'Politikwissenschaft ist sowohl im deutschsprachigen als auch im angelsächsischen Raum eine besonders 'geschlechtsresistente' Disziplin. Diese disziplinäre Widerständigkeit hat mehrere Ursachen: erstens die männerbündische Personalrekrutierung des Faches, zweitens den strukturellen Maskulinismus des Politikwissenschaftsbetriebs und eine daraus folgende männlich-hegemoniale Themenauswahl und drittens einen immanenten Androzentrismus von Konzepten, Theorien und Problemstellungen. Darüber hinaus ist die politikwissenschaftliche Geschlechterforschung, die das Ziel hat, die Mechanismen der 'androzentrischen Geschlechtsblindheit' offen zu legen, doppelt marginalisiert - nicht nur innerhalb der Politikwissenschaft, sondern auch im Konzert der frauen- und geschlechterforscherischen Disziplinen. Diese Randständigkeit kann die vergleichsweise junge politikwissenschaftliche Geschlechterforschung überwinden, wenn sie mehr Selbst'bewusstsein' im Sinne des Wissens um ihren Gegenstand geschaffen hat.' (Autorenreferat)
Die Oldenburger Privatdozentin für Vergleichende Politikforschung (siehe zuletzt "Parteien in der Bundesrepublik Deutschland", BA 11/90) legt ein solides Lehr-und Studienbuch zur Politikwissenschaft vor, gegliedert in die Kapitel "Politische Soziologie", "Politische Systeme", "Politische Ideengeschichte", "Internationale Beziehungen" und "Entwicklung der Politikwissenschaft". Zum Thema sind in letzter Zeit zahlreiche Titel auf den Markt gekommen, z.B. J. Bellers (BA 4/93), U. Druwe (BA 5/93) oder W. J. Patzelt (BA 4/93). Bellers und Patzelt scheinen mir für Abiturienten und Erstsemester geeigneter zu sein, dennoch sollte auch die vorliegende Darstellung bei starker Nachfrage und entsprechendem studentischem Publikum angeboten werden.
In: Policy-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland: ihr Selbstverständnis und ihr Verhältnis zu den Grundfragen der Politikwissenschaft, S. 137-143
Der Beitrag enthält Thesen zu den Grundlagen der Politikwissenschaft. Sie lauten u. a. (1) Institutionen, Einstellungen und politische Entscheidungen sind die zentralen Gegenstände der Politologie. (2) Erwerb und Ausübung politischer Macht bilden die Besonderheit der politikwissenschaftlichen Analyse. (3) Auf diesem Gebiet liegt auch der Schwerpunkt der Politikfeldanalyse (Policy-Forschung). (4) Substanz und Folgen politischer Entscheidungen müssen im Mittelpunkt der Politikwissenschaft stehen. (5) "Die beste Politologie ist diejenige, die Fragen der institutionellen Ordnung, der ideengeschichtlichen Grundlagen, der Konflikt-, Konsens- und Machterwerbsprozesse und der Substanz politischer Entscheidungen gleichermaßen berücksichtigt". (6) Politikwissenschaft besteht aus den drei Bereichen Polities (Politikstrukturen), Politics (politische Prozesse) und Policies (Politikfelder). (HA)
In dem Beitrag wird über den Workshop "Politikwissenschaft ohne Frauen?" der ÖGPW im Dezember 1984 berichtet. Da die Hauptreferate in dem vorliegenden Heft abgedruckt sind, werden hier die Ergebnisse der drei Arbeitskreise dargestellt: (1) "Das Private" ist wissenschaftsfähig, zur Selektivität der Politikwissenschaft; (2) Frauenstudium - Berufskarrieren - persönliche Erfahrungen; (3) Frauenstrategien an der Universität. Außerdem werden kurz die Statements der abschließenden Podiumsdiskussion zusammengefaßt. (KW)
Der Autor stellt dar, welche Fragestellungen für die Politikwissenschaft konstitutiv sind und auf welchen Wegen die Politikwissenschaft zu Antworten gelangt. Dabei wird davon ausgegangen, daß im Mittelpunkt der Politikwissenschaft des 20. Jahrhunderts einerseits die empirische politikwissenschaftliche Analyse und andererseits die normative Politikwissenschaft, die in die politische Philosophie mündet, steht. Anhand zweier Schlüsselbegriffe der Politikwissenschaft, "Demokratie" und "Legitimität" wird der gegenwärtige Entwicklungstand in beiden Bereichen charakterisiert. Es zeigt sich, daß es sowohl eine streng auf Beschreibung und Erklärung der Wirklichkeit gerichtete und beschränkte Demokratieforschung oder auch Legitimitätsforschung gibt, als auch eine stärker an normativen Fragen orientierte politikwissenschaftliche Beschäftigung mit den Themen "Demokratie" und "Legitimität". Die Begriffe führen zu Fragen, die die Politikwissenschaft als praktisch, handlungsleitende Wissenschaft fordern, so daß sie modellhaft ein Panorama der Politikwissenschaft nachzeichnen. (HN)
