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Affektiv aufgeladene Bilder der Auseinandersetzung zwischen "Vätern" und "Söhnen" spielen sowohl in nationalsozialistischen Propagandafilmen als auch in post- und antinazistischen Spielfilmen eine...
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Mit der Machtübernahme Hitlers Ende Januar 1933 wurde die demokratische Weimarer Republik zu Grabe getragen. Für alle, die sich Hitler und seiner nationalsozialistischen Bewegung in den Weg gestellt hatten, wurde es nun lebensgefährlich in Deutschland. Außerdem war mit der Etablierung des "Dritten Reiches" der Antisemitismus Staatsdoktrin geworden. Jüdinnen und Juden ... mehr Der Beitrag Exil und Remigration erschien zuerst auf Demokratiegeschichten.
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Dass Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben vor Unglück fliehen und ihr Zuhause zurücklassen, ist traurigerweise ein Phänomen so alt wie die Menschheit selbst. Doch wie bei so vielen anderen negativen Erscheinungen setzt auch hier der Zweite Weltkrieg neue Standards. Erst als im Zuge des nationalsozialistischen Weltenbrands Millionen ... mehr Der Beitrag Die Genfer Flüchtlingskonvention: ein Regelwerk für den Moment, wenn Menschen alles zurücklassen müssen erschien zuerst auf Demokratiegeschichten.
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Zum Ende des Zweiten Weltkriegs hin ist Italien zunehmend ein zerstörtes und gespaltenes Land. 1940 an der Seite des nationalsozialistischen Deutschlands in den Krieg eingetreten, stürzen die Italiener:innen knapp drei Jahre später ihren "Duce" Benito Mussolini und wechseln die Seiten. Viele unterstützen nun die alliierten Truppen beim Kampf gegen die ... mehr Der Beitrag Referendum in Italien – Entscheidung für einen Neustart erschien zuerst auf Demokratiegeschichten.
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Bundespräsident Frank Walter Steinmeier war der Ideen- und Auftraggeber. 2020 betraute er den renommierten Zeithistoriker Norbert Frei, den Umgang der sechs Bundespräsidenten der alten Bonner Republik mit der nationalsozialistischen Vergangenheit zu untersuchen. Daraus ist ein spannendes Buch geworden, das seit Oktober vorliegt. Frei beweist: Es war ein langer Weg von 1949 mit Theodor Heuss bis... The post Norbert Frei über die Bonner Bundespräsidenten: Kollektivscham statt Kollektivschuld first appeared on Blog der Republik.
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Die Wahl des AfD-Kandidaten Robert Sesselmann zum Landrat in Sonneberg erregte viel Aufsehen. Nun wurde bekannt, dass Sesselmann den "Demokratie-Check" bestanden hat. Das Landesverwaltungsamt als Rechtsaufsichtsbehörde kam zu dem Schluss, dass der Kandidat nach beamtenrechtlichen Maßstäben die Gewähr dafür bietet, sich jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) einzusetzen. Die beamtenrechtliche Verfassungstreue ist ein Mittel der wehrhaften Demokratie. Obwohl mit der nationalsozialistischen Machtübernahme und dem Weimarer Scheitern begründet, schaffen ihre Instrumente es nicht, rechte Bedrohungen frühzeitig wahrzunehmen und zu verhindern. Der Fall Sesselmann verdeutlicht dies aufs Neue.
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In diesem Beitrag stellt Clara Hirn folgenden Aufsatz vor:Klingmann, Heinrich (2022): POPulismus, POPkultur und Pop-Didaktik; in: Beate Flath u.a. (Hg.): Druckwellen, Eskalationskulturen und Kultureskalationen in Pop, Gesellschaft und Politik, S. 57-74.Heinrich Klingmann thematisiert in dem Kapitel seines Buches den Hintergrund und die Beweggründe für die Rede Campinos nach der Echo-Preisverleihung 2018, welche die Hip-Hop-Künstler Kollegah und Farid Bang gewannen. Außerdem behandelt der Autor die Unterschiede zwischen Populismus, Popkultur und Pop-Didaktik in der heutigen Kultur und die Einflüsse des (Rechts-)Populismus auf die zwei anderen Begriffe Popkultur und Pop-Didaktik.Campino vertritt in seinem Statement zwei unterschiedliche Blickwinkel mit je anderen Aspekten. Zum einen geht es um die "Debatte um den ´Geist´" (S. 66), wobei (neu-)rechte Aktivitäten, Interventionen und Attacken im öffentlichen Raum im Zentrum der Betrachtung stehen. Zum anderen geht es um die "Grenzen der Toleranz" (S. 66), wobei weniger gesellschaftliche Umgangsformen als vielmehr musikalische und musikbezogene Umgangsformen aus einer popkulturellen Perspektive in den Blick genommen werden. Hierbei stellt sich die Frage: Inwiefern haben zwei so unterschiedliche kulturelle Manifestationen wie Populismus und Popkultur eine Schnittmenge bzw. Gemeinsamkeiten?Totalitäre Systeme entstehen nicht einfach so, sie entwickeln sich stetig. Diese autoritäre Machtausübung äußert sich vor allem in Suspendierungen und Sanktionen der öffentlichen Debatte, indem sie zunehmend durch gewaltförmige "Gleichschaltung [und eine] nahezu alle und alles ergreifende soziale Kontrolle " (S. 67) ergänzt wird. Ein Ansatzpunkt zum Erlangen einer solchen Kontrolle ist ein erzieherischer Übergriff auf die Gesinnung des Individuums.In der Musikpädagogik beispielsweise steht hierfür eine an einem musischen Menschenbild orientierte musische Erziehung, wobei sich diese grundlegende Orientierung zur Instrumentalisierung für die Zwecke der nationalsozialistischen Diktatur eignete. Wie auch in der ganzen nationalsozialistischen Zeit war eine einzelne Person nichts mehr wert, der Mensch allein war entmündigt.Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte in der Musikpädagogik in Deutschland eine neumusische Phase. Theodor W. Adorno kritisiert diese sogenannte "Erziehung durch Musik zur Gemeinschaft" (S. 68) folgendermaßen: "Der Kultus der Gemeinschaft als Selbstzweck gehört den Nationalsozialisten und Volksdemokraten russischen Stils an. Er ist wesentlich totalitär: stets schwingt in ihm die Tendenz zur Unterdrückung des Einzelnen mit. Eine wirkliche Gemeinschaft aber wäre eine von freien Menschen." (Adorno 1973, zit. nach S. 68).Laut Umberto Eco ist das "Volksganze" (S. 68) ein hermetisch geschlossenes Ganzes, das den Volkswillen mit spezifischer Qualität repräsentiert, bei welchem sich Personen gegen das Volk stellen, indem sie gegen solche Interpretationen opponieren und somit als Volksfeind*in gelten. Die Konstruktion des Volksganzes braucht klare Grenzbeziehungen, die Grenzen der (Mit-)Menschlichkeit mit sich bringen. In diesem Zusammenhang steht auch die Populismus-Definition Jan-Werner Müllers.Vertreter des Populismus sind auch die metapolitischen Faschisten. Die Mitglieder der Identitären Bewegung in Deutschland instrumentalisieren linke Theoriebezüge und geben vor, von diesen Theorien gelernt zu haben. Sie verfolgen das Ziel der Volkskonstruktion auf zwei Weisen. Zum einen wird eine durch kulturelle Praktiken hergestellte Veränderung des gesellschaftlichen "Geistes" im Sinne einer Normalisierung und Legitimation von Ausgrenzungen auf Grundlage rassistisch ethnischer Zuschreibungen betrieben, zum anderen nicht auf unmittelbare politische Erfolge zielende ethnische Zuschreibungen (vgl. S. 72).Der Effekt dieser Strategie ist folgender; Man versucht, die für die pluralistischen Gesellschaften konstruktive Konsensfähigkeit unter Berufung auf die Meinungsfreiheit gleichsam zu überdehnen. Die daraus entstehende "metapolitische Botschaft", deren "suggestiver Charakter nicht klar als solcher [erkannt wird]", zielt damit im Kern darauf, "den allgemeinen Konsens zu zerstören" (Benoist, zit. nach S.73).Mit dem ´Pop` kam in den 1950er Jahren ein neues Spiel in die Welt, welches eine Initialzündung für die produktions- und rezeptionsbezogene Aneignung schwarzer Musik durch Weiße im Kontext des Rock´n´Rolls war (vgl. S. 74). Der Rock´n`Roll dient in diesem Zusammenhang als Mittel der allgemein verständlichen Benennung eines entstandenen Stilmixes, wodurch man deuten kann, dass man Pop nicht klar definieren kann. Es ist ein nicht abschließbares Projekt (vgl. S. 75).In der musikalischen Praktik des Pop geht es nicht darum, eine in einem Werk als "embodied meaning" enthaltende Bedeutung interpretierend darzustellen. Im Gegenteil: Es geht darum, "engendered feelings" herzustellen, welche sich in Form von bedeutsamen Gefühlen, Interaktions- und Kooperationsprozessen äußern und die von der gemeinsamen Gestaltung des Musizierprozesses abhängt (S. 75). Vor diesem Hintergrund kann das Spiel der Neuen Rechten mit Bedeutungszu- und -umschreibungen als eine Umwidmung popkultureller Praktiken gelesen werden: Es gilt, die individuelle Freiheit abzuschaffen, das Pop-Spiel mit Un-Eindeutigkeiten zu beenden."Kulturkämpfe" entfalten sich im Kontext einer Entwicklung, die dazu geführt hat, dass die Orientierung am Allgemeinen zunehmend durch eine Singularisierung abgelöst wird. Eine Singularisierung ist eine zunehmend sämtliche Lebensbereiche umfassende Kultur der Bewertung. Bei dieser Kulturalisierung wird der gegenwärtige Populismus als eine Folge aus der sich ergebenden Desintegration und des Verlusts an Gemeinsamkeiten identifiziert. Dies stellt ein Symptom der Krise des Liberalismus dar (S. 77).In der deutschen Musikpädagogik wiederum war der Unterricht an der "Sache" orientiert. Das bedeutet, dass die musikalische und musikbezogene "Gebrauchspraxis" zunehmend berücksichtigt wurde. Das Statement Campinos zur Echo-Preisverleihung ist also ein Ausweis musikalischer Bildung sowie ein Ausruf der Bedrohung der musikalischen Bildung. Die Pop-Didaktik eröffnet die Möglichkeit, sich in musikalischen und musikbezogenen Tätigkeiten in einem von Heterogenität und Grenzüberschreitungen geprägten kulturellen Feld mit popkulturellen Artefakten über subjektive Ansichten zu streiten (S. 78).
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Mit dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat die russische Regierung den größten militärischen Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg begonnen. In vielem erinnert dieser Tag an den 1. September 1939, den Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf Polen. Putins Angriff auf die Ukraine ist ein Angriff auf die Demokratie. Daher ist es unsere Aufgabe, in dieser schwierigen Zeit den Menschen aus der Ukraine unsere Solidarität zu zeigen. Es gibt viele Möglichkeiten, die Menschen in der Ukraine sowie die Menschen auf der Flucht zu unterstützen. Wir haben für Sie eine Auswahl an Hilfsaktionen zusammengestellt, wie Sie jetzt aus Deutschland oder aus Polen die Betroffenen des Krieges unterstützen können. Das Deutsche Polen-Institut wird in den kommenden Wochen immer wieder auf die Situation in der Ukraine eingehen und über die aktuelle Lage sowie historische Hintergründe informieren.Informieren Sie sichInformieren Sie sich über die aktuelle Situation in der Ukraine und teilen Sie die Informationen auf Ihren Social-Media-Kanälen. Nutzen Sie dafür überprüfte Informationsquellen. Einige Seiten, auf denen Sie sich informieren können, sind: https://kyivindependent.com/
https://www.reuters.com/
https://ukraineverstehen.de/
https://www.dekoder.org/
Erheben Sie Ihre StimmeIhre Stimme zählt. Schließen Sie sich Demonstrationen in Ihren Städten und Kommunen an. Unterzeichnen Sie Petitionen. Üben Sie Druck auf Ihre Regierung aus, den russischen Angriff auf die Ukraine zu stoppen.Kontaktieren Sie die Abgeordneten Ihres Wahlkreises und rufen Sie diese dazu auf, sich mit der Ukraine zu solidarisieren. Wenn Sie Teil einer Organisation oder eines Unternehmens sind, zeigen Sie gemeinsam Ihre Solidarität mit der Ukraine.Unterstützen Sie Hilfsorganisationen mit Ihrer SpendeZahlreiche Hilfsorganisationen in Deutschland, Polen und in der Ukraine sammeln Spenden, um Lebensmittel, Trinkwasser, Hygieneartikel, Heizmaterial und medizinische Hilfen zu beschaffen und an die Bedürftigen zu verteilen. Die Spenden werden oft an die Partnerorganisationen in der Ukraine und den Nachbarländern weitergeleitet. Hier finden Sie einige Spendenaktionen.In Polen: Die Stiftung Fundacja Siepomaga fördert mit ihrer Spendenaktion lokale Hilfsorganisationen.
Polskie Centrum Pomocy Międzynarodowej (Polnisches Zentrum Für Internationale Hilfe) leistet humanitäre Hilfe, psychologische Betreuung von Kindern und unterstützt die Evakuierung der Bevölkerung.
Polski Czerwony Krzyż (Polnisches Rotes Kreuz) liefert Lebensmittel, Verbandsmaterial und Grundversorgung in die Ukraine.
Polska Akcja Humanitarna (Polnische Humanitäre Aktion) versorgt die Betroffenen mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln in der Ukraine und im Ausland.
Die Stiftung Fundacja Pomagam.pl unterstützt mit ihrer Spendenaktion lokale Hilfsorganisationen aus der Ukraine.
Polska Misja Medyczna (Polnische Medizinische Mission) sammelt Spenden für die medizinische Versorgung der Menschen in der Ukraine
Caritas Polska liefert Lebensmittel, Hygieneartikel, Grundversorgung und leistet psychologische Hilfe an die Betroffenen.
UNICEF Polska sorgt für eine sichere Unterkunft, psychologische Betreuung, medizinische Versorgung, sauberes Wasser und Hygieneartikel für Kinder in der Ukraine.
Die Stiftung Fundacja Ocalenie hilft den Geflüchteten, ein neues Leben in Polen aufzubauen. Die Organisation bietet Hilfe bei der Wohnungssuche, Sprachunterricht, psychologische Hilfe und Rechtshilfe an.
Mit Ihrer Hilfe kann die Fundacja Krzyżowa dla Porozumienia Europejskiego / Stiftung Kreisau die Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten finanzieren und den Menschen so lange wie nötig in Kreisau einen sicheren Zufluchtsort bieten. Grafik: Katarzyna Rybka-IwańskaIn Deutschland: Bündnis Aktion Deutschland Hilft (Bündnis von über 20 Institutionen in 130 Ländern) ruft zu lebensrettenden Spenden auf.
Bündnis Entwicklung Hilft (11 Institutionen) sammelt ebenfalls Spenden und sorgt für die beste Katastrophenvorsorge in Krisenregionen.
Deutsches Rotes Kreuz sammelt Geld, Sachspenden sowie Unternehmensspenden für die Hilfsbedürftige aus und in der Ukraine sowie informiert über Unterstützungsmöglichkeiten für die bedürftigen Geflüchteten.
Die UNHCR-Helfer*innen von UNO-Flüchtlingshilfe sind vor Ort und unterstützen die Menschen, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen. Das Nothilfeteam der internationalen Hilfsorganisation Malteser bereitet Hilfen für die Betroffenen des Krieges vor.
Mit Ihrer Spende an die Organisation Ärzte der Welt können Sie Menschen, die große Schwierigkeiten haben, Zugang zu medizinischer Versorgung und psychologischer Unterstützung ermöglichen.
Humedica schickt Einsatzkräfte und Hilfstransporte in die Grenzgebiete.
