Anders als die bisher überwiegend an militärischen Fakten interessierte Forschung verfolgt Nikolaus Braun einen primär legitimatorischen Konflikt, einen politischen Glaubenskrieg, in dem die symbolische Ebene genauso entscheidend war wie militärische Realitäten. Die Untersuchung geht dabei weit über eine herkömmliche Geschichte von Propaganda und Presse hinaus: Nicht nur Fahnen, Lieder, Briefmarken, Uniformen etc. gerieten zu Trägern nationaler Propaganda, ebenso wurden Beerdigungen, Hungerstreiks, Exekutionen, aber auch die gesamte Außenpolitik und weite Teile der Kriegführung regelrecht inszeniert. Braun verfolgt, wie sich Denk- und Handlungsmöglichkeiten gegenseitig antrieben, bedingten und blockierten, und macht damit die innere Logik eines scheinbar irrationalen Konflikts sichtbar.
Die Autoren gehen auf die Ritualisierungen und Inszenierungen des Herrschaftsregimes unter Einbeziehung der Kognitions- und Sozialpsychologie ein. Des Weiteren wird ein Überblick über die Beiträge des Beihefts gegeben. Sie thematisieren demzufolge "die Aspekte der Präformierung, Sozialisierung und Instrumentalisierung von Wahrnehmung, Erleben und Verhalten, um der historischen Erforschung des Nationalsozialismus in der Erziehungs- und Bildungsgeschichte einen bisher zu wenig beachteten Doppelaspekt der Wirkungsgeschichte hinzuzufügen: die Einsicht in die Mechanismen des Bewirkens von bestimmten Bewusstseinsformen und die Einsicht in die kognitive Struktur des Bewirkten, in die Struktur eines Bewusstseins nämlich, das aus den Zwängen der ihm aufgeprägten Symbol- und Bilder-Welten keinen Ausweg mehr fand."(DIPF/Orig./ah)
Gegenwärtig weist der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Deutschland ein beträchtliches Maß an ökonomischer Ineffizienz auf. Ausschlaggebend dafür ist die starke Einflußnahme des Staates auf diesen Verkehrsbereich: Der ÖPNV wird staatlich reguliert und sein Leistungsumfang zu einem großen Teil politisch bestimmt, die meisten Betriebe stehen in kommunalem Eigentum, und verschiedene Finanzierungsquellen bestehen unkoordiniert nebeneinander. Die Folge ist eine hohe und weiter zunehmende Subventionierung des ÖPNV mit öffentlichen Mitteln. In der deutschen Verkehrspolitik findet zwar derzeit eine umfassende Neuorientierung zu marktwirtschaftlichen Verhältnissen statt; der ÖPNV wird aber auch künftig noch immer stark durch behördlich-administrative Strukturen geprägt sein. Die im Zuge der Bahnreform beschlossene Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs berührt diese Strukturen nur am Rande. Bei realistischer Einschätzung der zu erwartenden politischen Anforderungen an den ÖPNV ist außerdem damit zu rechnen, daß politische Ziele auch weiterhin einen großen Teil seines Leistungsumfangs bestimmen werden. Um Subventionen dennoch möglichst in engen Grenzen zu halten, muß das Streben nach wirtschaftlicher Effizienz im ÖPNV ein größeres Gewicht erhalten. Deshalb müssen auch in diesem Verkehrsbereich mehr Wettbewerb und unternehmerische Eigenverantwortung eingeführt werden. Die hier vorgestellte Strategie zur stärkeren Einbindung des ÖPNV in ein marktwirtschaftlich orientiertes Verkehrskonzept sieht vor, — die staatliche Einflußnahme im ÖPNV so zu beschränken, daß nur die Leistungen, die als Mindestangebot vom ÖPNV erbracht werden sollen, politisch festgelegt und das Eigentum und die Betriebsführung grundsätzlich privaten Nahverkehrsgesellschaften überlassen werden, — in einer öffentlichen Ausschreibung zu ermitteln, welche Nahverkehrsgesellschaften die geringsten Subventionen benötigen, um die politisch festgelegten Leistungen anbieten zu können, — das