Neue Formen des Kolonialismus im Verhältnis der Entwicklungsländer untereinander? - Das Beispiel der brasilianisch-paraguayischen Beziehungen
In: Zeitschrift für Kultur-Austausch, Band 34, Heft 4, S. 351-365
ISSN: 0044-2976
In der Beziehung zwischen Brasilien und Paraguay erkennt der Autor eine neue Form des Kolonialismus, die ihren Grund in der Differenzierung und Hierarchisierung der Beziehungen zwischen den Entwicklungsländern hat. Das "Schwellenland" Brasilien hat nicht mehr nur Brückenkopf-Funktionen innerhalb der bekannten Zentrum-Peripherie-Strukturen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, es betreibt vielmehr eine eigene, aggressive Entwicklungspolitik, die sich benachbarte Peripherie-Ökonomien wirtschaftspolitisch und wirtschaftsräumlich zugeordnet. Seit der portugiesischen Kolonialzeit hat das Gebiet des heutigen Paraguay in Brasiliens geopolitischen Konzeptionen als ein noch zu erschließendes, noch zu eroberndes Territorium gegolten. In großem Umfang sind brasilianische Siedler dann ab 1965 nach Ost-Paraguay eingedrungen. Der Bau einer Brücke über den Rio Parana, Straßenbauten und der Bau des Staudamms von Itaipu ließen Ost-Paraguay zur Peripherie Brasiliens werden, während die einheimischen kleinbäuerlichen Kolonisten und die Indianerstämme in den subtropischen Regenwäldern Paraguays verdrängt wurden. Diese "Erschließung" Ost-Paraguays wurde mit Weltbankkrediten und ausländischer Entwicklungshilfe finanziert. (KA)