Der Rechtsextremismus im Allgemeinen ist auch ein genuiner Bestandteil der Geschichte der Ökologie, nämlich ein in bestimmter Richtung radikalisierter Konservatismus. Zwar wäre er ohne die Ideologie der so genannten "Konservativen Revolution" vielleicht nicht entstanden, aber deren Anhänger begrüßten die Machtergreifung oft begeistert, auch wenn der Großteil von ihnen die spezifisch nationalsozialistischen Vorstellungen nicht teilte. Später gewannen die Konservativen in der Bundesrepublik einen beträchtlichen Einfluss und waren für die Nicht-Konservativen der Beweis der Kontinuität "braunen" Gedankenguts. Der Autor skizziert zunächst in idealtypischer Zuspitzung den Kern dessen, was heute "ökologisches Denken" genannt wird und wie er sich im Zuge der Entwicklung des klassischen Konservatismus herausgebildet hat. Im Anschluss daran zeigt er, was das spezifisch Nationalsozialistische im Hinblick auf die Thematik ist, die heute unter "politischer Ökologie" behandelt wird. Schließlich erläutert er seine Beobachtung, dass dieses spezifisch "Braune" heute kaum mehr zu finden ist, auch nicht unter denen, die man mit gutem Grund "Neonazis" nennt, und dass man, wenn nach Gefahren gesucht wird, die in dem Gedankengebilde "politische Ökologie" stecken, nicht nur rechts suchen sollte. (ICI2)
Waren die Naturschützer fanatisch überzeugte Nazis oder gnadenlose Opportunisten, die sich den neuen Machthabern anbiederten? Und ging es um mehr als ein paar fehlgeleitete Individuen? Gab es im NS-Staat ein ernsthaftes Bemühen um den Schutz der Umwelt oder gar eine "grüne Partei", wie die Historikerin Anna Bramwell in den 1980er Jahren behauptete? Der Autor zeigt in Beantwortung dieser Fragen, dass es eine "grüne Fraktion" im Nationalsozialismus nicht gab. Wenn sich überhaupt ein durchgängiges Merkmal für den Umgang mit Umweltproblemen im NS-Staat erkennen lässt, dann war es ein konsequenter Opportunismus: Entscheidungen ergaben sich vor allem spontan, je nach Interessen- und Akteurskonstellation und ideologischer Ausrichtung. So ziehen sich dramatische Kurswechsel durch die Umweltgeschichte der NS-Zeit: Dauerwald, Tierschutz, Begleitplanung beim Autobahnbau - es gibt kaum ein Thema, bei dem sich über die zwölf Jahre hinweg so etwas wie eine durchgängige Linie erkennen lässt. Es ging bei Natur und Umwelt nicht um nationalsozialistische Schlüsselthemen wie Aufrüstung und Judenhass, wo die Ansichten unverrückbar waren. Bei der natürlichen Umwelt gab es ein breites Spektrum unterschiedlicher Gruppierungen mit wechselnden Bündnissen und Konjunkturen. Selbst bei der ideologischen Aufladung gab es unterschiedliche Optionen und erst recht keinen unmittelbaren Zwang. Soweit bekannt geriet kein einziger Naturschützer in Schwierigkeiten, weil er auf eine nationalsozialistisch eingefärbte Rhetorik verzichtete. (ICI2)
Der Verfasser stellt in seiner kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Euthanasie- und Bioethikdebatte Positionen der Euthanasiediskussion der zwanziger Jahre und die Praxis der nationalsozialistischen Euthanasieprogramme den Thesen der zeitgenössischen Bioethiker gegenüber. Er referiert zunächst die zentralen Aussagen der von Binding und Hoche verfassten Schrift "Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens - ihr Maß und ihre Form" aus dem Jahre 1920. Es schließt sich eine Auseinandersetzung mit der utilitaristischen Ethik des australischen Moralphilosophen und Bioethikers Peter Singer an, die der Verfasser als "geradezu ideales theoretisches Fundament für die neue Euthanasie-Bewegung" qualifiziert. Der Verfasser macht "bedrückende Parallelen" zwischen der Euthanasiediskussion der zwanziger und der achtziger Jahre aus. Er wertet den Utilitarismus als "heillose Ethik", die die Aushöhlung der Grund- und Menschenrechte bewirke. (ICE)