bisherige Konzessionierungsverfahren aufzuheben und den Zuschlag für die subventionierten Leistungen zeitlich zu befristen. Damit die fiskalische Eigenverantwortlichkeit der Gebietskörperschaften gestärkt und der Umfang politisch gewünschter Leistungen möglichst rational bestimmt wird, sind Zahlungen an den ÖPNV grundsätzlich auf der öffentlichen Ebene aufzubringen, auf der auch die Leistungsanforderungen festgelegt werden. Dazu wird vorgeschlagen, die Aufgaben- und Ausgabenverantwortung für den ÖPNV in den einzelnen Nahverkehrsräumen den speziell zu gründenden Zweckverbänden zu übertragen. Zur Finanzierung der subventionierten Leistungen eignet sich in erster Linie eine Nahverkehrsabgabe, die von den Einwohnern der einzelnen Nahverkehrsräume an die jeweils zuständigen Zweckverbände zu zahlen ist. Ihre jeweilige Höhe ist das Ergebnis der öffentlichen Ausschreibung. Bestehende Steuern sind in dem Umfang zu senken, in dem sie bisher der Deckung des ÖPNV-Finanzbedarfs dienten.
Im Oktober 2001 wurde in der Ukraine die nationale Bildungsdoktrin verabschiedet, die eine Strategie zur beschleunigten innovativen Entwicklung von Bildung und Wissenschaft im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts beinhaltet. Darin wird der Bildung politische Priorität zuerkannt. Die Autoren erörtern, wie diese Leitidee durch entsprechende Finanzierung umgesetzt werden kann. Gliederung: 1. Bildung als politische Priorität in der Ukraine. - 2. Zielorientierte Bildungsfinanzierung. - 3. Bildungsfinanzierung in der Transformationsgesellschaft. Diversifizierung der Finanzierungsquellen. - 4. Bildungsfinanzierung in der Ukraine der 1990er Jahre - privat vs. staatliche? - 5. Demokratisierung und Dezentralisierung - mehr Autonomie für die Bildungseinrichtungen. - 6. Gemeinnützige (nicht-kommerzielle) Bildungseinrichtungen - ein Novum in der Ukraine. - 7. Entwicklungsperspektiven des ukrainischen Bildungswesens. (HoF/Text übernommen)
Dieser Essay untersucht verschiedene Phasen van Gesetzgebungsaktivitaten im Gesundheitssektor, speziell die Einfiihrung oder Revision van Krankenversicherungsgesetzen. Unter komparativen Aspekten sind diese Ffille besonders aufschluBreich, weil die Interessen der beteiligten Akteure konstant bleiben, wahrend ihre strategischen Praferenzen in Abhangigkeit van politisch-institutionellen Konstellationen variieren. Diese InstitUtionen werden hier als "sets" van politischen Reprasentanten verstanden, welche unmittelbar auf Veranderungen des Wahlerverhaltens antworten, so daB institutioneller Wandel im Zusammenhang sich verandernder strategischer Umwelten betrachtet werden kann. ; This paper reviews a series of episodes of health care policy-making concerning the introduction and revision of national health insurance laws. These cases are optimal for comparison as the interests of the actors are fixed but their strategic preferences vary in response to political institutions. These institutions are considered as sets of political representatives. Consequently, they respond immediately to electoral changes and we can view institutional change in terms of changing strategic environments.
Zunehmende Budgetprobleme bedrohen die Handlungsfähigkeit öffentlicher Gebietskörperschaften. Bisherige Arbeiten zur Haushaltskonsolidierung beschränken sich auf deskriptive Argumente. Mit positiver Theorie und im Rahmen der Neuen Politischen Ökonomie analysiert diese Arbeit strukturelle Grundlagen für den permanenten Ausgabedruck und prozessuale Ansätze zur Krisenbewältigung. Erfolgsbedingungen für Ausgabekürzungen können abgeleitet und empirische Fallbeispiele aufgearbeitet werden.