Der Verfasser skizziert einleitend die Vorgeschichte der Politikwissenschaft in Österreich und gibt einen Überblick über die Entwicklung der Disziplin nach 1945. Er behandelt im folgenden das politikwissenschaftliche Studium sowie die universitäre und außeruniversitäre Institutionalisierung der Politikwissenschaft. Inhaltliche Schwerpunkte der Forschung an den Universitäten Wien und Innsbruck sowie am Institut für Höhere Studien und wissenschaftliche Forschung und am Österreichischen Institut für Internationale Politik werden benannt. Abschließend werden Entwicklungsperspektiven der Disziplin im internationalen Kontext diskutiert. (ICE)
Der Aufsatz befaßt sich mit den inhaltlichen Beziehungen und methodischen Unterschieden zwischen der Politikwissenschaft und der Zeitgeschichte. Der Autor befaßt sich dabei insbesondere mit folgenden Aspekten: (1) Verwendung zeithistorischer Argumente in der politischen Auseinandersetzung und damit als Begründung politischer Entscheidungen; (2) Aufspürung von politischen Konsensen aus historischer Erfahrung; (3) Zeitgeschichte als Stoff einer Politikwissenschaft, die bewußt auf Analogie und Komparatistik abzielt; (4) Zeitgeschichte als Stoff mancher politischer Auseinandersetzungen, die immer wieder der "Revitalisierung" von historischen Konflikten und Erfahrungen bedürfen. (psz)
In dem Beitrag werden die Gegenstandsbereiche der Politikwissenschaft betrachtet. Zunächst werden Begrifflichkeit und Herkunft der Politikwissenschaft erläutert. Dazu wird die Entwicklung der Politikwissenschaft in der BRD nach dem Zweiten Weltkrieg nachgezeichnet. Die verschiedenen Begriffe werden erläutert. Das Verhältnis der Politikwissenschaft zu ihren Nachbarfächern, anderen gesellschaftswissenschaftlichen Disziplinen, wird diskutiert. Beispielhaft an einzelnen Teilbereichen wird das breite Spektrum des Faches inhaltlich beschrieben. Vorgestellt werden: (1) politische Theorie; (2) politisches System; (3) vergleichende Analyse politischer Systeme; (4) internationale Politik und internationale Beziehungen; (5) politische Ökonomie. Die weitere Ausdifferenzierung der Politikwissenschaft seit Beginn der 70er Jahre wird skizziert, indem die Gegenstandsbereiche der Politikwissenschaft heute dargestellt werden. (RW)
In dem Beitrag, der Politikwissenschaft als Beruf untersucht, geht es um folgende Fragen: Welche charakteristischen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt das Studium der Politikwissenschaft? In welchen Arbeitsverrichtungen sind Politologen tätig? Wo sind sie tätig? Wie kann man sich über all diese Fragen informieren? In einer Einführung werden einige Vorschläge gemacht, worüber man sich informieren sollte und wie man sich informieren kann. Die Gegenwart und die Zukunft der Arbeitslandschaft in der BRD für Politologen werden anhand einiger Statistiken abgeschätzt. Ausgehend von den Ausbildungsschwerpunkten in der Politikwissenschaft werden die Berufsfeldorientierung der Politikwissenschaft und die Arbeitsmarktchancen erkundet. Einzelheiten der Ausbildungs- und Beschäftigungslage werden dargestellt. Tätigkeitsfelder und Einsatzbereiche werden aufgezählt: Organisations-, Verwaltungs-, Büroberufe sowie Sozial- und Erziehungsberufe. Verschiedene Qualifikationen und Karrieremöglichkeiten werden skizziert. Dann werden einige Empfehlungen für den Berufseintritt gegeben. Der Stellenwert des Praktikums im politikwissenschaftlichen Studium wird bestimmt. Als zwei spezielle Tätigkeitsbereiche werden die Selbständigkeit und der öffentliche Dienst beschrieben. Es wird auf die zunehmende Bedeutung der politischen Informatik hingewiesen. (RW)
