Fast 80 Prozent der Bevölkerung Afrikas leben in Staaten, die von Gewaltkonflikten betroffen waren oder noch sind, oft begleitet von illegitimer Regierungsführung. Demokratieförderung und politische Konditionalitäten in der Entwicklungszusammenarbeit sind daher zentraler Bestandteil der internationalen Unterstützung von Friedensprozessen. Internationale Maßnahmen zur Friedenskonsolidierung nach Bürgerkriegen konzentrieren sich oft auf die Unterstützung freier Wahlen. Wahlen sind allerdings nicht immer im Interesse von Nachkriegseliten, da eine potenzielle Wahlniederlage den Zugang zu politischer Macht und zu privaten Einnahmen aus dem Staatshaushalt gefährdet. Dies gilt insbesondere für Rebellen, die durch Power-Sharing-Regierungen kurzfristig aus einem Konflikt "herausgekauft" wurden. Konzentriert sich die Demokratieförderung in solchen Fällen vor allem auf Wahlen, schränken Eliten die Unabhängigkeit der Justiz ein oder bedienen sich korrupter und klientelistischer Praktiken, um an der Macht zu bleiben. In der Demokratischen Republik Kongo konnten im Jahr 2006 unter einer Power-Sharing-Regierung und mit internationaler Unterstützung relativ freie und faire Nachkriegswahlen durchgeführt werden. Gleichzeitig schränkte die Regierung unter Joseph Kabila aber die Unabhängigkeit der Gerichte ein und baute ihre Machtbasis durch Korruption aus. Eine Analyse aller Postkonfliktepisoden zwischen 1990 und 2010 zeigt, dass dieses Muster von relativ freien und fairen Wahlen bei gleichzeitiger Verschlechterung anderer Governancebereiche auch über Subsahara-Afrika hinaus international verbreitet ist. Der Fokus internationaler Geber auf Wahlen kann autokratische Elemente in Nachkriegsstaaten stärken. Langfristig werden so Stabilität und Legitimität einer Friedensordnung untergraben. Bemühungen um den Aufbau von Rechtsstaatlichkeit, um Korruptionsbekämpfung und die Beteiligung der Zivilgesellschaft müssen gleichberechtigt neben der Förderung von Wahlen stehen. Die neuen Leitlinien der Bundesregierung zur Konfliktbearbeitung sind ein erster Schritt in die richtige Richtung.
"Im burgenländischen Stadtschlaining befindet sich das weltweit erste regionale Trainingszentrum für zivile Peace-keeping- und Peace-building-Aktivitäten der VN, der OSZE sowie anderer staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen (NGOs). Seit seinem Start im Herbst 1993 hat es bereits an die hundert Fachkräfte mit unterschiedlichem kulturellen, beruflichen und organisatorischen background für zivile Einsätze in Konfliktregionen ausgebildet. Die meisten von ihnen konnten die gewonnenen Erkenntnisse bereits in Einsätze der VN sowie anderer Organisationen einbringen. Das Ausbildungsprogramm hat weltweit großes Interesse hervorgerufen. Neben Institutionen, die interessiert sind, ausgebildete Fachkräfte einzusetzen, gibt es ein reges Interesse am Programm von Ländern, die entsprechende Ausbildungseinrichtungen schaffen wollen und auch von wissenschaftlichen Einrichtungen, die sich mit ziviler Konfliktbearbeitung im allgemeinen und mit zivilen Peace-keeping- und Peace-building-Aktivitäten im besonderen beschäftigen. Der Artikel beschreibt die Grundlagen, Ziele und Perspektiven dieser Initiative, die von der Bundesregierung unterstützt wird und mit der Österreich weltweit eine Vorreiterrolle bei der Ausbildung für zivile Aktivitäten der VN in Krisenregionen innehat." (Autorenreferat)
Im burgenländischen Stadtschlaining befindet sich das weltweit erste regionale Trainingszentrum für zivile Peace-keeping- and Peace-building-Aktivitäten der VN, der OSZE sowie anderer staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen (NGOs). Seit seinem Start im Herbst 1993 hat es bereits an die hundert Fachkräfte mit unterschiedlichem kulturellen, beruflichen und organisatorischen background für zivile Einsätze in Konfliktregionen ausgebildet. Die meisten von ihnen konnten die gewonnenen Erkenntnisse bereits in Einsätze der VN sowie anderer Organisationen einbringen. Das Ausbildungsprogramm hat weltweit großes Interesse hervorgerufen. Neben Institutionen, die interessiert sind, ausgebildete Fachkräfte einzusetzen, gibt es ein reges Interesse am Programm von Ländern, die entsprechende Ausbildungseinrichtungen schaffen wollen und auch von wissenschaftlichen Einrichtungen, die sich mit ziviler Konfliktbearbeitung im allgemeinen und mit zivilen Peace-keeping- und Peace-buildung-Aktivitäten im besonderen beschäftigen. Der Artikel beschreibt die Grundlagen, Ziele und Perspektiven dieser Initiative, die von der Bundesregierung unterstützt wird und mit der Österreich weltweit eine Vorreiterrole bei der Ausbildung für zivile Aktivitäten der VN in Krisenregionen innehat. (Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft / FUB)
