteln der Poesie als Produkte von Rhetorik entlarvt und in ihre signifikanten Bestandteile zersetzt. Zumindest in der Sprache als dem Hort von Utopie werden technische Mediendispositive oder ihre Elemente zu spezifisch anthropomorphen Mediendispositiven refiguriert. Entstehen sollen Vermittlungszusammenhänge, die die Beteiligten in eine Beziehung zur Endlicheit setzen. Angestrebt wird damit das "Offene" einer multisensoriellen medialen Kommunikation, die nicht der Übertragung eines intelligiblen Sinns dient, sondern das Mitsprechen der Zeit des Anderen erlauben kann. Dies gilt in einem sehr umfassenden Maße: Das Mitsprechen der Zeit des Anderen soll einerseits einziehen in die Kommunikation unter den Lebenden, nämlich als Öffnung auf das Unbewusste hin, und andererseits in die Kommunikation zwischen den Lebenden und den Ermordeten der Shoah, damit sie im Gedenken fortleben. Die De-figuration von Medialität in Celans Büchnerpreisrede Der Meridian zielt – wie in der ausführlichen Erörterung des Meridian in Abschnitt III (nach der Einleitung(I), und der Vorstellung des theoretischen Hintergrunds(II) dargelegt wird) – auf Verlebendigung´. Der Meridian versucht nichts weniger als den Menschen selbst wiederzubeleben. Dies gilt besonders für die Überlebenden der nationalsozialistischen Konzentrationslager, deren Erfahrungen vom 'Raub' ihres Todes geprägt sind. Sie verharren in einem Zustand des imaginären Todes, der einem zwangsneurotischen Verzicht auf das Leben zu Lebzeiten entspricht. Dieser Zustand hat aber auch ein zeittypisches Pendant in der Auffassung vom Menschen. In dem Maße, in dem im Meridian das instabile Verhältnis zwischen Instrumentalität und Selbstreferentialität der Sprache in der Moderne herausgestellt wird, erscheint der Mensch als technisches Medium, das auf Codierbarkeit des Sprechens und Wahrnehmens beruht. Aus diesem Zustand solldie De-figuration durch sprachliche Verwandlung zur 'Person' herausführen. Demgegenüber zielt die De-figuration in den Gedichten – wie in Abschnitt IV der Arbeit dargelegt wird – auf Vernichtung´. Was ist damit gemeint? Was wird durch die De-figuration 'vernichtet'? Die Gedichte Todesfuge, Stimmen und Engführung gehen mit teilweiser Ausnahme des mittleren nicht über die Auflösung von Medienrhetorik hinaus. Das letzte von ihnen speist sich selbst sogar in diesen Prozess ein. Dadurch kommt es zu einer Art dialektischem Umschlag in der Relation zur Shoah. Die Etappen sind folgende: Die De-figuration von Medialität in der Todesfuge spiegelt die Shoah als kulturelle Auslöschung wieder. Die De-figuration von Medialität in Stimmen dient dazu, die Ermordeten der Shoah vernehmbar zu machen, aber um den Preis des Verstummens in der alltäglichen Sprache. Die De-figuration von Medialität in der Engführung schließlich ist der Versuch, Bedingungen der Möglichkeit einer Erwiderung auf die Stimmen der Ermordeten zu sch/affen, ein Versuch, der darin mündet, dass diese Erwiderung sich selbst auflösen bzw. vernichten muss, weil keine andere Kontaktaufnahme in Frage zu kommen scheint als die, dass sich der Sprecher, so weit Sprache dies erlaubt, unter die spurenhaften Überreste der Ermordeten mischt. ; In this doctoral thesis, it is argued that in central works of poet Paul Celan (1920-1970) from the years 1945 to 1960 mediality is de-figured. In other words, in these texts the rhetorical constitution of media dispositives, so of discursive and non-discursive practices that serve the communication of man with himself, with others and with the environment, is put into question, even destroyed. The tracing of this de-figuration relies on one of the poetological core sets of Der Meridian, after which the poem "would be place where all the tropes and metaphors are reduced to absurdity." In Celan basically all media dispositives of his era become objects of de-figuration. Media dispositives such as print, audio recordings, the film, but also the political and the aesthetic discourse are suspected to be technical, that is codability-based, extensions of a metaphysically grounded instrumental reason which has become irrational. Since the Shoah and the other great crimes of the 20th Century this form of reason is discredited and blamed for the production of social and individual alienation. To de-figure the rhetoric of mediality - which tends to move into an unconscious and unreflected rhetoricity – means to attack mediality at its root, namely its creation by linguistic processes. By the de-figuration of mediality in Celan's texts thanks to the resources of poetry, technical media dispositives are to be exposed as products