Eine umfassende Analyse der Beziehungen zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Religion muss sowohl deren gemeinsame Abhängigkeit von anderen Faktoren als auch deren Einfluss auf andere Variablen berücksichtigen. Als exogene Faktoren werden daher einige sozialstrukturelle Variablen in die Analyse einbezogen, die als indirekte Indikatoren für Sozialisationseinflüsse interpretiert werden. Die potentiellen abhängigen Variablen können danach unterschieden werden, ob eher interkulturell-stabile oder kultur- und länderspezifische Einflussmuster zu erwarten sind. Beide Fallkonstellationen werden exemplarisch behandelt. Zuvor werden die Beziehungen zwischen den Persönlichkeitsvariablen und Religiosität sowie deren Effekte auf die abhängigen Variablen theoretisch analysiert. Die nachfolgende empirische Analyse stellt eine quantitative Auswertung einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage dar. Versteht man Persönlichkeitsmerkmale als stabile Dispositionen, so zeigt sich, dass Neurotizismus, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit positive Effekte auf Religiosität haben. Persönlichkeitsmerkmale und Religiosität wirken additiv auf die allgemeine Lebenszufriedenheit. In Verbindung mit soziologischen Variablen tragen Persönlichkeitsmerkmale erheblich zur Erklärung der Verbreitung politischer Einstellungen bei. Es ist jedoch zweifelhaft, in wie weit wirklich von einer Stabilität der Persönlichkeitseigenschaften ausgegangen werden kann. Man sollte vielmehr zwischen stabilen und situationsabhängigen Komponenten unterscheiden. (ICE2)
Angesichts einer rasant fortschreitenden Globalisierung, womit eine Internationalisierung fast aller Lebensbereiche einhergeht, gewinnen die Ergebnisse interkultureller Forschung zunehmend an Bedeutung. Was die Voraussetzungen für die erfolgreiche Bewältigung eines Auslandseinsatzes betrifft, so besteht in der interkulturellen Forschung seit langem darüber Einigkeit, dass hierfür, zusätzlich zu fachlichen Kompetenzen, die Basisqualifikation der "interkulturellen Handlungskompetenz" eine wichtige Rolle spielt. Trotzdem wird die Entscheidung über eine Auslandsentsendung häufig allein auf der Grundlage der fachlichen Kompetenz von Bewerbern getroffen (Stahl, 1998), "Interkulturelle Handlungskompetenz" (IHK) wird tendenziell eher vernachlässigt. Dies liegt hauptsächlich daran, dass als Grundlage einer Auswahl von Mitarbeitern für Auslandseinsätze bzw. für die Zusammenarbeit mit Personen anderskultureller Herkunft zwar eine Vielzahl von als wichtig erachteten Persönlichkeitsmerkmalen vorliegen, die als Komponenten von IHK interpretiert werden, dass diese aber zumeist unvereinbar nebeneinander stehen und nur teilweise durch empirische Untersuchungen abgesichert sind (vgl. Deller, 2000). Hier setzt die vorliegende Arbeit an. Nach einer Darstellung des aktuellen Forschungsstandes und einer kritischen Diskussion der Frage, inwieweit sich die unterschiedlichen Forschungsergebnisse zur Bedeutsamkeit verschiedener Persönlichkeitseigenschaften für interkulturellen Handlungserfolg überhaupt miteinander vergleichen lassen, wird in einem ersten Schritt versucht, diese Ergebnisse zu integrieren. Dazu wird eine repräsentative Auswahl von Persönlichkeitseigenschaften getroffen, die sich an der Quantität