Die Umweltpolitik gilt als wichtiger Eckpfeiler rot-grüner Politik in Deutschland. Um deren Erfolg beurteilen zu können, müssen nationale Pfadabhängigkeiten wie auch globale Politikkonvergenzen berücksichtigt werden. Deshalb wird eine Konzeption gewählt, die zwei Dimensionen umfasst: das Ausmaß des Politikwandels, der entweder radikal oder lediglich moderat sein kann, und Deutschlands Stellung im internationalen Vergleich als Vorreiter oder Nachzügler. Auf dieser Grundlage lassen sich vier Typen von politischen Strategien unterscheiden: (1) Vorangehen ("moving first"), (2) Aufholen ("catching up"), (3) in Führung bleiben ("staying ahead"), (4) Zurückbleiben ("lagging behind"). Basierend auf dieser Typologie werden vier Fälle untersucht: die Energiepolitik, die Ökologisierung des Steuersystems, die Klimapolitik und die nationale Nachhaltigkeitsstrategie. Die Fallstudien zeigen erstens, dass ein Wechsel des Politikpfades in Bereichen stattfand, die schon immer einen prominenten Platz auf der grünen Agenda eingenommen haben (Ausstieg aus der Atomenergie, Ökosteuer). Zweitens wird deutlich, dass Politikinnovationen, die sich im Ausland bereits bewährt haben, den Politikwandel erheblich erleichtern, weil diese Ansätze von politischen Unternehmern als Referenzpunkt genutzt werden können. Drittens verfolgt Deutschland in Bereichen, in denen das Land Vorreiter ist, multilaterale Strategien: Um die eigene Position zu sichern, werden andere Länder zur Übernahme ähnlicher Politiken veranlasst. ; Environmental policy is considered a cornerstone of "red-green" (Social Democratic Party-Green Party) politics in Germany. To evaluate its success, national path dependence as well as global policy convergence has to be taken into account. Therefore, we have chosen a conceptual approach that encompasses two dimensions: the scope of policy change, which can be either radical or only moderate, and Germany's international position as a pioneer or a laggard. On this basis, four types of policy strategies can be distinguished: (1) moving first, (2) catching up, (3) staying ahead, and (4) lagging behind. This typology is used to analyze four case studies: energy policy, the ecological tax reform, climate change policy, and the national sustainability strategy. The case studies show, firstly, that a policy change occurred in areas that were high on the Green Party agenda from the very beginning (phase-out of nuclear energy, ecological taxation). Secondly, it is evident that policy innovations already tested in foreign countries facilitate policy change, because policy entrepreneurs can use them as a point of reference. Thirdly, Germany pursues multilateral strategies in areas where the country is a pioneer. To guarantee Germany's position, other countries are pushed to adopt similar policies.
Die Aufgabe dieses Beitrages besteht darin, die Fragestellungen und Probleme bei der empirischen Analyse der politischen Kultur Deutschlands zu demonstrieren. Im einzelnen sind die folgenden Fragen zu klären: (1) Welcher Ausschnitt aus der politischen Wirklichkeit konstituiert den Gegenstand der empirischen Analyse politischer Kultur und wie läßt sich dieser Realitätsausschnitt für die empirische Forschung erschließen? (2) Welche konkreten Einzelfragen stehen bei der Analyse der kulturellen Entwicklung Gesamtdeutschlands im Vordergrund? (3) Welche Strategien sind in der empirischen Forschung einzusetzen?