of rhetoric and decomposed into their significant components. At least in the realm of language as the hoard of utopia technical media dispositive or their elements are refigured into specific anthropomorphic media dispositives. To emerge are contexts of mediation that put the participants in a relation to finity. The aim is to establish the "Open" of multi-sensory media communications that are not used for the transmission of intelligible meaning, but can allow the have a say of the time of the other. This is true in very broad dimensions: the have a say of the time of the other should on the one hand move into the communication among the living, namely as an opening on the unconscious, and on the other hand into the communication between the living and the victims of the Shoah, so that they continue to live in memory. The de-figuration of mediality in Celan´s Büchner Prize speech Der Meridian aims - as specified in the detailed discussion of the Meridian in Section III (after the introduction (I) and the presentation of the theoretical background (II)) - at 'enlivening'. The Meridian attempts nothing less than the people themselves to revive. This is especially true for the survivors of the Nazi concentration camp whose experiences are shaped by robbery 'of death.They remain in a state of imaginary death, which corresponds to a neurotic renunciation of life during lifetime. However, this state also has a time-typical counterpart in the conception of man. To the extent in which the unstable relationship between instrumentality and self-referentiality of language is emphasized in the modern era in Meridian, man appears as a technical medium, based on codability of speech and perception. De-figuration shallad out of this state of mind by linguistic transformation into a 'person' . In contrast, in the poems de-figuation aims - as set out in section IV of the work - at destruction'. What does that mean? What is destroyed by de-figuration? The poems Death Fugue, Voices and Stretto do not proceed - with the partial exception of the second one - beyond the resolution of media rhetoric. The last of them even feeds itself into this process. This leads to a kind of dialectical reversal in relation to the Shoah. The stages are as follows: The de- figuration of mediality in the Death Fugue reflects the Shoah as cultural extinction. The de-figuration of mediality in Voices serves to make the victims of the Shoah vocal, but at the price of silence in everyday language. The de-figuration of mediality in Stretto finally is the attempt to create conditions for the possibility of a response to the voices of the victims, an attempt which ends in the fact that this response must dissolve or destroy itself, because no other form of contact seems to come into question than that of a speaker, as far as language permits, who is mixed in with the vestigial remains of the murdered.
Strategiespiele sind ein elementarer Bestandteil der populären Computerspielkultur mit äußerst erfolgreichen Serien wie STARCRAFT oder COMMAND & CONQUER bis hin zu Managment- und Regierungsspielen wie FUSSBALLMANAGER, SIMCITY oder CIVILIZATION, in denen SpielerInnen Vereine und Unternehmen, Städte oder ganze Staaten regieren. Aus Medien- und diskurstheoretischer Perspektive sind Strategiespiele jedoch nicht nur als Anwendungsfelder strategischer Planung oder als ein Genre populären Unterhaltung interessant. Vielmehr gilt es herauszuarbeiten, wie sie auf komplexe Weise mit ästhetischen, politischen und sozialen Praxen und Vorstellungsräumen verbunden sind. Die Aufsätze in diesem Band lenken die Aufmerksamkeit u.a. auf die mediale und ideologische Aufladung strategische (Spiel-)Räume, auf Theorien der Regierung/Gouvernementalität, auf die Mikroebene kybernetisch intensiverter Subjektiverungsprozesse im Vollzug des Spiels sowie auf die rekursive Sichtbarmachung techisch-medialer Prozesse in Computerspielen. ; Stefan Böhme et al.: Strategie Spielen. Zu den Ergebnissen des Forschungsprojekts Rolf F. Nohr: »Du bist jetzt ein heldenhafter Stratege«. Die Anrufung des strategischen Subjekts Ralf Adelmann / Hartmut Winkler: Kurze Ketten – Handeln und Subjektkonstitution in Computerspielen Serjoscha Wiemer: Strategiespiele und das Medium-Werden des Computers. Computerschach als Faktor der Rekonzeptionalisierung des Computers als programmierbare Maschine zwischen 1945 und 1960 Harald Hillgärtner: Die Maschine im Medium: Strategiespiele als Perspektivierung des medialen Dispositivs Computer Mark Butler: Protoss-, Zerg- und Terraner-Werden. Das maschinelle Gefüge des (Echtzeit-) Strategiespielers Stefan Böhme: Das Spiel mit der Zahl Ramón Reichert: Government Gaming - Gouvernementalität in Strategiespielen Rolf F. Nohr: Diskurse geopolitischer Ordnung Britta Neitzel: (Nicht-) Orte des Strategischen
