Der Verfasser umreißt die Konturen des Forschungsprogramms, das sich die Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung für die kommenden Jahre vorgenommen hat. Er skizziert die Grundbegriffe des Programms und stellt eine Typologie von Gerechtigkeitskonflikten als empirischer Fokus der Forschung zu "Just Peace Governance" vor: Anwendungskonflikte, Prinzipienkonflikte, Wertekonflikte, Zielkonflikte, Anerkennungskonflikte. Im Fokus des Forschungsinteresses stehen drei Aspekte: (1) der Wandel von Interessen im Zuge der Machtverschiebung, (2) der Konflikt zwischen konkurrierenden Normen, Ideen und Werten und (3) die Entwicklung Frieden und Gerechtigkeit fördernder Governance-Institutionen. (ICE2)
"Die Forschung der HSFK zu den 'Antinomien des Demokratischen Friedens' hat aufgezeigt, dass es weder einen eindeutigen noch einen deterministischen Zusammenhang zwischen der demokratischen Form der Staaten und ihrem friedlichen Verhalten nach außen gibt. Schon der bloße Augenschein muss die Validität des Demokratischen Friedens als Theorem in Frage stellen. Spätestens die Kriege der Bush-Administration im Rahmen des 'Global War an Terror' haben deutlich gemacht, dass Demokratien auch aus eigenem Antrieb aggressives Verhalten zu entwickeln vermögen. Dass im Fall des Irak der Krieg und im Fall Afghanistans die fortgesetzte Militärpräsenz auch mit dem Ziel einer Demokratisierung dieser Länder begründet wurden, stellt dabei als contradictio in adjecto eine besondere Pointe dar. Aber auch die genaue Untersuchung der unterstellten Wirkungsmechanismen des Demokratischen Friedens - herkömmlich die liberale Ideologie, die utilitaristischen Kosten-Nutzen-Erwägungen der Individuen und die checks and balances demokratischer Institutionen - dokumentiert, dass diese alles andere als eindeutige Schlüsse erlauben. Vielmehr zeigen die Forschungsergebnisse der HSFK, dass in allen Fällen die Wirkungsrichtung offen ist und zu diametral unterschiedlichen Verhaltensweisen führen kann. So kann die liberale Ideologie friedliche Zurückhaltung nahelegen - Stichwort: 'Zivilmacht' -, sie kann aber auch eine prinzipielle und bisweilen aggressive Abgrenzung von anders verfassten politischen Regimen - Stichwort: 'Freiheitskämpfer' - begründen. Wie und mit welchen Mitteln Nutzenmaximierung und Kostenvermeidung kalkuliert und durchgesetzt werden, hängt von den jeweiligen Bedingungen ab. Und Institutionen transportieren in erster Linie Präferenzen, auch wenn demokratische Kontrolle sicherstellt, dass diese einer besonderen, im Regelfall öffentlichen, Begründungspflicht unterliegen und sich in einer institutionell abgesicherten Auseinandersetzung gegen Alternativen behaupten müssen. Es ist diese auch empirisch aufweisbare Varianz, deren sich das Forschungsprogramm der HSFK angenommen hat." (Textauszug)
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 842-844
"Das Theorem des Demokratischen Friedens berücksichtigt Gewaltkriminalität nicht. Dies geschieht insofern zu Recht, als Gewaltkriminalität zwar die Zivilisiertheit, aber nicht den Frieden in Frage stellt. Unterstellt man eine negative Friedensdefinition als Abwesenheit von Krieg, kann es Gewalt im Frieden selbst mit hohen Raten geben und zwar politischer, aber auch krimineller Natur. Gleichwohl ist Gewaltkriminalität für das Theorem des Demokratischen Friedens, insbesondere für das innerstaatlich bezogene Theorem des Civil Democratic Peace, interessant, weil es durch sie eine noch breitere Anwendungsdimension erhält und gestärkt wird: Denn werden - noch zu spezifizierende - Abweichungen von der bisherigen Konzeptualisierung des Theorems auf Seiten der unabhängigen Variablen (Typ des politischen Regimes) konzediert, dann kann jegliche physische Gewalt, Gewaltkriminalität genauso wie politische Gewalt, darunter Bürgerkrieg, jene inverse U-Kurve der Gewaltverteilung bestätigen, die die Theoretiker des Demokratischen Friedens für die Zeit nach dem Beginn und vor dem erfolgreichen Ende einer Transition zur Demokratie festgestellt haben (vgl. Spanger/Schesterinina in diesem Band). Die Forschung zum inneren Demokratischen Frieden hat insofern Fortschritte, nicht zuletzt was ihre Grundannahmen betrifft, gemacht, als sie erstens ihren Gewaltbegriff zwar nicht auf Gewaltkriminalität, aber immerhin über Krieg hinaus auf die gesamte politische Gewalt erweitert hat. Zweitens bezieht sie inzwischen