Begriffe sind praktisch, wenn sie uns helfen, die Welt zu verstehen. Darum hat der sogenannte Ausländeranteil eigentlich ausgedient: Er stiftet mehr Verwirrung als etwas Anderes. Beide Säulen, auf denen er beruht, geraten aktuell ins Wanken: der ethnische Gruppismus und die Problemorientierung. Statistiker*innen, Soziolog*innen sowie Politiker*innen unterschiedlicher Couleur sollten auf diesen vertrauten Begriff verzichten, der ihnen allzu leicht von der Zunge geht.
Theresa May hat eine der größten Niederlagen in der britischen Regierungsgeschichte hinnehmen müssen. Das liegt vor allem daran, dass die Brexit- Hardliner die Realitäten immer noch nicht anerkennen wollen. Jetzt muss das britische Parlament versuchen, eine Lösung der Vernunft über die Parteigrenzen hinweg zu finden. Die Europäische Union (EU) sollte daher abwarten, fest bei ihrer Position bleiben und keine Verschiebung des Austritts in Aussicht stellen.
Der Verfasser umreißt die Konturen des Forschungsprogramms, das sich die Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung für die kommenden Jahre vorgenommen hat. Er skizziert die Grundbegriffe des Programms und stellt eine Typologie von Gerechtigkeitskonflikten als empirischer Fokus der Forschung zu "Just Peace Governance" vor: Anwendungskonflikte, Prinzipienkonflikte, Wertekonflikte, Zielkonflikte, Anerkennungskonflikte. Im Fokus des Forschungsinteresses stehen drei Aspekte: (1) der Wandel von Interessen im Zuge der Machtverschiebung, (2) der Konflikt zwischen konkurrierenden Normen, Ideen und Werten und (3) die Entwicklung Frieden und Gerechtigkeit fördernder Governance-Institutionen. (ICE2)
Violent conflicts have haunted northern Kenya – a semi-arid region inhabited by pastoral communities – since some decades. The enormous increase of violence in recent years has several pertinent causes. Instability in neighbouring countries and a far flung network of small-arms trade has brought thousands of semi-automatic guns to the region. Political change in Kenya has created a lee-way for competing politicians to engage vigilantes on their behalf. Beyond these causes which are rather to be sought for at a macro-level there are a number of factors located at the micro-level. Rampant food insecurity linked to population increase coupled with a stagnant economic system, changes from a pastoral mode of production to more sedentary lifestyles and a continued focus on a heroic warrior ideal contribute to the situation. While there have been a number of efforts to manage and suppress violence through army, police or other state actors, non-state actors have become important during the past few years. It is here that Okumu's thesis has its focus. During a two months stay in northern Kenya he studied the "Laikipia Peace Caravan" (LPC). The LPC is constituted by about 70 professionals, highly educated members of pastoral communities like the Pokot, Samburu and Turkana. The members of LPC generally live in Nairobi or in other urban centres of Kenya. All of them still have strong linkages to their pastoral communities. They are engaged in well-paid jobs, have good links to the press or other media and have also ties to the political establishment. They have formed an NGO which has as its aim to step in immediately once violence is threatening or has happened in order to prevent an escalation of conflicts. In an ethnographic effort Okumu sheds light at the origins, principles and practices of the peace caravan and analyzes its potential to foster peace.