Unicef Deutschland bietet Schutz und Unterstützung den Kindern in der Ukraine.
In der Ukraine: The Return Alive Foundation unterstützt die ukrainischen Streitkräfte.
Die Menschenrechtsorganisation Vostok SOS sammelt Spenden für Medikamente, Evakuierungen und Notunterkünfte:
Helfen Sie den Geflüchteten, im Ausland anzukommenSie möchten Geflüchteten im Ausland oder beim Ankommen in Deutschland helfen und können eine Unterkunft zur Verfügung stellen? Hier können Sie Übernachtungsplätze anbieten. Kennen Sie Menschen, die sich auf der Flucht befinden? In diesem Informationspaket für ukrainische Geflüchtete finden Sie aktuelle Informationen zu Einreisebestimmungen in die Nachbarländer für ukrainische Bürger:innen (auf Englisch, Ukrainisch, Russisch und Deutsch).Auf der Website des BMI finden Sie alle wichtigen Informationen zur Einreise aus der Ukraine nach Deutschland.Die polnische Regierung stellt hier die wichtigsten Informationen für Geflüchtete sowie für die Helfer:innen zur Verfügung (auf Ukrainisch und Polnisch).Auf der Seite wsparcieukrainy.pl finden Sie eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich in Polen lokal zu engagieren, indem Sie einen Übernachtungsplatz anbieten oder eine Essensausgabe organisieren.Überprüfen Sie welche weiteren Hilfsangebote es in Ihren Kommunen oder Städten gibt.Hilfsaktionen in Darmstadt::Original Freundeskreis der Partnerstädte Darmstadts /aktueller Bedarf Fanprojekt Darmsatdt Lilien e.V. - Spenden für die Ukraine
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"Kto grze rozumie, może śmiele sadzić,A kto nie świadom, lepiej się poradzić.Tablica naprzód malowana będzie,Tę pól sześćdziesiąt i cztery zasiędzie.Pola się czarne z białymi mieszają,Te się owymi wzajem przesadzają.W tym placu wojska położą się obie,A po dwu rzędu wezmą przeciw sobie." "Der Kenner möge kühn am Spieltisch sitzen,Der Laie aber soll die Ohren spitzen.Zuerst das Spielbrett: Scheckig aufgebracht,Sind vierundsechzig Felder, acht mal acht.Die schwarzen Felder mühn sich mit den weißen,Gleichfarbne fremde Paare zu zerreißen. Und diesen Platz beziehen Armeen,Die sich in Doppelreihen entgegenstehn."[1]Als der große polnische Dichter Jan Kochanowski im 16. Jahrhundert diese Zeilen für sein Werk "Das Schachspiel" (Szachy) dichtete, ahnte er sicherlich nicht, dass gut 450 Jahre später einer seiner Landsmänner seine Armeen auf den 64 Feldern so gut führen würde, dass er um die Krone des Schachs mitspielen kann. Jan-Krzysztof Duda, 23 Jahre jung, Schachgroßmeister aus Wieliczka im Süden Polens, gelang es jedoch nicht nur, im vergangenen Jahr den FIDE World Cup zu gewinnen, ein vom Weltschachverband FIDE organisiertes und äußerst hochkarätig besetztes Turnier. Er sicherte sich durch diesen Erfolg auch als erster Pole überhaupt einen Platz im Kandidatenturnier 2022, dem Wettkampf, bei dem der Herausforderer des aktuellen Weltmeisters, Magnus Carlsen, ermittelt wird. Ebenjenen Carlsen konnte Duda im Halbfinale des World Cups besiegen und erntete dafür viel Bewunderung in der Schachwelt. Seitdem genießt er auch in Polen große Popularität, bekam einen Orden von Staatspräsident Andrzej Duda verliehen und wurde zum Sportler des Jahres 2021 gewählt. Jan-Krzysztof Duda, 2018Der Erfolg Dudas markiert den bisher größten Erfolg des polnischen Schachs seit dem Zweiten Weltkrieg, das nach vielen Jahren wieder in der Weltspitze angekommen ist. Dabei liegt die Betonung bewusst auf 'wieder', denn Polen gehörte in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg zu den stärksten Schachnationen der Welt. Im Jahre 1930 gewann die polnische "Bombenmannschaft", wie sie von der deutschen Presse bezeichnet wurde, die Schacholympiade in Hamburg und ließ große Schachnationen wie Ungarn, Deutschland oder Österreich hinter sich. Nur 15 Jahre später, am Ende des Zweiten Weltkriegs, lag das polnische Schach am Boden, seine Strukturen durch die deutsche Besatzung zerstört, seine besten Köpfe entweder ermordet oder aus Polen vertrieben. Das Schachspiel, das aus Indien stammt, fand im frühen Mittelalter seinen Weg über die Iberische Halbinsel sowie Russland nach Europa. In Deutschland ist es bereits im 11. Jahrhundert bekannt und wird z.B. schon im Versepos Ruodlieb erwähnt.[2] Für Polen nimmt man an, dass Schach in der Regierungszeit von Bolesław III. Krzywousty seinen Weg ins Land fand.[3]Im 19. Jahrhundert fand Schach seinen Weg vom Adel in die bürgerliche Gesellschaft. Es etablierte sich in den Kaffeehäusern Wiens, Londons oder Berlins, in denen Schach, nicht selten um Geld, gespielt und weiterentwickelt wurde. Aus diesem "Kaffeehausschach" geht das organisierte Schach hervor. In Deutschland wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die ersten Vereine gegründet, in Polen geschah dies einige Jahrzehnte später. Manche der damals gegründeten Vereine bestehen bis heute, etwa die Berliner Schachgesellschaft 1827 Eckbauer, der Hamburger Schachklub von 1830 oder der Münchener Schachklub 1836. 1876 wurde im damals zu Preußen gehörenden Posen der erste Schachklub auf heute polnischem Boden gegründet. Bis zum Ende des Jahrhunderts folgten noch Krakau, Lemberg und Warschau. Wie groß und wichtig ein Verein war, hing oft von einem Meister ab, der sich dort niedergelassen hatte. In Posen war dieser Meister Johann Hermann Zukertort, der hier in den 1860er Jahren ein reges Schachleben organisierte. Zukertort, in Lublin geboren, war am Ende des 19. Jahrhunderts einer der stärksten Schachspieler. Er lebte in Polen, Deutschland und Großbritannien und spielte 1886 sogar ein WM-Match, das er jedoch verlor.[4] In Deutschland war Breslau neben Berlin das zweite große schachliche Zentrum, was an der Person Adolf Anderssen lag. Anderssen, ein Lehrer aus Breslau, war der wohl beste Schachspieler des 19. Jahrhunderts. Er gilt als der erste inoffizielle Weltmeister, da es damals noch keine organisierten WM-Kämpfe gab, er aber das erste internationale Schachturnier der Geschichte 1851 in London gewinnen konnte. Anderssen spielte während dieses Turniers eine der großartigsten Partien der Schachgeschichte, die heute als "Unsterbliche Partie" bekannt ist. Neben seiner aktiven Karriere war ihm die Gründung eines gesamtdeutschen Schachbundes ein großes Anliegen, was 1877 schließlich gelang. Der Deutsche Schachbund besteht bis heute. Während sich polnische und deutsche Schachmeister im 19. Jahrhundert in ihrer Spielstärke nicht sonderlich unterschieden, war Schach in Deutschland weitaus stärker organisiert als in Polen. Der Grund dafür lag in der territorialen Integrität Deutschlands, während es zur gleichen Zeit aufgrund der Teilungen Polens gar keinen eigenen Staat gab. So blieb Schach in Polen lange Zeit auf Kaffeehäuser und einzelne Vereine beschränkt, während sich in Deutschland ein lebendiges Vereinsleben mit zahlreichen Mitgliedern entwickelte.[5]Zu Beginn des 20. Jahrhunderts florierte Schach in Deutschland. Die Vereine und Mitgliederzahlen wuchsen und Meister wie Fritz Sämisch, Kurt Richter oder Siegbert Tarrasch errangen Erfolge auf internationaler Ebene.[6] Über allen thronte in diesen Jahrzehnten Emanuel Lasker, Deutschlands bislang einziger Schachweltmeister. Diesen Titel hielt er jedoch länger als jeder andere in der Geschichte, nämlich stolze 27 Jahre (1894-1921). Lasker wurde 1868 in Berlinchen in der Mark Brandenburg geboren, das heute die Kleinstadt Barlinek in Polen ist. Auch für ihn begann seine Schachlaufbahn in einem Berliner Kaffeehaus, von wo aus er seinen Siegeszug in die Schachwelt startete. Doch im Zuge der Machtergreifung der Nationalsozialisten verließ er Deutschland und verbrachte die Jahre bis zu seinem Tod 1941 im Ausland.[7] Während der nationalsozialistischen Herrschaft durchlebte das Schach in Deutschland eine sehr schwierige Zeit. Es wurde zum Instrument nationalsozialistischer Ideologie umfunktioniert, wurde für Kriegspropaganda benutzt und sollte zur Erziehung einer sogenannten "Volksgemeinschaft" dienen. Dazu wurde der Großdeutsche Schachbund gegründet und der bis dato agierende Deutsche Schachbund diesem untergeordnet. Sogleich begann die Unterdrückung jüdischer Schachspieler. Auch während des Zweiten Weltkrieges wurde Schach zu Propagandazwecken genutzt, besonders von Hans Frank, der im von ihm geleiteten Generalgouvernement zwischen 1940 und 1944 internationale Schachturniere veranstaltete.[8]In Polen, das nach dem Ersten Weltkrieg seine Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, blühte das Schachspiel auf und erlebte bis 1939 die erfolgreichste Phase in seiner Geschichte. Dabei kam ihm zugute, dass es mit Kazimierz Sosnkowski, einem ranghohen General, und Józef Piłsudski, Marschall und Ikone der polnischen Unabhängigkeit, zwei Unterstützer auf oberster Staatsebene für sich gewinnen konnte. Besonders Piłsudski galt als großer Schachenthusiast und setzte sich sehr für die Entwicklung des Schachs in Polen ein.[9] Darüber hinaus betrat im 20. Jahrhundert eine Reihe großer polnischer Schachspieler die Bühne, allen voran Akiba Rubinstein. Dieser gilt als der größte Schachspieler Polens. Rubinstein wurde 1882 in der kleinen Stadt Stawiski im heutigen nordöstlichen Polen in eine arme jüdische Familie geboren. Sein Siegeszug in die höchsten Höhen des Schachs begann im Schachklub von Lodz, wo er mit 19 Jahren hingezogen war. Seine Erfolge stellten 1914 ein WM-Match Lasker-Rubinstein in Aussicht, das jedoch aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges nicht stattfinden konnte.[10] Akiba Rubinstein (rechts) während einer Partie mit Efim Bogoljubov, 1925Polen war in den Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg ein Powerhouse des Schachs und konnte 1930 seine bis dato größte Erfolge in seiner Schachgeschichte einfahren. Die goldene Generation um Akiba Rubinstein, Ksawery Tartakower, Dawid Przepiórka, Kazimierz Makarczyk und Paulin Frydman gewann die 3. Schacholympiade, die in Hamburg ausgetragen wurde. Deutschland belegte in diesem Turnier den dritten Rang. Die Schacholympiade ist der bedeutendste Mannschaftswettbewerb im Schach, an der alle namhaften Meister teilnehmen. Polens von Rubinstein angeführtes Team wurde aufgrund seiner starken Leistung von der deutschen Presse als "Bombenmannschaft" bezeichnet. Nur fünf Jahre später durfte Polen seine erste und bisher einzige Schacholympiade ausrichten, die in Warschau mit Teilnehmerrekord ausgetragen wurde.[11] Urkunde für den Krakauer Schachspieler Bogdan Śliwazum Sieg eines Turniers, das während der deutschenBesatzung ausgetragen wurdeMit dem deutschen Einmarsch in Polen 1939 fand die goldene Zeit des polnischen Schachs ihr jähes Ende. Der Kriegsbeginn unterbrach die laufende Schacholympiade in Buenos Aires, was einigen polnischen Schachspielern das Leben rettete, da sie nach der Olympiade nicht nach Polen zurückkehrten. Dies bedeutete jedoch einen herben Verlust für das polnische Schach, das dadurch Spieler wie etwa Mieczysław Najdorf verlor, der als Mosze Mendel Najdorf in Polen geboren worden war und nach dem Krieg als Miguel Najdorf viele Partien für Argentinien ausfocht.[12] In Polen kam das Schach fast komplett zum Erliegen, obwohl es vereinzelte geheime Turniere während der Besatzung gab. Das Schlimmste jedoch war der Verlust etlicher Meister und Funktionäre, die während der Nazi-Herrschaft über Polen oder im Holocaust ums Leben kamen. Exemplarisch dafür steht das tragische Schicksal von Dawid Przepiórka, dem Goldmedaillengewinner von 1930, der 1940 während der Massenerschießungen von Palmiry getötet wurde.[13] Mieczysław (Miguel) NajdorfWie schlimm das polnische Schach während der deutschen Besatzung gelitten hatte, zeigt sich auch in der Zeit, die Polen nach dem Krieg gebraucht hat, um im Schach wieder an die Weltspitze zu kommen. Erst in den letzten Jahren ist nach langen Jahren der Jugend- und Aufbauarbeit eine neue große polnische Schachgeneration im Anmarsch, welche von Jan-Krzysztof Duda angeführt wird. In der Bundesrepublik sowie in der DDR war Schach auch nach dem Krieg populär und verbreitet. Großmeister wie Wolfgang Unzicker, Robert Hübner oder Wolfgang Uhlmann spielten auf oberstem Niveau. Aktuell fehlt es in Deutschland an einem absoluten Spitzenspieler. Doch mit dem erst 17-jährigen Vincent Keymer gibt es auch hier ein junges Talent mit Chancen, nach ganz oben zu kommen. Im Frauenschach sind Polen und Deutschland gleich stark einzuschätzen und zählen zur erweiterten Weltspitze.Im Allgemeinen erlebt Schach gerade einen Boom und erlebt besonders seit Beginn der Pandemie großen Zulauf. Es bleibt für die Zukunft nur zu hoffen, dass sich das königliche Spiel in Polen und Deutschland weiter ausbreiten und viele weitere Menschen in seinen Bann ziehen wird. Dann könnte gelten, was Jan Kochanowski schon im 16. Jahrhundert vorgeschwebt hatte: "Wszakoż ją przedsię radzi przeczytali, A dla ćwiczenia zawżdy szachy grali." "Sogleich sitzt jeder unter seinem Dach An einen Tisch und spielt zur Übung Schach[.]"[14] [1] Jan Kochanowski: Das Schachspiel. Szachy. Aus dem Polnischen von Thomas Daiber. Berlin 2011, S. 12f.
[2] Ruodlieb wurde in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts auf Latein vom Mönch Fruomund vom Tegernsee verfasst. Vgl.: Jerzy Giżycki: Z Szachami przez Wieki i Kraje. Warszawa 1984, S. 19.
[3] Ebenda. S. 29.
[4] Vgl. Władysław Litmanowicz; Jerzy Giżycki: Schachy od A do Z. N-Z. Warszawa 1987, S. 1363ff.
[5] Zu den Schachklubs Posen und Warschau siehe: Andrzej Kwilecki: Szachy w Poznaniu. Poznań 1990; Tadeusz Wolsza: Od "Honoratki" do Wierzbowej. Życie szachowe w Warszawie w latach 1829-1939. Warszawa 2020; Zu Adolf Anderssen und dem Deutschen Schachbund, siehe: Alfred Die: Schach in Deutschland. Festbuch aus Anlaß des hundertjährigen Bestehens des Deutschen Schachbundes e.V. 1877-1977. Düsseldorf 1977.
[6] Zu Tarrasch, der auch aus Breslau stammt vgl.: Diel 1977, S. 54-57.
