Massenmedien sind immer auch Technologien, die bei der Sinneswahrnehmung ansetzen. Das ist für die Kultursoziologie doppelt interessant: Einerseits sind diese heute selbstverständlichen Technologien der Sinneswahrnehmung im Bereich der Künste entstanden, deren Stellung sich durch die technische Vervielfältigung ihrer Werke tiefgreifend verändert. Andererseits aber wandelt sich mit der massenhaften Verfügbarkeit von Bildern, Schrift und Klängen auch die menschliche Wahrnehmung selbst. Unter dieser kultursoziologischen Fragestellung verbindet dieser Band kunstgeschichtliche, medien- und literaturwissenschaftliche Perspektiven miteinander.
Die Warnung von Eltern, aufzupassen, was man online teilt, ist allgegenwärtig. Dem schließen sich Datenschützer*innen an und gebieten einen bewussten und sparsamen Umgang mit Diensten und Daten. Eine digitale Desökonomie widersetzt sich diesen Warnungen und sucht den kritischen Umgang mit der digitalen Gegenwartskultur nicht in der Askese, sondern im Exzess. Kunstwerke, Bilder und Daten sind »zu viel«, türmen sich auf und wiederholen sich ständig. Mit Bezug auf Ansätze der Gouvernementalität, der Queer Theory und auf Theorien von Georges Bataille und Roger Caillois analysiert Sebastian Althoff diese unproduktive Produktionsweise des Digitalen und zeigt eine Praxis auf, die Trägheit statt flow schafft.
Urban spaces became battlefields, signifiers have been invaded, new structures have been established: Netculture replaced counterculture in most parts and also focused on the everchanging environments of the modern city. Important questions have been brought up to date and reasked, taking current positions and discourses into account. The major question still remains, namely how to create culturally based resistance under the influence of capitalistic pressure and conservative politics. This collection of essays and contributions attempts to address this question and its implications for different scientific and artistic fields.
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Der zweisprachig auf Deutsch und Englisch veröffentlichte Band versammelt Beiträge der zeitgenössischen Forschung zum Erbe Adolphe Appias im Tanz und Theater der Gegenwart, die zunächst als Vorträge im Rahmen der gleichnamigen Tagung im Festspielhaus Hellerau 2007 gehalten wurden. Mythos und räumliche Architektur fanden so Eingang in das wissenschaftliche Schreiben als performative Recherche vor dem Hintergrund der historischen Kulisse. Indirekt dokumentiert der vorliegende Band diese örtliche Reflexion als Niederschrift bewegter Rede am historischen Ort, was die besondere Qualität der Textzusammenstellung von Gabriele Brandstetter und Birgit Wiens kennzeichnet. Vermittels neuester 3-D-Visualierungstechniken evoziert Richard C. Beachams Beitrag im ersten Teil des Bandes zu "Appias Perspektiven auf Theater, Architektur und Medienkunst" zunächst das Erbe Appias anhand der computeranimierten Simulation seiner szenischen Module. Visualisiert wird hier aufgrund dieser am King's College in London neu entwickelten Technik die szenische Grundlage sowohl der Eurythmie und Rhythmusübungen Jacques Dalcrozes als auch der Szenographie für Glucks wohl bekannteste Operninszenierung von Orpheus und Eurydice aus dem Jahre 1912–13. Beeindruckend ist hieran nicht nur die realitätsnahe Rekonstruktion, sondern auch das medienarchäologische Interesse, das den bewegten Raum im digitalen Zeitalter bis hin zu jüngsten Explorationen der virtuellen Welt als 'Second Life' fortzudenken vermag. Weitergedacht wird der rhythmische Raum auch in solchen Projekten wie dem von Michael Takeo Magruder beschriebenen Vorhaben der Transmedia-Akademie (TMA) Hellerau, des Instituts für Drama and Performance Technologies an der Brunel University London und dem ebenfalls londonbasierten Arts Collective body>space>data., zumal digitale Performances der aktuellen Theaterpraxis sich ähnlicher virtueller Verfahren bedienen. An diesen Themenkomplex anknüpfend spricht Annette Zinsmeister sogar von dem Erbe der szenischen Modularisierung als "ästhetisches Programm", das "Gleichförmigkeit in der Differenz und Wiederholbarkeit in der Unterschiedlichkeit garantiert" (S. 76). Sie verweist damit auf