In dem Beitrag wird die These von der Ästhetisierung des politischen Lebens im Nationalsozialismus, die - verschiedene Analysen zusammenfassend - von Benjamin formuliert wurde, in systematischer Form erörtert. Unter dem Aspekt des Verhältnisses von Kultur und Politik wird nach dem entstehungsgeschichtlichen Zusammenhang von Nazismus und bürgerlicher Gesellschaft gefragt. Zum Verständnis des Faschismus wird gezeigt, daß er als Bewegung wie als Herrschaftssystem aus einer kulturell fragmentierten und industriell hochentwickelten, bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft hervorgegangen ist. Exemplarisch werden dann Erscheinungsformen und Funktionen faschistischer Ästhetik dargestellt. Die künstlerischen und kulturellen Manifestationen faschistischer Ästhetik werden im Wirkungszusammenhang des nationalsozialistischen Herrschaftssystems gedeutet und an ausgewählten Beispielen erläutert: (1) die inszenierte Öffentlichkeit in der "Volksgemeinschaft" der Reichsparteitage; (2) der Antagonismus von Lohnarbeit und Kapital bei "Kraft durch Freude" und "Schönheit der Arbeit" statt Klassenkampf. Auf dieser Grundlage werden die Widersprüche faschistischer Ästhetik herausgearbeitet. (KW)
Der Autor zeichnet den beruflichen Werdegang des Schriftleiters und Herausgebers der von der Bekennenden Kirche editierten 'Jungen Kirche' Fritz Söhlmann nach. In seiner Jugend engagierte sich Söhlmann in der christlich-völkischen Jugend dem Jungdeutschen Orden. Er begann seine publizistische Karriere als Herausgeber der Monatszeitschrift 'Der Vormarsch'. Gleichzeitig setzte er sich für die Ziele der Ökumenischen Bewegung ein. Im Juni 1933 übernahm Söhlmann die Schriftleitung der 'Jungen Kirche', die, obwohl sich zunehmend zu einer pro-nationalsozialistischen Zeitschrift entwickelnd, im Jahr 1941 verboten wurde. In diese Zeit fällt auch das Zerwürfnis Söhlmanns mit den 'Dahlemiten' um Pfarrer Martin Niemöller. Söhlmann war zwar nie Mitglied der NSDAP, pflegte aber enge Kontakte zu ausgewiesenen Nationalsozialisten. Der Verfasser bezeichnet den Publizisten als eine Person, 'die meinte, gleichzeitig der Kirche und dem Dritten Reich dienen zu können, dabei aber, ob sie es wollte oder nicht, weitgehend christliche Prinzipien und Werte preisgab'. (ICC)
"Der Beitrag skizziert den mit wachsender zeitlicher Distanz und Ausweitung des Forschungsinteresses eintretenden Paradigmenwandel für die Beurteilung der deutschen Widerstandsbewegung gegen Hitler. Er konstatiert ein rückläufiges öffentliches Interesse an der Bewegung des 20. Juli 1944. Dies beruht teils auf der Preisgabe der ursprünglichen Legitimierungsfunktion des Widerstands für die westdeutsche demokratische Rekonstruktion, teils auf der in der frühen wissenschaftlichen Behandlung des Widerstands feststellbaren und in der didaktischen Umsetzung bis heute wirksamen Stilisierung der Verschwörer des 20. Juli als in sich geschlossener, zugleich die Gesamtheit der sozialen Schichten und oppositionellen Gruppierungen repräsentierender Bewegung. Die mangelnde Einbeziehung der politischen Motive einschließlich der insbesondere seit 1943 auftretenden richtungspolitischen Divergenzen sowie eine dualistische Entgegensetzung von Widerstand und Trägern des Regimes erscheint nicht geeignet, ein langanhaltendes Interesse am Widerstand zu begründen. Der Verfasser plädiert demgegenüber für eine Interpretation des Widerstands als Reflex der politischen Bedingungen des Dritten Reiches und als Indikator für die in der nationalsozialistischen Eroberung endgültig sichtbar gewordene Krise der deutschen Gesellschaft. Diese vermochte zwar gegenüber den Gewaltverbrechen moralische Gegenkräfte in begrenztem Umfang