Der Beitrag beschäftigt sich mit den Ausprägungen von Governance in der Transformation des Staates. Mit dem Begriff Transformation sind grundlegende Veränderungen von institutionellen Strukturen gemeint, die über Veränderungen von Aufgaben oder Arten der Aufgabenerfüllung hinausgehen. Zunächst werden die institutionellen Merkmale des Nationalstaates geklärt. In den weiteren Abschnitten werden die Prozesse der Transformation des Staates zu Beginn des 21.Jahrhunderts, Grenzprobleme des Staates, Konsequenzen grenzüberschreitender Governance-Formen für die Demokratie, Governance in der Bürokratie sowie Fragen der Verfassungspolitik angesprochen. (GB)
"Mit dem jüngsten Schub der Globalisierung wurde die Frage nach der inneren und äußeren Souveränität des Nationalstaates neu gestellt. Die Debatte über die Lage und Zukunft nationalen Regierens zeigte sich in den 1990er Jahren durchweg polarisiert: Während aus globalisierungstheoretischer Sicht die staatliche und damit territorial begrenzte Politik als nicht mehr vereinbar galt mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entgrenzungsprozessen, die die Globalisierung mit sich brachte, hielt man aus globalisierungsskeptischer Sicht nicht nur an der Bedeutsamkeit des Nationalstaates fest, sondern sah ihn auch in seiner Autonomie nicht tangiert. Diese Positionen haben sich heute deutlich einander angenähert; die dichotom zugespitzte Frage nach der Zukunft des Nationalstaates gilt als überwunden. Der vorliegende Beitrag vollzieht die Entwicklung der Debatte über den 'Nationalstaat im Globalisierungsprozess' nach und gibt gleichzeitig einen Überblick über die aktuellen zentralen Forschungsfelder und Analysebereiche, die sich mit den Auswirkungen der weltwirtschaftlichen Globalisierungsprozesse auf die Nationalstaaten auseinandersetzen oder auf die Veränderungen der politischen Steuerungsfähigkeit des Staates in der globalisierten Welt blicken." (Autorenreferat)
Der Beitrag stellt aus politikwissenschaftlicher Perspektive die nationalstaatliche Grundlage der EU dar und untersucht diese dann hinsichtlich ihrer Tendenzen zur Kooperation und Zusammenschlüssen. So orientieren sich die Ausführungen an dem Argumentationsstrang der Auflösung bisheriger klassischer Legitimitätsmuster der Nationalstaaten. Dabei geht es allerdings nur sehr eingeschränkt um die Zukunft des Nationalstaates, viel mehr um seine normative Orientierung - ob nämlich Nationalstaaten sich selbst auch weiterhin als unauflösbar definieren und sich primär an ihren Eigeninteressen orientieren werden oder ob sie bereit sind, ihren eigenen politischen Bestand infrage zu stellen, ihre bisherigen nationalen Grenzen als auflösbar zu betrachten und den Staat nicht, wie im klassischen Nationalstaatsdenken, quasi als außerkonstitutionell vorgegebene sakrosankte Größe wahrzunehmen. Der Staat wird hier als Zweckorganisation gesehen und an seinen Leistungen gemessen - der Orientierung seiner Politik an den normativen menschenrechtlichen Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates und seiner weltbürgerlichen Substanz. Nation steht in diesem Zusammenhang für das Partikulare (kollektive Kultur), mit dem sich Nationalstaaten voneinander abgrenzen und legitimieren, Überwindung oder Ende des Nationalen hingegen für das weltbürgerliche normative Fundament der Republik, des modernen Verfassungsstaates, für universal gültige individuelle Menschenrechte und für die Ableitung der Bürgerrechte aus der Natur des Menschen. Allerdings werden die europäischen Staaten, die eine lange nationalstaatliche Tradition haben, nach Ansicht des Autors nur sehr langsam in ein vereintes republikanisches Europa hineinwachsen. Allein auf die Kraft der wirtschaftlichen Integration zu vertrauen, wäre aber falsch. Im Gegenteil, ein Europa, das nur durch wirtschaftliche Interessen zusammengehalten wird, in dem gleichzeitig aber die alten, nationalen Vorstellungen und Ordnungen bestehen bleiben, würde bei ökonomischen und politischen Krisen wieder auseinandergesprengt werden. Deshalb kann der Nationalstaat nur durch den Aufbau einer europäischen republikanischen Ordnung überwunden werden, damit die europäischen Grundwerte und freiheitlichen Ordnungen der Republik ihre Ausstrahlungskraft behalten. (ICG2)