Das Spielerische ebenso wie das Strategische haben Konjunktur. Dies manifestiert sich in medialen Spielanordnungen, die zunehmend politische, wissenschaftliche, militärische und ökonomische Handlungsfelder und Diskurse durchdringen. Offenbar materialisiert sich strategisches Denken und Handeln bevorzugt in der Form des Spiels. Nicht allein im Schachspiel oder im klassischen Kriegsspiel finden sich enge Verbindungen von Spiel und Strategie, sondern auch in Trainingsprogrammen für Manager, in Stadt- und Geschichtssimulationen oder in aktuellen Computerprogrammen, die im Bereich der Terrorismusbekämpfung zum Einsatz kommen. Damit ist das Strategiespiel mehr als "nur" ein Spiel, es ist längst ein Bestandteil gesellschaftlicher Steuerungstechniken. Es dient der Entscheidungsfindung in kritischen Situationen, es soll das Denken schulen und fordert uns zur Selbstoptimierung auf und zur Adjustierung an gesellschaftliche Handlungsschemata, Normen und Ideologien. Strategiespiele suggerieren Kontrolle, Regierbarkeit und den Erfolg (in der Politik, im Beruf, im Sport) durch "richtiges" Denken. Die Aufsätze in diesem Band schließen an aktuelle Forschungspositionen insbesondere der Medientheorie, der Diskursanalyse und der Gouvernementalitätsforschung an und lenken den Blick auf die Entwicklung von historischen strategischen Spielformen wie dem Hellwig'schen Kriegsspiel bis hin zu populären Computerspielen wie SIMCITY, COMMAND & CONQUER oder CIVILIZATION. ; Rolf F. Nohr / Serjoscha Wiemer: Strategie Spielen. Zur Kontur eines Forschungsprojekts Rolf F. Nohr: Krieg auf dem Fußboden, am grünen Tisch und in den Städten. Vom Diskurs des Strategischen im Spiel Gunnar Sandkühler: Die philanthropische Versinnlichung. Hellwigs Kriegsspiel als pädagogisches und immersives Erziehungsmodell Sebastian Detering: Wohnzimmerkriege. Vom Brettspiel zum Computerspiel Stefan Werning: The Convergent Use of Programmable Media for Terrorism Modeling and Social Simulations in Civilian vs. Military Contexts Serjoscha Wiemer: Ein ideales Modell der Vernunft? Überlegungen zur Regelhaftigkeit und strategischen Rationalität des Schachspiels Markus Stauff: Zur Sichtbarmachung von Strategie und Taktik. Die mediale Organisation des Kollektivs in Sportwissenschaft und Fernsehen Ramón Reichert: Government-Games und Gouverntainment. Das Globalstrategiespiel CIVILIZATION von Sid Meier Serjoscha Wiemer: Strategie in Echtzeit. Ergodik zwischen Kriegsspiel und Wirtschaftssimulation Leander Scholz: Die Spiele der Massen: Johan Huizinga und das Collège de Sociologie
Mediatization and Mediality in Social Media: the Discourse System Twitter The article contributes to the debate about mediatization and the use of language in social media. The theoretical approach evolves from the intersection of linguistics, media and communication studies. While the concept of mediatization describes relations between medial and sociocultural change and the ubiquity of media in everyday life, the concept of mediality sheds light on the inseparability of media and language. From this interdisciplinary perspective, specific practices of media and language use within the microblogging service Twitter were analyzed. Examples from different case studies reveal certain user practices that can be described as formed by 'moulding forces' of the medium Twitter without considering technology as determining or symptomatic. Our analysis shows that the use of specific semiotic and functional operators (#, @, RT, http://) establish user practices of creating personal and semantic references and thus constitute Twitter as a multi-referential discourse system.
Die vorgestellte Publikation ist aus der mehrjährigen Arbeit einer Sektion des Gießener Graduiertenzentrums Kulturwissenschaften hervorgegangen. Das Ziel der Herausgeber ist, die theoretisch und methodisch bislang wenig beachtete Rolle von Medien als Gedächtnisträger schärfer zu konturieren und eine Definition des Begriffs Gedächtnismedium zu erarbeiten. So wurden hier Gedächtnisforschung und Medientheorien miteinander in Verbindung gebracht, was sich als sehr konstruktiv und perspektivisch sinnvoll für die weitere Entwicklung der Gedächtnisforschung erweist. Die einzelnen geschichts- und kulturwissenschaftlichen, medien-, literatur- sowie politikwissenschaftlichen Beiträge reflektieren disziplin- und Fall-spezifisch den zu Beginn eingeführten Medienbegriff.