den Paradigmenwechsel der zeitgenössischen Choreographie beispielsweise in den Arbeitsweisen von Merce Cunningham und William Forsythe. Näheres zum Einfluss Appias auf den Tanz erfährt der Leser dann auch im zweiten Teil des Bandes, der sich vorrangig der Choreographie und Bewegung im Raum widmet. Die Beiträge renommierter deutscher Theater- und Tanzwissenschaftler beschäftigen sich mit der Frage nach Raum und Wahrnehmung (Ulrike Haß und Gerald Siegmund) sowie der medialen Transformation solchen Wissens im Tanz und seiner Analyse anhand von William Forsythes Internetprojekt Synchronous Objects (Sabine Huschka). Besonders interessant erscheint in diesem Kapitelabschnitt vor allem der aus der eigenen Tanzpraxis stammende Beitrag von Elizabeth Waterhouse, die sich der Frage nach Raum und lebendiger Verkörperung des Repertoires aus phänomenologischer Perspektive annimmt. "Dancing Amidst The Forsythe Company" beschreibt den bewegten Raum dergestalt als "complex and intelligent behaviour within a cultural ecosystem" (S. 162), das sich über die Raumvorgaben, inneren Gefühlswelten sowie das dem Tänzerkörper eigene Bewegungsvokabular herstellt. Der szenische Raum wird damit zum schöpferischen Lebensraum (habitat) der Bewegung des Tänzers und somit Ausdruck seines rhythmisierten Denkens und Erlebens (vgl. S. 171). Im dritten und letzten Kapitel des Bandes befassen sich die Studien mit der für die Theater- und Medienwissenschaft zunehmend bedeutender werdenden Thematik von Bildlichkeit als Ereignisraum. Freddie Rokem eröffnet diese Sektion mit einem einprägsamen Rilke-Zitat, wonach im bildlichen Antlitz von Engel und Puppe das Schauspiel seit jeher Materie und Geist auf wundersame Weise oszillieren lässt. Sein Beitrag widmet sich vorrangig den historischen Quellen Martin Bubers, der als Dramaturg das Theater in Hellerau begleitete und hier im Rahmen der Aufführung von Paul Claudels Die Verkündigung seine Überlegungen zum "Raumproblem der Bühne" veröffentlichte. Es ist die unheilsame Nachbarschaft von Militärakademie und Kriegsschauplatz, welche die deutsche Kunst zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts überschattet und die Rokem hier kritisch hinterfragt. Derweil man den chorischen Körper feierte und das Eigentliche des Worts scheinbar erst in der Szene zum mystischen Ganzen zwischen Ich und Du emporstieg, wurde zeitgleich die unheilvolle Utopie der Gemeinschaft vor den Toren Helleraus für immer zugrundegerichtet. Was Buber das "schöpferische Licht" nannte, überträgt Birgit Wiens auf den zeitgenössischen Wandel des Bildbegriffs, der in den Arbeiten der Theatergruppe "Hotel Pro Forma" im Sinne eines dynamischen Bildraums aus Licht und Sehen angewandt wird. Das Palimpsest als "bildnerisches Verfahren" (S. 241), wie Wiens es nennt, erweist sich dergestalt als Modell heutiger Szenographie, welches das Erbe Appias auf eindrucksvolle Weise fortführt. Schließlich versammelt der Band neben weiteren Einzelstudien – wie der Barbara Gronaus zu Ilya Kabakovs und Christian Boltanskis Variation von Richard Wagners Ringzyklus Der Ring – Fünfter Tag. Der Tag Danach, 1999 oder der Freya Vass-Rhees zu Forsythes Antipodes I/II – auch ein höchst aufschlussreiches Gespräch mit dem Komponisten und Installationskünstler Manos Tsangaris. Angesprochen werden in dieser Sektion vor allem die Dynamiken der Musik sowie Ulrike Grossarths Perspektiven auf den bewegten Beobachter. Insgesamt liefern die auf ihren jeweiligen Gebieten äußerst renommierten Herausgeberinnen Gabriele Brandstetter und Birgit Wiens damit ein überzeugendes Beispiel gegenwärtiger Tanz- und Theaterhistoriographie. Auf die Gegenwart hin befragt wird nicht nur Appias Erbe, sondern auch der historische Ort Hellerau im unmittelbaren Spiegel seiner Vergangenheit. Es sind hierbei insbesondere Appias Experimente zu Raum und Bewegung, die sich –wie die vorgelegten Analysen nachweisen – nachhaltig auf das heutige Verständnis von Choreographie und Szenographie ausgewirkt haben, insofern wir heute das Bild im Theater als interdependentes Ereignis aus Raum, Licht und Bewegung verstehen. Der Sammelband ist daher vor allem interessierten Lesern aus den Bereichen Tanz, Theater, Szenographie und Musik zu empfehlen.