[7] Zu Emanuel Lasker vgl. Diel 1977, S. 58-62.
[8] Zum Schach im Dritten Reich vgl.: Bernadette Edtmaier: Schach im "Dritten Reich", in: Rainer Buland (u.a., Hrsg.): Das Gästebuch der Schachweltmeisterschaft 1934 in Deutschland. Wien 2014.
[9] Vgl. Wolsza 2020, S. 176f.
[10] Zu Akiba Rubinstein vgl.: Litmanowicz, Giżycki 1987, S. 1045-1048; Stefan Gawlikowski: Arcymistrzowie. Złota era polskich szachów. Warszawa 2016, S. 27-49.
[11] Zur Schacholympiade 1930 vgl.: Gawlikowski 2016, S. 17-26; Zur Olympiade 1930 und weiteren Olympiaden dieser Zeit vgl: Stanisław Gawlikowski: Olimpady Szachowe 1924-1974. Warszawa 1978.
[12] Zu Najdorf vgl. Gawlikowski 2016, S. 135-150.
[13] Zu Przepiórka vgl. Gawlikowski 2016, S. 75-105; zu Schachspielern, die Opfer des Holocaust wurden vgl. ebd. S. 179-184.
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Ähnlich wie in Polen ist auch in Deutschland der Zweite Weltkrieg fast allgegenwärtig. Keine Stadt ohne Gedenkorte, kaum ein Friedhof ohne Erinnerungen an die entsetzliche Zeit zwischen 1939 und 1945. Dennoch unterscheiden sich die Erinnerungslandschaften beider Länder stark. In Polen, das vom Deutschen Reich überfallen wurde, und Schauplatz bestialischer deutscher Verbrechen an der polnischen Zivilbevölkerung und des industriellen Völkermords an den europäischen Juden wurde, entstanden schon seit den ersten Jahren nach dem Krieg Denkmäler, Gedenkstätten, Gedenktafeln. Dagegen taten sich die beiden deutschen Staaten schwerer mit ihrem Erbe, der Erinnerung und der Auseinandersetzung mit ihrer Täterschaft. Dabei galt es unter anderem auch an die eigenen Opfer zu erinnern, schließlich hatte Deutschland im Krieg etwa 6 Millionen tote Staatsbürger zu beklagen, ähnlich viele wie Polen, und auch das privat empfundene Leid deutscher Familien bis hin zum Heimatverlust von mehr als 10 Millionen Menschen musste zunächst verarbeitet werden. Trauer und Scham, Erinnerung und Vergessen gingen in der deutschen Erinnerungskultur der Nachkriegsjahrzehnte miteinander einher. Aber wie steht es mit Polens Platz in diesem Erinnern? Hat Deutschland, haben die Deutschen in ausreichendem Maße an das Leid Polens im Krieg erinnert?Um die Antwort auf diese Frage besser zu verstehen, ist eine Vorbemerkung notwendig, die banal klingt, aber gerade aus polnischer Sicht manchmal nicht ausreichend berücksichtigt wird: Wer in Polen an den Zweiten Weltkrieg denkt, der denkt automatisch und an erster Stelle an Deutschland. Wer aber in Deutschland an den Zweiten Weltkrieg denkt, der hat die Auswahl – schließlich wurden in deutschem Namen mehr als 30 heutige Staaten besetzt, zahllose Kriegsverbrechen an den Zivilbevölkerungen wie auch an den Kriegsgefangenen, etwa aus der Sowjetunion, verübt. Die Deutschen begingen Völkermord an den europäischen Juden und an Sinti und Roma. Sie verfolgten und ermordeten Menschen mit Behinderungen, Homosexuelle, psychisch Kranke, "Asoziale", Zeugen Jehovas und viele andere. Wenn somit Polen vielfach den Eindruck haben, in Deutschland sei das Leiden Polens zu unbekannt, so haben sie recht und unrecht zugleich: Recht, weil man nie genug über die schrecklichen Ereignisse auf polnischem Boden wissen kann. Und unrecht, weil man als Deutscher, brutal gesagt, die Wahl hat, welchen Opfern man sein Mitgefühl in besonderem Maße zuwendet: Polen oder Griechen, Juden oder Zeugen Jehovas, den verhungerten Einwohnern von Leningrad, den versklaven Zwangsarbeitern, Ukrainern, ermordeten französischen Widerstandskämpfern und so weiter. Ganz abgesehen davon sind Zuschreibungen zu einer dieser Opfergruppe nicht trennscharf, Personen können zu zwei oder mehreren von ihnen gehören. Wissen oder Nichtwissen?Es ist natürlich ein Skandal, dass bei einer Anfang 2020 veröffentlichten Umfrage nur 50,8 Prozent der befragten Deutschen bestätigten, dass der Zweite Weltkrieg am 1. September 1939 begonnen habe (in Polen waren 87,2 Prozent der Befragten dieser Meinung). Allerdings war die Frage suggestiv gestellt und lautete: "Im September 1939 begann der Zweite Weltkrieg – damals griffen Deutschland und die Sowjetunion Polen an. Stimmen Sie dieser Aussage zu?"[1] In der deutschen Erinnerungskultur ist die Tatsache, dass Deutschland maßgeblich für den Kriegsausbruch verantwortlich ist, fest verwurzelt, weshalb es von vielen Deutschen als unzulässige Relativierung angesehen werden dürfte, die Sowjetunion gleichermaßen dafür verantwortlich zu machen, selbst wenn der "Ribbentrop-Molotow-Pakt" weithin bekannt ist. Aus polnischer Sicht nimmt sich dies freilich ganz anders aus, weil Polen während des Kriegs – anders als Deutschland – die sowjetische Besatzung eines Teils des Landes zwischen 1939 und 1941 selbst erlebte. Dieses Beispiel zeigt, wie schwer es ist, die Wahrnehmung des Kriegs aus deutscher und aus polnischer Perspektive zu vergleichen – und wie schwer es auch ist, gemeinsam an den Krieg zu erinnern.In Deutschland war es generell so, dass dort, wo es um Opfergruppen ging, die in einem engen Lebenszusammenhang mit der deutschen Gesellschaft standen, die Aufarbeitung und symbolische Zeichensetzung relativ rasch einsetzte. Dies betraf Gruppen, die von den Nazis aus dem perfide "deutscher Volkskörper" genannten Personenkreis verdrängt wurden, wie etwa die deutschen Juden, aber auch solche, die – wie die Opfer alliierter Luftangriffe oder die Heimatvertriebenen – bis zum Schluss dazugehörten.Vielfach dauerte es aber Jahrzehnte, bis eine umfassendere Aufarbeitung der Geschichte einsetzte. Das zeigt sich etwa am Beispiel der im heutigen Deutschland gelegenen ehemaligen Konzentrationslager. Zwar errichteten mancherorts einstige KZ-Insassen schon kurz nach dem Krieg erste Erinnerungszeichen. So stellten zum Beispiel polnische Häftlinge in Bergen-Belsen ein großes Holzkreuz auf, in Flossenbürg bauten Polen gemeinsam mit Deutschen eine Kapelle. Doch es sollten Jahre und Jahrzehnte vergehen, ehe in Dachau oder Bergen-Belsen, in Buchenwald oder Sachsenhausen umfangreichere Gedenk-Ensembles und später Gedenkstätten entstanden. Manche Kommune war da schneller, wie – ein Beispiel für viele – Frankfurt am Main: Hier wurde 1964, direkt an der Paulskirche, einem Symbol der deutschen Demokratiegeschichte, ein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus errichtet, auf dem die Namen vieler deutscher Konzentrations- und Vernichtungslager genannt werden. Zahlreiche davon tragen polnische Namen. Allerdings dachten die Stadtverordneten bei ihrem Beschluss im Jahre 1959 ausdrücklich an "die Mitbürger, die nur ihrem Gewissen folgend und unter Einsatz des eigenen Lebens Widerstand gegen den Nazi-Terror geleistet hatten".[1] Also auch hier richtete sich der Blick vor allem noch in die eigene Gesellschaft, weniger in die Gesellschaften der überfallenen Staaten. Polnische Opfer als Bestandteil deutscher ErinnerungslandschaftDennoch waren polnische Opfer schon seit der unmittelbaren Nachkriegszeit hundertfach Teil der Erinnerungskultur in Deutschland, denn vielerorts wurden verstorbene polnische Zwangsarbeiter nachträglich auf Friedhöfen beigesetzt. Es waren zunächst häufig Polen selbst, die als Displaced Persons in Deutschland lebten und hierfür die Initiative ergriffen. Oft beschränkte sich das auf kleine Grabplatten oder Inschriften mit Namen, Herkunft und Lebensdaten, manchmal aber gibt es hier auch größere Denkmäler. So errichteten polnische Überlebende im Juni 1945 im baden-württembergischen Ellwangen ein "Polendenkmal" für 23 Opfer eines "Todesmarsches" aus einem nahegelegenen Konzentrationslager, mit der Aufschrift: "Den Opfern des Hitlerbarbarismus – Die Polen Jahr 1945". In hessischen Michelstadt bauten Angehörige einer polnischen Wachkompanie 1946 ein Grabmal für eine polnische Bomberbesatzung, die 1944 in der Nähe abgeschossen wurde, und legten einen bis heute erhaltenen Propeller des Flugzeugs davor. In späteren Jahrzehnten waren es vielfach deutsche Initiativen, um an die meist als Zwangsarbeiter gestorbenen Polen – und Vertreter anderer Nationen – zu erinnern, und zwar in Deutschland Ost wie West. So erklärt eine Gedenkmauer auf dem Friedhof des brandenburgischen Eberswalde-Finow seit 1951, ganz im Duktus der stalinistischen Zeit: "Hier ruhen 109 Bürger der Sowjetunion, 39 Töchter und Söhne Volkspolens (…). Die faschistische Willkür entriß sie ihrer Heimat und verurteilte sie zu Zwangsarbeit für die blutigen Ziele des Imperialismus."[2]Die Stiftung Polnisch-Deutsche Aussöhnung hat auf einer Homepage mehr als 1.100 Orte in Deutschland zusammengestellt, wo sich polnische Gräber aus dem Zweiten Weltkrieg befinden (http://www.polskiegroby.pl), manchmal nur einige wenige, manchmal aber auch viele hunderte. Es ist aber von Ort zu Ort unterschiedlich, wie sehr die Existenz dieser Gräber im Bewusstsein der lokalen Öffentlichkeit präsent ist. DDR-Erinnerungen Wenn man aber von den Friedhöfen absieht, so sind markante Erinnerungszeichen an das Schicksal Polens im Zweiten Weltkrieg in Deutschland rar gesät. Einige davon hat die DDR errichtet, und zwar zum Gedenken an die während der letzten Kriegswochen auf deutschem Boden gefallenen Soldaten der polnischen (Berling-) Armee. Diese Denkmäler in Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind zeittypisch pathetische Anlagen. In Sandau an der Elbe entstand 1965 ein erstes Denkmal, das aber 1975 durch das bis heute stehende ersetzt wurde. Es zeigt einen polnischen Soldaten, der seinen Karabiner triumphierend in die Höhe hebt, die Aufschrift verkündet auf Deutsch und Polnisch: "Den Soldaten der I. Polnischen Armee die am 3.V.1945 die Elbe bei Sandau erreichten und an der Seite der Sowjetarmee einen Beitrag für die Befreiung des deutschen Volkes vom Joch des Faschismus geleistet haben." Andere große Denkmäler stehen in Orten wie Hohen Neuendorf – drei große polnische Adler auf Sockeln – oder Crostwitz. Am bekanntesten ist aber sicher das ebenfalls ab 1965 geplante "Denkmal des polnischen Soldaten und deutschen Antifaschisten" im Ost-Berliner Volkspark Friedrichshain. Ursprünglich sollte es am Brandenburger Tor stehen und auf einer Relieftafel nur einen polnischen Soldaten zeigen, dann kam auf politisches Geheiß der deutsche Antifaschist dazu, und schließlich, wiederum durch politische Einflussnahme, noch ein Rotarmist, bevor es 1972 eingeweiht werden konnte. Die polnischen Elemente sind aber die deutlichsten – ein polnischer Adler an einer hohen Betonstele und die riesige zweisprachige Aufschrift: "Za naszą i waszą wolność" / "Für eure und unsere Freiheit". Um dieses Denkmal ist nach der politischen Wende von 1989 immer wieder gestritten worden, denn es verkörpert die einstige sozialistische Geschichtskultur beinahe in Reinkultur. Im Jahr 1995 wurden Tafeln mit ergänzenden Informationen angebracht, die auf Deutsch und Polnisch erklären, dass mit dem Denkmal nun auch an Soldaten des polnischen Untergrundstaates, in den alliierten Armeen, an polnische Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge erinnert werden solle.
Der Holocaust als Ansporn zum Erinnern Als der Holocaust in den 1980er Jahren verstärkt ins Zentrum der deutschen Erinnerungsdebatten rückte, geriet auch Polen erneut in den Fokus. Der von Deutschen auf polnischem Boden verübte Mord an den europäischen Juden führte dazu, dass polnische Namen auf einer Fülle deutscher Gedenkstätten, Gedenkorten, Denk- und Mahnmälern, Gedenktafeln, Museen und weiteren Erinnerungszeichen auftauchten. Auch hierzu wieder ein Beispiel aus Frankfurt am Main: 1996 wurde im Rahmen der Gedenkstätte Neuer Börneplatz eine Mauer um den alten jüdischen Friedhof gebaut. An ihr sind auf kleinen Metallblöcken mehr als 11.000 Namen von Holocaust-Opfern aus Frankfurt zu lesen, jeweils mit Lebensdaten und Sterbeort. Sehr oft lauten diese Orte "Auschwitz", "Bełżec" oder "Treblinka". Ähnlich verhält es sich mit den "Stolpersteinen": Diese Initiative des Künstlers Gunter Demnig verlegt in deutschen, aber auch anderen europäischen Städten quadratische Messingtafeln auf den Gehwegen vor den letzten Wohnadressen von NS-Opfern. Auf ihnen sind Name, Lebensdaten das bekannte weitere Schicksal, oft der Sterbeort verzeichnet. Bis Anfang 2020 waren bereits mehr als 75.000 Stolpersteine installiert, und wie auf der Frankfurter Mauer sind auch hier sehr häufig polnische Namen zu lesen. Insofern breitet sich das Gedenken an Leid in Polen und polnisches Leid während des Zweiten Weltkriegs doch immer weiter in Deutschland aus. Selbst wenn die Erinnerung in diesen Fällen meistens Personen betrifft, die Teil der deutschen Vorkriegsgesellschaft gewesen waren, so enthält sie doch polnische Aspekte.
Steinernes Mahnen oder lebendiges Erinnern? Für Polen oder für alle? Doch so zahlreich die vorhandenen Gedenkorte sind, eins können nicht leisten – sie sind kein zentrales Mahnmal, kein Ergebnis einer übergreifenden, gesamtgesellschaftlichen Debatte. Seit Jahren wird deshalb darüber diskutiert, ob nicht das besondere Leid des Nachbarlands im Zweiten Weltkrieg zusätzlich auf eine andere Weise gewürdigt werden sollte, mit einem Denkmal in Berlin. Hierzu gab es verschiedene Vorschläge: Der letzte – demokratische – Außenminister der DDR, Markus Meckel, regte an, das kommunistische Denkmal in Friedrichshain zu aktualisieren. Im Jahr 2017 schlugen Florian Mausbach – ehemaliger Leiter der Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung – und Dieter Bingen – zu dieser Zeit Direktor des Deutschen Polen-Instituts – zusammen mit weiteren ein "Polendenkmal" vor der Ruine des Anhalter Bahnhofs vor, als empathische Geste der Versöhnung gegenüber Polen. Dagegen formierte sich aber auch Widerstand: Nicht, weil man von den Opfern Polens nicht wissen wollte, sondern vielmehr wegen Bedenken, andere Opfer durch ein Denkmal "nur für Polen" zurückzusetzen. Die Debatte um ein Polendenkmal führte lange zu keinem Ergebnis, allenfalls zu einem provisorischen Gedenken: Am 1. September 2019 gedachten zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen an der Ruine des Anhalter Bahnhofs Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Sejm-Marschallin Elżbieta Witek in einer feierlichen Versammlung des Überfalls auf Polen und der Kriegsopfer des Landes.