Buchbesprechungen / Book Reviews ; Journal of African Media Studies, hg. v. Winston Mano in Zusammenarbeit mit Monica Chibita und Wendy Willems, erscheint seit Oktober 2009 dreimal jährlich im Intellect Verlag, Bristol. ; Journal of African Cinemas, hg. v. Keyan G. Tomaselli, Martin Mhando, erscheint seit Oktober 2009 halbjährlich im Intellect Verlag, Bristol. ; Doris Hegner, Bernd M. Scherer (Hg.), Neues Afrikanisches Kino. Ästhetik und Politik. Betrachtungen von Manthia Diawara (African Film. New Forms of Aesthetics and Politics, 2010), München, Berlin, London, New York (Prestel) 2010, übers. von Herwis Engelmann, Petra Huber und Gerd Burger.
Réunissant cinq analyses très fouillées de la représentation picturale dans l'œuvre de Joachim de Flore, ainsi que dans divers ouvrages apparentés, ce volume témoigne de la vitalité de l'édition allemande, qui ne recule pas devant la publication de travaux scientifiques dotés de dossiers iconographiques conséquents (plus de 120 illustrations dont 80 environ en couleur). Le recueil s'ouvre sur un article qui cherche à cerner la spécificité de l'image schématique communément appelée diagramme .
Die Relation von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit ist für das Funktionieren wie die Beschreibung sozio-technischer Zusammenhänge zentral (Logik des Blackboxing) und entfaltet deshalb in architektonischen, infrastrukturellen und medialen Zusammenhängen eine operative Wirksamkeit. Der Beitrag stellt verschiedene künstlerische Bearbeitungen des Topos der ‹unsichtbaren Stadt› in den Vordergrund und analysiert die Medialität urbaner Architekturen mit Blick auf die Frage der Repräsentierbarkeit der Stadt sowie auf die damit verbundenen epistemischen und politischen Probleme. ; The relation of visibility and invisibility is central to the functioning and the description of socio-technical ensembles (cf. the logic of blackboxing), and therefore unfolds an operational effectiveness in architectural, infrastructural, and media contexts. The paper focuses on several artistic interpretations of the topos of the ‹invisible city› in order to analyze urban architectures with respect to problems of representation and related epistemic and political questions.
Beruhend auf ethnographischer Forschung beschreibt dieser Beitrag zwei alltägliche Medienpraktiken, die das, was im schulischen Kontext als 'Geschichte' bezeichnet wird' performativ hervorbringen. Vergegenständlichen: Beim Lesen im Geschichtsunterricht wird eine körperliche Distanz zum Buch eingenommen; dabei werden die abgedruckten Inhalte als "etwas Handfestes" mit vermeintlichem Wahrheitscharakter vollzogen. Segmentieren: Durch das Aufteilen und Bereiche-Markieren bei der Schulbuchnutzung werden 'Geschichte' als segmentierbar, Ereignisse und Prozesse als dekontextualisiert und in sich geschlossen hervorgebracht. Die Medienspezifizität des gedruckten Schulbuchs hat - so eine These dieses Beitrags - eine konstitutive politische Wirkkraft im Geschichtsunterricht, welche die Modalitäten des Denkens, Wahrnehmens und Kommunizierens von bzw. über Autorität und sozialer Ordnung prägen kann. (DIPF/Orig.) ; Drawing on ethnographic research, this paper describes two media practices which enact what is called 'history' in a school context. Thingification: When students read in class they adopt a bodily distance to the textbook; the textbook becomes 'something physical' which exudes truthfulness. Segmentation: By marking and segmenting space on the pages, the students' bodies enact history as something which can be segmented, events and processes as decontextualized and autonomous. Overall, the paper suggests that the specific mediality of the printed history textbook has a political 'effectfulness' in history education. This not only presents specific topics and issues as particularly relevant, but also shapes broader modalities of perceiving, thinking and communicating about authority and social orderings. (DIPF/Orig.)