Welchen Beitrag kann Kunst mittels Beteiligung durch »die Anderen« in einer vernetzten Realität leisten und was hat dies mit Wissen oder Nicht-Wissen zu tun? An der Schnittstelle von Kunsttheorie, Kulturwissenschaft, Medienwissenschaft und Technologiegeschichte untersucht Manuela Naveau das Wesen von partizipativer Kunst im Internet. Dabei führt sie in die Welt computergestützter Partizipationsmodelle ein und reflektiert Begrifflichkeiten wie Masse und Crowd, Publikum und »die Anderen«. Im Besonderen geht sie auf verschiedene Formen von unwissentlicher und unfreiwilliger Teilnahme ein und regt zu einer dringend notwendigen Diskussion um die Entwicklung wirksamer Gestaltungsoptionen in einer Zeit enorm schnell fortschreitender Digitalisierungs- und Transformierungsprozesse an.Mit einem Vorwort von Gerfried Stocker.
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Die Dissertation untersucht einen Paradigmenwechsel in der Rezeption der historischen Avantgarde in (medien-)künstlerischen Projekten der 1980er und 1990er Jahre in Ex-Jugoslawien und Russland. Dieser Paradigmenwechsel liegt im veränderten Verhältnis zum Begriff der (politischen wie künstlerischen) Utopie begründet. In den 1980er Jahren zeichnet sich die Rezeption sowohl im sogenannten sowjetischen Postutopismus (Il'ja Kabakov, Ėrik Bulatov, Oleg Vasil'ev, Komar & Melamid, Kollektive Aktionen) als auch in der jugoslawischen Retroavantgarde (NSK, Mladen Stilinović, Malevič aus Belgrad etc.) durch ein 'diskursarchäologisches' Interesse an potentiell totalitären Elementen der Avantgarde aus. Seit Beginn der 1990er Jahre lässt sich eine signifikant veränderte Rezeption der historischen künstlerischen Avantgarde in Projekten junger KünstlerInnen aus dem östlichen Europa festellen (Neoutopismus, Retroutopismus). Die Utopien der Avantgarde werden im sogenannten Retroutopismus (Marko Peljhan, Vadim Fishkin) nicht mehr primär mit totalitären Tendenzen gleichgesetzt, sondern sie werden jetzt vor allem auf ihre medientechnologischen Projektionen und Entwürfe durchgesehen. Diese wurden nicht nur von einzelnen Avantgarde-Künstlern und –Theoretikern (Velimir Chlebnikov, Bertolt Brecht), sondern auch von Wissenschaftlern und Ingenieuren (Nikola Tesla, Herman Potočnik Noordung) am Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt. In den 1990er Jahren wird in künstlerischen Projekten somit ein verstärktes medienarchäologisches Interesse für frühe utopische Technologiephantasien der Avantgarde wahrnehmbar, das symptomatisch für ein signifikant verändertes Verhältnis zur Utopie bzw. zum Utopischen ist: Das Utopische löst sich von seinem eindeutig negativen, da politisch-totalitären Beigeschmack (verstanden als 'Utopismus') und wird wieder verstärkt positiv politisch konnotiert, d.h. als emanzipatives oder auch visionär-gespinsthaftes Potenzial verstanden ('Utopizität'). ; The dissertation researches a paradigmatic shift in the way artists reflect the historical avant-garde in visual and media art projects of the 1980s and 1990s in (ex-)Yugoslavia and Russia. The reasons for this paradigm shift can be found in the changing relationship to the notion of utopia, both in its political and its artistic connotation. In the 1980s, the reception both in so-called Soviet postutopianism (Il'ja Kabakov, Ėrik