Ausgehend von der Frage, ob die politischen Einheiten, die Staaten, die gegenwärtig das internationale System bilden, Bestand haben oder sich verändern werden, wird in dem Beitrag die Zukunft des Staatensystems in Westeuropa diskutiert. Am Beispiel von Europa wird gezeigt, daß die historisch geschaffene Verbindung von Nation und Staat noch lebendig ist. Dabei wird jedoch deutlich gemacht, daß der westeuropäische Nationalstaat nicht mehr in der Lage ist, äußere Sicherheit und wirtschaftlichen Wohlstand zu gewährleisten. Es wird diskutiert, welche Alternativen bestehen, wie eine neue effizientere Form staatlicher Organisation aussehen kann. Dazu werden verschiedene theoretische Modelle referiert und kritische hinterfragt, um dann die Frage zu erörtern, welche Rolle den Anforderungen der Gesellschaft, der Öffentlichkeit, für den Integrationsprozeß zukommt. Nach dieser theoretischen Erörterung der Konzepte wird an einem konkreten Beispiel - der Zusammenarbeit der westeuropäischen Staaten in der EG - das Spannungsfeld zwischen der Einsicht in die Notwendigkeit überstaatlicher Problemlösungsstrategien und ihrer Umsetzung in die Praxis beleuchtet. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, daß es von den europäischen Gesellschaften und ihren Anforderungen abhängt, welche Zukunft der europäische Nationalstaat hat. (RW)
In einem ersten Schritt werden die Begriffe "Staat" und "Nation" eingeführt sowie ein Überblick über einige wichtige Ansätze der historischen Soziologie zum Prozess der Nationalstaatsbildung gegeben. Darauf aufbauend wird die Rolle des Militärs in diesem Prozess bestimmt sowie die Herausbildung der zentralen Charakteristika der "nationalen Konstellation" beschrieben. Die Funktion der Streitkräfte im Prozess der äußeren und inneren Nationsbildung wird dabei ebenso beleuchtet wie die Einhegung des Militärischen im Zuge der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols sowie die verfassungs- und völkerrechtliche Einbindung der nationalen Armeen. Auf dieser Grundlage wird im dritten Abschnitt das Verhältnis von Nationalstaat und Militär nach dem Ende des Ost-West-Konflikts bestimmt und hinsichtlich der erwähnten Veränderungsprozesse in Richtung einer "postnationalen Konstellation" analysiert. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen dabei Aspekte der Verschiebung der Parameter des innerstaatlichen Verhältnisses von Militär und nationaler Identität, Staatsbürgerschaft und Demokratie sowie die Frage, ob sich im Außenverhältnis - also im Hinblick auf die internationalen Beziehungen sowie in Bezug auf Fragen der Einhegung von Gewalt - ein Paradigmenwechsel des bislang konstitutiven Zusammenhangs von Nation und Militär beobachten lässt. (ICE2)
Der Beitrag führt im ersten Teil in die Begriffe "Staat" und "Nation" ein und gibt einen Überblick über einige wichtige Ansätze der historischen Soziologie zum Prozess der Nationalstaatsbildung. Darauf aufbauend wird die Rolle des Militärs in diesem Prozess bestimmt sowie die Herausbildung der zentralen Charakteristika der "nationalen Konstellation" beschrieben. Die Funktion der Streitkräfte im Prozess der äußeren und inneren Nationsbildung wird dabei ebenso beleuchtet wie die Einhegung des Militärischen im Zuge der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols sowie die verfassungs- und völkerrechtliche Einbindung der nationalen Armeen. Auf dieser Grundlage wird im dritten Abschnitt das Verhältnis von Nationalstaat und Militär nach dem Ende des Ost-West-Konflikts beschrieben und hinsichtlich der gegenwärtigen Veränderungsprozesse in Richtung einer "postnationalen Konstellation" analysiert. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen dabei Aspekte der Verschiebung der Parameter des innerstaatlichen Verhältnisses von Militär und nationaler Identität, von Staatsbürgerschaft und Demokratie sowie die Frage, ob sich im Außenverhältnis - d.h. im Hinblick auf die internationalen Beziehungen sowie in Bezug auf Fragen der Einhegung von Gewalt - ein Paradigmenwechsel des bislang konstitutiven Zusammenhanges von Nation und Militär beobachten lässt. (ICI2)