zu mobilisieren, entwickelte jedoch kein politisches Konzept, das beanspruchen konnte, eine langfristig tragfähige Lösung der sozio-ökonomischen Spannungen im Innern und der transnationalen Reorganisation Europas zu sein. Im Unterschied zu der bisherigen Forschung wird die Bedeutung des Kreisauer Kreises, aber auch der sozialistischen Verschwörergruppe für den 20. Juli 1944 stärker akzentuiert. Andererseits wird gegen eine Einebnung des Widerstandsbegriffs durch die Einbeziehung von Dissens und Verweigerung Stellung genommen. Jenseits der zeitgebundenen politischen Vorstellungen, die auf die nach 1945 entstandene Situation nicht mehr anwendbar waren, stand jedoch die grundsätzliche Entscheidung der Verschwörer, mit einem schier aussichtslosen Attentat das Vertrauen in die Möglichkeit humaner Politik neu zu begründen." (Autorenreferat)
"Die Erklärung des deutschen Faschismus als eine Konsequenz der kapitalistischen Krise um 1930 reicht nicht aus. Wichtige Bestandteile der nationalsozialistischen Ideologie und Praxis wären so nicht zu begreifen, und unklar bliebe überdies, warum sich der Faschismus in Deutschland, nicht aber in anderen westlichen Ländern mit fortgeschrittener kapitalistischer Wirtschaftsordnung durchsetzte. Zum einen erklärt sich die besondere deutsche Anfälligkeit für den Faschismus aus Faktoren, die mit der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg zusammenhingen. Zum anderen: Die Krise des privatwirtschaftlichen Wirtschafts- und bürgerlichen Gesellschaftssystems endete in Deutschland deshalb in der Katastrophe, weil sich aufgrund eines spezifischen Weges der deutschen Modernisierung mehr als in anderen westlichen Ländern vorbürgerliche Reste erhalten hatten. Weil die deutsche Gesellschaft nie wirklich eine bürgerliche gewesen war, schlug deren Krise in den zwanziger Jahren so abrupt in das anti-bürgerliche System des Faschismus um. Dies wird hier vor allem an der Sozial- und Bewußtseinsgeschichte ausgewählter Sozialgruppen, die überproportional in der NS-Bewegung vertreten waren, gezeigt, insbesondere an den Angestellten. Die vorindustriellen Traditionen und Reststrukturen, die den Umschlag der kapitalistisch-bürgerlichen Krise in den Nationalsozialismus ermöglichten, sind durch dessen Sieg, vor allem aber durch den zweiten Weltkrieg wesentlich geschwächt oder ganz beseitigt worden. Dies wird als eine der Bedingungen des Erfolgs des demokratisch-parlamentarischen Systems in der Bundesrepublik beschrieben. Die Ergebnisse der Analyse werden abschließend in aktuelle Diskussionen eingeordnet. Erstens: Es erscheint als historisch unrichtig, Nationalsozialismus und Sozialismus als nah benachbart oder ähnlich zu sehen. Zweitens: Ohne die Rolle der Person Hitlers zu leugnen, ist es wissenschaftlich interessanter und politisch wichtiger, jene Strukturen und Prozesse aufzuweisen, die Hitlers Erfolge ermöglichten. Drittens: Die Untersuchung bedient sich sowohl des Begriffs 'faschistisch' wie des Begriffs 'totalitär', die oft überscharf gegeneinander ausgespielt worden sind, in Wirklichkeit aber miteinander zur Analyse des Nationalsozialismus verknüpft werden können. Ein sorgsam definierter Faschismusbegriff erweist sich als unverzichtbar für die sozialgeschichtliche Untersuchung des Nationalsozialismus. Er kann die deutschen Besonderheiten auf dem Hintergrund allgemeiner, auch in anderen Ländern auftretender Zusammenhänge in den Blick rücken und ermöglicht den sozialgeschichtlichen Vergleich besser als der Totalitarismusbegriff." (Autorenreferat)