Bulatov, Oleg Vasil'ev, Komar & Melamid, Kollektive Aktionen) and in the Yugoslav retro-avant-garde (NSK, Mladen Stilinović, Malevič from Belgrads etc.) is characterized by a 'discourse archeological' interest in the potentially totalitarian elements of the avant-garde. Yet this point of view changes fundamentally during the 1990s in a younger generation of artists (neoutopianism and retroutopianism). Retroutopianism (Marko Peljhan, Vadim Fishkin) no longer primarily equates the utopianism of the avant-garde with totalitarian tendencies, but is reexamined with regard to its media-technological projections and designs, which were not only developed by individual avant-garde artists and theoreticians (Velimir Khlebnikov, Bertolt Brecht) but also by scientists and engineers during the early 20th century (Nikola Tesla, Herman Potočnik Noordung). Artistic projects of the time reveal an increasing 'media-archeological' fascination for the avant-garde's early utopian fantasies of technology. This fascination, in turn, is symptomatic for a significant change in the relationship to utopia and utopian thinking on the whole: utopian thinking per se separates from its unambiguously negative, political-totalitarian aftertaste (understood as 'utopianism') and takes on a new positive political connotation. It is now understood as an emancipatory or visionary-spectral potentiality ('utopicity').
Digitale und vernetzte Technologien haben die Produktionsbedingungen in der Kunst grundlegend verändert. Auf der Grundlage binär codierter Information lassen sich Inhalte aller Medien und Gattungen ohne Medienbruch kombinieren. Wie schon vorangegangene Kunstformen experimentiert auch die zeitgenössische digitale Kunst mit adaptiven Techniken und Bezugnahmen auf fremde Inhalte. Multimedialität, Interaktivität und Prozesshaftigkeit führen zu Fragen nach Werkbegriff, Schöpfungshöhe und Urheberschaft.Die urheberrechtliche Doktrin der freien Benutzung vermag den zur Wahrung des künstlerischen Freiraums gebotenen Interessenausgleich nicht mehr zu leisten. Das vorgeschlagene Modell identifiziert im Rahmen des geltenden Rechts Kriterien zur Abgrenzung nicht privilegierter Nutzungen. Es berücksichtigt die Unterschiede zwischen Urheber- und Leistungsschutzrechten ebenso wie das europäische Recht. Mit diesem Ansatz richtet sich die Arbeit an Wissenschaft, Rechtsprechung und Museumspraxis
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Forschung wird zunehmend aus Sicht ihrer Ergebnisse gedacht - nicht zuletzt aufgrund der Umwälzungen im System Wissenschaft. Der Band lenkt den Fokus jedoch auf diejenigen Prozesse, die Forschungsergebnisse erst ermöglichen und Wissenschaft konturieren. Dabei ist der Titel Doing Research als Verweis darauf zu verstehen, dass forschendes Handeln von spezifischen Positionierungen, partiellen Perspektiven und Suchbewegungen geformt ist. So knüpfen alle Beitragenden auf reflexive Weise an ihre jeweiligen Forschungspraktiken an. Ausgangspunkt sind Abkürzungen - die vermeintlich kleinsten Einheiten wissenschaftlicher Aushandlung und Verständigung. Der in den Erziehungs-, Sozial-, Medien- und Kunstwissenschaften verankerte Band zeichnet ein vieldimensionales Bild gegenwärtigen Forschens mit transdisziplinären Anknüpfungspunkten zwischen Digitalität und Bildung.