Die Debatte rief auch Gegenvorschläge hervor. So wurden in Reaktion darauf wenige Jahre alte Überlegungen neu aufgegriffen, ein Dokumentationszentrum für deutschen Besatzungsterror und Vernichtungskrieg im östlichen Europa oder in ganz Europa zu errichten. Hiergegen erhob sich wiederum Kritik, unter anderem aus Polen: Ein solches Zentrum würde die polnischen Gewalterfahrungen relativieren und die Sowjetunion bzw. Russland aus ihrer historischen Mitverantwortung an der Zerstörung Polens entlassen. Um diese Polarisierung aufzulösen, legten im Juni 2020 die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und das Deutsche Polen-Institut einen gemeinsamen Vorschlag vor, der ein "Polendenkmal" als Mahnmal für den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 vorsieht, kombiniert mit einem Dokumentationszentrum über deutsche Besatzungsherrschaft in Europa sowie zivilgesellschaftliche Bildungseinrichtungen zu einzelnen Opfergruppen – etwa eine "Fliegende Universität" zu polnischen Kriegserfahrungen. Die Debatte über dieses Konzept dauerte beim Abschluss dieses Beitrags an, es zeichnete sich jedoch ab, dass sie neue Bewegung in eine auch politisch recht festgefahrene Lage brachte, denn im deutschen Bundestag war zwischen den Befürwortern und den Gegnern der einen wie der anderen Lösung lange kein Kompromiss absehbar. Dieser seit Jahren geführten Auseinandersetzung ist aber auch einiges abzugewinnen, denn eine lebendige Diskussion, gegenläufige Ideen und das Aushalten und Einbeziehen von Kritik sind für eine zivilgesellschaftlich verankerte Erinnerung unabdingbar. Die Debatte trägt bereits dazu bei, dass das Schicksal Polens im Zweiten Weltkrieg von der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird. Alleine das ist schon ein Erfolg. Denn wir Deutschen müssen uns immer und immer wieder vor Augen führen, was Polen durch Deutschland im Krieg widerfahren ist, was Deutsche auf seinem Boden angerichtet haben, mit welcher Last das Land und seine Menschen deshalb nach dem Krieg zu leben hatten und mit welcher Last sie bis heute zu leben haben. Dieser Text ist für die polnische Zeitschrift "Mówia Wieki" entstanden, wo er in der September-Nummer 2020 erschienen ist. http://mowiawieki.pl/index.php?page=biezacy
[1] Zit. nach https://www.frankfurt1933-1945.de/nc/beitraege/show/1/thematik/einzelne-orte-des-gedenkens/artikel/wir-sind-mit-dieser-vergangenheit-noch-nicht-fertig-mahnmal-fuer-die-opfer-des-nationalsozialistischen-terrors-in-frankfurt-am-main/suche/Mahnmal/ [Unterstreichung vom Autor]
[2] Zit. nach Gedenkstätten, Bd. 2, S. 256.
[1] Arkadiusz Grochot: Sondaż: Co czwarty Niemiec uważa, że II wojna światowa nie rozpoczęła się od inwazji III Rzeszy i ZSRR na Polskę. https://www.rmf24.pl/fakty/polska/news-sondaz-co-czwarty-niemiec-uwaza-ze-ii-wojna-swiatowa-nie-roz,nId,4281566
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Vortrag von Sina Marie Nietz bei Festo am 24.10.2019 (verschriftlichte Form)Der Titel dieses Vortrags beinhaltet mehrere "Riesenbegriffe": Globalisierung und Digitalisierung, zwei Begriffe, die heutzutage geradezu inflationär genutzt werden und dabei ganz unterschiedliche Prozesse und Entwicklungen beschreiben. Autonomer Individualverkehr, Pflege-Roboter, softwaregesteuerte Kundenkorrespondenz und Social Media, Big-Data-Ökonomie, Clever-Bots, Industrie 4.0. Die Digitalisierung hat ökonomische, kulturelle und politische Auswirkungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Die zunehmenden technischen Möglichkeiten vor allem durch KI zwingen uns auch zu einer Auseinandersetzung mit ethischen Fragen und unseren bisherigen Konzepten von Intelligenz. Was zeichnet menschliches Handeln aus? Wie unterscheidet sich menschliche, natürliche Intelligenz von Künstlicher? Die Frage, was menschliches Handeln und menschliche Intelligenz von Maschinen unterscheidet, wird aus einem Alltagsverständnis heraus häufig mit Emotionen wie Empathie, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Mitmenschlichkeit beantwortet. All diese Begriffe wollen wir nun zunächst einmal unter "emotionaler Intelligenz" zusammenfassen, bevor wir uns zu einem späteren Zeitpunkt näher damit auseinandersetzen werden.Globalisierung – ein weiterer überaus komplexer Begriff, der genutzt wird, um ganz unterschiedliche Prozesse zu beschreiben. Globalisierung meint die Verflechtung von Handelsbeziehungen und Kommunikationstechnologien sowie den Anstieg von Mobilität. Globalisierung umfasst zunehmende transnationale Abhängigkeiten in Form von losen Abkommen, Verträgen und Gesetzen. Globalisierung bedeutet auch, dass Organisationen wie NGOs, transnationale Institutionen, Konzerne und Staaten über Ländergrenzen hinweg agieren und kooperieren. Globalisierung meint jedoch auch globale Herausforderungen wie internationalen Terrorismus und vor allem die Klimakatastrophe. In dieser Zeit zunehmender Verflechtungen und internationaler Abhängigkeiten lassen sich gleichzeitig nationalistische Tendenzen beobachten, die der zunehmenden Öffnung gesellschaftliche Abschottung entgegenzusetzen versuchen. Die Frage nach Öffnung oder Abschottung polarisiert und spaltet. In der Wissenschaft wird von einer neuen gesellschaftlichen Konfliktlinie, einer cleavage gesprochen. Die cleavage zwischen Öffnung und Abschottung, zwischen Kosmopoliten und Nationalisten, zwischen Rollkoffer und Rasenmäher.Die Ergebnisse der letzten Europawahlen im Mai 2019 haben jene cleavage eindeutig widergespiegelt. Die etablierten Parteien, allen voran CDU/CSU und SPD, haben erneut massiv Wählerstimmen eingebüßt. Wohingegen auf der einen Seite der neuen gesellschaftlichen Konfliktlinie die AfD mit ihrem Abschottungskurs und auf der anderen Seite die Grünen, die klare Kante für Kosmopolitismus verkörpern, Stimmenzuwächse verzeichnen konnten. Auch in anderen europäischen Ländern sahen die Wahlergebnisse programmatisch vergleichbarer Parteien ähnlich aus.Bereits seit der Wirtschafts- bzw. "Eurokrise" erhalten rechtspopulistische Parteien zunehmend Zuspruch in ganz Europa. Deutschland war mit der AfD in dieser Hinsicht ein Nachzügler. Der Begriff "Rechtspopulismus" ist dabei nicht ganz unproblematisch. Zum einen dient er als sogenannter "battle term", um gegnerische Parteien oder PolitikerInnen zu degradieren. Zum anderen findet er keine einheitliche Verwendung, sondern wird genutzt, um einen Politikstil, eine rhetorische Strategie, eine Mobilisierungsstrategie oder eine politische Ideologie zu bezeichnen. Des Weiteren bildet sich zunehmend der Konsens heraus, dass mit dem Begriff auch die Gefahr der Verharmlosung in Bezug auf Parteien oder Personen einhergeht, die ihrer politischen Gesinnung nach eigentlich als rechtsradikal bis rechtsextrem einzuordnen sind. Trotz dieser Schwierigkeiten hat sich in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Publikationen ein wissenschaftlicher Konsens geformt. Im Folgenden soll die Definition von Rechtspopulismus nach Jan Werner Müller, einem der federführenden Populismusforscher in Deutschland, umrissen werden. Populismus leitet sich von dem lateinischen Wort "populus", zu deutsch "Volk", ab. Der Bezug auf das Volk ist für jede Form des Populismus essenziell. In der Logik des Populismus stehen "dem Volk" die "korrupten Eliten", das Establishment gegenüber ("Altparteien", "Eurokraten"…). Es ist prinzipiell variabel, wer zu den Eliten zählt. In diesem Zusammenhang wird häufig das vermeintliche Paradoxon Donald Trump angeführt. Dieser zählt aufgrund seines Vermögens definitiv zu einer finanziellen Elite, kann sich jedoch aufgrund seines Mangels an Politikerfahrung als Politikaußenseiter, als "Mann aus dem Volk" und Sprachrohr des Volkes darstellen.Jan Werner-Müller zufolge sind RechtspopulistInnen immer anti-elitär, doch nicht jeder, der Eliten kritisiert, ist auch automatisch ein Rechtspopulist. Es muss immer noch ein zweites Kriterium gegeben sein, nämlich das des Anti-Pluralismus. In einer pluralistischen Gesellschaft konkurrieren zahlreiche verschiedene Organisationen, gesellschaftliche Gruppierungen und Parteien um wirtschaftliche und politische Macht. Es herrscht außerdem Vielfalt in Form von Meinungen und unterschiedlichen Lebensentwürfen. Rechtspopulismus lehnt diese Vielfalt ab. Es findet demnach nicht nur eine Abgrenzung nach oben zu "den Eliten", sondern auch nach unten ("Sozialschmarotzer") bzw. außen ("der Fremde", "der Islam", "die Flüchtlinge", Homosexuelle) statt. Rechtspopulistische Repräsentanten behaupten, ein homogen gedachtes "wahres Volk" mit einem einheitlichen Volkswillen zu vertreten. So wird ein moralischer Alleinvertretungsanspruch postuliert. Da der homogen konstruierte Volkswille in der Logik des Rechtspopulismus a priori feststeht und RechtspopulistInnen diesen repräsentieren, bedarf es keiner anderen Parteien oder Vertreter. Daraus ergibt sich jedoch ein Logikproblem, wenn sie dann bei Wahlen nicht die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen können. So betrug der Stimmenanteil der AfD bei der Bundestagswahl 2017 12,6%. Um diese Differenz "erklären" zu können, werden verschwörungstheoretische Erklärungsmuster wie das einer "schweigenden Mehrheit" herangezogen. Es werden gezielt Zweifel am politischen System, an den Medien ("Lügenpresse") und der Wissenschaft gesät. Es wird auf vermeintliche Fehler im System und die angebliche Unterdrückung des "eigentlichen Volkswillens" verwiesen. So schaffen RechtspopulistInnen eine Parallelwelt der "alternativen Fakten" und tragen zur Spaltung der Gesellschaft bei.Betrachtet man die verschiedenen rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen in Europa, stößt man auf Unterschiede in deren Inhalten und Strategien. So hat Geert Wilders in den Niederlanden beispielsweise immer eine sehr liberale Gesellschaftspolitik vertreten, etwa in Form liberaler Abtreibungsgesetze und der Befürwortung gleichgeschlechtlicher Ehen. In Polen fährt die PiS-Partei hingegen einen katholisch geprägten konservativen Kurs hinsichtlich gesellschaftspolitischer Themen, wie auch die FPÖ in Österreich. Als gemeinsame Klammer dient allen rechtspopulistischen Parteien ihre ablehnende bis feindliche Haltung gegenüber Migration und "dem Islam". Die ausgrenzende Gesinnung bildet demnach das Kernelement rechtspopulistischer Ideologien. Das bedeutet, dass es keinen Rechtspopulismus ohne Feindbilder gibt.Und damit wären wir bei der ersten These meines heutigen Vortrags: Feindbilder sind das Kernelement von Rechtspopulismus. Rechtspopulistische Parteien greifen gezielt xenophobe Vorurteile, Stereotype und Emotionen wie Angst und Hass auf, schüren diese und verbreiten sie so. Wir werden gleich noch darauf zu sprechen kommen, wie sie dies genau machen. Vorurteile sind eine effektive Strategie, um Ungleichheit oder die Entstehung von Ungleichheit zu legitimieren. Hier dockt der Populismus perfekt an die bereits vorhandene Ungleichheitsideologie unserer meritokratischen Leistungsgesellschaft an. Unsere freie Marktwirtschaft basiert auf der Annahme der Notwendigkeit von Ungleichheit und legitimiert diese durch unterschiedliche Mechanismen. Stichworte in diesem Kontext lauten: survival of the fittest, Leistungsprinzip, Konkurrenzdruck in Zeiten von Outsourcing von Arbeitsplätzen und Zeitarbeit, Selbstoptimierung, Humankapital.Ich würde Sie an dieser Stelle gerne zu einem kurzen Exkurs in die Kognitionswissenschaft einladen, um die Bedeutung von Vorurteilen und Stereotypen für das menschliche Denken und Handeln näher zu erläutern. Der menschliche Verstand benötigt Kategorien zum Denken, zum Einordnen und Verarbeiten von Sinneseindrücken und Informationen. Andernfalls würde der Prozess der Informationsverarbeitung viel zu viel Zeit beanspruchen und wir wären nicht handlungsfähig. Wir ordnen unsere Eindrücke also bestimmten, vorgefertigten Kategorien zu. Innerhalb einer Kategorie erhält nun alles dieselbe Vorstellungs- bzw. Gefühlstönung. Der Grad der Verallgemeinerung hängt mit dem Wissen über die einzuordnende Information zusammen. Auf die rechtspopulistischen Ausgrenzungsstrategien bezogen ergibt sich Folgendes: Es wird das Feindbild "Islam" konstruiert und mit Eigenschaften wie "Gewalt" und "Terror" verknüpft. Dabei wird nicht zwischen verschiedenen Strömungen und Glaubensrichtungen unterschieden, sondern alles zu einem homogenen Gebräu innerhalb derselben Kategorie umgerührt. Individuen, die aufgrund von Herkunft, Religionszugehörigkeit, Ethnie etc. dieser Gruppe zugezählt werden, werden als Teil der Feindgruppe gedacht, nicht als Individuen. Sie werden objektiviert und entmenschlicht. Das Leiden des Einzelnen geht in der Masse unter und Empathie wird