Die Frage nach dem Gefüge von Bedingungen, aus denen Medien entstehen und die sie selbst wiederum bilden, zwischen denen sie operieren, Handlungsmacht bereitstellen oder Wahrnehmbares produzieren, steht als zentrales Massiv vor jeder Medientheorie. In ihrem neuen Buch Medium, Bote, Übertragung. Kleine Metaphysik der Medialität widmet sich Sybille Krämer, Professorin für Philosophie an der FU Berlin, implizit immer wieder dieser Diskussion um Medienautonomie versus Medienheteronomie: Stellen Medien das, was sie übertragen unter ihre eigenen Bedingungen und präformieren alle Inhalte im Sinne eines Aprioris, oder sind sie – gleich einem Container – von einem Außen bestimmt, dass ihnen auferlegt, was sie transportieren und wie sie es ankommen lassen? Ein Apriori setzt, so Krämer, Medien als Bedingung der Möglichkeit von Kultur, lässt die Medien selbst aber unbedingt. Die Containerhypothese ist hingegen offensichtlich unzureichend. Ihr Ausweg aus diesem (oft genug beschriebenen) Patt ist die Figur des Boten als Überträger, der als zentrales Element einer hintergehbaren Medienkausalität zur "Reformulierung traditioneller philosophischer Fragen" (S. 9) herangezogen wird. Der Bote (bzw. die Botenhaftigkeit von – manchen? – Medien) bringt eine Nachricht von einem entfernten Ort, die er, möglichst ohne Verzerrungen und störungsfrei, mitteilt. Er soll sich dabei selbst zurücknehmen, gleichsam die eigene Stimme bei der Weitergabe der Botschaft vergessen machen. Er darf nicht über die Übertragung hinaus denken und muss seine Autonomie unterordnen. Den Boten in immer neuen Facetten und Bezügen als Modell für Medien zu denken, bedeutet für Krämer somit, dass die Übertragung ins Zentrum rückt (ohne dass diese in der Trias Übertragen – Speichern – Verarbeiten beschrieben wird). Übertragung setzt voraus, dass es mindestens zwei Elemente gibt, die voneinander getrennt sein müssen, damit etwas übertragen werden kann. Durch die Überwindung dieser konstitutiven Trennung wird ein kulturstiftendes Potential freigesetzt, indem etwa der Diplomat zwischen verfeindeten Ländern vermittelt oder das Radio eine Gemeinschaft (mit-)konstituiert. Der Bote überwindet also eine Differenz oder Distanz, die jeder Medialität zugrunde liegt, ohne diese zu tilgen. Was sich zunächst wie eine Abstraktion liest, entpuppt sich als exakte Konstellierung des Feldes der Medientheorie (wobei die Innovation des Ansatzes noch zu diskutieren sein wird): Wenn Medien als Boten fremdbestimmt sind, verlieren sie ihre Autonomie und damit die Souveränität ihrer Agency, ihrer Handelsmacht. Die Eigenmacht des Boten muss aber dennoch beachtet werden, denn dass Medien ihre Inhalte beeinflussen, ist kaum zu übersehen, und auch der Bote spricht mit eigener Stimme. Er lässt sich jedoch nicht mehr im Sinne eines Apriori bestimmen. In dieser zweiteiligen Bewegung – weg von der Eigenmacht hin zur Eigenmacht – liegt die Spannung des Buches, die auch auf anderen Ebenen wichtig wird. Denn Medien haben die Eigenschaft, sich in der Prozessualität ihres Vollzugs selbst unsichtbar zu machen. Der Film soll nicht als Filmstreifen und die Farbe im Gemälde nicht als Fläche, sondern nur als dargestellter Gegenstand erkennbar sein. Zwar soll der Bote transparent werden gegenüber dem, was er überträgt. Was aber dennoch bleibt, ist eine Spur, die er hinterlässt und die etwas Entzogenes wahrnehmbar macht. Diese Opazität stellt Krämer der Transparenz des Boten an die Seite. Wenn Medien also die Funktion haben können, Abwesendes als Anwesendes erscheinen zu lassen, dann unterliegt diese Bewegung einerseits medienhistorisch zu beschreibenden Wandlungen, andererseits bedarf sie systematischer Untersuchungen. Krämers Modell soll der philosophischen Bedeutung der abwesenden Anwesenheit gerecht werden, die Medien präsentieren, indem sie sich, wie es Krämer nennt, aisthetisch selbst neutralisieren (vgl. S. 28). Sie machen etwas erscheinen, das als Erschienenes den Charakter der Unmittelbarkeit habe, aber dennoch vermittelt sei. Ihre Idee: "[…]das 'Verschwinden des Mediums hinter seinem Gehalt' zu rekonstruieren und zugleich die Nichtsouveränität, die konstitutive Außenbedingtheit des Mediums zutage treten zu lassen." (S. 38) In der Medientheorie lassen sich traditionell zwei konträre Ausrichtungen ausmachen: Für technikorientierte Medientheorien sind Medien das Dazwischen, das über die (räumliche, zeitliche, soziale, technische usw.) Ferne Verbindung