Die "intellektuelle Anschauung" erhebt um 1800 die Beziehung von Begriff und Bild zum Ausgangspunkt von Erkenntnis. Dabei wird problematisch, wie die Übereinstimmung von Begriff und Bild, die in der klassischen rhetorischen Evidenz noch garantiert war, verfasst sein kann. Aus dieser Konstellation entwickelt sich eine Vielzahl epistemischer Techniken zur Erzeugung von Evidenz. Die Beiträge des Bandes untersuchen diesen Komplex, die Vorgeschichte seit der Renaissance und die Nachspiele in der Gegenwart aus der Perspektive von Literatur-, Medien- und Theaterwissenschaft, Philosophie, Kunst- und Wissenschaftsgeschichte.
Der Band befragt die Videokunst der frühen 1970er Jahre hinsichtlich ihrer Interventionen in Körper- und Mediendiskurse bzw. Subjektdiskurse der Zeit. Im Anschluss an Walter Benjamin entwickelt die Studie hierfür ein operatives Bildverständnis und arbeitet »den wachen Sinn für die Signatur der Zeit« aus den Praktiken und Diskursen der Videokunst heraus. Analysen zu Videowerken von Eleanor Antin, Lynda Benglis, Lili Dujourie, Sanja Ivecoviç, Martha Rosler, Lisa Steele, Hannah Wilke und anderen Künstlern und Künstlerinnen belegen einen repräsentationskritischen Einsatz des Mediums, der die Arbeit an, mit und in Bildern als eine ebenso ästhetische wie politische Argumentation lesbar macht.
Die Warnung von Eltern, aufzupassen, was man online teilt, ist allgegenwärtig. Dem schließen sich Datenschützer*innen an und gebieten einen bewussten und sparsamen Umgang mit Diensten und Daten. Eine digitale Desökonomie widersetzt sich diesen Warnungen und sucht den kritischen Umgang mit der digitalen Gegenwartskultur nicht in der Askese, sondern im Exzess. Kunstwerke, Bilder und Daten sind "zu viel", türmen sich auf und wiederholen sich ständig. Mit Bezug auf Ansätze der Gouvernementalität, der Queer Theory und auf Theorien von Georges Bataille und Roger Caillois analysiert der Autor diese unproduktive Produktionsweise des Digitalen und zeigt eine Praxis auf, die Trägheit statt flow schafft.
Digitale Technologien und soziale Medien verändern die Selbst- und Körperwahrnehmung und verzerren, verstärken oder produzieren dabei spezifische Körperbilder. Die Beiträger*innen kartographieren diese Phänomene, fragen nach ihrer medialen Existenzweise sowie nach den Möglichkeiten ihrer Kritik. Dabei begegnen sie ihrer Neuartigkeit mit einer transdisziplinären Herangehensweise. Aus sowohl der Perspektive künstlerischer und gestalterischer Forschung als auch der Kunst-, Kultur- und Medienwissenschaft sowie der Psychologie und Neurowissenschaft wird die Landschaft rezenter Körperbilder und Techniken einer digitalen Körperlichkeit untersucht.
Von der Datenautobahn zum Mitmachnetz Das Internet entwickelte sich in verschiedenen Phasen schnell und grundlegend von einer Datenautobahn zum Mitmachnetz. Mittlerweile ist diese digitale Parallelwelt aus dem Alltag vieler Menschen gar nicht mehr wegzudenken. Joan Kristin Bleicher beleuchtet umfassend zentrale Aspekte der Medialität des Internets. Im Fokus stehen dabei nicht nur Rahmenbedingungen und die historische Entwicklung. Es werden auch Angebotsschwerpunkte, theoretische Fragen, Ästhetik, Nutzungs- und Wirkungspotenziale des Internets sowie Regulierungstendenzen thematisiert. Das Buch hat einführenden Charakter und richtet sich an Studierende der Medien-, Kultur- und Kommunikationswissenschaft. Es eignet sich auch für Interessierte anderer Fachrichtungen, die sich über dieses Schlüsselmedium unserer Zeit informieren möchten.