systematisch die in der Grauzone zwischen Autokratie und Demokratie verorteten 'in-between-regimes', also Regime-Hybride (vgl. Zinecker 2009b: 302331), ein, und zwar als ein in der Regel konsolidiertes Ergebnis von 'stalled transitions' im Sinne von 'incomplete democratization', allerdings ohne die Ergebnisse der Grauzonen-Forschung tatsächlich zur Kenntnis zu nehmen (vgl. Zinecker 2005: 313-336). Drittens ergänzt sie mittlerweile das Set der unabhängigen Variablen für innergesellschaftliche Gewalt - politisches Regime und (In-)Stabilität politischer Institutionen - um die Variable einer wie auch immer definierten defizitären (etwa rentenabhängigen) wirtschaftlichen Entwicklung. Daran kann, wenn auch modifizierend, angeknüpft werden. In diesem Kapitel soll am Beispiel der Gewaltkriminalität in Zentralamerika gezeigt werden, dass das Theorem des Civil Democratic Peace auf Gewaltkriminalität erweiterbar ist, insofern eingeräumt wird, dass Gewaltkriminalität genauso konsolidiert sein kann wie die hybriden Regime-Ergebnisse einer 'stalled transition'. Das heißt, dass weder Regime-Hybridität noch mit ihr einhergehende Gewalt transitorisch ist und dass nicht Regime-Hybridität 'an sich' und auch nicht defizitäre wirtschaftliche Entwicklung 'an sich' und nicht einmal rentenabhängige defizitäre wirtschaftliche Entwicklung 'an sich', sondern nur ganz spezifische Varianten dieser beiden Variablen, und zwar in ihrer Kombination, hohe Gewaltkriminalität verursachen. Ob das im Folgenden vorzustellende Kausalmodell nicht nur auf Gewaltkriminalität, sondern auch auf über den Bürgerkrieg hinausgehende Gewalt schlechthin, und dies nicht nur auf Zentralamerika, sondern sogar universell anwendbar ist, bleibt zu überprüfen. Zentralamerika wurde hier als Fall (mit induktiver Funktion) gewählt, weil in keiner anderen Region der Welt die weltweit höchsten Homizidraten - der verlässlichste Indikator für physische Gewalt - so geballt, nämlich in drei von fünf Ländern der Region, auftreten und weil es als historisch-politisch relativ homogen gewachsene Region einen Vergleich gut kontrollieren lässt. Vergleichsmethodologisch wird entsprechend dem variablenorientierten qualitativen Vergleich nach Charles Ragin vorgegangen, der es ermöglicht, komplexe Kausalität, und zwar mehrerer unabhängiger Variablen bezogen auf mehrere Fälle, zu erfassen. Zugleich wird die Mill'sche vereinigte Methode der Übereinstimmung und des Unterschieds angewandt, insofern sie mit der kontrafaktischen Konditionalanalyse (vgl. Haussmann 1991: 30) korrespondiert. Letztlich wird von beiden Ansätzen postuliert, dass eine unabhängige Variable nicht nur in all den Fällen anwesend sein muss, in denen sie eine bestimmte abhängige Variable hervorrufen will, sondern zugleich in den Fällen abwesend sein muss, in denen dieselbe abhängige Variable nicht auftritt, damit sie kausale Geltung beanspruchen kann (vgl. auch Geddes 1990: 132). Ausgerüstet mit dieser Methode, wird im vorliegenden Kapitel keine Phänomenologie gegenwärtiger Gewalt angestrebt, sondern ausschließlich eine Kausalanalyse, und auch diese nur in ihren Grundzügen." (Textauszug)
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 852-854
The essays gathered in this volume investigate the role of science and art in issues of war and peace through various disciplines and theoretical traditions. How does philosophical anthropology explain why humans can be so violent? How do psychoanalysis and neuroscience regard the fact that, rather than pursuing happiness and freedom, humans seem to prefer the destruction of others and themselves? How is violence incorporated into language? How do the social sciences construct a depreciative view of the enemy and the myth of a national, superior identity? How have the natural sciences been involved in domination or cooperation between countries? How does art defame or value the other? How can one shield science and art from the logic of war, making them a common good for humanity and a foundation for peace? Many reflections are discussed here with regard to Kant, Hegel, Alexander von Humboldt, Novalis, Schlegel, Schopenhauer, Tolstoy, Freud, Einstein, Ortega y Gasset, Clausewitz, Canetti, Bourdieu, Rawls etc. This volume stands alone in clarifying the role of science and art in war and peace analytically and historically while also linking it to a number of contemporary implications.