schafft, aber nicht vernichtet. Sie sind die Bedingung dafür, dass überhaupt übertragen werden kann. Für ein an personaler Kommunikation orientiertes Modell hingegen sind Medien ein Hindernis, allenfalls ein Container für die ausgetauschten Bedeutungen. Um diese Positionen aufzulockern, führt Krämer im ersten von zwei Beispielteilen des Buches – ohne ihre eigene Autonomie zu verlieren, also gerade nicht als Botin – fünf Zeugen an, die sich mit ähnlichen Problemen beschäftigt haben: Walter Benjamin, für den in seiner frühen Sprachphilosophie die Mit-teil-barkeit und Übersetzbarkeit von Sprache deren Unmittelbarkeit ohne jede Instrumentalität gewährleistet; Jean Luc Nancy, für den Gemeinschaftlichkeit auf einer grundlegenden Spaltung aufbaut, also immer schon von Vermittlung ohne Mittler durchzogen sein muss; Michel Serres, der den Parasiten und die Störung als konstitutives Moment jeder Kommunikation heraushebt; Régis Debray, dessen Mediologie Kultur von ihren Übertragungswegen her beschreibt; und John Durham Peters, für den Kommunikation die Überwindung einer vorgängigen Trennung bedeutet. Diese Zeugen stehen für einen Bezug auf ein Sender-Empfänger-Modell, der nicht zu einem Verlust von Komplexität führt. Allesamt machen sie deutlich, dass Kommunikation auf einer grundlegenden Gebrochenheit, auf einer Differenz aufbaut. Diese Differenz zu denken hieße aber auch, und hierin müsste man über Krämers Arbeit hinausgehen, Verfahren und Praktiken (historisch) zu beschreiben, mit denen sie getilgt wird, denn das Ziel von Kommunikation bleibt (schon etymologisch) Einheit, auch wenn sie die Vielheit in ihrer Gebrochenheit verstärkt. Krämer unterscheidet methodisch zwischen Zeichen und Medium, um zwischen den Ebenen der sichtbaren Botschaft und des unsichtbaren Mediums wechseln zu können: "Die Verfahrenslogik des Zeichens erfüllt die metaphysische Erwartung, über das Sinnliche hinaus und jenseits von ihm den Sinn aufzusuchen. Doch die Gebrauchslogik von Medien kehrt diese metaphysische Erwartung um: Denn jetzt gilt es, über den Sinn hinauszugelangen und jenseits seiner auf die verborgene Sinnlichkeit, Materialität und Körperlichkeit der Medien zu stoßen." (S. 35) Problematisch daran ist, dass diese Trennung zu verhindern scheint, das Fälschungspotential des Boten theoretisch einzuholen: Kein Bote, ob Mensch oder Maschine, kann garantieren, dass er nur Bote ist und nicht selbst spricht. Die Trennung der Übertragung vom Zeichen mag theoriepolitisch noch so naheliegend sein, praktisch erscheint sie kaum umsetzbar und nimmt all das, was in den letzten Jahrzehnten unter Schlagworten wie Materialität der Kommunikation oder Experimentalsystemen erarbeitet und zur Überwindung einseitiger Ansätze fruchtbar gemacht wurde, nur unscharf zur Kenntnis. Selbst Krämers eigene Arbeiten zur Kulturtechnik finden hier kaum den Platz, den sie verdienen. Nicht zuletzt bleibt zu konstatieren, dass es vor jeder Botschaft eine Vereinbarung über das geben muss, was gesendet oder empfangen werden kann, über den Code, denn sonst kann kein Abgrund je überwunden werden, keine Kontingenz bearbeitet und keine Kommunikation stattfinden. Die Struktur von paralleler Überwindung und Aufrechterhaltung des Abstands wird anhand von sechs einzeln kommentierten Beispielen im umfangreichsten Teil des Buches ausgelotet. Zwar merkt man dabei manchmal das Bemühen, Redundanzen zu vermeiden; die Diskussion von Engeln, Viren, Geld, Übersetzungen, Übertragungen in der Psychoanalyse, Zeugenschaft sowie der Kartographie (also vornehmlich nicht-technischen Phänomenen) überzeugt aber durch viele weitreichende Einzelbefunde. Nach der Lektüre der Beispiele stellt sich jedoch unvermeidlich die Frage, ob sich aus dem Botenmodell eine Medienphilosophie machen ließe (die ja soziale Aspekte nicht zwingend berücksichtigen muss), deren Produktivität auch für andere als die genannten Beispiele gewährleistet wäre. Sicherlich ist es sinnvoll – wie Krämers Bezüge zeigen – Übertragungsvorgänge neu in den Fokus zu rücken. Ob sich damit aber auch Phänomene wie das Internet oder Verteilungsformen beschreiben lassen, die nicht mehr unidirektional verlaufen, ist fraglich – und damit auch, was es für Medien sind, die Krämer thematisiert. Nun müssen Philosophen keine Historiker sein. Für eine Medientheorie, wie sie Krämer vorschwebt, erscheint eine historische Ebene jedoch unumgänglich, denn Medien sind Dinge, die eine Geschichte