empirischer Belege, welche die neuere interkulturellen Forschung (ab ca. 1980) für deren Erfolgsrelevanz im interkulturellen Handlungsfeld erbringen konnte, orientiert. Diese Auswahl erfolgt auf der Grundlage einer Analyse der Gemeinsamkeiten von Definitionen und Konzeptualisierungen häufig untersuchter Persönlichkeitsmerkmale, wobei versucht wird, diese auf ihre elementare Komponenten zu reduzieren. Das Ergebnis der auf diesem Prinzip beruhenden Auswahl sind folgende, auf einem höheren Abstraktionsniveau konzeptualisierte Persönlichkeitsmerkmale: Flexibilität, Offenheit, Selbstwirksamkeit, Ambiguitätstoleranz, soziale Orientierung und Empathie, sowie die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel. Diese sieben Persönlichkeitsaspekte, welche als bedeutsame Bedingungsvariablen von IHK interpretiert werden können, werden in einem zweiten Schritt unter Zuhilfenahme von Aspekten der differentiellen Psychologie definiert, wobei zusätzlich Hypothesen über deren Wirkmechanismen im interkulturellen Kontext aufgestellt werden. Da "Interkulturelle Handlungskompetenz" in dieser Arbeit als das Ergebnis eines Lernprozesses verstanden wird, wird in der vorliegenden Arbeit davon ausgegangen, dass sich die Relevanz der ausgewählten Persönlichkeitseigenschaften als Bedingungsvariablen von IHK im Rahmen eines an der Universität Regensburg entwickelten und durchgeführten interkulturellen Lehr-Lern-Prozesses ("Studienbegleitende Ausbildung Internationale Handlungskompetenz" (SIH)) überprüfen lässt, welcher die Entwicklung und Förderung der IHK der Teilnehmer zum Ziel hat. Diese Annahmen werden in einem dritten Schritt empirisch überprüft. Dazu konnten die Daten von 80 Studenten verschiedener Studiengänge im Hauptstudium an der Universität Regensburg bzw. der FH Regensburg gewonnen werden. Die Ausprägungen der Teilnehmer auf den sieben Persönlichkeitseigenschaften wurden mittels etablierter Persönlichkeitsskalen der psychologischen Forschung erhoben (16 PFR-R, Leistungsmotivationsinventar, Inventar zur Messung der Ambiguitätstoleranz, Empathie-Skala, Multiple Perspectives Inventory). Es standen insgesamt fünf Kriterien zur Erfassung von "Interkultureller Handlungskompetenz" bei der SIH zur Verfügung: drei Noten der Teilnehmer bei den einzelnen Modulen der SIH, die Gesamtnote bei der SIH sowie die Ergebnisse bei einem unabhängig konzipierten Test zur Erfassung Interkultureller Handlungskompetenz (TIHK, Loboda, 2003). Die Ergebnisse zeigen, dass die Eigenschaften Perspektivenwechsel, Ambiguitätstoleranz gegenüber der Offenheit für Erfahrungen, Offenheit und Soziale Orientierung mit optimalen Leistungen bei einem der drei Module der SIH und mit dem Gesamterfolg bei der SIH in Zusammenhang stehen. Dieses Ergebnis wird in der vorliegenden Arbeit dahingehend interpretiert, dass sich einige der in dieser Studie verwendeten Kriterien zur Erfassung von IHK als nicht geeignet erwiesen haben und es wird argumentiert, dass die restlichen Persönlichkeitseigenschaften in ihrer Bedeutung als Bedingungsvariablen interkultureller Handlungskompetenz daher nicht verworfen werden sollten. Weitere Forschungsarbeiten werden dazu angeregt, die Wirksamkeit der in dieser Arbeit untersuchten Persönlichkeitseigenschaften als Komponenten von IHK vor allem mittels besser geeigneter