verhindert. Einzelne Ausnahmen werden als solche anerkannt, um das Gesamtbild, bzw. die gebildeten Kategorien, aufrechterhalten zu können. Und damit sind wir bei der zweiten These angelangt: Die Verallgemeinerung rechtspopulistischer Ausgrenzungsstrategien verhindert Empathie.Die einfache Zweiteilung des Freund-Feind-Denkens geht mit einer enormen Reduktion von Komplexität einher - ein attraktives Angebot in Zeiten zunehmender Komplexität und Undurchschaubarkeit (Stichwort Globalisierung). Doch wie werden diese Feindbilder nun genau erzeugt und aufrechterhalten? Hierzu bedienen sich rechtspopulistische Akteure unterschiedlicher rhetorischen Strategien.Rechtspopulistische Sprache ist zumeist eine reduktionistische und sehr bildhafte Sprache. Es werden häufig Metaphern verwendet, die Träger einer Botschaft sind. So ist der im Kontext der Migrationsbewegungen ab 2015 oft verwendete Begriff "Flüchtlingswelle" kein neutraler Begriff. Die Zusammensetzung der beiden Worte "Flüchtlinge" und "Welle" impliziert eine unaufhaltsame Naturgewalt, gegenüber der es sich durch Bauen eines Dammes abzuschotten gilt. Zudem finden auch biologistische Metaphern wie "Flüchtlingsschwärme" ihren Einzug in rechtspopulistische Narrative. Die Entlehnung nationalsozialistisch geprägter Begriffe wie beispielsweise "völkisch" durch Akteure der AfD hat nicht nur einmal zu medialer Aufmerksamkeit geführt. Weitere häufig verwendete rhetorische Strategien und Stilmittel sind Wiederholungen, Wortneuschöpfungen, Tabubrüche, kalkulierte Ambivalenz und auch die eingangs erwähnten Verschwörungstheorien. Ich möchte diese Stilmittel nicht im Einzelnen näher ausführen. Aber ich möchte auf die Beziehung zwischen Rechtspopulismus und Medien aufmerksam machen. Es gab in den vergangenen Monaten zahlreiche Beispiele für Tabubrüche seitens der AfD, die nach und nach zu einer Diskursverschiebung geführt hat, die mit einer Normalisierung von Gewalt in der Sprache im öffentlichen Diskurs einhergeht.Medien und Populismus folgen ähnlichen Kommunikationsstrategien wie beispielsweise Personalisierung, Emotionalisierung, Dramatisierung und Komplexitätsreduktion. Trotz der grundlegend feindlichen Einstellung rechtspopulistischer Parteien gegenüber der "Lügenpresse" gehen Populismus und Massenmedien eine Art Symbiose ein. Die Massenmedien sind auf Schlagzeilen angewiesen und die PopulistInnen auf mediale Aufmerksamkeit. Eine besondere Rolle spielen insbesondere seit dem letzten US-Wahlkampf soziale Medien wie Twitter. Trump bezeichnete sich einmal selbst als den "Hemingway der 140 Zeichen". Durch seine kurzen Tweets in einer einfach gehaltenen Sprache vermittelt er Nahbarkeit und inszeniert sich als Sprachrohr des Volkes. Immer in Abgrenzung zu der abgehobenen, korrupten Politikelite mit ihrer "political correctness". Es scheint, als würden "gefühlte Wahrheiten" schwerer wiegen als Fakten, so wird häufig vom Anbruch des postfaktischen Zeitalters gesprochen. Das Leugnen wissenschaftlicher Erkenntnisse bei gleichzeitiger Fokussierung auf "alternative" und "gefühlte Wahrheiten" birgt die Gefahr einer zunehmenden Parallelwelt der Fakten.Durch Echokammern und Filterblasen verfestigen sich eigene Einstellungen und die politische Meinung. Die neue Rechte hat sich zudem die Funktionsweise von Algorithmen und Bots zunutze gemacht und wirkt dadurch in Sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, aber auch in Foren und Blogs unheimlich präsent. Medien sind hier keine Einrichtungen im Sinne von Organisationseinheiten mit besonderen Rechten, Sach- und Personalmitteln, sondern Räume und Kanäle. Dialogroboter sind zugleich Werkzeug und Medium einer neuen Kommunikationswelt. In den Massenmedien kann man eine stetige Zunahme von dialogischer Kommunikation beobachten. Dialogroboter werden funktional wie Massenmedien eingesetzt, funktionieren strukturell aber nach den Prinzipien interpersoneller Kommunikation.Kehren wir zu den beiden Ausgangsthesen zurück. Erstens: Feindbilder sind ein Kernelement von Rechtspopulismus. Zweitens: Die Verallgemeinerung von Feindbildern verhindert Empathie. Nun stellt sich die Frage nach möglichen Lösungsansätzen. Wie kann der dargelegten Objektivierung von Menschen durch Feindbilder entgegengewirkt werden? Welche Gegenstrategien gibt es? Häufig werden sehr allgemeine Handlungsempfehlungen ausgesprochen oder die Ausführungen zu möglichen Lösungen sehr kurz gehalten, sodass der politikwissenschaftliche Diskurs bisweilen in Bezug auf die Gegenstrategien ungenau und schwammig bleibt.Ich möchte Ihnen heute einen spezifischen Ansatz vorstellen, der darauf abzielt, Empathie als Teil emotionaler Intelligenz zu stärken, um rechtspopulistischen Feindbildern präventiv zu begegnen. Die gezielte Schulung von Empathie als Teil emotionaler Intelligenz. Das Konzept der emotionalen Intelligenz (EQ) kam in den 1990er Jahren auf, federführend unter den Sozialpsychologen John D. Mayer und Peter Salovey. Das gleichnamige Buch veröffentlichte 1995 Daniel Goleman. Bereits damals wurde Empathie als eine "Schlüsselkompetenz" emotionaler Intelligenz gefasst. Hier wurde zum einen der Versuch unternommen, auf die Bedeutung von Gefühlen beim Erreichen beruflicher Ziele und des eigenen Lebensglücks zu verweisen, zum anderen EQ messbar zu machen, sodass bald darauf zahlreiche EQ-Tests folgten. Der Versuch, Intelligenz anhand von Testsituationen oder ähnlichen Verfahren messbar zu machen, geht jedoch mit einigen Aspekten einher, die es kritisch zu betrachten gilt. Vor allem stellt sich, wie auch bei den klassischen IQ-Tests (auf denen im Übrigen unser heutiges Verständnis von Intelligenz beruht) die Frage, ob tatsächlich das gemessen wird, was gemessen werden soll. In einer Leistungsgesellschaft, die dem Diktat der Transparenz und Messbarkeit (PISA, Evaluationen etc.) unterworfen ist, haben es schlecht messbare emotionale Kompetenzen wie Empathie schwer.Die zunehmenden Abhängigkeiten im Kontext der Globalisierung weisen eigentlich in Richtung Kooperation. Die vorherrschende Ideologie unserer Gesellschaft basiert jedoch nach wie vor auf dem Konkurrenzprinzip. Die meritokratische Leistungs- und Wettbewerbsideologie des freien Marktes hat ein empathiefeindliches Umfeld geschaffen. Zudem lässt die Hyperindividualisierung Empathie unwahrscheinlicher werden. Das Wachstum des "Ichs" als Instanz der Nicht-Ähnlichkeit führt zur Kultivierung eines Bewusstseins für Differenzen anstatt für Gemeinsamkeiten. Je mehr wir uns auf die Unterschiede konzentrieren, desto schwieriger werden empathische Empfindungen und Handlungen, da diese eine Identifikation mit dem Anderen voraussetzen. Des Weiteren hat insbesondere im Bildungsdiskurs viele Jahre lang eine einseitige Fokussierung auf Rationalität stattgefunden. Diese impliziert eine künstliche Trennung zwischen Emotionalität und Rationalität. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass verschiedene gesellschaftliche, politische, aber vor allem auch ökonomische Faktoren wie die neoliberale Konkurrenz- und Wettbewerbsideologie, das Diktat der Messbarkeit, die Hyperindividualisierung sowie die einseitige Fokussierung auf Rationalität der Etablierung von Empathie als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts im Weg standen und noch immer stehen. Doch was bedeutet Empathie eigentlich konkret in einem wissenschaftlichen Verständnis? Empathie stammt von dem griechischen Wort "Pathos", zu deutsch "Leidenschaft". Umgangssprachlich ist mit Empathie die Fähigkeit des Sich-in-jemand-Einfühlens oder Hineinversetzens gemeint. Empathie hat eine kognitive (Wahrnehmung der Interessen des Anderen) und eine affektive (dabei entstehende Gefühle) Komponente. Die Entstehung von Empathie erfolgt in drei Schritten: Soziale Perspektivenübernahme, Identifikation, Empathie. Die Übernahme einer anderen Perspektive erlernen wir bereits im Kleinkindalter. Zunächst anhand der Übernahme räumlicher Perspektiven. Durch den zweiten Schritt, die Identifikation mit einer anderen Person oder einem anderen Lebewesen, entsteht das Potenzial für die empathische Einfühlung in jene Person oder jenes Lebewesen. Aus dieser empathischen Empfindung kann wiederum ein gewisses Aktionspotenzial entstehen, wenn beispielsweise eine Ungerechtigkeit Empörung auslöst und zur Aktion gegen jene Ungerechtigkeit führt.Wir kommen nun zu der dritten These meines Vortrags: Empathie kann gezielt gelehrt und gelernt werden. Jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass Empathie eine erlernbare Fähigkeit ist. Die deutsche Neurowissenschaftlerin und Psychologin Tania Singer hat im Rahmen einer großangelegten Untersuchung, dem "ReSource-Projekt" am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften die Wirkung von Meditation auf das Verhalten und die damit verbundenen Veränderungen im Gehirn untersucht. Die Idee, die hinter diesem Forschungsprojekt steht, war die Suche nach einer Möglichkeit, gezielt soziale Fähigkeiten wie Mitgefühl, Empathie und die "Theory of Mind" zu fördern. Die Untersuchung ging über einen Zeitraum von elf Monaten und bestand aus unterschiedlichen Modulen. Im "Präsenzmodul" lag der Schwerpunkt vor allem auf der Achtsamkeit gegenüber geistigen und körperlichen Prozessen. Das Modul "Perspektive" konzentrierte sich auf sozio-kognitive Fähigkeiten, insbesondere die Perspektivenübernahme. Ein drittes Modul "Affekte" sollte den konstruktiven Umgang mit schwierigen Emotionen sowie die Kultivierung positiver Emotionen schulen. Die Probanden führten die entsprechenden Übungen täglich mit ihren zugeordneten Partnern durch Telefonate oder Videoanrufe aus.Das Team um Tania Singer konnte nach den drei Monaten mithilfe von Gehirnscans eine tatsächliche Verbesserung der Kompetenzen der TeilnehmerInnen feststellen, die mit struktureller Gehirnplastizität in den spezifischen neuronalen Netzwerken einhergingen. Das sozio-affektive Modul konnte so tatsächlich zur Verbesserung der Fähigkeit des Mitgefühls beitragen. Das sozio-kognitive Modul hingegen hat die Fähigkeit verbessert, sich gedanklich in die Perspektive eines anderen zu versetzen. Die Studie hat gezeigt, dass Empathie und Mitgefühl erlernbare Kompetenzen sind, die durch entsprechende Übungen gezielt gefördert werden können. Dazu bedarf es jedoch zunächst einer Anerkennung von Empathie als einer erlernbaren Kompetenz.Fassen wir zusammen: Rechtspopulismus agiert immer über Feindbilder. Diese Feindbilder basieren auf der Konstruktion einer homogenen Feindgruppe. Durch Verallgemeinerung werden den Individuen innerhalb dieser Feindgruppe Subjektivität und Individualität abgesprochen und so die Entstehung von Empathie verhindert. Die rechtspopulistische Ungleichheitslogik schließt an die Ungleichheitslogiken unserer kapitalistischen Gesellschaftsordnung an. Die Wettbewerbs- und Konkurrenzideologie hat ein empathiefeindliches Umfeld geschaffen. Zudem hat sich die Bildung zu lange einseitig auf Rationalität konzentriert. Daher gilt es, Empathie als eine soziale und emotionale Fähigkeit mit kognitiven Anteilen im bildungswissenschaftlichen Diskurs zu verankern. So können rechtspopulistische Differenzierungskategorien wie Nationalität oder Religion sowie die Verallgemeinerungen zugunsten einer Fokussierung auf Gemeinsamkeiten und Mitmenschlichkeit überwunden werden. Um in einer vernetzten, globalisierten Welt intelligent handeln zu können, nützt ein Rückzug in nationalistische Freund-Feind-Denkweisen nicht. Vielmehr gilt es, auf Kooperation und Empathie zu setzen, auch wenn diese nicht immer messbar ist. Vielen Dank.Literatur- und Quellenverzeichnis:Allport, Gordon W. (1971): Die Natur des Vorurteils. Köln: Kiepenheuer & Witsch. Bischof-Köhler, Doris (1989): Spiegelbild und Empathie. Die Anfänge der sozialen Kognition. Hans Huber: Berlin, Stuttgart, Toronto.Decker, Frank (2017): Populismus in Westeuropa. Theoretische Einordnung und vergleichende Perspektiven. In: Diendorfer, Gertraud u.a. (Hrsg.) (2017): Populismus – Gleichheit – Differenz. Herausforderungen für die politische Bildung. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Wissenschaft, S. 11-28.Holtmann, Everhard (2018): Völkische Feindbilder, Ursprünge und Erscheinungsformen des Rechtspopulismus in Deutschland. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.Mudde, Cas / Kaltwasser, Cristóbal Rovira (2017): Populism. A Very Short Introduction. New York: Oxford University Press.Müller, Jan-Werner (2016): Was ist Populismus? Ein Essay. Berlin: Edition Suhrkamp.ReSource-Projekt: https://www.resource-project.org/ [10.09.2019]Wodak, Ruth (2016): Politik mit der Angst. Zur Wirkung rechtspopulistischer Diskurse. Wien/Hamburg: Edition Konturen.