Titelblatt, Danksagung und Inhaltsverzeichnis 1\. Einleitung 4 2\. Internationale Gerechtigkeit 17 2.1 Was ist Gerechtigkeit? 17 2.2 Was ist Verteilungsgerechtigkeit? 23 2.3 Gerechtigkeitstheorien 26 3\. John Rawls 34 3.1 Eine Theorie der Gerechtigkeit34 3.2 Die Idee des politischen Liberalismus49 3.3 The Law of Peoples51 3.4 Zusammenfassung: John Rawls und globale Gerechtigkeit67 4\. Kosmopolitismus 75 4.1 Thomas Pogge81 4.2 Charles Beitz101 4.3 Brian Barry128 4.4 Zusammenfassung139 5\. John Rawls Gerechtigkeitstheorie und kosmopolitische Theorien: Vor- und Nachteile einer Realisierung 152 5.1 Anwendungsvoraussetzungen 152 6\. Die Realisierbarkeit globaler Gerechtigkeitstheorien in der gegenwärtigen Weltordnung 183 6.1 Das Verhältnis von Theorie und Praxis 183 6.2 Die Bedeutung internationaler Gerechtigkeit 186 6.3 Struktur des internationalen Systems 201 6.4 Internationale Akteure 207 7\. Schluss 230 Literatur 249 ; Die internationalen Beziehungen sind weitgehend bestimmt durch spezielle Interessen der einzelnen außenpolitischen Akteure. Gerechtigkeitsfragen spielen in den politischen Strategien eher eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist die Gerechtigkeit vor allem in den internationalen Beziehungen von hoher Bedeutung. Die gerechte Verteilung von Menschenrechten, von lebensnotwendigen Grundgütern und sozialem Wohlstand trägt wesentlich zur Stabilität in den internationalen Beziehungen bei. Können Interessenkonflikte, die allein aufgrund ungerechter Verteilungen basieren, vermieden werden, so ist mit einer stabilen internationalen Ordnung zu rechnen. Den Bürgern gerechter Gesellschaften ist ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben ermöglicht, dass sie auf der Grundlage der gerechten und sicheren Lebensverhältnisse führen können. Als John Rawls 1971 seine "Theorie der Gerechtigkeit" erstmals veröffentlichte, war diese auf eine geschlossene, nationale Gesellschaft zugeschnitten. Im Laufe der Jahre entwickelte Rawls seine Gerechtigkeitstheorie jedoch fort. Er dachte zunehmend auch über internationale ...
In dem Kurzbericht werden zunächst die Ursachen der anhaltenden Massenarbeitslosigkeit in Deutschland betrachtet. Danach nimmt der Autor zur Therapie Stellung. Er bezweifelt, dass die Aktivierung der Arbeitslosen und die Deregulierung des Arbeitsmarktes allein ausreichen. Vielmehr müssen alle politischen Handlungsmöglichkeiten einbezogen werden, die zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sowie zur Entfaltung einer höheren Wachstumsdynamik und Beschäftigungsintensität beitragen können.
Weltweit leben 1,3 Mrd. Menschen in extremer Armut. Die Mehrheit von ihnen sind Frauen. In der internationalen Gemeinschaft hat sich deshalb in den vergangenen Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass die politische, ökonomische und kulturelle Diskriminierung von Frauen ein zentrales Hemmnis sozialer Entwicklung darstellt. Neue Politikleitlinien der bi- und multilateralen Geber bekräftigen, dass Armutsbekämpfungsprogramme nur erfolgreich sein können, wenn sie die gesellschaftliche Ungleichheit zwischen Männern und Frauen berücksichtigen. Es gilt daher, den Zugang von Frauen zu Ressourcen und Rechten zu gewährleisten sowie Maßnahmen zur Überwindung von struktureller Benachteiligung zu ergreifen. Der vorliegende Beitrag prüft, inwieweit die im Rahmen der erweiterten Schuldeninitiative entstehenden nationalen Strategien zur Armutsbekämpfung (Poverty Reduction Strategy Papers, PRSP) diesem politischen Anspruch gerecht werden und eine Geschlechterperspektive integrieren. Die Beteiligung armer, politisch unterrepräsentierter Gruppen am PRSP-Prozess soll die Berücksichtigung ihrer Interessen in den Programmen zur Armutsbekämpfung sicherstellen. Dabei werden auch Frauenorganisationen an den Prozessen beteiligt. Ein systematischer Einbezug frauenpolitischer Positionen findet jedoch meist nicht statt. Die Entwicklung langfristiger Strategien zur Verminderung von weiblicher Armut wird wesentlich behindert durch den Mangel an geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselten Daten und deren Analyse. Armutsprofile und Indikatoren beschränken sich im Allgemeinen auf die Zugangsrate von Mädchen und Frauen zu Grundbildung. Es ist bisher nicht gelungen, eine Geschlechterperspektive in den makroökonomischen Rahmen der Armutsstrategie zu integrieren. Die sozialen Auswirkungen der konventionellen Stabilisierungs- und Privatisierungsmaßnahmen auf Frauen bleiben im PRSP-Prozess unberücksichtigt. Maßnahmen zur Förderung ihrer wirtschaftlichen Situation beschränken sich weitgehend auf die Vergabe von Kleinkrediten. Die bilateralen Geber sollten sich insbesondere im Umsetzungsprozess von PRSP stärker in der Integration von Querschnittsthemen wie der Förderung der Geschlechtergerechtigkeit engagieren. Der Politikdialog mit staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren sollte genutzt werden, um die Geschlechterfrage mit Makroökonomie, Demokratieförderung (Partizipation) und Kohärenz von Sektorpolitiken zu verknüpfen.