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Die Situation der Forschungsliteratur zum Mode-Begriff "Immersion" ist eine schnelllebige. Dies beweist aus der Perspektive des aktuellen Jahres 2020 dieser 2018 erschiene Band mit dem Titel Immersion – Design – Art: Revisited. Transmediale Formprinzipien neuzeitlicher Kunst und Technologie, der in Kooperation verschiedener Kunst- und Fachhochschulen in Kiel und Münster, basierend auf einer Tagung von 2016, erarbeitet wurde. Während nach der Veröffentlichung von Fabienne Liptays und Burcu Dogramacis Immersion in Visual Arts and Media im Jahr 2016[1] im medienwissenschaftlichen Bereich eine zweijährige Pause der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Begriff Immersion entstanden ist (die lediglich mit praktischen Zuwendungen wie etwa dem mehrjährigen Ausstellungsprojekt "Immersion" der Berliner Festspiele zu füllen wäre), erscheint 2018 etwa zeitgleich mit Rainer Mühlhoffs in der Philosophie angesiedelter Dissertation Immersive Macht hier noch eine weitere Publikation. Der Sammelband hat sich eine "eigenständige medientheoretische Perspektive" vorgenommen, "in der Medienkunst weder als einfacher Effekt der Medientechnologie erscheint, noch die gesellschaftliche Realität der Medien mit der künstlerischen Phantasie der Medienkünstler verwechselt wird" (S. 7). In dieser Dimension schlägt die hier vorgelegte Veröffentlichung der Herausgeber Lars C. Grabbe, Patrick Rupert-Kruse und Norbert Schmitz in eine verwandte Kerbe zu Mühlhoffs Buch, der als "immersive Macht" "den strategischen Machteffekt [begreift], der sich auf der makroskopischen Ebene affektiver Resonanz- und Interaktionsmuster"[2] manifestiert. Überdies bleibt der Sammelband anschlussfähig an die 2019 erschienene Ausgabe der Navigationen-Zeitschrift, die herausgegeben von Thiemo Breyer und Dawid Kasprowicz den Titel Immersion. Grenzen und Metaphorik des digitalen Subjekts trägt und betont, sie wolle "die reziproken Verhältnisse zwischen Subjekt und Objekt, Werk und Rezipient"[3] untersuchen. Und trotzdem liegt hier ein sich von diesen (medien-)philosophisch orientierten Schriften stark unterscheidendes Buch vor. So präsentiert sich der Sammelband im Vergleich zur 2016er-Tagung als wesentlich theoretischer; im Vergleich zu anderen aktuellen Texten des Diskurses aber praktischer orientiert. In der Einleitung wird bereits auf die unüberwindbare Utopie hingewiesen, die den Diskurs um immersive Erfahrungen und Medientechnologien durchzieht, seit mit Oliver Graus Buch Virtual Art. From Illusion to Immersion (2003)[4] das Schreiben einer Genealogie immersiver Medienformate als lineare und teleologische Steigerung medialer Mimesis begonnen wurde. Jener Steigerungslogik steht auf theoretischer Seite einerseits der Vorwurf der Negation zeitspezifischer Wahrnehmungskonfigurationen auf Nutzer*innenseite gegenüber, welche die Herausgeber im Verweis auf die veränderten Wahrnehmungsmodalitäten von digital natives thematisieren. Andererseits muss auch die oft formulierte Annahme eines Immersionsbedürfnisses als anthropologische Konstante mit Kritik insofern rechnen, als dass einem 'perfektionierten' Realitätseffekt von Repräsentationen mit der philosophischen Sicht auf die mediale Illudierung als willing suspension of disbelief längst eine dynamischere Konzeption entgegengestellt wurde. Dieser komplexen Konzeption des Immersionsdiskurses kommt der Sammelband differenziert nach, indem in verschiedenen Artikeln theoretische Binärkategorien wie Realität vs. Virtualität, Unmittelbarkeit vs. Hypermedialität[5], Kunst