Den Kampf um politische und kulturelle Hegemonie in der Landarbeiterschaft führen SPD und Gewerkschaften im späten Kaiserreich aufgrund theoretischer Vorgaben von Kautsky, der bäuerliche Wirtschaftsformen für unterlegen hält, nur mit wenig Erfolg. Auch rechtlicher Status und geringes Bildungsniveau der Landbevölkerung erschweren die Agitation. Erst 1913 wird eine Gewerkschaft gegründet, der "Deutsche Landarbeiter-Verband" (DLV). Christlich-soziale Reformbemühungen um die ländliche Rückständigkeit, christlich-nationale Organisationsbestrebungen und unternehmerische Konzepte zur Integration der Landarbeiter sind wirkungsvoller. Die Novemberrevolution beseitigt die juristischen Restriktionen für Landarbeiter (z.B. Gesindeordnung), bringt dem DLV einen enormen Mitgliederzuwachs und schwächt die Stellung der agrarischen Lobby in der Reichsadministration erheblich. Unter anderem an der Sicherung notwendiger Lebensmittelversorgung und der Arbeitsgemeinschaftspolitik der beteiligten Parteien scheitern Sozialisierungsbestrebungen. Nach der Konsolidierung konstituieren sich ab etwa 1920 konservative, nationalistische Landbünde und -vereine, die in wirtschaftsfriedlicher Absicht den Ausgleich und die "Werksgemeinschaft" mit den Agrarunternehmern suchen und somit spätere Elemente nationalsozialistischer Idologie vorprägen. (WB)
Die biographische Skizze des bislang wenig rezipierten Nationalökonomen und Soziologen konzentriert sich auf die Entwicklung des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik in seinem Werk. Neben seinen im engeren Sinne nationalökonomischen Arbeiten stellte Plenge schon sehr früh sozialphilosophische Betrachtungen an, die sich an der Hegelschen Staatsphilosophie orientieren und, ausgehend von der Höherrangigkeit des staatlichen Ganzen gegenüber dem Individiuum, auf eine umfassende Modernisierung des organisierten Kapitalismus bei gleichzeitiger Disziplinierung der Arbeiterschaft abzielten. Nachdem diese Ideen durch den 1. Weltkrieg eine außergewöhnliche Konjunktur erlebt hatten, kam es zu Kontakten zwischen Plenge und einer Gruppe rechter Sozialdemokraten um Lensch, Cunow und Haenisch. Als Versuche, einen dominierenden Einfluß in der Parteirechten insgesamt zu erringen, scheiterten, kam es nach 1918 zur Trennung von der Sozialdemokratie. Nach Jahren der Instituts- und Hochschularbeit versuchte Plenge seit 1933 vergeblich, für seine Konzeption eines nationalen Sozialismus Anerkennung bei nationalsozialistischen Politikern zu finden und bekannte sich nach dem Ende des Dritten Reiches schließlich zu einem christlichen Sozialismus, der aus Versatzstücken seiner gesamten ideologischen Biographie komponiert war. (ZI)
Gegenstand des Beitrags sind die Gründungsgeschichte des Sozialistischen Schülerbunds (SSB), einzelne Aspekte seiner inhaltlichen Entwicklung sowie die Bedingungen für eine sozialistische Schülerorganisation in der Weimarer Republik. Trotz seiner überparteilichen Bündniskonzeption war der SSB, so der Verfasser, die kommunistische Schülerorganisation der Weimarer Republik. Angesichts der wenigen höheren Schüler, die unmittelbar für die KPD einstanden, war eine rein kommunistische Organisation nicht zielführend. Merkmal des SSB in seiner ersten Phase bis 1929 war eine inhaltliche Offenheit gegenüber allen linken Schülern und eine auf aktuelle Probleme der Schülerschaft ausgerichtete Politik. Besonders mit dem Eintreten für die Schulgemeinde griff der SSB eine Chance zur Demokratisierung auf, welche die Weimarer Republik geschaffen hatte. Dass dieses demokratische Mittel nur sehr unzureichend genutzt wurde, ist dem SSB nicht anzulasten, weil gegen die Dominanz rechtskonservativer und nationalistischer Einstellungen in weiten Teilen der Schüler- und Lehrerschaft nur wenig auszurichten war. Deutlich wird aber das Potential, das mit der Schulgemeinde und den Reformschulen entstanden war. Der SSB in seiner Bündnisphase gehörte zu den Triebkräften einer echten Demokratisierung. Der SSB folgte dem ultralinken Kurswechsel der KPD 1929 und verspielte damit die Chancen, die wenigen linken Oberschüler in Berlin und im Reich zu erreichen. Es wird argumentiert, dass diese Haltung aus der Logik der Revolutionserwartung nachvollziehbar war, jedoch die Trennung innerhalb der sozialistischen Schülerschaft verschärfte und so zur Schwächung des SSB führte. Trotz großer Anstrengungen gelang es nicht, größere Teile der nationalsozialistisch radikalisierten Schülerschaft für die kommunistische Bewegung zu gewinnen. (ICG2)