haben und deren Gewordensein ihre Gegenwart bestimmt – und damit all das, was sie ermöglichen. Eine Medientheorie, die das Werden ihres Gegenstandes in den Blick bekommen will, sollte auf eine historische Perspektive nicht verzichten. Das Sender-Empfänger-Modell beispielsweise ist als informationstheoretisches eng verschränkt mit der Entwicklung von Medien, was aber in einer systematischen Perspektive gar nicht deutlich wird. Problematisch ist weiterhin, dass Krämer die zahlreichen Übertragungstheorien (etwa Bernhard Siegerts Studie zur Post oder Rafael Capurros Angeletik) fast ausschließlich in die Fußnoten verbannt und damit zu Ergänzungen ihrer eigenen Theorie macht. Zu oft sind Übertragungs- und Botenmodelle in der bestehenden Literatur thematisiert worden, als dass Krämer Neuland betreten würde, und Nancy, Serres und Peters sind keine Entdeckungen, sondern anerkannte Diskurspartner. Worin liegt also, so ist abschließend zu fragen, der Gewinn eines Buches, dessen Publikum leider recht diffus bleibt? Für die Medienwissenschaft fehlt die historische Perspektive und viele Erkenntnisse sind bereits etabliert; ob Philosophen ihre Medienphobie überwinden, kann immer noch nicht als gesichert gelten; und für eine Einführung in die Medientheorie setzt Krämer zu viele Kenntnisse voraus. Zumal der Leser mit rhetorischen Fragen manchmal etwas zu sehr an die Leine genommen wird. Ihr Buch stockt da, wo sie sich an etwas abarbeitet, das – aus medienwissenschaftlicher Perspektive – diese Arbeit gar nicht mehr nötig hätte. Aber auch wenn man von der Neuheit und Radikalität der Fragen am Ende des Buches nicht überzeugt sein mag, liefert Krämer, beharrlich fragend, einen Ausblick auf eine Medientheorie der Mitte zwischen differenzierten, distanzierten Elementen, deren Verschiedenheit aufrechterhalten wird und nicht dem Phantasma einer Einswerdung unterliegt. Medien werden zur Bedingung des Umgangs mit Ungleichheit. Sie sind eine Fähigkeit zur Distanz, und ihr Weltverhältnis der Mittelbarkeit macht sie zu Umgangsweisen mit Differenz. Damit ist die Medientheorie zugleich als metaphysisches, also das Verborgene hinter den Erscheinungen untersuchendes Unternehmen gekennzeichnet, welches die Differenz zu denken versucht, aber nicht mehr aufzuheben trachtet. Eine neue Problemstellung ist das jedoch nicht, wie zahlreiche andere Arbeiten zeigen: Von dieser Metaphysik der Medien ist eine (historische) Physik der Medien schon in Angriff genommen.
Vor 20 Jahren erschütterten die Chaostage die Messestadt Hannover. In den bis dato schwersten Auseinandersetzungen der bundesdeutschen Nachtkriegsgeschichte, brachte eine subkulturelle Strömung aus Punks, Skinheads und anderen, die Ordnungsvorstellung der bürgerlichen Gesellschaft ins Wanken. Die Chaostage heute noch einmal als riot zu betrachten, öffnet den Blick auf ihre materielle und mediale Wirkung. Dabei wird deutlich, wie eine Unruhe Sinnzusammenbrüche der lebensweltlich erfahrbaren sozialen Ordnung verursacht. Diese Sinnentleerung motivierte infolge der Chaostage 1995 eine mediale Mobilmachung, um neuen Sinn zuzuschreiben und zu verstehen, was auf der Straße faktisch passiert war. Der riot wurde dabei mit seiner eigenen Spektakularität konfrontiert, er wurde fremddefiniert und somit den Beteiligten eine eigene Darlegung ihres Handelns verwehrt. Die Punks griffen diesen Punkt auf und hielten der medialen Hysterie ihr karnevaleskes Zerrbild entgegen. ; Twenty years ago, the so-called Chaos days shattered the city of Hannover. In the most intense civil commotions since World War II, a subcultural mélange of punks, skinheads and other factions damaged the public understanding of social order. To analyze the Chaos days in the context of an emerging riots discourse opens perspectives for material and media-related effects. Moreover it focuses on riots as disturbances and ruptures of social order perceived in the lifeworld. This is a breakdown of social sense. Because it is not immediately possible to make sense of a riot, the media began – in the case of the Chaos days – to fill the fissures, it had created. The media named, defined and pursued the genuinely modern goal of verstehen. Riots are often defined and filled with sense by society and its spectacle, not by the rioter themselves. Chaos days picked up this point in a karnevalesk way: They confronted the public with an own interpretation and a distorted picture of public hysteria.