Nach dem Ende der bipolaren Blocklogik ist eine auffallende Zunahme innerstaatlicher kriegerischer Gewalt bei gleichzeitigem Rückgang zwischenstaatlicher Kriege zu verzeichnen. Mehr als neunzig Prozent aller gewaltsamen Konflikte in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts waren Bürgerkriege. Die innerstaatliche kriegerische Gewalt stellt die internationale Politik vor neue Herausforderungen, auf die sie schlecht vorbereitet ist. Der vorliegende Beitrag diskutiert einige Gründe für diese Entwicklung. Einer besteht darin, dass die Epochenwende von 1989/90 sämtliche vertrauten Koordinaten der Weltordnung verschoben hat. Seit die Block-Rivalität nicht mehr existiert und sich die neue internationale Machtkonfiguration noch nicht endgültig abzeichnet, kann prekäre, gar scheiternde Staatlichkeit weniger denn je zuvor eine bloß "innere Angelegenheit" sein. Sie betrifft das internationale System und damit auch Sicherheitsinteressen jedes einzelnen Staats. Dieser Zusammenhang kommt in der vielstimmigen Kritik, die in Europa an Washingtons Unilateralismus, Neoimperialismus und Hybris artikuliert wird, meist zu kurz. (ICA2)
Introduces a special journal issue, Germany's Action Plan, "Crisis Prevention, Conflict Resolution and Peace-Conflict Peace-Building". Adapted from the source document.
Unser Verständnis von Nationalisierung und Europäisierung profitiert wahrscheinlich mehr von einer Mehrebenenperspektive als von Ansätze, die diese Prozesse als getrennte, diskrete Phasen sehen. Anknüpfend an Georg Simmel wird hier ein gradualistisches Gesellschaftskonzept vertreten, das die Untersuchung der verschiedenen Spielarten der Vergesellschaftlichung im europäischen Integrationsprozess ermöglicht. Im Gegensatz zum Staatenbildungsmodell der politischen Inklusion wird argumentiert, dass der Aufbau von Märkten durch die EU zu einem Inklusionsmodell führt, das primär mit einem wirtschaftlichen Bezugsrahmen arbeitet. Komplementär wird Gleichheit als Chancengleichheit umcodiert. Diese Transformation trägt sowohl zur Selbststabilisierung des supranationalen Systems als auch zur Erosion nationalen Inklusionsarrangements bei. (ICEÜbers)
"Sudan erlebt den ersten Jahrestag des umfassenden Friedensabkommens zwischen der Regierung und der (süd)sudanesischen Befreiungsbewegung SPLM. Der Jahrestag ist Anlass, die bisherige Umsetzung der Friedensvereinbarungen zu analysieren und nach den künftigen Perspektiven zu fragen, steht doch am Ende der vereinbarten sechsjährigen Interimsperiode das Referendum über die Sezession des Südsudan. Das sudanesische Friedensabkommen erweist sich als dadurch belastet, dass es exklusiv zwischen der Regierung und der SPLM geschlossen wurde ohne andere südsudanesische Kräfte und Oppositionsgruppen einzubeziehen. Entscheidend für den Fortgang des Friedensprozesses bleibt der Wille der Regierung in Khartum, die im Friedensabkommen gemachten Zusagen auch de facto zu erfüllen und die Legitimitätsbasis durch Berücksichtigung bislang marginalisierter Bevölkerungsgruppen zu verbreitern. Die SPLM-dominierte südsudanesische Regierung unter Salva Kiir steht vor der Aufgabe, die autoritären Strukturen des 'System Garang' zu überwinden und die ethnische Dominanz der Dinka in den administrativen Strukturen abzubauen. Von Bedeutung für Konsolidierung und Stabilität des Friedensprozesses ist schließlich auch, dass die internationale Gemeinschaft ihre Zusage zur Entsendung einer UN-Friedensmacht zügig umsetzt." (Autorenreferat)
