Wagging the dog: über Demokratie und Philosophie
In: Mittelweg 36: Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Band 15, Heft 5, S. 53-64
ISSN: 0941-6382
Der Beitrag befasst sich mit der Bedeutungslosigkeit der Philosophie für die Demokratie, wobei sich die Ausführungen auf die Situation in den USA konzentrieren. So wird zunächst die Gestalt dargestellt, die gegenwärtige politische Auseinandersetzungen in Amerika annehmen, und die Irrelevanz der Philosophie für solche Debatten betont. Es wird dargelegt, dass weder die Übereinstimmung zwischen Linken und Rechten, was die Weisheit des Festhaltens an einer konstitutionellen Regierungsform anlangt, noch ihr Dissens hinsichtlich der Frage, welche Gesetze das Land braucht, sonderlich viel mit religiösen Überzeugungen oder philosophischen Ansichten zu tun hat. Man kann sich überaus intelligent und gewinnbringend an der politischen Diskussion in heutigen demokratischen Gesellschaften wie den Vereinigten Staaten beteiligen, ohne sich im geringsten für Religion oder Philosophie zu interessieren. Nichtsdestotrotz stößt man gelegentlich auf philosophische Kontroversen darüber, ob die Demokratie 'philosophische Grundlagen' hat. Solche Debatten hält der Autor nicht für sonderlich nützlich. Um zu verstehen, warum sie immer noch geführt werden, wird an den Umstand erinnert, dass der Streit zwischen Religion und Philosophie beim Ausbruch der demokratischen Revolutionen des 18. Jahrhunderts eine Bedeutung hatte, die ihm heute abgeht. Denn diese Revolutionen konnten sich nicht auf die Vergangenheit berufen, sie konnten nicht auf die historischen Erfolge demokratischer und säkularer Regime verweisen. Als Vertreter einer letztbegründungsfeindlichen Philosophie glaubt der Autor nicht, dass die moralische Welt eine Struktur hat, die durch philosophische Reflexion ausgemacht werden kann. Die Erläuterung dieses Standpunktes basiert auf dem Selbstverständnis als Historist gemäß der These Hegels, wonach die Philosophie ihre Zeit in Gedanken ist. Somit sollte der Versuch, die Gesellschaft auf eine philosophische Grundlage zu stellen, durch den Versuch ersetzt werden, aus der historischen Überlieferung zu lernen. (ICG2)