Meine Ausführungen kreisen im folgenden im wesentlichen um drei Fragestellungen: 1. Inwieweit unterscheidet sich traditionelle Literatur, wie sie uns in Buchform vorliegt, im Hinblick auf den Darstellungs- und Rezeptionsmodus der Linearität von Hyperfiction-Literatur? 2. Wie beeinflusst die vorgebliche Nicht-Linearität der Hyperfictions den Akt der Rezeption. 3. Ist die Linearität der Erzählung tatsächlich jener Fluch, den Hyperfiction nicht schnell genug abschütteln kann? Entspricht sie nicht eher einem zutiefst verinnerlichten menschlichen Wahrnehmungmodus? Bedeutet Verzicht auf lineare Struktur nicht zugleich auch Verzicht auf die Gabe der Erzählung? Prognose: Hyperfictions werden daher - wollen sie eine Zukunft haben - sich einem Spagat unterziehen müssen. Sie sollten mit dem linken Bein die Chancen des Mediums Computer - Multimedia, Hypertext - nutzen. (Ob Interaktivität, also Mitschreibprojekte als praktizierte Basisdemokratie im Reich der Ästhetik sich als Qualitätsmerkmal von Netzliteratur durchsetzen werden, würde ich bezweifeln.) Das rechte Bein des Hyperfiction Garde sollte den Boden der guten alten Erzähltradition zumindest noch berühren. Anders gesagt: Ich sollte einmal beherrscht haben, womit ich zu brechen gedenke: Erzählpositionen, Zeitverhältnisse, Figurenkonstellationen, Motivgeflechte etc.
Der Schweizer Schriftsteller Christian Kracht zieht die Öffentlichkeit auf rätselhafte Weise in den Bann und sorgt für heftige Kontroversen. Seine Wirkung beruht auf der Art, wie er gesellschaftlich verankerte Symptome aufgreift: Er führt den lust- und schmerzvollen Überrest vor, der vom Symptom bleibt, wenn es seinen Sinn und Zweck verloren hat. Diesen Effekt erzielt sein Roman Imperium, indem er die bedeutungsschweren Symptome vergangener Tage in ein heute unangemessen wirkendes, unbeschwertes Medium überträgt. Damit versetzt Kracht ideologische Symptome auf nicht zeitgemässe Weise in die gegenwärtige Zeit – eine Zeit, in der diese Symptome nicht mehr als Stütze einer verbindenden Fantasie dienen dürfen. Die öffentliche Resonanz zeigt eindrücklich auf, wie wirkmächtig diese sinnlosen Überreste geblieben sind. Der spitzbübische Schriftsteller entzieht sich dabei jeglicher politischer Stellungnahme oder Einordnung seines Werkes. Dadurch ist der Leser mit seinen Empfindungen auf sich selbst zurückgeworfen. Die wesentliche Lehre von Krachts Werk ist die folgende: Es ist nicht der Inhalt und Sinn, der Lust erzeugt. Es ist genau umgekehrt die stumpfe, sinnlose Lust, welche die Form vorgibt, in der Inhalt und Sinn wirksam werden können.
Der Schweizer Schriftsteller Christian Kracht zieht die Öffentlichkeit auf rätselhafte Weise in den Bann und sorgt für heftige Kontroversen. Seine Wirkung beruht auf der Art, wie er gesellschaftlich verankerte Symptome aufgreift: Er führt den lust- und schmerzvollen Überrest vor, der vom Symptom bleibt, wenn es seinen Sinn und Zweck verloren hat. Diesen Effekt erzielt sein Roman Imperium, indem er die bedeutungsschweren Symptome vergangener Tage in ein heute unangemessen wirkendes, unbeschwertes Medium überträgt. Damit versetzt Kracht ideologische Symptome auf nicht zeitgemässe Weise in die gegenwärtige Zeit – eine Zeit, in der diese Symptome nicht mehr als Stütze einer verbindenden Fantasie dienen dürfen. Die öffentliche Resonanz zeigt eindrücklich auf, wie wirkmächtig diese sinnlosen Überreste geblieben sind. Der spitzbübische Schriftsteller entzieht sich dabei jeglicher politischer Stellungnahme oder Einordnung seines Werkes. Dadurch ist der Leser mit seinen Empfindungen auf sich selbst zurückgeworfen. Die wesentliche Lehre von Krachts Werk ist die folgende: Es ist nicht der Inhalt und Sinn, der Lust erzeugt. Es ist genau umgekehrt die stumpfe, sinnlose Lust, welche die Form vorgibt, in der Inhalt und Sinn wirksam werden können.