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Es waren Antifaschist:innen, die die italienische Verfassung ausgearbeitet haben. Sie trat 1948 in Kraft und sollte sicherstellen, dass niemand jemals wieder die Kontrolle über die Republik übernehmen konnte, ähnlich wie dies der Diktator Benito Mussolini die Jahre zuvor vollbracht hatte. Seitdem hat Italien bereits 67 Regierungen erlebt, doch die aktuelle Regierung, Nummer 68, ist auch für Italien besonders (Siefert, 2023). Sie wurde mehrfach als "gefährlichste Frau Europas" betitelt (Brandl & Ritter, 2022). Die Rede ist von Giorgia Meloni, die am 22. Oktober 2022 als Vorsitzende der nationalistischen, konservativen und postfaschistischen Partei Fratelli d'Italia (FDI) als Ministerpräsidentin vereidigt wurde.Mit dem Wahlsieg der italienischen Postfaschistin ist ein weiterer Schritt in Richtung einer politischen Entwicklung vollzogen worden, die den autoritären Rechtspopulismus als Regierung zu einem sichtbaren Bestandteil der politischen Realität macht. Ihre politische Gruppierung wird weithin als populistisch, postfaschistisch und weit rechts im politischen Spektrum positioniert, was in weiten Teilen der europäischen Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen wurde. Die folgende Seminararbeit versucht nach mehr als einem Jahr an der Macht eine Bilanz zu ziehen, die Auswirkungen der Wahl zu analysieren und die Besonderheiten der italienischen Rechten näher zu beleuchten.Melonis Aufstieg in der politischen Landschaft Italiens: Vom Engagement in der Jugendpolitik über die MSI zur Gründung der Fratelli d'Italia Die am 15. Januar 1977 in Rom geborene Meloni ist nicht nur die erste Frau, die das Amt ausübt, sondern auch die erste Regierungschefin, deren politische Karriere in der postfaschistischen Ära Italiens begann. Sie kandidierte bereits in ihren Jugendjahren für politische Ämter in Italien. Im Jahr 2006 wurde sie zur jüngsten Ministerin Italiens ernannt. Heute ist die Vorsitzende der von ihr mitbegründeten rechtsextremen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens, benannt nach der ersten Zeile der Nationalhymne, mit Wurzeln in der postfaschistischen Bewegung) die erste weibliche Premierministerin.Vor 31 Jahren, im Juli 1992, begann Giorgia Meloni ihr politisches Engagement in Rom mit dem Beitritt zur Jugendorganisation des Movimento Sociale Italiano (MSI, Italienische Soziale Bewegung), einer von Faschist:innen gegründeten Partei (Ventura, 2022, S. 8 ). Die italienische Ministerpräsidentin unterstreicht häufig, dass sie aus bescheidenen Verhältnissen stammt und in einer Familie von Angestellten aufgewachsen ist. Dabei verschweigt sie allerdings gerne die Tatsache, dass ihre Mutter, Anna Paratore, der MSI damals angehörte (Feldbauer, 2023, S. 15).Die am 26. Dezember 1946 gegründete Italienische Soziale Bewegung entstand unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Gründer:innen der Partei waren politisch in der Italienischen Sozialen Republik (Repubblica Sociale Italiana, RSI) aktiv, einem Satellitenstaat, der während der deutschen Besatzung von 1943 bis 1945 von Mussolini regiert wurde. Ideologisch bezog sich die Partei auf den "sozialen Faschismus" der RSI (Ventura, 2022, S. 2). Die MSI zeichnete sich nicht nur durch ihre antikapitalistische und antiliberale Ideologie mit korporatistischer Entscheidungsfindung aus, sondern auch durch ihren ausgeprägten Antikommunismus und ihre scharfe Kritik an den etablierten Parteien. Obwohl es innerhalb der MSI von Anfang an eine konservative und pro-westliche Minderheit gab, blieb die Partei bis Anfang der 1990er Jahre unfähig, sich wesentlich zu reformieren und konnte daher keinen nennenswerten Einfluss auf das politische System Italiens ausüben (ebd.).Im Januar 1995 wurde die Partei kurz nach dem Beitritt Melonis aufgelöst und in die "Alleanza Nazionale" (AN, Nationale Allianz) umgewandelt. Die AN fusionierte 2009 mit der Partei "Forza Italia" (FI, Vorwärts Italien) von Silvio Berlusconi zur Partei "Il Popolo della Libertà (PdL, Das Volk der Freiheit). Der damalige Parteivorsitzende Gianfranco Fini wollte den von der AN eingeleiteten liberal-konservativen Rechtsruck erfolgreich zu Ende führen, was jedoch einigen ehemaligen Aktivist:innen und Führungskräften aus den Reihen der MSI missfiel. Diese Unzufriedenheit machte sich später Meloni zunutze. Im Jahr 2006 wurde Meloni ins Parlament gewählt und zwei Jahre später wurde sie die jüngste Ministerin (Jugend und Sport) in der Geschichte Italiens. Die einzige Regierungserfahrung hat sie auf nationaler Ebene (ebd.).Verhältnis zum (Post)Faschismus Eine Woche vor dem hundertsten Jahrestag von Mussolinis "Marsch auf Rom", der Machtübernahme durch den "Duce", übernahm Meloni ihr Amt. Ihr Kabinett, welches hauptsächlich aus Anhänger:innen Mussolinis besteht, wurde in linken Medien als eine Regierung von "reuelosen Faschisten" beschrieben (Feldbauer, 2023, S. 38f). Meloni war im Jahr 2012 Mitbegründerin der Partei FdI, die in der Tradition des italienischen Faschismus steht, und gehört somit zur dritten Generation des Partito della Fiamma (Livi & Jansen, 2023, S. 173). Das Symbol der faschistischen Flamme, das in der Vergangenheit der MSI vorbehalten war, ist im Parteilogo vertreten (Feldbauer, 2023, S. 16f).Im Jahr 1929 wurde das Wort "Faschismus" zum ersten Mal in den Duden aufgenommen. Dies geschah sieben Jahre, nachdem die italienische Partito Nazionale Fascista (PNF) unter Benito Mussolini 1922 in die Regierung Italiens eingetreten war. 1926 entwickelte sie sich zu einer diktatorischen Staatspartei, bevor sie 1943 aufgelöst wurde. Der Begriff "Faschismus" wurde von der PNF als Selbstbezeichnung verwendet und entstammt dem italienischen Wort "fascio", dessen Bedeutung dem Begriff "Bund" gleichgestellt ist (Schütz, 2022). Im heutigen Sprachgebrauch bezeichnet der Terminus eine nationalistische, antidemokratische und rechtsextreme Ideologie, die nach dem Führerprinzip ausgerichtet ist. Seit den Parlamentswahlen in Italien im vergangenen Jahr sind vermehrt Artikel zum Thema "Postfaschismus" verfügbar. Dies hängt mit dem Sieg bei der Parlamentswahl und der FdI zusammen, welche als "postfaschistisch" bezeichnet wird (ebd.).Gianfranco Fini distanzierte sich 2003 offiziell vom Faschismus und bezeichnete ihn als "absolut böse" (Tagesschau, 2022). Giorgia Meloni hat es jedoch bis heute vermieden, eine so eindeutige Aussage über die Wurzeln ihrer Partei zu tätigen. Meloni erhob sogar Vorwürfe gegen Gianfranco Fini, das Erbe der italienischen Rechten zu zersplittern (Ventura, 2022, S. 6). Im Jahr 2014 wurde Meloni zur Vorsitzenden der FdI gewählt. Sie konnte den harten Kern der Faschist:innen um sich versammeln, indem sie sich auf Mussolini bezog. Aufgrund der möglichen Verluste eines Teils ihrer Wählerschaft an die Lega kann sie die Flamme nicht aus dem Parteilogo entfernen. Sie hob wiederholt hervor, wie stolz sie auf das Wappen mit der italienischen Trikolore sei, bezeichnete Mussolini sogar als einen "guten Politiker" (Feldbauer, 2023, S. 16).Froio (2020) stellt fest, dass die FdI ein "emotionales" Verhältnis zu ihrer faschistischen bzw. postfaschistischen Vergangenheit pflegt, mit der sie sich nie wirklich kritisch auseinandergesetzt hat. Dies wird durch die Statements von Giorgia Meloni sowie durch die Aussagen und Handlungen von Vertreter:innen und Führungskräften der FdI deutlich. So trat Meloni am Tag vor der Wahl 2018 bei einer Wahlkampfveranstaltung in Latina, einer von Mussolini gegründeten Stadt südlich von Rom, in Begleitung seiner Enkelin Rachele Mussolini auf. Dabei kündigte sie die Absicht ihrer Partei an, dem Symbolort den ihm gebührenden Platz in der Geschichte der italienischen Rechten wieder zu verschaffen (Latza Nadeau, 2018). Bei ihrem Versuch, sich in ihrer Ansprache vor der Abgeordnetenkammer am 25. Oktober 2022 trotz ihrer früheren Bekenntnisse zum Faschismus Mussolinis zu distanzieren, stieß Meloni angesichts der genannten Tatsachen auf Widerstand. Mit ihrer Partei verkörpert Meloni nach wie vor die "Kontinuität des Faschismus" (Feldbauer, 2023, S. 16f).Auch Tronconi und Baldini (zit. nach POP, 2023) erkennen die Identitätswurzeln der FdI im Neofaschismus, der in Italien jahrzehntelang durch die MSI verkörpert wurde. Ihrer Meinung nach sei es jedoch falsch, die FdI als neofaschistische Partei zu bezeichnen, da wesentliche Merkmale wie die Akzeptanz von Gewalt als Mittel des politischen Wettbewerbs fehlen würden. In der öffentlichen Debatte und in den offiziellen Dokumenten der Partei würden tatsächlich die für die europäische radikale Rechte typischen Themen wie Islamophobie und eine allgemeine Feindseligkeit gegenüber der Einwanderung betont, die als potenzielle Verwässerung der Identität der italienischen Nation angesehen werden.Der Weg einer "Frau, Mutter, Italienierin und Christin" an die MachtMeloni präsentiert sich gerne als Frau, Mutter, gläubige Christin und als hilfsbereite Vertreterin aller Italiener:innen (Feldbauer, 2023, S.70). Diese Worte passen zum allgemeinen Slogan "Gott, Heimat und Familie" (Dio, patria e famiglia), welcher von Melonis Partei und anderen radikalen Rechtsparteien in der Vergangenheit übernommen wurde (De Giorgi et. al, 2022).Im Jahr 2022 wurden mehr als 70 Prozent der parlamentarischen Parteien in den EU-Mitgliedsstaaten von männlichen Führungskräften geleitet (Openpolis, 2022, zit. nach De Giorgi et. al, 2022). In Italien wurde bis zum Jahr 2013 keine Partei, weder aus dem politischen Establishment noch aus dem rechten Spektrum, von einer Frau geführt (De Giorgi et. al, 2022). Studien, die sich auf das weibliche Führungsverhalten konzentrieren, betonen oft, wie Frauen Führungspositionen erreichen können, wenn sie von einem "Legacy Advantage", also sozusagen von einem Vorteil ihres Erbes profitieren, wie als Ehefrau, Witwe, Tochter oder eine andere enge Verwandte eines Schlüsselakteurs in der Politik (Baker & Palmieri, 2021). Diese Praxis ist auch bei rechtsextremen Parteien üblich. Ein bekanntes Beispiel ist Marine Le Pen, die die Führung des Front National (jetzt Rassemblement National) von ihrem Vater übernommen hat. Auch in Italien gibt es rechtsgerichtete Politikerinnen mit starken familiären Bindungen zu ehemaligen Staatsoberhäuptern und prominenten politischen Persönlichkeiten, wie Alessandra Mussolini, die Enkelin des ehemaligen Diktators, die mehrmals als Abgeordnete für die AN gewählt wurde (De Giorgi et. al, 2022). Giorgia Meloni hebt sich von diesem Weg ab. Ihr politisches Engagement begann 1992, als Meloni der Jugendorganisation der MSI beitrat. Im Unterschied zu anderen Oppositionsführer:innen, welche dazu neigen, ihre politische Außenseiterposition zu betonen, hebt Meloni oft ihren beruflichen Werdegang sowie ihr politisches Know-how hervor und verbindet dies mit der Idee der "Kompetenz". Darüber hinaus gibt es in Italien keine weitere politische Partei, die von einer Frau geführt wird, wodurch Meloni zweifellos eine beachtliche Medienpräsenz in dieser Hinsicht erreicht hat (Feo & Lavizzari, 2021).Angesichts der politischen Geschichte Italiens sei der Erfolg der FdI nicht verwunderlich. Die italienischen Rechten sind mit ihren traditionellen Anliegen seit Jahrzehnten erfolgreich. Der Gesamterfolg der FdI-FI-Lega-Koalition im Jahr 2022 kam daher weder überraschend noch sei er außergewöhnlich (POP, 2023). Der Erfolg kann auf die langjährige Dominanz der wechselnden Mitte-Rechts-Koalitionen um Berlusconi zurückgeführt werden, die in den letzten drei Jahrzehnten die Mehrheit der Wahlen gewinnen konnten. Trotz der langen Präsenz der größten kommunistischen Partei des Westens in Italien seit mehr als 50 Jahren war das Land mit Ausnahme einer kurzen Periode in den 1970er Jahren immer strukturell rechts orientiert (Livi & Jansen, 2023, S. 178f).Die Mehrheit der italienischen Gesellschaft war antikommunistisch, prokapitalistisch, katholisch und von konservativen Vorstellungen über die Familie, Geschlechterrollen und soziale Ordnung geprägt. Die Christlich-Demokratische Partei (DC, Democrazia Cristiana), die in der Ersten Republik dominierte, integrierte eine breite konservative Mittelschicht, die sich als antikommunistisch verstand und einem autoritären traditionellen Katholizismus anhing. Diese Schicht bildete die Grundlage für Berlusconis Aufstieg in den 1990er Jahren. So entstand eine neue konservative Rechte. Berlusconi mobilisierte eine bis dahin politisch unsichtbare konservative Strömung in der Gesellschaft, die im Hintergrund agierte (ebd.).Mit 43 Prozent der Stimmen ist die Koalition nicht weit von ähnlichen Prozentsätzen entfernt, die Mitte-Rechts-Koalitionen in den neunziger Jahren oder bei den Wahlen 2001, 2006 und 2008 erzielt haben. Die konservativen Parteien genießen in Italien mehr Unterstützung als die progressiven, und wenn diese aus allgemeinen Wahlen als Sieger hervorgehen, dann vor allem infolge von Spaltungen innerhalb der rechtsgerichteten Parteien (POP, 2023).Neben ihrer eigenen Partei, die bei den Wahlen 26 Prozent der Stimmen erhielt, gehören zur Regierungskoalition der Premierministerin zum einen die Lega, Matteo Salvinis Partei, die mit fremdenfeindlichen und separatistischen Ansichten bis 2018 als Lega Nord bekannt war. Zum anderen die liberal-populistische Partei von Ex-Premier Silvio Berlusconi, Forza Italia. Die Lega kam auf 8,8 Prozent, gefolgt von der Forza Italia mit 8,1 Prozent (Feldbauer, 2023, S.7). Aufgrund der besonderen Regeln des italienischen Wahlrechts verfügen diese drei Regierungsparteien über breite Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments, der Camera und dem Senato (Livi & Jansen, 2023, S.169). Neben der Berufung ihres Schwagers hat die italienische Ministerpräsidentin auch ihre Schwester in die Führungsebene ihrer Partei geholt. Melonis ältere Schwester, Arianna, ist nun verantwortlich für das politische Sekretariat. Ihr Ehemann, Francesco Lollobrigida, Landwirtschaftsminister und Mitglied der FdI, gilt als enger Vertrauter von Meloni (Ventura, 2022, S. 3).Laut Tronconi und Baldini (zit. nach POP, 2023) liegt der interessante Aspekt darin, dass sich die FdI innerhalb der rechten Parteien durchsetzte. Dies könnte vor allem damit begründet werden, dass die Forza Italia eine schon lange schwindende Partei sei, während die Positionen von FdI und Lega in den wesentlichen Punkten übereinstimmen. Dazu gehören feindselige Haltungen gegenüber Migration, die Verteidigung traditioneller Werte, die Unterstützung der wirtschaftlichen Interessen zahlreicher italienischer Kleinunternehmen, der Schutz der traditionellen Familie vor einer angeblichen "Gender-Theorie", die darauf abziele, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu verwischen oder auszulöschen, und die vertikale Abgrenzung zur EU in Form von Skepsis bzw. offener Feindseligkeit gegenüber dem europäischen Integrationsprojekt. Allerdings habe die Persönlichkeit von Giorgia Meloni im Vergleich zu Matteo Salvinis abnehmender Führungsstärke sowie die Glaubhaftigkeit und Beständigkeit der Partei der FdI 2022 den entscheidenden Vorteil gebracht. Salvini habe sich im Vergleich zu Meloni in der Vergangenheit auf Koalitionen, wie zum Beispiel mit der Fünf-Sterne-Bewegung eingelassen, die nicht besonders gut bei den rechten italienischen Wähler:innen ankamen. Meloni war und ist jedoch innerhalb des Rechts-Bündnisses eine überzeugte Hardlinerin (Feldbauer, 2023).WählerschaftDie Partei von Giorgia Meloni übte vor allem eine Anziehungskraft auf ehemalige Lega-Wähler:innen aus, aber auch Wähler:innen der Forza Italia bekundeten Interesse an der FdI. In soziodemografischer Hinsicht ist festzustellen, dass FdI-Anhänger:innen in der Altersgruppe von 50-64 Jahren überrepräsentiert, in der jüngsten Altersgruppe (18-34 Jahre) unterrepräsentiert waren. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass jüngere Wähler:innen ihre Proteststimme eher der Fünf-Sterne-Bewegung ohne postfaschistische Vergangenheit gaben. Die Partei erhielt Unterstützung von verschiedenen Berufsgruppen wie Handwerker:innen, Händler:innen, Selbstständigen sowie Angestellten und Lehrkräften, also weitgehend der (unteren) Mittelschicht.Die geografische Verteilung der Wählerschaft der FdI zeigt nicht nur - wie anfangs in der Parteigeschichte - eine starke Präsenz im Süden Italiens, sondern auch eine landesweite Verbreitung. Die Wählerschaft weist migrationsfeindliche und europaskeptische Tendenzen auf, insbesondere bei langjährigen Anhänger:innen. Neu gewonnene Wähler:innen zeigen eine populistische und anti-elitäre Haltung, bei der die Ablehnung von Migration eine große Rolle spielt (Ventura, 2022, S. 5).Migrationspolitik als Kernthema Bei den Parlamentswahlen stand die Migrationspolitik im Fokus. Es bestanden Bedenken, die neue Regierung unter der Führung der FdI könne in der Asyl- und Migrationspolitik einen äußerst restriktiven und sogar illegalen Weg einschlagen. So hatte Meloni für ihr Amt mit dem Ziel kandidiert, der "illegalen" Einwanderung nach Italien Einhalt zu gebieten. Es wurde auch über die mögliche Errichtung einer Seeblockade vor Nordafrika sowie die Einrichtung von Hotspots auf afrikanischem Territorium diskutiert (Angeli, 2023, S. 4f). Durch ihre Forderungen in der Opposition konnte sie das Thema Migration für sich gewinnen. Dennoch ist die Verwirklichung politischer Versprechen im Wahlkampf und ihre Umsetzung in konkrete Politik keineswegs als selbstverständlich anzusehen. Im Zuge der sogenannten "Flüchtlingskrise" bestimmten nativistische und souveränistische Motive die Haltung der Partei zur Migration. Die auf dem Parteitag 2017 verabschiedeten programmatischen "Thesen von Triest für die patriotische Bewegung" stellten die Migration als existenzielle Bedrohung für den Fortbestand der europäischen Nationalstaaten dar. In diesem Zusammenhang fand auch die Verschwörungstheorie vom "großen Austausch" Eingang in das Parteiprogramm (Baldini et. al, zit. nach Angeli, 2023, S. 6). Die Partei warf der EU vor, aus demografischen Gründen ein "multikulturelles Prinzip" zu verfolgen, woraus angeblich eine Zustimmung zur unkontrollierten Einreise von Menschen aus anderen Kontinenten abgeleitet wurde (FdI, 2017, zit. nach Angeli, 2023, S. 6). Die Partei befürwortete restriktive Maßnahmen im Zusammenhang mit legaler Zuwanderung. Diese sollten nur für Staatsangehörige möglich sein, die sich problemlos integrieren könnten, ohne Sicherheitsprobleme zu verursachen. Dabei wurde die Bedeutung des Grenzschutzes besonders betont, der mit dem Schutz des "Vaterlandes" gleichgesetzt wurde. Die FdI schlugen drastische Maßnahmen, wie eine internationale "Landmission" vor, die Kontrolle über die Häfen übernehmen sollte, sowie die Möglichkeit einer Seeblockade. Der Schwerpunkt lag dabei auf Nationalitäten, die weniger bereit seien, die Gesetze und die Kultur zu akzeptieren, insbesondere wurden damit Muslim:innen gemeint. Darüber hinaus wurde zum ersten Mal die Einrichtung von Hotspots in Nordafrika zur Prüfung von Asylanträgen vorgeschlagen, verbunden mit der Absicht, das Recht auf "humanitären Schutz" abzuschaffen. Die programmatische Entwicklung der Partei im Bereich der Migrationspolitik war von zwei konträren Tendenzen geprägt. Einerseits stand die Partei unter dem Druck, sich dem Mitte-Rechts-Bündnis anzupassen, was zu einem einheitlichen Programm für die Parlamentswahlen 2018 führte, welches jedoch nicht die radikalsten migrationspolitischen Positionen enthielt. Andererseits sorgte die Konkurrenz innerhalb des Rechtsbündnisses für einen Differenzierungsbedarf insbesondere in der Migrationspolitik. Hier konkurrierten die FdI und die Lega darum, sich als die restriktivere und migrationsfeindlichere Partei zu präsentieren (Angeli, 2023, S. 6f).Die FdI hob zunehmend ihr Alleinstellungsmerkmal durch die kompromisslose Verteidigung der italienischen Interessen hervor, insbesondere durch die häufige Verwendung von "Italians first". Dieser Slogan implizierte einen Wettbewerb zwischen Italiener:innen und Menschen mit Migrationshintergrund und wurde zur Rechtfertigung diskriminierender Maßnahmen verwendet (Ventura, 2022). Im Wahlprogramm für die Europawahl 2019 wurde der Vorrang der italienischen Bevölkerung hervorgehoben und normativ untermauert (ebd.). Das Wahlprogramm für die Parlamentswahlen 2022 markierte eine Abkehr von der Radikalisierung der Partei in der Migrationspolitik, die in den vergangenen Jahren zu beobachten war. Stattdessen kehrte die FdI zu einer sicherheitspolitisch motivierten Migrationsskepsis zurück, ähnlich wie im Wahlmanifest von 2013. Im Gegensatz zu früheren Positionen betonte das Manifest nicht mehr den Grundsatz "Italians first", der das Primat der italienischen Identität und Interessen in der Migrationspolitik hervorhob. Stattdessen verfolgte das Programm einen nüchternen Ansatz zur Migration, ohne aggressive oder aufrührerische Sprache. Dies deutet darauf hin, dass die Partei realistische und machbare Ansätze für eine geregelte Einwanderung und soziale Integration formulieren wollte (Angeli, 2023, S. 6f). In ihrer ersten Regierungserklärung schlug Meloni einen versöhnlichen Ton an, auch in Bezug auf das Thema Migration. Es gab kaum nativistische Elemente. Zwar betonte sie die strategische Rolle Italiens im Mittelmeerraum, doch die Verhinderung irregulärer Einwanderung wurde vor allem mit juristischen oder humanitären Gründen gerechtfertigt, etwa um Schiffbrüche oder Menschenhandel zu verhindern (ebd.).Melonis migrationspolitische Maßnahmen und Entscheidungen in den letzten 12 Monaten könnten auf einen pragmatischen Umschwung hindeuten. Diese Annahme ist jedoch mit Vorbehalten behaftet. Die Entwicklung des migrationspolitischen Programms der FdI zeigte bereits vor den letzten Parlamentswahlen eine Mäßigung bzw. "Entradikalisierung" (Angeli, 2023, S. 9). Das Wahlprogramm 2022 betonte die Förderung der legalen Migration und verstärkte diplomatische Bemühungen mit Herkunfts- und Transitländern irregulärer Migranten. Dennoch hat Meloni wenig getan, um der Kriminalisierung von NGOs entgegenzuwirken, die Rettungsschiffe für Asylsuchende betreiben. Sie argumentiert, diese Schiffe seien ein "Pull-Faktor", der die illegale Migration begünstige. Meloni hat sogar strenge Bedingungen für Rettungsaktionen von NGOs eingeführt, um die Ressentiments ihrer Anti-Migrations-Wählerschaft zu befriedigen. Es bleibt abzuwarten, ob die steigende Zahl von Geflüchteten, die das Mittelmeer überqueren, Meloni dazu veranlassen werden, radikalere Maßnahmen zu ergreifen, um sich die Unterstützung ihrer Anti-Migrations-Wählerschaft zu sichern. Erste Anzeichen für einen Umschwung gab es Mitte September, als Melonis Kabinett unter dem Druck negativer Schlagzeilen eine Verschärfung der Maßnahmen beschloss, darunter die Erhöhung der Höchstdauer der Abschiebehaft und die Einrichtung spezieller Abschiebegefängnisse durch das Militär in dünn besiedelten Regionen des Landes (Angeli, 2023, S. 10).Die politikwissenschaftliche Forschung hat in jüngerer Zeit wiederholt die Diskrepanz zwischen rechtspopulistischen Migrationsdiskursen und der tatsächlichen Migrationspolitik untersucht (Lutz, 2021). Demnach komme es öfters zu Mäßigungen, sobald Rechtspopulisten an der Regierung beteiligt seien. Die Ausprägung dieser Mäßigung kann jedoch stark variieren und von vielen Faktoren beeinflusst werden. Unter anderem sind sie als Regierungspartei institutionellen Zwänge unterworfen, die ihr politisches Agieren limitieren. Aber auch die Notwendigkeit, die bestehenden Verfassungsorgane zu bewahren, veranlasst sie oft dazu, sich von ihren radikalsten Ansätzen im Bereich der Migrationspolitik zu distanzieren. Darüber hinaus stehen rechtspopulistische Parteien vor der Aufgabe, neben ihren eigenen Anhänger:innen auch breitere Gesellschaftsschichten und die Eliten für ihre Ziele zu gewinnen. Aus diesem Grund könnten sie ihre Migrationspolitik entsprechend umgestalten, um weitere wichtige Interessengruppen zu erreichen. Schließlich kann auch internationaler Druck zu einer Kursänderung rechtspopulistischer Parteien führen. Bei der italienischen Regierung betrifft dies vor allem die EU, die finanzielle Hilfe als Druckmittel zur politischen Einflussnahme nutzen kann (Angeli, 2023, S. 4). Das Thema Migration war für die FdI von Anfang an ein zentrales Wahlkampfthema. Allerdings ist diesem Thema nur einer von insgesamt 25 Abschnitten im Wahlprogramm von 2022 gewidmet. Dennoch sollte die Bedeutung dieses Abschnitts keineswegs unterschätzt werden. Die "Gefahr" der irregulären Migration hat der Partei zu politischer Sichtbarkeit verholfen, insbesondere aufgrund des gestiegenen Interesses der italienischen Öffentlichkeit am Thema Migration seit 2013. Der Umgang der Partei mit dem Thema spiegelt somit die Radikalisierungs- und Mäßigungstendenzen wider, welche sie während der letzten zehn Jahre erfahren hat (Angeli, 2023, S. 5f). In einem Artikel mit dem Titel " Das schwarze Jahr " kritisierte die Zeitung "La Repubblica" die Migrationspolitik von Giorgia Meloni als gescheitert. Meloni selbst gab in einem Interview mit der RAI zu, dass die erzielten Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen. Daraufhin kündigte sie erneut härtere Maßnahmen an, darunter die Verlängerung der möglichen Abschiebehaft auf die EU-Höchstdauer von 18 Monaten und den Bau weiterer Abschiebezentren. Sie forderte die Vereinten Nationen auf, den Menschenhändler:innen einen "globalen Krieg" zu erklären (ZEIT ONLINE, 2023).Wirtschafts- und SozialpolitikBesonders frauenpolitische Themen spielten eine wichtige Rolle in und für Melonis Partei. Es wird davon ausgegangen, dass die Parteivorsitzende Meloni eine wichtige Rolle für die weibliche Wählerschaft spielt. Sie setzt sich für einen Imagewandel der männerdominierten Partei ein und engagiert sich insbesondere für Frauen und Mütter, zumindest im Hinblick auf den Schutz vor potenziellen "Bedrohungen", wie dem Zuwachs an Migration, der Islamisierung und sozialer Unsicherheit, wie von der Kommilitonin Schmidt bereits beschrieben wurden (Feo & Lavizzari, 2021, S. 13). Zusätzlich engagiert sie sich entschlossen in der Verteidigung der Frauenrechte, wobei der Fokus jedoch auf anti-immigrationspolitischen Zielen liegt. In Bezug auf frauenrelevante Themen hat Giorgia Meloni niemals ihre anti-abtreibungsorientierten Überzeugungen verschleiert. Diese basieren auf ihrem katholischen Glauben sowie persönlichen Erfahrungen. In ihrer Biografie wird dargelegt, dass ihre Mutter in Erwägung zog, die Schwangerschaft abzubrechen (Meloni, 2021, zit. nach De Giorgi et. al, 2022). Meloni strebt vor allem eine breite Unterstützung in katholischen Kreisen an, indem sie sich gegen Abtreibung und Leihmutterschaft aussprach. Nachdem sie dort jedoch auf erheblichen Widerstand stieß, versuchte sie ihre Position zu mildern, indem sie betonte, das Recht auf Abtreibung nicht abschaffen zu wollen. Im Unterschied dazu blieb sie gegenüber Homosexuellen und sexuellen Minderheiten unverändert kompromisslos (Feldbauer, 2023, S. 70)."Wir wollen eine Nation, in der es kein Skandal mehr ist, zu sagen, dass – unabhängig von legitimen Entscheidungen und Neigungen jedes einzelnen – wir alle geboren sind durch einen Mann und eine Frau. Eine Nation, in der es kein Tabu mehr gibt. Es heißt, dass es die Mutterschaft nicht zu kaufen gibt, dass die Gebärmutter nicht zu mieten ist, dass Kinder keine Produkte sind, die man aus dem Regal kauft, als wäre man im Supermarkt. Wir wollen neu beginnen beim Respekt der Würde." (Meloni, 2022, zit. nach Seisselberg, 2023)Wie aus dem Zitat hervorgeht, betont die Politikerin ausdrücklich ihre Unterstützung der sogenannten natürlichen Familie, um die traditionellen Werte zu bewahren. Mit der Verteidigung dieser Werte und dem klassischen Vater-Mutter-Kind-Bild erfolgt eine Ablehnung der LGBTQ+-Gemeinschaft, die von Meloni als "LGBT-Lobby" bezeichnet wird (De Giorgi et. al, 2022). Die Ministerpräsidentin zeigt kein Interesse an einer feministischen Agenda, sondern strebt weiterhin ein traditionelles Familienmodell an (POP, 2023). Frauenrechte und Geschlechtergleichheit wurden von Meloni und ihrer Partei mehr für femonationalistische Argumente instrumentalisiert (De Giorgi et. al, 2022).In wirtschaftspolitischer Hinsicht herrscht in Italien eine Unzufriedenheit, da verschiedene Wahlversprechen nicht umgesetzt wurden. Dies ist auf das Schrumpfen der italienischen Wirtschaft im zweiten Quartal sowie der hohen Inflation zurückzuführen. Zudem wurde noch kein Mindestlohn eingeführt. Die Regierung unter Giorgia Meloni wurde auch dafür kritisiert, dass knapp 170.000 Menschen per SMS darüber informiert wurden, dass sie ab sofort keinen Anspruch mehr auf die Sozialleistung reddito di cittadinanza, auch Bürgergeld genannt, haben. Dies wurde von Gewerkschaften als "soziale Bombe" bezeichnet (ZEIT ONLINE, 2023). Es sei jedoch absehbar gewesen, dass die Umstrukturierung des Staatshaushalts wesentlich auf Kosten der ärmeren Bevölkerung erfolgen würde. Dennoch glaubten die meisten Menschen, dass die postfaschistische Regierung in den Augen der Weltöffentlichkeit nicht so weit gehen würde, wie ihre Rhetorik des "Runter vom Sofa" suggerierte, mit der sie ihren Geldgebern in Industrie, Landwirtschaft und Tourismus billige Arbeitskräfte zur Verfügung stellen wollten (Seeßlen, 2023).EU und Außenpolitik Der Zuwachs an Migration wurde von Meloni vor allem dazu genutzt, um das Thema der irregulären Migration auf die europäische Tagesordnung zu setzen. Sie war auch maßgeblich am Zustandekommen des Europäischen Migrationspaktes beteiligt, gegen den Widerstand ihrer einstigen Verbündeten aus Polen und Ungarn. Durch diese diplomatischen Bemühungen wird Meloni nun nicht mehr als internationale Außenseiterin in Bezug auf die europäische Migrationspolitik betrachtet. Im Gegensatz zu einigen früheren Verbündeten, wie Viktor Orbán, steht sie nicht mehr auf der Seite der Visegrád-Staaten (Angeli, 2023, S. 8f). Melonis Wandlung zu einer gemäßigten Politikerin findet nicht nur national, sondern auch im internationalen Kontext innerhalb und außerhalb der EU statt. Trotz ihrer Position als