"Europa wächst ökonomisch mehr und mehr zusammen. Der EG-Binnemarkt ab 1993 ist ein weiterer, folgenreicher Schritt auf diesem Wege. Angesichts dieser Entwicklung ist eine wihctige Frage, was mit den alten kulturellen Identitäten von Gruppen und Nationen geschieht, an denen sich zu orientieren die Menschen gewohnt waren. Tritt an die Stelle des alten Europas der Nationalstaaten ein neuer europäischer Nationalstaat? Lösen sich alte nationale nationale Kulturidentitäten auf, und entsteht auf ihrem Boden eine umfassende europäische Kultur-Identität? Oder ist es so, daß das ökonomische Zusammenwachsen die alten nationalkulturellen Identitäten gefährdet, die sich angesichts dieser Gefährdung jedoch um so schärfer artikulieren, so daß kulturelle Differenzen jetzt gerade neu betont werden und im Zuge der gewachsenen Notwendigkeit, gemeinsame europaweite Entscheidungen zu treffen und Ziele zu setzen, erst recht aufeinanderprallen und neue Konflikte erzeugen? Wie erleben hier eine neue Entwicklungsstufe der Ausbreitung der westlichen Zivilisation, der die Herausbildung der europäischen Nationalstaaten vorausgegangen ist. In gewisser Weise kann das Zusammenwachsen Europas im weltweiten Konkurrenzkampf mit den Vereinigten Staaten von Amerika und Japan mit der Herausbildung der europäischen Nationalstaaten im europäischen Konkurrenzkampf verglichen werden. Es laufen auf höherer Entwicklungsstufe der Bildung noch größerer gesellschaftlicher Einheiten ähnliche Prozesse ab. Allerdings wird man auch die Unterschiede sehen müssen, wenn man abschätzen will, in welch veränderter Weise und mit welchen Problemen diese Entwicklung vonstatten geht." (Autorenreferat)
Die Europäische Union ist zur Überwindung des strikten Nationalstaatsprinzips gegründet worden. Die Besonderheit der Europäischen Union, die sie von anderen internationalen Organisationen unterscheidet, drückte sich bereits in der Präambel der EG-Vertrages von 1957 aus. Dort heißt es, die Staaten schließen den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft "in dem festen Willen, die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker zu schaffen". Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang der Begriff der Europäisierung, der seit etwa Mitte der 1990er Jahre, also kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht, an Bedeutung gewann. Mit seiner Hilfe lassen sich Fragen analysieren, wie internationale Organisationen innenpolitische Transformationsvorgänge beeinflussen: Wie reagieren Staaten auf den Druck externer Akteure? Wie inkorporieren Staaten Modelle, Vorgaben und Inputs, die durch internationale Organisationen vorgegeben werden? Die "Europäisierung Europas" erweist sich somit als ein konzeptioneller Ansatz, unter dessen methodischem Dach unterschiedliche empirische Forschungen subsumiert werden können, die sich mit dem Wandel von Staatlichkeit beschäftigen. Der vorliegende Beitrag umfasst drei Teile. Zunächst werden Ansätze zur Definition von Europäisierung und zur Europäisierung der Mitgliedstaaten vorgestellt. Daran anschließend wird die Europäisierung der Beitrittskandidaten diskutiert. Schließlich wird ein eigenes Modell zur Analyse von Europäisierung zur Diskussion gestellt, das die bisherigen Ansätze zusammenfasst. (ICI2)
Der Verfasser vertritt die These, dass die Schweiz eine 'Föderation von Nationen' geblieben ist, welche bis heute nur unvollkommen zusammengefunden haben. Er setzt sich mit der Staatsentwicklung auseinander und zeigt, dass der Bundesstaat drei Ebenen hat, deren Proportionen am Volkseinkommen sich seit 1950 nicht verändert haben. Der schweizerische Föderalismus wird als ein Antizentralismus gekennzeichnet. Das Muster der Kompetenzübertragung von den Kantonen auf den Bund sicherte deren Einfluss auf die Problemlösungsstrukturen, was sich beispielhaft an der Entwicklung des Schweizer Sozialstaats ablesen lässt. Anschließend wird die Nationenbildung analysiert und als das kritische Element der schweizerischen Nationenbildung darin identifiziert, dass sie stets konfessioneller, nicht sprachlicher Art gewesen ist. Der Föderalismus hat ein hohes Maß an Selbstregulierung der verschiedenen konfessionellen Gemeinschaften zugelassen. In der Schweiz sind die beiden unterschiedlichen Typen der Nationenbildung - Staatsnation vs. Kulturnation - an unterschiedliche Ebenen des Bundesstaats geknüpft geblieben: die politische Konzeption von Nation auf Bundesebene, die ethnische Konzeption der Nationalität auf kantonaler und Gemeindeebene. Die Bundesebene ist näher beim französischen, republikanischen Modell, die kantonale Ebene eher der deutschen Kulturnation, also der kulturell definierten Gemeinschaft ähnlich. Der gemeinsame Nenner blieb stets minimal. Daher sind es immer Bedrohungslagen (wie der Zweite Weltkrieg), die den schweizerischen Zusammenhalt gewährleisteten haben. Zum Schluss plädiert der Autor für eine Neubestimmung der schweizerischen Position: Sie könnte ein Vorbild für die EU sein. Die neue Devise muss aber lauten: Öffnung statt Neutralität und Anpassung an die veränderten Gegebenheiten. (ICG2)