"Die Studie beschäftigt sich mit der Karriere von Hans Surén und seinem Gymnastiksystem, das in den 1920er und 30er Jahren sehr populär war. Surén und seine Sportoffiziere initiierten nach dem Ersten Weltkrieg eine Reform der Leibesübungen bei der Reichswehr. Im Anschluss daran konzentrierte er sich auf seine zivile Karriere als freier Sportschriftsteller. Bis 1932 beeinflusste er zahlreiche FKK-Vereine unterschiedlichster Couleur, aber auch die paramilitärische Volkssport-Organisation. Ab 1932 engagierte er sich im nationalsozialistischen Arbeitsdienst. Dort führte er nicht nur die Präsentation des Deutschen Grußes bei Marschformationen ein, sondern prägte wegweisend die Leibeserziehung. Nach seinem Parteiausschluss im Jahre 1942 gerieten er und seine Deutsche Gymnastik weitgehend in Vergessenheit. Bis heute wird Surén in der Forschungsliteratur als ein, wenn auch bekannter, Nebendarsteller rezipiert, wohingegen ihn die vorliegende Studie als einen 'Körperkulturführer', als den er sich selbst - nicht ganz zu Unrecht - sah, identifiziert." (Autorenreferat)
Der Beitrag zum Problem des Faschismus in Japan, Italien und Deutschland versucht zum ersten Mal einen Vergleich zwischen den politisch-ideologischen Strömungen und den Herrschaftssystemen in den drei Staaten, die seit 1936/37 politisch und seit 1940 militärisch verbündet waren und von der antifaschistischen Propaganda wie auch von der Forschung als "faschistisch" bezeichnet werden. Der empirische Vergleich stützt sich auf die Ergebnisse der nationalgeschichtlichen Forschung und unterscheidet zwischen "Bewegungsphase" und "Regimephase". Der Vergleich zeigt, daß ein Faschismusbegriff, der Terror zum konstititiven Element eines jeden faschistischen Regimes erklärt, lediglich für Deutschland zutrifft. Faschismus eignet sich als Gattungsbegriff allenfalls für die Bewegungsphasen der drei genuin entstandenen Faschismen in Deutschland, Italien und Japan. Als umfassender Begriff für die Regimephasen trägt der Ausdruck nicht, er wird völlig unterschiedlichen Herrschaftsabsicherung nicht gerecht und birgt die Gefahr einer Bagatellisierung des Nationalsozialismus. Der historischen Wirklichkeit und auch dem Selbstverständnis der damaligen Regime in Berlin, Rom und Tokio würde es besser entsprechen, den abgegriffenen Faschismusbegriff aufzugeben. Stattdessen sollten das Hitlerregime als nationalsozialistisch, das italienische Regime des Duce als faschistisch und die japanische Herrschaftsordnung als retaurativ-antiwestliches System charakterisiert werden. Das japanische System trug für den Westler objektiv faschistische Züge, die indessen subjektiv von den Japanern nicht als solche empfunden werden konnten. (KA)