"Die Forschung der HSFK zu den 'Antinomien des Demokratischen Friedens' hat aufgezeigt, dass es weder einen eindeutigen noch einen deterministischen Zusammenhang zwischen der demokratischen Form der Staaten und ihrem friedlichen Verhalten nach außen gibt. Schon der bloße Augenschein muss die Validität des Demokratischen Friedens als Theorem in Frage stellen. Spätestens die Kriege der Bush-Administration im Rahmen des 'Global War an Terror' haben deutlich gemacht, dass Demokratien auch aus eigenem Antrieb aggressives Verhalten zu entwickeln vermögen. Dass im Fall des Irak der Krieg und im Fall Afghanistans die fortgesetzte Militärpräsenz auch mit dem Ziel einer Demokratisierung dieser Länder begründet wurden, stellt dabei als contradictio in adjecto eine besondere Pointe dar. Aber auch die genaue Untersuchung der unterstellten Wirkungsmechanismen des Demokratischen Friedens - herkömmlich die liberale Ideologie, die utilitaristischen Kosten-Nutzen-Erwägungen der Individuen und die checks and balances demokratischer Institutionen - dokumentiert, dass diese alles andere als eindeutige Schlüsse erlauben. Vielmehr zeigen die Forschungsergebnisse der HSFK, dass in allen Fällen die Wirkungsrichtung offen ist und zu diametral unterschiedlichen Verhaltensweisen führen kann. So kann die liberale Ideologie friedliche Zurückhaltung nahelegen - Stichwort: 'Zivilmacht' -, sie kann aber auch eine prinzipielle und bisweilen aggressive Abgrenzung von anders verfassten politischen Regimen - Stichwort: 'Freiheitskämpfer' - begründen. Wie und mit welchen Mitteln Nutzenmaximierung und Kostenvermeidung kalkuliert und durchgesetzt werden, hängt von den jeweiligen Bedingungen ab. Und Institutionen transportieren in erster Linie Präferenzen, auch wenn demokratische Kontrolle sicherstellt, dass diese einer besonderen, im Regelfall öffentlichen, Begründungspflicht unterliegen und sich in einer institutionell abgesicherten Auseinandersetzung gegen Alternativen behaupten müssen. Es ist diese auch empirisch aufweisbare Varianz, deren sich das Forschungsprogramm der HSFK angenommen hat." (Textauszug)
Zu seinem Amtsantritt hatte UN-Generalsekretär António Guterres deutlich gemacht: Die Prävention von Konflikten muss für die Vereinten Nationen ganz oben auf der Agenda stehen. Aus diesem Grund arbeiten die Vereinten Nationen aktuell an der Umsetzung und Ausgestaltung der 'sustaining peace'-Resolutionen, die von der Generalversammlung und dem Sicherheitsrat 2016 verabschiedet wurden. Welche Herausforderungen stellen sich bei der Umsetzung der Resolutionen? Wie wirkt sich die aktuelle geopolitische Lage aus? Und welche Chancen bietet der neue Ansatz, um die UN fit für das 21. Jahrhundert zu machen?
Im ersten Weltkrieg hatte Präsident Woodrow Wilson den amerikanischen Eintritt in den Krieg gegen Deutschland mit dem idealistischen Satz begründet: "A war to end all wars". Es war eine fatale Fehleinschätzung. Der Friedensschluss von Versailles legte das Fundament für den Zweiten Weltkrieg, und wurde "a peace to end all peace". Was heute in Sri Lanka abläuft, erinnert mich an diese Worte und die Entwicklung in Europa vor hundert Jahren.
In: Duelffer, Jost (2019). The First World War and the precarious peace New publications to mark the centenary of the peace accords. Osteuropa, 69 (1-2). S. 177 - 196. BERLIN: BWV-BERLINER WISSENSCHAFTS-VERLAG GMBH. ISSN 0030-6428
The 100th anniversary of the peace accords that ended the First World War and determined the post-war order in Europe has not attracted the same degree of attention among historians and in the European culture of remembrance as the centenary in 2014 of the start of the First World War. Accounts of the ceasefire and the precarious peace in Europe offer almost no new insights. However, the analyses of eastern-central and eastern Europe, where new states were created, and where violence and war continued beyond the end of the First World War and almost all political orders became authoritarian regimes, open up new horizons.
Die Mindanao Peoples' Peace Movement (MPPM), ein Zusammenschluss mehrerer Menschenrechts- und Friedensorganisationen, verurteilt die neuerliche Eskalation dieses Krieges, der Zentralmindanao weiter zerstört und viele Tausend Zivilist/innen aus ihren Häusern vertreibt.