In dem Beitrag wird in den Gegenstand der Politikwissenschaft eingeführt. Zunächst wird die allgemeine soziale Bedingtheit der politikwissenschaftlichen Erkenntnis veranschaulicht. Es wird erläutert, warum für die Politikwissenschaft eine Vielfalt von Politikbegriffen konstitutiv ist. Zur Annäherung an die Grundbedeutung des Wortes Politik werden verschiedene Dimensionen des Politikbegriffs betrachtet: (1) Politik als 'polity'; (2) Politik als 'politics'; (3) Politik als 'policy'. Auf der Grundlage dieses politologischen Dreiecks werden einige Politikbegriffe näher erläutert: (1) Politik als Freund-Feind-Verhältnis; (2) Politik als 'rechte' Ordnung des Gemeinwesens; (3) Politik als Konflikt; (4) Politik als System; (5) Politik als Aufhebung von Entfremdung. (RW)
Ausgangspunkt des Autors ist, daß wir in einem Zeitalter leben, in dem große Bedrohungen und Herausforderungen auf uns zukommen - "Challenges" im Sinne von Arnold Toynbee. In Erinnerung an die sieben Todsünden der Kirche spricht der Autor von sieben Challenges: (1) Rüstungswettlauf und Militarisierung, Kriegsgefahr und Krieg; (2) Umweltbedrohung und -zerstörung; (3) Elend, Hunger und Not in der Dritten Welt; (4) die Wirtschaftskrise in ihren verschiedenen Aspekten und Formen; (5) Gewalt und Terror im politischen Bereich, aber auch Defizit und Demontage der Demokratie; (6) die Krise der Gesellschaft und Kultur; (7) die Entfremdung, Vereinsamung usw. des Individuums. Vor diesem Hintergrund entwickelt der Autor verschiedene Zukunftsszenarien. Nach zwei Szenarien, die ein finsteres Zeitalter für die Menschen prognostizieren, wird in einem dritten Modell eine wünschens- und lebenswerte Zukunft ausführlich dargestellt, die sich wohl erst zu einem fernen Zeitpunkt verwirklichen lassen würde. In einer solchen Welt ohne Waffen und ohne Bevölkerungsdruck, ohne Machtblöcke und ohne fieberhaften technischen Fortschritt könnte die Synthese des modernen faustischen Menschen mit dem dionysischen oder apollinischen neue Gestalt annehmen. In einer neuen Gesellschaft, in der sich Nord und Süd, Orient und Okzident durchdringen, mag sich der westliche Mensch, der sich vor totaler Entleerung und Entmenschung bewahren will, auch auf uralte östliche Kulturtraditionen besinnen, um eine neue Verwurzelung und Verinnerlichung zu erzielen. So spricht einiges dafür, daß die Zukunft des Menschen (wenn er Zukunft hat!) nicht das Werk des zerstörenden, erobernden, bezwingenden einzelnen, sondern das des genußfähigen, bewahrenden und pflegenden Mitmenschen sein wird. In diesem dritten Zukunftsszenario erwartet der Autor eine Fortentwicklung der Politikwissenschaft zu einer echten Humanwissenschaft. Nun würde die Machtpolitik hinter einer rational-funktionalen Leitung oder Führung zurücktreten. Die Politik würde nun zusehends dem Menschen und der Menschheit dienen. Als Human- und Globalpolitik würde sie ihren Beitrag zur Entwicklung des Menschen vom Homo sapiens zum Homo humanus leisten. (RW)
In dem Beitrag wird das Verhältnis der Politikwissenschaft zu ihren Nachbardisziplinen untersucht. Zunächst wird die zunehmende Abspaltung und Emanzipation von Einzelwissenschaften vom vormaligen Wissenschaftsuniversum beschrieben. Die Grundprinzipien der Wissenschaftsgemeinschaft werden dargestellt. Dabei geht es vor allem um ethisch-praktische Ziele der Wissenschaft. Ein funktional-pragmatisches Wissenschaftsverständnis wird entwickelt. Im einzelnen werden dann die Beziehungen der Politikwissenschaft zu folgenden Disziplinen betrachtet: (1) Soziologie: Große Ähnlichkeiten, vor allem in der Begrifflichkeit werden festgestellt; (2) Ökonomie: Es wird ein enges Verhältnis festgestellt; (3) Anthropologie und Psychologie: Sie machen das politisch-philosophische System verständlich; (4) Pädagogik; (5) Publizistik; (6) Philosophie: Es geht um Fragen der politischen Ethik; (7) Geschichtswissenschaft: Durch den Bezug zur Historie können Tendenzen der Gegenwart analysiert werden; (8) Sprachwissenschaften; (9) Verwaltungswissenschaft und Rechtswissenschaft; (10) Geographie; (11) Verhaltensforschung; (12) Naturwissenschaften; (13) Strukturwissenschaften; (14) Theologie. (RW)