Chronische Erkrankungen, Multimorbidität und vermehrte Behandlungsmöglichkeiten auf der Patienten- und höhere Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung auf der Versorgungsseite machen für einen wachsenden Teil der Patienten eine Vielzahl verschiedener Helfer in einer Reihe von unterschiedlichen Einrichtungen erforderlich. Der daraus resultierenden Tendenz zur Fragmentierung kann nur mit Bemühungen zur Koordination, Kooperation und Integration entgegengewirkt werden, um kontinuierliche Versorgungsverläufe und Rationalität arbeitsteiliger Vorgehensweisen zu erreichen und sicherzustellen. Die in und zwischen den Versorgungsinstitutionen nicht eingelösten Integrationserfordernisse vertiefen den Widerspruch, dass die Kenntnisse, Fähigkeiten und Techniken der Gesundheitswissenschaften immer ausgefeilter werden, während andererseits die Vermittlung zwischen den Teilbereichen ganz oder teilweise den Patienten überlassen bleibt. Das unter hohem Aufwand vergrößerte wissenschaftlich-technische Potential wird damit weit unteroptimal ausgeschöpft, und die Risiken iatrogener Schäden erhöhen sich. Gestützt auf internationale Erfahrungen wird verdeutlich, daß integrierte Interventions- und Versorgungssysteme Prozesse sind, bestehend aus Veränderungen der sozialen Beziehungen, der beruflichen Kompetenzen, der Einkommensrelationen, des Status, der institutionellen Strukturen einschließlich ihrer gewachsenen Organisationskulturen, regionaler Orientierungen und Traditionen usw. Der Erfolg politischer Strategien hängt wesentlich davon ab, ob und wie sie den zum Teil recht verschiedenen Sachlogiken, unterschiedlichen Zeitbedarfe und interessenbedingten Resistenzen dieser Veränderungsdimensionen gerecht werden. Mit Umlenkungen finanzieller Ressourcen, neuen Vertragsmöglichkeiten und monetären Anreizen allein ist es nicht getan. Auf der Grundlage solcher prozessbetonten und 'systemischen' Orientierungen werden drei Schlüsselthemen der Integration unter die Lupe genommen: Erstens die Funktionen einer Primärversorgung, die eine Säule der Integration darstellt, zweitens die Regionalität des Gesundheitswesens, die in Deutschland nicht zu einem relevanten, eigenständigen Ziel hat werden können, und drittens die behutsame Neuformulierung der 'Sicherstellungsaufträge' im Zuge der Integrationsanstrengungen. Die Studie plädiert für eine Haltung, die sich bemüht, aus einem Verständnis der Vielschichtigkeit und Komplexität der Integrationsprozesse heraus Handlungsweisen zu entwickeln, realistische Teilziele zu setzen und mit einer langfristigen gesundheitspolitischen Perspektive zu verbinden. In diesem Sinn werden abschließend Elemente zu Leitbildern der Integration aus der System- und der Patientenperspektive vorgeschlagen.