Präsidentin der EU-Parlamentsgruppe der Europäischen Konservativen und Reformer (ECR) hat Meloni ihre frühere euroskeptische Haltung zurückgefahren. Die Entscheidung, von der Leyen in Rom zu empfangen, wird als Versuch der Anbahnung einer Zusammenarbeit zwischen der ECR (unter Melonis Führung) und der Europäischen Volkspartei (EVP) bewertet. Die FdI hat einen moderaten Kurswechsel von radikalen Positionen gegenüber der EU hin zur Mitte vor den Wahlen 2022 vollzogen. Ziel dieses Kurswechsels sei der Aufbau eines guten Rufs im Ausland und die Sicherung vorteilhafter internationaler Abkommen (Griffini, 2023). Giorgia Meloni hat ihre gemäßigte politische Ausrichtung durch das Einhalten ihres Wahlversprechens im Hinblick auf Atlantizismus und Unterstützung für die Ukraine gegenüber dem russischen Eindringling weiter gestärkt. Ihre diplomatischen Beziehungen zur Ukraine und das Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew untermauern dies. Im Gegensatz zu Salvini, der im Bezug auf die russische Invasion in der Ukraine uneindeutige Standpunkte vertrat, zeigte sich Meloni klar positioniert. Der Unterschied in ihrer Haltung zum Krieg in der Ukraine führte zu Spannungen innerhalb der Regierungskoalition und betonte Melonis gemäßigte Position in dieser Angelegenheit (ebd.). Manche sagten für Italien einen heißen Herbst voraus, aber nicht in Hinblick auf die außenpolitische Lage. Meloni verfolgte in diesem Bereich einen äußerst pragmatischen Ansatz. Der schrille Ton des Wahlkampfes, in dem sie die EU für fast alle Probleme verantwortlich gemacht hat, ist vorbei. Das hat auch mit der prekären Finanzlage des Staates zu tun, denn Italien braucht dringend die fast 200 Milliarden Euro, die ihr von der EU zur Bewältigung der Folgen des Coronavirus versprochen wurden (ZEIT ONLINE, 2023).Meloni in den Medien"Melonis Politik, anders als die einiger ihrer Vasallen, besteht auch darin, die innere Faschisierung nicht allzu sehr als ein internationales lesbares Bild zu präsentieren. Die Giorgia Meloni, die erscheint, wo man unter sich ist, und die Giorgia Meloni, die vor internationalen Kameras spricht, unterscheiden sich gewaltig" (Seeßlen, 2023).Durch die Stärkung des Kerns der Partei ist es Meloni gelungen, mit einem breiteren Publikum zu interagieren, wobei ihr geschickter Einsatz von Social-Media-Plattformen eine Schlüsselrolle spielte. Dies führte dazu, dass sie als das neue Gesicht der italienischen Politik wahrgenommen wird. Ihre einzigartige Position als erste weibliche Ministerpräsidentin in Italien hat zweifellos dazu beigetragen. Außerdem hat sie bewiesen, dass sie in der Lage ist, die Herausforderungen zu meistern, mit denen populistische Politiker:innen konfrontiert sind (POP, 2023).Der Erfolg der FdI wäre ohne die entschlossene und konsequente Führungsperson, die dem Volk sehr nahe steht, unvorstellbar. Durch ihre Ansprachen an das Volk im römischen Dialekt kommt sie den Italiener:innen sehr nahe. Schon kurz nach der Gründung und dem Vorsitz der FdI war die charismatische Führerin ein gern gesehener Gast in den wichtigsten Talkshows. Sie zeichnete sich durch Jugend, Attraktivität, Selbstbewusstsein, außergewöhnliche Eloquenz und eine kompromisslose Haltung aus und scheute keine Konfrontation. Man kann behaupten, Meloni brachte frischen Wind ins Fernsehen und erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit in diesem Medium (Ventura, 2022, S.6).Im Laufe der Zeit hat ihre Medienpräsenz stetig zugenommen, insbesondere in den letzten Jahren, als sie eine immer bedeutendere Funktion im Mitte-Rechts-Lager einnahm. Meloni macht ausgiebigen Gebrauch von sozialen Medien wie Facebook, Twitter und Instagram, in denen sie ihre politischen Inhalte darstellt und gleichzeitig ihr öffentliches Image zu pflegen versucht. Unter den italienischen Politiker:innen war sie Vorreiterin bei der Einrichtung eines Instagram-Profils. Darauf veröffentlichte sie in erster Linie Bilder, die Botschaften von Stärke und Entschlossenheit vermitteln und in der Popkultur verwurzelt sind. Parallel dazu zieht sie informative, institutionelle und ereignisbezogene Nachrichten vor (Moroni, 2019).Bis vor wenigen Jahren versuchte Meloni, ihr Privatleben aus der Öffentlichkeit weitestgehend herauszuhalten. Doch in letzter Zeit begann sie damit, ihr Privatleben zu inszenieren und sehr persönliche Einblicke zu gewähren, was auch als "intimate politics" beschrieben werden kann. Vor allem in ihrer 2021 erschienenen Autobiografie präsentiert sie sich als Tochter, Mutter und Partnerin. Diese Inszenierung wird von den Medien in zahlreichen Interviews und im Fernsehen aufgegriffen, wobei vor allem Infotainment- und Unterhaltungssendungen erneut die Aufmerksamkeit auf Melonis Pop- und Privatseite lenken. Dabei geraten viele der eigentlichen politischen Botschaften des Buches in den Hintergrund (Ventura, 2022, S. 6).Auf ihrem Popkanal präsentiert Giorgia Meloni ein attraktives Bild von sich selbst, das ihre kulturellen und politischen Ansichten in den Hintergrund drängt. Diese Ansichten spiegeln u.a. ein ambivalentes Verhältnis zum italienischen Faschismus und Postfaschismus wider. Laut Ventura (2022, S. 6) propagiert sie die Idee einer illiberalen und organisierten Gesellschaft, die auf einer reaktionären Auslegung der individuellen Rechte beruht, wobei das Individuum stets der Familie und der Gemeinschaft verpflichtet ist. Sie vertritt auch einen essentialistischen und ethnozentrischen Nationalismus und relativiert die Werte, die nach dem Sieg über den nationalsozialistischen Totalitarismus entstanden sind. Trotz ihres reaktionären Weltbildes, welches einen stark vereinfachenden Gegensatz zwischen Volk und Elite sowie eine verschwörungstheoretische Interpretation der Realität beinhaltet, kann ihre Kommunikation als erfolgreich bewertet werden (ebd.).Die laufende Legislaturperiode erstreckt sich über weitere vier Jahre, was normalerweise keine typische Amtszeit für italienische Regierungschefs ist. Diese Ausdauer wird der Rechtsnationalistin jedoch zugute gehalten. Berichte über die verschiedenen Angriffe der Regierung auf die Pressefreiheit zeigen auf, dass es Verleumdungsklagen und Versuche gibt, die öffentliche Rundfunkanstalt RAI auf Linie zu bringen, indem sie ihre eigenen Leute in der Leitung beruft und kritische Programme streicht (Braun, 2023). Sie habe den staatlichen Fernsehsender RAI weitgehend unter ihre Kontrolle gebracht. Einige Leute würden bereits über "Tele-Meloni" spotten, allerdings stellen Privatsender keine große Bedrohung dar, da viele von ihnen der Familie von Silvio Berlusconi gehören (ZEIT ONLINE, 2023). Ein weiteres Beispiel dafür ist die Streichung des Programms des prominenten Anti-Mafia-Journalisten und Aktivisten Roberto Saviano (Braun, 2023).Melonis Umgestaltung hat für die Frage nach der Kontinuität, Mäßigung oder Radikalisierung der Partei in der Regierung eine doppelte Bedeutung. Einerseits zeigt Meloni ihre "Nähe zum Volk", was ein typisches Merkmal populistischer Parteien ist. Auf diese Weise betont sie ihre anti-elitäre und volkszentrierte Haltung, die seit der Gründung der FdI besteht. Auf der anderen Seite zeichnet sich ihre Rhetorik durch eine bürgerliche Aura aus, die durch Werte wie den Respekt vor der EU, der Rechtsstaatlichkeit, der nationalen Sicherheit und den Rechten der Frauen unterstrichen wird. Diese Betonung von Gewöhnlichkeit und Bürgersinn verbirgt jedoch radikalere ideologische Aspekte der neuen Regierung unter Meloni. Es handelt sich um eine Strategie, die darauf abzielt, eine bürgerliche Fassade zu schaffen. Diese Strategie ist von radikalen populistischen Rechtsparteien in Europa als Versuch bekannt, Ideologie und Politik zu mäßigen und sich selbst in führende Machtpositionen zu bringen (Griffini, 2023).Deutlicher Rechtsruck?"Es hätte schlimmer kommen können" – so lautete nicht nur der Titel eines Beitrags im Deutschlandfunk Kultur über das erste Jahr von Giorgia Meloni als Regierungschefin in Italien. Dieser Tenor stand im Mittelpunkt vieler Analysen zu ihrem Jahrestag als Ministerpräsidentin. In zahlreichen Medien wurde bezeugt, dass sie sich in ihrem ersten Amtsjahr weitaus gemäßigter verhalten hat als erwartet. "Die gefährlichste Frau Europas" sei sie keinesfalls (Seisselberg & Kolar, 2023, zit. nach Galetti, 20230). Die Grundaussage war, dass die Faschisten nicht so besorgniserregend seien wie befürchtet. Es scheint, als hätte Giorgia Meloni den inneren Frieden in Italien bisher nicht gefährdet und als bleibe das Land eine "stabile" parlamentarische Demokratie mit intakten Institutionen. Insbesondere in grundlegenden Bereichen wie der Außenpolitik und der Wirtschaft wird betont, dass Melonis Regierung nicht als Bedrohung für die Europäische Union gesehen wird. Die bisherige Amtszeit Melonis wird als eher konventionelles Regieren bezeichnet (Reisin, 2023). Sie sei "gekommen, um zu bleiben" und innerhalb weniger Monate zu einer "festen Größe" geworden (ZEIT ONLINE, 2023).Andere Journalist:innen sind jedoch der Meinung, dass die Gefahr in den Details liege. Sie argumentieren, dass Meloni sehr geschickt agiere und es fraglich sei, ob sich ihre politische Haltung überhaupt geändert habe (Reisin, 2023). Seeßlen (2023) warnt davor, Italien als eine Demokratie mit einer rechten Regierung zu betrachten. Stattdessen beschreibt er das Land als einen Ort, an dem die Verbindung von neoliberaler Postdemokratie und funktionalem Postfaschismus exemplarisch erprobt werde. Die Gesamtheit dieser Transformation könnte übersehen werden, da es der Regierung unter Meloni noch gelingt, nicht alle Aspekte ihrer Machtübernahme deutlich erkennbar zu machen. Die Rhetorik von Populisten ist bekanntermaßen darauf ausgerichtet, extreme Positionen vor der allgemeinen Öffentlichkeit zu verbergen. Auch das kommunistische Online-Portal Contropiano (zit. nach Feldbauer, 2023, S. 81) hat vor der Gefahr gewarnt, Meloni zu unterschätzen, da sie ihr reaktionäres Weltbild mit rechtsextremen, nationalistischen, fremdenfeindlichen und homophoben Positionen gegenüber der EU mit der Inszenierung als vernünftige und verantwortungsbewusste Politikerin kaschiere. Die Frage nach einem möglichen Rechtsruck in Italien wird kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite wird der Wahlsieg Melonis als Teil einer allgemeinen europäischen Tendenz hin zum rechten Spektrum gedeutet. Auf der anderen Seite wird betont, dass die Regierung unter Meloni eine gewisse Kontinuität mit den politischen Entwicklungen der letzten 30 Jahre in Italien aufweist und somit nicht als radikaler Neuanfang zu interpretieren ist. Melonis Erfolg wurde vor allem auch durch die Enttäuschung über etablierte politische Figuren begünstigt (Livi & Jansen, 2023).FazitAls Giorgia Meloni mit ihrer postfaschistischen Partei Fratelli d'Italia die Wahlen gewann, stellte sich in ganz Europa die Frage, wie mit ihr umgegangen werden sollte. Ob diese Frage nun vollständig geklärt ist, erscheint ungewiss. Für viele macht Meloni bisher jedoch einen relativ gemäßigten Eindruck. Die Zusammenarbeit mit der EU wirkt jedoch eher zweckorientiert als von tiefer Überzeugung getragen. Obwohl Meloni eine pro-europäische Haltung einnimmt, kann man sie nicht uneingeschränkt als überzeugte Verfechterin der EU bezeichnen. Während sie eine gemäßigte Außenpolitik verfolgt, engt sie im Inneren die Freiheit der Medien ein, limitiert die Rechte von Minderheiten und stellt die Elternschaft gleichgeschlechtlicher Eltern in Frage. Trotz der Befürchtungen über eine mögliche Radikalisierung der FdI deuten die gegenwärtigen Anhaltspunkte in eine andere Richtung. Angesichts dieser Erkenntnisse lässt sich ableiten, dass die FdI zweifellos als populistisch-radikale Rechtspartei agiert, die zur Mäßigung tendiert. Weite Teile zeigen die Kontinuität der Partei mit den Wahlaussagen von 2022, obwohl einige Schwankungen in Richtung Radikalisierung erkennbar sind. Es bleibt abzuwarten, ob sie diesen gemäßigten Ansatz in der Migrationsdebatte langfristig beibehalten wird, oder ob sie angesichts der steigenden Zahlen von Geflüchteten zu einer aggressiveren Rhetorik und Politik zurückkehrt. Obwohl eine Legislatur auf dem Papier fünf Jahre dauert, liegt die durchschnittliche Dauer italienischer Regierungen bei 18 Monaten (Siefert, 2023). Die Prognosen bezüglich Melonis politischer Zukunft sind vorsichtig optimistisch, wobei einige spekulieren, dass sie eine längere Amtszeit haben und sogar zur Galionsfigur der "neuen Rechten" in Europa werden könnte. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass sich solche Vorhersagen als irreführend erweisen können (ZEIT ONLINE, 2023).Insgesamt scheint es, als fehle es in Italien an Diskursen und Ideen sowie Kraft für Widerstand. Die italienische Gesellschaft, die aus widersprüchlichen Lagern der Linken und der katholischen Gemeinschaft sowie aus den nördlichen, mittleren und südlichen Teilen besteht, ist zersplittert. Von der Opposition kommt wenig Kritik an der aktuellen Regierung und es scheint, als ob ihr die Herausforderungen, vor denen Italien steht, noch weniger zugetraut werden. Bei vielen sozialen Fortschritten der letzten Jahre, einschließlich der Errungenschaften im Kampf gegen die Mafia, der Bekämpfung von Steuerhinterziehung oder auch Maßnahmen gegen Verfall von Bildung und Infrastruktur deutet sich ein Rückschritt an. Der Weg in Richtung einer offenen und toleranten Gesellschaft wird unter Melonis Führung stark gehemmt. Mit der Postfaschistin an der Macht wird in Italien eine rückwärtsgerichtete Umkehr angestrebt, ganz im Sinne eines reaktionären Katholizismus. Literatur Angeli, O. 2023: Giorgia Meloni und die Migrationsfrage. Rückblick auf ein Jahr Regierung, MIDEM-Policy Paper 2023-4, Dresden. Baker, K. & Palmieri, S. (2023). Können weibliche Politiker die gesellschaftlichen Normen der politischen Führung stören? Eine vorgeschlagene Typologie des normativen Wandels. International Political Science Review, 44(1), 122–136. https://doi.org/10.1177/01925121211048298 Brandl, L. & Ritter, A. (2022). 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Auf dem Grat zwischen Mäßigung und Radikalisierung: Die ersten 100 Tage der Meloni-Regierung. Quaderni dell Osservatorio elettorale QOE - IJES. https://doi.org/10.36253/qoe-14413 Latza Nadeau, B. (2018): Femme Fascista: Wie Giorgia Meloni zum Star der extremen Rechten Italiens wurde, in: World Policy Journal, 35, 2, 2018. Livi, M. & Jansen, C. (2023). Giorgia Meloni und der Rechtsruck in Italien: Eine Analyse fünf Monate nach der Wahl. Leviathan, 51(2), 169–185. https://doi.org/10.5771 /0340-0425-2023-2-169 Lutz, Philip (2021): Neubewertung der Gap-Hypothese: Hartes Reden und schwaches Handeln in der Migrationspolitik? In: Party Politics, 27(1), S. 174–186. Verfügbar unter: https://doi. org/10.1177/1354068819840776Moroni, C. (2019): La politica si fa immagine: la narrazione visual del Leader politico, in: H-ermes. Zeitschrift für Kommunikation, 15. 2019.Oliviero, A. (2023). Giorgia Meloni und die Migrationsfrage. 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