vs. Medialität, Ästhetik vs. Aisthesis sowie Immersion vs. Reflexion aufs Neue befragt und deren Dualismus zur Debatte gestellt wird. Gleichzeitig ist dem Buch sein Ursprungsort, das praktisch orientierte "Institut für immersive Medien" in Kiel, das auch einer der beiden Austragungsorte der Tagung war, weiterhin anzumerken. Randbemerkungen wie jene über einen "Fortschritt der Technologien" (S. 8) oder Aussagen wie "Diese Unterscheidung [zwischen einer Gleichzeitigkeit von der Wahrnehmung des Bildgegenstandes als einer außerbildlichen Referenz und dem Bewusstsein des Bildes als solchem] ist logischerweise bei vollständiger Immersion nicht mehr möglich." (S. 11) erweisen, dass das Anliegen des Buches in Wahrheit ein doppeltes ist: Einerseits den wahrnehmungstheoretischen Novitäten im Diskurs Rechnung zu tragen, gleichzeitig jedoch die technologische Komponente – die Frage nach den technischen Potenzialen sogenannter immersiver Medien – weiterhin aufrecht zu erhalten. Ein solches doppeltes Anliegen manifestiert sich auch in der inhaltlichen Zweiteilung des Buches in Teil 1 "Die Kunst der Immersion", der sich mit der "Spezifik des Künstlerischen gegenüber dem allgemein Medialen" (S. 8) auseinandersetzt, und Teil 2 "Zur Ästhetik der Immersion", der sich eine "systematische Bestimmung von Begriff und Phänomen hin zu gegenwärtigen und einschlägigen kulturellen Praxen" (S. 16) vorgenommen hat. Auf den ersten Blick scheint es überraschend, dass die Herausgeber entschieden haben, zwei ältere und etwas eingestaubt wirkende Texte – Oliver Graus Aufsatz zur Telepräsenz von 2001 und Lambert Wiesings Antrittsvorlesung zur Unterscheidbarkeit von Virtualität und Imagination von 2005 – wieder abzudrucken, zumal es die originären Autoren den Herausgebern sogar selbst überlassen haben, Abstracts für deren Texte zu formulieren. Auf den zweiten Blick lässt sich diese Entscheidung aber mit der in diesen Artikeln angesprochenen Technikgeschichte der Utopien und Mythen (Grau) sowie der Unterscheidung von "Kontinuitätstheoretikern" und "Diskontinuitätstheoretikern" (S. 140) als Ausgangspunkte der oben angesprochenen Diskurse begreifen, die auch in den anderen Beiträgen weitergeführt werden. Von diesen erscheinen vier insbesondere erwähnenswert: etwa jener von Norbert Schmitz, dessen provokante Frage, ob wir nicht grundlegend in Immersionen leben würden, wiederum zu einer komplexen Befragung der Funktion einer "Kunst der Immersion" führt. Schmitz formuliert als Fazit seines Textes klug: "Die 'Kunst der Immersion', ob nun als subversive Strategie innerhalb der Populärkultur oder innerhalb des Kunstsystems, bestände also darin, die ästhetische Differenz zwischen Objekt und seiner Abbildung wieder sichtbar zu machen, aber nicht im überkommenen Geist einer Dekonstruktion der Mimesis, sondern als Thematisierung der vollständigen Konstruiertheit unserer alltäglichen phänomenalen Wahrnehmung als unüberschreitbare Grenze und conditio humana" (S. 73) und schafft so die thematische Verbindung zu einem Artikel im zweiten Teil – jenem von Jonathan Lahey Dronsfield. Dieser befragt in seinem Text unter anderem den anthropologischen Wunsch nach "immediacy" neu und stellt dabei ganz ähnlich fest: "[W]hat is the desire for 'unified experience' in an immersive environment […]? Nothing other than the longing for subjectivity in the loss of self" (S. 189). Dass neben der technologischen Überwältigungsstrategie also auch das rezipierende Subjekt theoretisch befragt werden muss, zeigt ebenso der Text von Alberto Gabriele auf, der aus literaturwissenschaftlicher