Der Aufsatz folgt einem kulturgeschichtlichen Ansatz und fragt nach Wahrnehmungen und Vorstellungen vom Meer und den Bedeutungen, die ihm zugewiesen wurden. Dargestellt werden drei Gegenstandsbereiche, in deren Rahmen sich mit dem Meer als Quelle politischer Macht sowie biologischer und mineralischer Ressourcen weitreichende, oft utopische Erwartungen verbanden, die sich jedoch regelmäßig nicht erfüllten. Bei diesen drei Gegenstandsbereichen handelt es sich um die deutsche Flottenrüstung unter Alfred von Tirpitz ab 1898, Fischerei und Walfang als Teil der nationalsozialistischen Autarkiepolitik in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, und schließlich das Projekt des Tiefseebergbaus nach Manganknollen seit den 1960er Jahren. Die Tirpitzsche Flottenrüstung wird hier abweichend von der in den 1970er Jahren geprägten Lesart nicht als antiparlamentarische Krisenstrategie verstanden, sondern als ein bürgerliches Projekt, das in der Tradition der Flottenbewegung von 1848 Seemacht mit zentralen Werten des Bürgertums wie der Einheit der Nation und dem Liberalismus assoziierte. Die vom Bürgertum getragene Flottenbegeisterung erscheint so im Kaiserreich als systemimmanente Bewegung, die außenpolitische Machtentfaltung, wirtschaftliche Modernisierung und innenpolitische Reformen verbinden wollte. Nachdem sich die Tirpitz-Flotte im Ersten Weltkrieg als Fehlkalkulation erwiesen hatte, verbanden sich in Deutschland weitreichende Hoffnungen mit dem Meer erst wieder im Rahmen der nationalsozialistischen Autarkiepolitik. Hier erschienen die Ozeane als der ideale wirtschaftliche Ergänzungsraum, um die Lücke zwischen Deutschlands Fett- und Proteinbedarf und der Produktion der eigenen Landwirtschaft ohne Devisenausgaben zu schließen. Teil dieser Hoffnung auf das Meer als deutsche Kolonie war die Vorstellung, dass die Fisch- und Walbestände praktisch unerschöpflich seien. Die Vorstellung unendlicher mariner Ressourcen kam erneut Ende der 1960er Jahre auf internationaler Ebene auf. Diesmal richteten sich die Hoffnungen auf Manganknollen auf dem Tiefseeboden. Vor dem Hintergrund einer befürchteten Erschöpfung der kontinentalen Erzlagerstätten versprach der Tiefseebergbau nach Manganknollen unbegrenzte Mengen wirtschaftlich wichtiger Metalle. Diese Hoffnungen gewannen eine zusätzliche politische Dimension, da bis dahin kein Staat Ansprüche auf die Tiefsee erhoben hatte. Viele Drittweltstaaten, aber auch Stimmen in den westlichen Gesellschaften forderten nun, den Tiefseebergbau unter UN-Aufsicht zu stellen und mit einem Transfer des Know-hows und der Gewinne an ärmere Staaten zu verbinden. Angesichts der erwarteten zentralen Rolle des Tiefseebergbaus für die künftige globale Rohstoffversorgung hoffte man auf dieser Grundlage eine neue und gerechte Weltwirtschaftsordnung errichten zu können. Diese drei Projekte verbindet, dass das Meer jeweils als Ausgangspunkt für weitreichende, letztlich nicht einlösbare Erwartungen diente. Weiterhin finden sich von drei bestimmten Vorstellungen des Meeres jeweils zumindest zwei in allen drei Zusammenhängen: Es handelt sich erstens um das Versprechen unbegrenzter Ressourcen, zweitens um die Hoffnung auf politische Reformen, die mit der Nutzung der Ozeane verbunden wird, und drittens um die Wahrnehmung des Meeres selbst als grenzenlos und unendlich, so dass die Grenzen der Nutzung und die Möglichkeit von Konflikten der Nutzer leicht ausgeblendet wurden.
'Das seit den achtziger Jahren zunehmende Interesse an ostasiatischen Religionen, schamanistischen Praktiken und Esoterik wird auf dem Hintergrund historischer Entwicklungen und in seiner sozialpsychologischen Funktion beleuchtet. Dabei geht es auch um die Einsicht in subjektive Motive und Beweggründe dieses Interesses, die sich im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen und in der Auseinandersetzung mit bzw. Distanzierung von den etablierten Kirchen entwickelt haben. Der Einfluss der Interpretationen ihrer Geschichte im feministischen und ökologischen Diskurs wird ebenso reflektiert wie die (meist unbewusste) ambivalente Bezugnahme auf die nationalsozialistische Verstrickung der Elterngeneration und damit verbundene Übertragungsphänomene zwischen den Generationen.' (Autorenreferat)