Kriterien zu überprüfen. Inhaltsverzeichnis: THEORETISCHE GRUNDLAGEN 0.EINFÜHRUNG2 1.INTERKULTURELLE HANDLUNGSKOMPETENZ (IHK)4 1.1Begründung der Notwendigkeit interkultureller Handlungskompetenz4 1.2Konzeption und Definition5 1.3Interkulturelles Lernen6 1.3.1Definition6 1.3.2Anregung interkultureller Lernprozesse7 1.4Diagnostische Erfassung von IHK7 1.4.1Interkultureller Handlungserfolg8 1.4.2Paradigmenwechsel und Prädiktoren interkulturellen Handlungserfolges9 1.4.2.1Personalismus Situationismus9 1.4.2.2Interaktionismus10 1.4.3Persönlichkeitsaspekte bei der Diagnose interkultureller Handlungskompetenz11 1.4.3.1Kompetenz als persönlichkeitsspezifisches Konstrukt12 1.4.3.2Ergebnisse relevanter Studien12 2.PERSÖNLICHKEITSEIGENSCHAFTEN IN DER FORSCHUNGSLITERATUR INTERKULTURELLER HANDLUNGSKOMPETENZ (IHK)15 2.1Eine Auswahl erfolgsrelevanter Persönlichkeitseigenschaften15 2.1.1Ausgangsmaterial15 2.1.2Erstellung einer Liste erfolgsrelevanter Persönlichkeitsmerkmale17 2.1.3Analyse relevanter Studien19 2.1.4Zusammenfassung und Fazit26 2.1.5Sieben Persönlichkeitseigenschaften als Bedingungsfaktoren IHK27 2.2Die ausgewählten Persönlichkeitseigenschaften als Prädiktoren interkulturellen Handlungserfolges29 2.2.1Darstellung ausgewählter Studien30 2.2.2Zusammenfassung der Ergebnisse der Forschungsliteratur39 2.3Zusammenfassung40 3.QUALITÄTSANFORDERUNEN AN EMPIRISCHEUNTERSUCHUNGEN42 4.ASPEKTE AUS DER PERSÖNLICKEITSFORSCHUNG43 4.1Persönlichkeitsmerkmale in der differentiellen Psychologie43 4.2Persönlichkeitsskalen44 4.2.1Verwendbarkeit von Persönlichkeitsskalen44 4.2.2Auswahl von Persönlichkeitsskalen46 5.DEFINITION UND KONZEPTION DER AUSGEWÄHLTEN PERSÖNLICHKEITSMERKMALE48 5.1Flexibilität48 5.1.1Flexibilität in der interkulturellen Forschung48 5.1.2Die Skala "Flexibilität" des Leistungsmotivationsinventars (LMI) (Schuler Prochaska, 2001)50 5.1.3Flexibilität – eine Definition51 5.2Offenheit52 5.2.1Offenheit in der interkulturellen Psychologie52 5.2.2Die Skala "Offenheit für Veränderungen" des 16 PF-R (Schneewind und Graf, 1998)54 5.2.3Offenheit – eine Definition55 5.3Selbstwirksamkeit57 5.3.1Selbstwirksamkeit in der interkulturellen Psychologie57 5.3.2Die Skala "Erfolgszuversicht" des LMI (Schuler Prochaska, 2001)58 5.3.3Selbstwirksamkeit – eine Definition58 5.4Ambiguitätstoleranz60 5.4.1Ambiguitätstoleranz in der interkulturellen Psychologie60 5.4.2Das Inventar zur Messung der Ambiguitätstoleranz (IMA) (Reis, 1996)60 5.4.3Ambiguitätstoleranz – eine Definition62 5.5Soziale Orientierung64 5.5.1Soziale Orientierung in der interkulturellen Psychologie64 5.5.2Die Skala "soziale Kompetenz" des 16 PF-R (Schneewind und Graf, 1998)65 5.5.3Soziale Orientierung – eine Definition66 5.6Empathie67 5.6.1Empathie in der interkulturellen Forschung67 5.6.2Empathie-Skala (Eysenck Eysenck, 1975)69 5.6.3Empathie – eine Definition69 5.7Perspektivenwechsel71 5.7.1Perspektivenwechsel in der interkulturellen Psychologie71 5.7.2Das "Mulitple Perspectives Inventory" (MPI) von Gorenflo und Crano (1998)72 5.7.3Perspektivenwechsel – eine Definition73 6.MOTIVATION UND HANDLUNGSERFOLG75 7.ZUSAMMENFASSUNG UND INTEGRATION76 EMPIRISCHER TEIL 8.DIE STUDIENBEGLEITENDE AUSBILDUNG"ZUSATZSTUDIUM INTERNATIONALE HANDLUNGSKOMPETENZ" (SIH) AN DER UNIVERSITÄT REGENSBURG77 8.1Module: zeitlicher Rahmen und