Perspektive die Relevanz eines interdisziplinären Blickwinkels andeutet, um spezifische Wahrnehmungskonfigurationen zu spezifischen Zeit-Punkten untersuchen zu können. Gabriele inspiziert dafür beispielhaft die Wechselwirkung zwischen dem "cartographic writing" (S. 193) und der Position, die ein*e Zuschauer*in während der Rezeption eines Panoramas einnimmt. Seine Schlussfolgerung, "[v]ision, therefore, becomes a self-induced normative rearrangement of the faculties of memory and perception" (S. 203) beschreibt so Immersion mit der nötigen Komplexität und Relationalität. Eine solche Komplexität klingt auch in Lars C. Grabbes Text an, wenngleich dieser über die von ihm sogenannte "Phänosemiose" (die "medieninduzierte Körper-Geist-Dynamik" (S. 155)) "die menschliche Wahrnehmung [als] abhängig von der jeweils kulturell realisierten medialen Technizität" (S. 158) beschreibt, jedoch die Frage nach einer möglichen Autonomie des Subjekts gänzlich außen vor lässt. Weitere Texte des Bandes sind Patrick Rupert-Kruses Beschäftigung mit verschiedenen Formen medialen Realismus' (im Spiegel von Ästhetik und Aisthesis), Diego Mantoans Generationenvergleich von Videokünstler*innen, der Videotechnologien auf ihre "aesthetic maturity" befragt, Carolina Fernández-Castrillos Rückblick auf die "desire of uniting art and life" (S. 127), die die Futurist*innen in ihren Manifesten vorgeschlagen hatten, und Christiane Heibachs Bericht von einem Versuch, Proband*innen in eine synästhetische Medienumgebung zu versetzen, während theoretisch auf Mark Weisers Konzept der Re-Naturierung von Technik, der Nahtlosigkeit zwischen Welt und Repräsentation zurückgegriffen wird. So verbleibt nach der Lektüre der hinsichtlich ihrer Aktualität, ihrer Diskursfreudigkeit und ihrer Verzahnung von Theorie und Praxis höchst heterogenen Texte vor allem ebendiese Verschiedenheit als erfreulicher Output: Indem das Buch praktische wie theoretische, disziplininterne wie interdisziplinäre, aktuellere wie ältere Perspektiven auf den medienkünstlerischen und -wissenschaftlichen Immersionsbegriff präsentiert, scheint zwar gelegentlich die Bezugnahme auf die aktuellen Publikationen im gleichen thematischen Feld – etwa zu Liptays und Dogramacis Herausgeber*innenschaft – aus dem Blick zu geraten. Insgesamt präsentiert sich das Buch jedoch als adäquates Nachschlagewerk, in dem sehr verschiedene Zugänge zur Immersion aufeinandertreffen. Um diese erfreuliche Heterogenität weiter voranzutreiben, wäre zwar auch das Hinzuziehen marginalisierter Perspektiven auf die vermeintlich anthropologische Konstante Immersion wichtig gewesen. Es bleibt jedoch darauf zu hoffen, dass eine solche – die bislang prominenten Diskurspfade verlassende – alternative Schreibweise einer politisch äußerst relevanten Geschichte immersiver Medien im nicht-westlichen Erfahrungsraum in künftige Publikationen stärker Einzug nehmen wird. Im hiesigen Sammelband sind zumindest einführend Gedanken für einen solche zeitgemäße Heterogenität zu finden. [1] Fabienne Liptay/Burcu Dogramaci (Hg.): Immersion in Visual Arts and Media. Leiden 2016. [2] Rainer Mühlhoff: Immersive Macht. Affekttheorie nach Spinoza und Foucault. Frankfurt/New York 2018, S. 22. [3] Dawid Kasprowicz/Thiemo Breyer (Hg.): Immersion. Grenzen und Metaphorik des digitalen Subjekts. Ausgabe von: Navigationen, Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaft 19/1, 2019, S. 8. [4] Oliver Grau: Virtual Art from Illusion to Immersion. Cambridge/London 2003. [5] Jay Bolter/Richard Grusin: Remediation. Understanding New Media. Cambridge 1999.