Der Beitrag beleuchtet Motive und Ausgangsüberlegungen, die der Hinwendung zu "Just Peace Governance" zu Grunde liegen, und identifiziert zentrale Aufgaben, denen sich die Forschung im Rahmen des neuen Programms stellen muss. Dies geschieht anhand einer rekonstruierenden Lektüre des Werkes von Harald Müller. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie Müller in seinem Denken und Schreiben beim kritischen Blick auf die Friktionen und Widersprüche von "Just Peace Governance" angelangt ist. Von der Befassung mit dem Theorem des "Demokratischen Friedens" gelangt Müller über die empirische Erforschung und theoretische Reflexion des "Demokratischen Krieges" schließlich zu einer liberalen Liberalismuskritik. Ein ähnlicher Wandlungsprozess lässt sich mit Blick auf die Müllerschen Studien zu Kooperation und Weltordnung feststellen - vom funktionalistisch geprägten liberalen Institutionalisten zum konservativen Moraltheoretiker der Weltordnung. Diese Entwicklungen zeigen sich auch mit Blick auf das Feld der Rüstungskontrolle und Abrüstung. (ICE2)
"Den 'Demokratischen Frieden' kennzeichnet ein eigentümliches Paradoxon: In der Staatenwelt gilt er als empirisches Faktum und gemeinhin als politikwissenschaftliches Gesetz - 'as dose as you can probably get' (Levy 1989, 88). Sein Pendant in der Gesellschaftswelt, der sogenannte 'Civil Democratic Peace', lenkt hingegen den Blick auf die historische Erfahrung, dass für das Ziel des Demokratischen Friedens häufig ein blutiger Preis zu entrichten war. Wird, mit anderen Worten, Demokratie als Friedensbedingung angesehen, gilt Demokratisierung als Gewaltgrund. Beides hat weitreichende und diametral entgegengesetzte politische Implikationen. Während die Aussicht auf den demokratischen Staatenfrieden die Ausbreitung demokratischer Ordnungen zum Friedenspostulat und damit zum Gebot der Stunde erhebt, führt die Aussicht auf gesellschaftlichen Unfrieden durch gewalttätig entgleisende Demokratisierungsprozesse zum exakt umgekehrten Schluss stabilitätsbetonter Zurückhaltung. Nun stützt sich seit 1989 die Demokratieförderung - von den Fesseln des Kalten Kriegs ebenso befreit wie von seiner auf den Realismus verengten Wahrnehmung der Welt - nicht zuletzt auf die Aussicht auf den Demokratischen Frieden. Sie knüpft damit nahtlos an eine geistesgeschichtliche Tradition an, die zuvor Sozialismus und Kommunismus als finale Stufe der Menschheitsentwicklung gepriesen hatte, just wie nunmehr das Ende des Sozialismus Francis Fukuyamas 'Ende der Geschichte' besiegelte (Fukuyama 1992). Die Chance einer Ausbreitung demokratischer Ordnungen offenbarte jedoch die Realität höchst konfliktbehafteter Auseinandersetzungen, die mit ihr einhergingen. Und sie ließ erneut jene Voraussetzungen erfolgreicher Demokratisierung ins Bewusstsein rücken, die einst in dem klassischen Satz Seymour Martin Lipsets kulminierten, der die Essenz der Modernisierungstheorie verkörperte: 'The more well-to-do a nation, the greater the chances it will sustain democracy' (Lipset 1959: 75). Parallel zu der in den 1990er Jahren auslaufenden und seit Beginn des neuen Jahrtausends gar zurückflutenden 'Dritten Welle' der Demokratisierung entfaltete sich zugleich eine Forschung, die sich mit der Frage auseinandersetzte, ob, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen Demokratisierung und Gewalt zusammenhängen könnten. Das betraf sowohl die zwischenstaatliche Gewalt als auch die innergesellschaftliche. Dabei wurden statistische Evidenzen getestet und in Fallstudien jene Eskalationsprozesse betrachtet, die ein Urteil über die Wirkungsketten von der demokratischen Transition zur Gewalt erlaubten. Dies ordnete sich cum grano salis