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 842-844
Am 6. April 2004 brachten die Dominicans for Justice and Peace während der 60. Sitzung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen einen mündlichen Bericht über die Auswirkungen von Sonderabfällen aus ehemaligen US Militärstützpunkten ein. Am 16. April 2005 wiederholten sie gemeinsam mit der Alliance for Bases Clean-Up (ABC) International ihre Forderungen in dem folgenden Bericht.
"Das Theorem des Demokratischen Friedens berücksichtigt Gewaltkriminalität nicht. Dies geschieht insofern zu Recht, als Gewaltkriminalität zwar die Zivilisiertheit, aber nicht den Frieden in Frage stellt. Unterstellt man eine negative Friedensdefinition als Abwesenheit von Krieg, kann es Gewalt im Frieden selbst mit hohen Raten geben und zwar politischer, aber auch krimineller Natur. Gleichwohl ist Gewaltkriminalität für das Theorem des Demokratischen Friedens, insbesondere für das innerstaatlich bezogene Theorem des Civil Democratic Peace, interessant, weil es durch sie eine noch breitere Anwendungsdimension erhält und gestärkt wird: Denn werden - noch zu spezifizierende - Abweichungen von der bisherigen Konzeptualisierung des Theorems auf Seiten der unabhängigen Variablen (Typ des politischen Regimes) konzediert, dann kann jegliche physische Gewalt, Gewaltkriminalität genauso wie politische Gewalt, darunter Bürgerkrieg, jene inverse U-Kurve der Gewaltverteilung bestätigen, die die Theoretiker des Demokratischen Friedens für die Zeit nach dem Beginn und vor dem erfolgreichen Ende einer Transition zur Demokratie festgestellt haben (vgl. Spanger/Schesterinina in diesem Band). Die Forschung zum inneren Demokratischen Frieden hat insofern Fortschritte, nicht zuletzt was ihre Grundannahmen betrifft, gemacht, als sie erstens ihren Gewaltbegriff zwar nicht auf Gewaltkriminalität, aber immerhin über Krieg hinaus auf die gesamte politische Gewalt erweitert hat. Zweitens bezieht sie inzwischen systematisch die in der Grauzone zwischen Autokratie und Demokratie verorteten 'in-between-regimes', also Regime-Hybride (vgl. Zinecker 2009b: 302331), ein, und zwar als ein in der Regel konsolidiertes Ergebnis von 'stalled transitions' im Sinne von 'incomplete democratization', allerdings ohne die Ergebnisse der Grauzonen-Forschung tatsächlich zur Kenntnis zu nehmen (vgl. Zinecker 2005: 313-336). Drittens ergänzt sie mittlerweile das Set der unabhängigen Variablen für innergesellschaftliche Gewalt - politisches Regime und (In-)Stabilität politischer Institutionen - um die Variable einer wie auch immer definierten defizitären (etwa rentenabhängigen) wirtschaftlichen Entwicklung. Daran kann, wenn auch modifizierend, angeknüpft werden. In diesem Kapitel soll am Beispiel der Gewaltkriminalität in Zentralamerika gezeigt werden, dass das Theorem des Civil Democratic Peace auf Gewaltkriminalität erweiterbar ist, insofern eingeräumt wird, dass Gewaltkriminalität genauso konsolidiert sein kann wie die hybriden Regime-Ergebnisse einer 'stalled transition'. Das heißt, dass weder Regime-Hybridität noch mit ihr einhergehende Gewalt transitorisch ist und dass nicht Regime-Hybridität 'an sich' und auch nicht defizitäre wirtschaftliche Entwicklung 'an sich' und nicht einmal rentenabhängige defizitäre wirtschaftliche Entwicklung 'an sich', sondern nur ganz spezifische Varianten dieser beiden Variablen, und zwar in ihrer Kombination, hohe Gewaltkriminalität verursachen. Ob das im Folgenden vorzustellende Kausalmodell nicht nur auf Gewaltkriminalität, sondern auch auf über den Bürgerkrieg hinausgehende Gewalt schlechthin, und dies nicht nur auf Zentralamerika, sondern sogar