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Das Hauptwerk des russischen Philosophen Aleksej Losev (1893-1988) wird hier erstmals in deutscher Übersetzung vorgelegt. Die Besonderheit dieser Schrift liegt darin, daß Losev dem dogmatischen Anspruch, mit dem der dialektische Materialismus auftrat und seine Widersacher unerbittlich verfolgte, eine strikt rational argumentierende philosophische Analyse der Funktion und Bedeutung des Mythos für alle unsere Weltbezüge entgegensetzt. Sie zeigt zweierlei auf: 1. Jede Aussage über das Wirkliche basiert auf dem Mythos; 2. Keine Aussage über das Wirkliche darf sich folglich zu Recht über konkurrierende bzw. abweichende Aussagen über das Wirkliche unter Berufung auf einen unbedingten Geltungsanspruch erheben.

"Weite Kreise unserer Gesellschaft gehen vor der unabdingbaren Notwendigkeit des Tierversuchs aus. Wir haben es hier mit einer Reihe von Mythen zu tun, welche letztlich falsch oder zumindestens ohne reale Grundlage sind. Mythen haben keinen Urheber - sie bilden sich, verdichten sich und werden von allen geglaubt und weitergegeben. Kritiker des tierexperimentellen Forschungssystems wollen weder die Wissenschaften noch die Medizin abschaffen, wie gelegentlich unterstellt wird. Allerdings fordern wir eine gewaltfreie Wissenschaft, die mit humanen Methoden zu ihren Erkenntnissen findet. Das Streben nach Erweiterung unseres Wissenshorizontes muß da ein Ende haben, wo dieses Wissen nur mit Qual, Leid und Tod zu erreichen ist. Glauben wir wirklich, daß sich auf der Basis von Abermillionen gequälter und getöteter Tiere neue Heilmittel für den Menschen entdecken lassen?" (Autorenreferat)

Die Autorin untersucht den Männlichkeitsmythos im Christentum, d. h. den grundlegenden Legitimationsmythos des Patriarchats, die Vorstellung, daß der Mann Ursprung und Anfang der Menschheitsgeschichte darstelle. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in zwei Schritten dargestellt. Es wird begonnen mit der "heimlichen Rezeptur" männlicher Machtergreifung und -konsolidierung, die in den drei ersten Geschichten der Bibel (des AT) ausfindig gemacht wurde. Im zweiten Teil wird versucht, die Spuren der Aufrichtung der Königs"herr"schaft des isrealischen Gottes zu sichern. Es wird festgestellt, daß (1) der Mann die Frau nachordne; (2) Man(n) die Frau in Kollektivbegriffen männlichen Geschlechts subsummiere; (3) Man(n) sich das Recht der Namensgebung reserviere; (4) Man(n) der Frau das eigene weibliche Geschlecht verweigere; (5) Man(n) den weiblichen Namen vom männlichen ableite; (6) Man(n) die Frau instrumentalisiere; (7) Man(n) die weiblichen Fähigkeiten usurpiere. Abschließend wird geschildert, wie Jahwe-Gott sich die Göttinnen des Matriarchats einverleibte und damit die Allein"herr"schaft übernahm. (TR)

Vorstellungen des Kosmos oder der Welt als Ganzes sind keine Besonderheit des Okzidents, aber das abendländische Weltbild unterscheidet sich durch seine Idee des Universalismus in eigentümlicher Weise von den Kosmologien anderer Kulturen. Einige historisch-systematische Gesichtspunkte leiten den vorliegenden Beitrag an, um dann auf jene Merkmale des okzidentalen Universalismus hinzuweisen, die den üblichen Rahmen mythischer Vorstellungen überschreiten. Die okzidentale (mythische) Denkstruktur läßt sich in ihrer abstraktesten Fassung wie folgt kennzeichnen: Der Universalismus und die ihm verwandten Konzepte behaupten die Einheit im Unterschied zur Vielheit und Verschiedenheit. Mit dieser Behauptung einer allumfassenden und nicht mehr überbietbaren Einheit fügt sich dieser Universalismus deutlich in den Rahmen mythischer Konstrukte ein. (ICE)

Der vorliegende Besprechungsessay stellt drei neuere universitätsgeschichtliche und -politische Publikationen vor und diskutiert deren jeweils leitende Fragestellung in Bezug auf den Humboldt-Mythos als Reformmodell. Im ersten Teil wird das geschichtliche Problem erörtert, die Wissenschaftsorientierung an der Universität zu erhalten. Der zweite Teil betont die politischen Rahmenbedingungen und Gründungsmotive, wobei die These von der Wissenschaftsorientierung als Gründungsmotiv von Universitäten zurückgewiesen wird. Im dritten Abschnitt werden die Grenzen universitätspolitischer Orientierung an Humboldt in Geschichte und Gegenwart thematisiert. Der Autor führt abschließend die Besprechungen in eigenen Überlegungen zum "Mythos Humboldt" als Handlungsmodell zusammen. Folgende Publikationen werden besprochen: Demandt, A. (Hrsg.): Stätten des Geistes. Große Universitäten Europas von der Antike bis zur Gegenwart (1999); Boockmann, H.: Wissen und Widerstand. Geschichte der deutschen Universität (1999); Ash, M.G. (Hrsg.): Mythos Humboldt. Vergangenheit und Zukunft der deutschen Universitäten (1999). (ICI2)

Der Beitrag untersucht die Thesen, ob das Urchristentum eine Wertrevolution anstrebte und ob die urchristlichen Schriften diese Wertrevolution in mythischen Bildern traditionsfähig und umweltunabhängig begründeten. Der Autor definiert "Wertrevolution" als Wertewandel, der die Verteilung von Lebenschancen zwischen Herrschenden und Beherrschten in Frage stellt. Er erklärt den Umgang der Urchristen mit Macht, Besitz sowie Bildung und konstatiert einen sozialen Abwärtstransfer von ursprünglichen Oberschichtwerten wie Friedensstiftung oder Freigebigkeit. Gleichzeitig wurden traditionelle Oberschichtkreise kritisiert. Der Autor erkennt in der Bibel eine Transformation des Mythischen. Die beiden großen Mythen des Neuen Testaments - der eschatologische Mythos von der hereinbrechenden Gottesherrschaft und der christologische vom präexistenten Gottessohn - seien begründende Erzählungen für die urchristliche Wertrevolution. Während diese jedoch von einem Mythos inspiriert und motiviert wurde, habe sie der andere traditionsfähig gemacht. Im Fazit wird festgestellt, daß die mythische Form die Begleitung einer in den umfassenden Wertwandel eingebetteten Wertrevolution darstellt, die zentrales Element unserer Kultur ist. (rk)