in jene Forschung ein, die auch unter anderen Gesichtspunkten - wie dem viel zitierten 'backlash against democracy promotion' autoritär gesinnter Eliten oder der (umstrittenen) Leistungsfähigkeit von Demokratien im Entwicklungsprozess - eine kritische Bilanz der 'Dritten Welle' zog. Das einführende Kapitel des vorliegenden Bandes, der die Forschung der HSFK zur gesellschaftlichen Dimension des Demokratischen Friedens vereint, präsentiert zuvörderst die wissenschaftliche Debatte über das Verhältnis von Demokratie, Demokratisierung und dem inneren Frieden. Diese hat sich um drei nur partiell verknüpfte Themen entfaltet: den 'Civil Democratic Peace', die in der Transformationsforschung entwickelten Theorien demokratischer Transition im Zuge der 'Dritten Welle' sowie schließlich um die Theorie und Praxis des 'Peace Building' und des 'Nation Building'. Dabei stehen folgende Fragen im Mittelpunkt: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Demokratisierungsprozessen als einer spezifischen Erscheinungsform politischen Wandels mit ihren (Zwischen-)Ergebnissen und gesellschaftlicher (sowie zwischenstaatlicher) Gewalt? Welche Faktoren wirken gewaltauslösend und gewaltverschärfend oder umgekehrt gewalthemmend und gewaltmindernd? Wie und durch welche Maßnahmen kann darauf hingewirkt werden, dass Demokratisierungsprozesse sich gewaltfrei oder gewaltarm vollziehen? Die Bilanz der bisherigen Forschung in den genannten drei Themengebieten offenbart eine Reihe kritischer Lücken. Einige von ihnen haben die Konzipierung der Projekte angeleitet, die zwischen 2003 und 2009 an der HSFK zum inneren Frieden und damit als Beitrag zu dem Forschungsprogramm des Instituts, 'Antinomien des Demokratischen Friedens', durchgeführt wurden." (Textauszug)
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 849-851
25 Jahre State-of Peace-Konferenz repräsentieren 25 Jahre österreichische Friedens- und Konfliktforschung. Aus diesem Anlass nimmt dieser einleitende Beitrag einen Rückblick auf eine wissenschaftlich erfolg- und ertragreiche Zeit vor: eine Zeit des politischen Umbruchs, eine Zeit der friedenspolitischen Wende, eine Zeit internationaler Konflikte und zugleich vermehrter Erprobung neuer Formen der Friedensstiftung. Der Beitrag geht auf Dr. Gerald Mader, den Begründer des Schlaininger Friedenszentrums ein, der die State-of-Peace-Konferenz ins Leben gerufen hat, und zeigt die Entwicklungsstationen der Konferenz auf. Außerdem beschreibt der Beitrag Herausgeberschaft und Anliegen des Sammelbandes und skizziert die Beiträge des Sammelbandes. (ICB2)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, S. 187-205
"Die Entwicklungen auf der internationalen Ebene zeichnen sich durch markante Widersprüche mit kaum verläßlich prognostizierbaren Gesamtfolgen aus. Während die Globalisierung vieler Handlungszusammenhänge zunimmt und sich weltweite Interdependenzen unterschiedlicher Ausprägung weiterhin zu vertiefen scheinen, ist gleichzeitig ein Trend zum Zerfall bisheriger politischer Strukturen zu beobachten. Der Globalisierung entsprechen internationalistische, der Fragmentierung meist nationalistische Perspektiven. Auf weltwirtschaftlicher Ebene wiederholt sich dabei die Kontroverse zwischen Kosmopolitismus einerseits und Protektionismus andererseits. Und mit ähnlichen Fronten steht dem Geltungsanspruch universell definierter Werte (insbesondere universell verstandener Menschenrechte) ein meist regional eingefärbter kultureller Relativismus entgegen. Während wachsende Interdependenzen in der Welt nationale Souveränität relativieren, wenn nicht gar untergraben, macht sich gleichzeitig mit großer Eindringlichkeit, ja Militanz das Verlangen nach