universell anwendbar ist, bleibt zu überprüfen. Zentralamerika wurde hier als Fall (mit induktiver Funktion) gewählt, weil in keiner anderen Region der Welt die weltweit höchsten Homizidraten - der verlässlichste Indikator für physische Gewalt - so geballt, nämlich in drei von fünf Ländern der Region, auftreten und weil es als historisch-politisch relativ homogen gewachsene Region einen Vergleich gut kontrollieren lässt. Vergleichsmethodologisch wird entsprechend dem variablenorientierten qualitativen Vergleich nach Charles Ragin vorgegangen, der es ermöglicht, komplexe Kausalität, und zwar mehrerer unabhängiger Variablen bezogen auf mehrere Fälle, zu erfassen. Zugleich wird die Mill'sche vereinigte Methode der Übereinstimmung und des Unterschieds angewandt, insofern sie mit der kontrafaktischen Konditionalanalyse (vgl. Haussmann 1991: 30) korrespondiert. Letztlich wird von beiden Ansätzen postuliert, dass eine unabhängige Variable nicht nur in all den Fällen anwesend sein muss, in denen sie eine bestimmte abhängige Variable hervorrufen will, sondern zugleich in den Fällen abwesend sein muss, in denen dieselbe abhängige Variable nicht auftritt, damit sie kausale Geltung beanspruchen kann (vgl. auch Geddes 1990: 132). Ausgerüstet mit dieser Methode, wird im vorliegenden Kapitel keine Phänomenologie gegenwärtiger Gewalt angestrebt, sondern ausschließlich eine Kausalanalyse, und auch diese nur in ihren Grundzügen." (Textauszug)
In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 852-854
Ein Jahrzehnt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs drängte das rational nicht bewältigte Kriegserlebnis zu einer literarischen Gestaltung, die in wenigen Jahren ein Ausmaß erreichte, das - jetzt innerhalb der Epik - nur mit der Kriegslyrik um 1914 vergleichbar ist. Pazifisten und Nationalisten befürchten aus extrem unterschiedlichem Grund, daß der Krieg in Vergessenheit geraten könne. Der sensationelle Erfolg von Remarques Roman signalisierte ein weniger rational als emotional erwachtes Bewußtsein ("Nie wieder Krieg!") und aktivierte die extreme Rechte. Den Nationalsozialisten diente die Kriegsliteratur - wie der Langemarck-Mythos eindrucksvoll zeigt - der schulischen und außerschulischen Erziehung zum Tode und zur Begeisterung für einen neuen Krieg. Der Friede erschien als Krieg mit anderen Mitteln, und die Widerspiegelung im nationalen Frontroman wurde zur Norm und zum Gesetz des Handelns im Frieden. (DIPF/Orig.)
The essays gathered in this volume investigate the role of science and art in issues of war and peace through various disciplines and theoretical traditions. How does philosophical anthropology explain why humans can be so violent? How do psychoanalysis and neuroscience regard the fact that, rather than pursuing happiness and freedom, humans seem to prefer the destruction of others and themselves? How is violence incorporated into language? How do the social sciences construct a depreciative view of the enemy and the myth of a national, superior identity? How have the natural sciences been involved in domination or cooperation between countries? How does art defame or value the other? How can one shield science and art from the logic of war, making them a common good for humanity and a foundation for peace? Many reflections are discussed here with regard to Kant, Hegel, Alexander von Humboldt, Novalis, Schlegel, Schopenhauer, Tolstoy, Freud, Einstein, Ortega y Gasset, Clausewitz, Canetti, Bourdieu, Rawls etc. This volume stands alone in clarifying the role of science and art in war and peace analytically and historically while also linking it to a number of contemporary implications.