"Den 'Demokratischen Frieden' kennzeichnet ein eigentümliches Paradoxon: In der Staatenwelt gilt er als empirisches Faktum und gemeinhin als politikwissenschaftliches Gesetz - 'as dose as you can probably get' (Levy 1989, 88). Sein Pendant in der Gesellschaftswelt, der sogenannte 'Civil Democratic Peace', lenkt hingegen den Blick auf die historische Erfahrung, dass für das Ziel des Demokratischen Friedens häufig ein blutiger Preis zu entrichten war. Wird, mit anderen Worten, Demokratie als Friedensbedingung angesehen, gilt Demokratisierung als Gewaltgrund. Beides hat weitreichende und diametral entgegengesetzte politische Implikationen. Während die Aussicht auf den demokratischen Staatenfrieden die Ausbreitung demokratischer Ordnungen zum Friedenspostulat und damit zum Gebot der Stunde erhebt, führt die Aussicht auf gesellschaftlichen Unfrieden durch gewalttätig entgleisende Demokratisierungsprozesse zum exakt umgekehrten Schluss stabilitätsbetonter Zurückhaltung. Nun stützt sich seit 1989 die Demokratieförderung - von den Fesseln des Kalten Kriegs ebenso befreit wie von seiner auf den Realismus verengten Wahrnehmung der Welt - nicht zuletzt auf die Aussicht auf den Demokratischen Frieden. Sie knüpft damit nahtlos an eine geistesgeschichtliche Tradition an, die zuvor Sozialismus und Kommunismus als finale Stufe der Menschheitsentwicklung gepriesen hatte, just wie nunmehr das Ende des Sozialismus Francis Fukuyamas 'Ende der Geschichte' besiegelte (Fukuyama 1992). Die Chance einer Ausbreitung demokratischer Ordnungen offenbarte jedoch die Realität höchst konfliktbehafteter Auseinandersetzungen, die mit ihr einhergingen. Und sie ließ erneut jene Voraussetzungen erfolgreicher Demokratisierung ins Bewusstsein rücken, die einst in dem klassischen Satz Seymour Martin Lipsets kulminierten, der die Essenz der Modernisierungstheorie verkörperte: 'The more well-to-do a nation, the greater the chances it will sustain democracy' (Lipset 1959: 75). Parallel zu der in den 1990er Jahren auslaufenden und seit Beginn des neuen Jahrtausends gar zurückflutenden 'Dritten Welle' der Demokratisierung entfaltete sich zugleich eine Forschung, die sich mit der Frage auseinandersetzte, ob, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen Demokratisierung und Gewalt zusammenhängen könnten. Das betraf sowohl die zwischenstaatliche Gewalt als auch die innergesellschaftliche. Dabei wurden statistische Evidenzen getestet und in Fallstudien jene Eskalationsprozesse betrachtet, die ein Urteil über die Wirkungsketten von der demokratischen Transition zur Gewalt erlaubten. Dies ordnete sich cum grano salis in jene Forschung ein, die auch unter anderen Gesichtspunkten - wie dem viel zitierten 'backlash against democracy promotion' autoritär gesinnter Eliten oder der (umstrittenen) Leistungsfähigkeit von Demokratien im Entwicklungsprozess - eine kritische Bilanz der 'Dritten Welle' zog. Das einführende Kapitel des vorliegenden Bandes, der die Forschung der HSFK zur gesellschaftlichen Dimension des Demokratischen Friedens vereint, präsentiert zuvörderst die wissenschaftliche Debatte über das Verhältnis von Demokratie, Demokratisierung und dem inneren Frieden. Diese hat sich um drei nur partiell verknüpfte Themen entfaltet: den 'Civil Democratic Peace', die in der Transformationsforschung entwickelten Theorien demokratischer Transition im Zuge der 'Dritten Welle' sowie schließlich um die Theorie und Praxis des 'Peace Building' und des 'Nation Building'. Dabei stehen folgende Fragen im Mittelpunkt: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Demokratisierungsprozessen als einer spezifischen Erscheinungsform politischen Wandels mit ihren (Zwischen-)Ergebnissen und gesellschaftlicher (sowie zwischenstaatlicher) Gewalt? Welche Faktoren wirken gewaltauslösend und gewaltverschärfend oder umgekehrt gewalthemmend und gewaltmindernd? Wie und durch welche Maßnahmen kann darauf hingewirkt werden, dass Demokratisierungsprozesse sich gewaltfrei oder gewaltarm vollziehen? Die Bilanz der bisherigen Forschung in den genannten drei Themengebieten offenbart eine Reihe kritischer Lücken. Einige von ihnen haben die Konzipierung der Projekte angeleitet, die zwischen 2003 und 2009 an der HSFK zum inneren Frieden und damit als Beitrag zu dem Forschungsprogramm des Instituts, 'Antinomien des Demokratischen Friedens', durchgeführt wurden." (Textauszug)