Selbstbestimmung und einer Neubegründung von Souveränität bemerkbar. Einer universalistisch orientierten Welt ist der Gedanke, bei schwerwiegender Mißachtung von Minimalstandards zivilisierten Verhaltens in die inneren Angelegenheiten anderer Völker und Staaten sich einzumischen, nicht fremd; ihm aber steht das althergebrachte eherne völkerrechtliche Prinzip der Nichteinmischung entgegen. Und immer noch gleicht die Orientierung politischen Handelns an 'Menschheitsinteressen' einem bloß rhetorischen Fluchtpunkt, während in aller Regel Sonderinteressen das tatsächliche Handeln bestimmen." (Autorenreferat)
In dem Beitrag werden einige besondere Aspekte der komplexen Prozesse transnationaler Mobilisierung gegen den Krieg im früheren Jugoslawien untersucht. Der erste Teil des Beitrags wirft einen genaueren Blick auf das Konzept transnationaler Aktivität, transnationaler Akteure und transnationaler Räume. Im zweiten Teil des Beitrags erfolgen einige Überlegungen zur Wahrnehmung lokaler Aktivisten in der transnationalen Zusammenarbeit und es wird die fehlende Sicht "von innen" betont. Der Beitrag schließt mit einer kurzen Analyse der Auswirkungen, die sich aus der Beteiligung der (post-)jugoslawischen Friedensinitiativen für die internationalen Aktivisten ergeben haben und umgekehrt: der Auswirkungen und der Bedeutung der internationalen Präsenz für die lokalen/ regionalen Antikriegs-Aktivisten-Gruppen. (ICA2)
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 838-840
Die Verfasser nehmen die Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats in den Blick, die eine gendersensible Herangehensweise in allen Phasen von Krisenprävention und Konfliktbewältigung völkerrechtlich verbindlich verankert. Elf Jahre nach deren Verabschiedung stellen die Verfasser in einer Zwischenbilanz fest, dass es bisher nur bedingt gelang, die Organisationspraktiken in den Streitkräften der NATO-Mitgliedstaaten gendersensibel zu gestalten. Es gibt insgesamt Gründe genug für eine skeptisch-desillusionierte Einschätzung der Wirkung und des Erfolges von UNSCR 1325. Unter Rekurs auf die Theorie internationaler Normen erkennen die Verfasser jedoch auch positive Entwicklungsmöglichkeiten. (ICE2)
Die derzeitige Diskussion um die Aufträge der Streitkräfte und die Aufgaben der Soldaten steht im Spannungsfeld von Krieg und Kampf einerseits und Peace-, State-/Nation-Building andererseits. Sie dreht sich im wesentlichen um die Frage, was eine Aufgabe für Streitkräfte und ihre Soldaten ist und was nicht. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und im Übergang von den 1980er zu den 1990er Jahren hat sie mit nachhaltigem Schwung eingesetzt, so dass es sich aus organisationssoziologischer Sicht um die Frage nach der Reaktion einer Organisation auf Veränderungen in ihrer Umwelt handelt. Die neuen militärischen Operationen jenseits von Krieg umfassen nunmehr recht unterschiedliche Operationen, wie z.B. friedensbewahrende Einsätze (peace-keeping), humanitäre Interventionen, friedensschaffende Missionen (peace-enforcement), Deeskalations- und post-konflikt-friedens- und staatsbildende Einsätze (post-conflict peace-/state-building). In der Konsequenz bedeutet dies eine Ausweitung und Diversifizierung der Aufgaben für die Streitkräfte, denn neben den klassischen Aufgaben von Abschreckung, Verteidigung und Angriff ergeben sich ganz anders gelagerte Funktionen. Der Autor gibt einen Überblick über theoretische Ansätze und Erklärungsmodelle zu den Aufgaben des Militärs im neuen internationalen Konflikt- und Kriegsgeschehen, er skizziert empirische Untersuchungen und Ergebnisse und beschreibt kurz weitere Perspektiven der Streitkräfte nach dem Irakkrieg. (ICI2)