Ablauf78 8.2Erfolgskriterien bei der SIH79 8.2.1Module und Noten80 8.2.1.1Die vorlesungsbegleitenden Übungen "Analyse kulturell bedingter Konfliktsituationen"80 8.2.1.2Das Vertiefungsseminar "Kulturelle Differenz und interkulturelles Handeln"82 8.2.1.3Das Blockseminar "Interkulturelle Handlungskompetenzerkennen und fördern"83 8.2.1.4Die Gesamtnote bei der SIH83 8.2.2Der Test zur Erfassung interkultureller Handlungskompetenz (TIHK)83 8.2.3Diskussion der Operationalisierung von Erfolg bei der SIH als Kriterium für IHK84 9.VERWENDETE UNTERSUCHUNGSINSTRUMENTE86 9.1Gütekriterien86 9.2Der 16- Persönlichkeits-Faktoren-Test, rev. Fassung (16 PF- R)87 9.3Das Inventar zur Messung der Ambiguitätstoleranz88 9.4Das Leistungsmotivationsinventar (LMI)88 9.5Das "Multiple Perspectives Inventory"89 9.6Empathie-Skala91 9.7Erstellung eines Fragebogens zur Erhebung der ausgewählten Persönlichkeitsmerkmale92 9.7.1Akquieszenz92 9.7.2Soziale Erwünschtheit92 9.7.3Kombination von Persönlichkeitsskalen93 10.HYPOTHESEN95 11.DURCHFÜHRUNG DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG 97 11.1Die Datenerhebung97 11.1.1Ablauf97 11.1.2Probleme und Diskussion97 11.2Die Datenauswertung98 11.2.1Datenselektion für die Datenanalyse98 11.2.1.1Die Ergebnisse auf der Skala "Impression Management" (IM)99 11.2.1.2Fehlerhafte Fragebögen100 11.2.2Stichprobe101 11.2.3Verteilung der Persönlichkeitsvariablen bei den Teilnehmern der SIH102 11.2.4Die Diskriminanzanalyse113 11.2.4.1Das Grundprinzip der Diskriminanzanalyse113 11.2.4.2Die Bildung der Gruppen115 12.ERGEBNISSE DER DISKRIMINANZANALYSE121 12.1Prüfung der Trennfähigkeit der Indikatoren121 12.2Formulierung der optimalen Diskriminanzfunktionen127 12.3Prüfung der Diskriminanzfunktionen129 13.DISKUSSION132 13.1Repräsentativität der ausgewählten Persönlichkeitseigenschaften132 13.2Messung der Prädiktoren133 13.3Die SIH als interkultureller Lehr-Lern-Prozess133 13.4Datenlage und Stichprobeneffekte134 13.5Diskriminanzanalyse136 13.6Bedingungsfaktoren interkulturellen Handlungserfolges bei den Modulen der SIH138 13.6.1Erfolgsfaktoren für die vorlesungsbegleitenden Übungen138 13.6.1.1Zusammenfassung der Ergebnisse138 13.6.1.2Die Übungsnote als Kriterium für IHK138 13.6.1.3Interpretation der Ergebnisse140 13.6.1.4Schlussfolgerung146 13.6.2Erfolgsfaktoren für das Vertiefungsseminar146 13.6.2.1Zusammenfassung der Ergebnisse146 13.6.2.2Die Note im Vertiefungsseminar "kulturelle Differenz und interkulturelles Handeln" als Kriterium für IHK146 13.6.2.3Interpretation der Ergebnisse148 13.6.3Erfolgsfaktoren für das Blockseminar148 13.6.3.1Zusammenfassung der Ergebnisse148 13.6.3.2Die Note im Blockseminar" Interkulturelle Handlungskompetenz erkennen und fördern" als Kriterium von IHK149 13.6.3.3Bewertung der Ergebnisse anhand statistischer Gesichtspunkte149 13.6.3.4Interpretation der Ergebnisse150 13.6.4Erfolgsfaktoren für die Gesamtnote152 13.6.4.1Zusammenfassung der Ergebnisse152 13.6.4.2Interpretation der Ergebnisse153 13.6.5Erfolgsfaktoren für den Test zur Erfassung interkultureller Handlungskompetenz (TIHK) (Loboda, 2003)154 13.6.5.1Zusammenfassung der Ergebnisse154 13.6.5.2Interpretationder Ergebnisse154 13.7Erkenntniswert der Untersuchung157 13.8Ausblick auf weiterführende Forschung159 14.ZUSAMMENFASSUNG161 15.LITERATURVERZEICHNIS163 ANHANG