Neuzeitliche Waldschäden in Europa, erhöhte Ozonkonzentrationen in der Troposphäre, Ozonabbau in der Stratosphäre, Atemwegserkrankungen, Versauerung der Seen sowie andere Umweltbeeinträchtigungen haben das öffentliche Interesse auf die Luftschadstoffproblematik, als mögliche Ursache dieser Effekte, gelenkt. Wenngleich die Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen Luftschadstoffemissionen und den genannten Umweltbeeinträchtigungen weder vollständig bewiesen noch in allen Einzelheiten bekannt sind, besteht vielfach Einigkeit darüber, daß Luftschadstoffe zumindest mitverantwortlich für diese Effekte sind. Die Reduzierung der Schadgasemissionen zum Schutz der Umwelt erfordert zusätzliche Ausgaben, die sich jedes Jahr zu Milliardenbeträgen summieren. Aus diesem Grund ist eine maximale Reduzierung der Emissionen mit den geringst möglichen Zusatzkosten eine wichtige umweltpolitische Zielsetzung. Dieser Beitrag stellt beispielhaft einige bisherige Forschungsarbeiten zusammen, deren Ergebnisse eine problemorientierte Unterstützung der politischen Entscheidungsträger im Hinblick auf die Verwirklichung effizienter Luftreinhaltestrategien in Baden-Württemberg bieten. Darüberhinaus werden notwendige Weiterentwicklungen der methodischen Ansätze und Systemanalysen sowie künftige Aufgabengebiete diskutiert. ; Damage to forests in Europe, increasing ozone-Ievels in the troposphere, ozone depletion in the stratosphere, respiratory deseases, acidification of lakes and other environmental damages have attracted public attention to the problem of air pollution as a possible cause of all these effects. Though, the cause-effect relationship between emission of air pollutants and some of those effects has neither been proven nor is the complex mechanism of environmental impact of pollutants fully understood. However, the general consent is, that the air pollutants are at least partly responsible for the above mentioned effects. Reduction of emissions of pollutants as a means of environmental protection results in additional expenditure, which adds up to annual costs of several billions of DM/year. Maximum reduction of emissions with least additional costs is therefore an important policy objective. In this contribution some research activities are summarized. their results giving an important support of political decision-makers with regard to the realization of efficient air pollution control strategies in Baden-Württemberg. Further developments of methods and systems analysis required. as well as future tasks will be discussed additionally.
Die Strategiegenese in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist durch eine Konzentration auf die jeweilige Situation und durch eine hohe Dynamik gekennzeichnet. Wichtige Entscheidungen werden spontan und auf den ersten Blick "unüberlegt" gefällt, Strategien sind offensichtlich selbst auf der operativen Ebene nicht (immer) vorhanden. So haben mehr als die Hälfte aller KMU in Deutschland keine Konzepte für die Geschäftsführung, ein Viertel verfügt über wenigstens einjährige Konzepte, nur knapp 22 vH - zumeist größere Unternehmen - über mehrjährige Überlegungen. Brauchen KMU keine Strategien? Wissenschaftliche Untersuchungen dazu kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich Friederike Welter in der vorliegenden Veröffentlichung (Habilitationsschrift) mit dem Phänomen strategischen Verhaltens von KMU. Theoretisch und anhand eigener Erhebungen untersucht sie, wie sich Handlungsmuster und Strategien in KMU entwickeln und welchen Einfluss dabei das jeweilige wirtschaftliche, politische und kulturelle Umfeld hat. Dabei kommt die Autorin zu der Erkenntnis, dass die Frage nach der Notwendigkeit von Strategien für KMU weder mit einer isolierten Betrachtung einzelner Einflussfaktoren beantwortet werden kann, noch Strategien in KMU auf schriftlich niedergelegte Pläne reduziert werden können. Politische Faktoren wie der Entwicklungsstand von Marktwirtschaften spielen ebenso eine Rolle wie das sozio-kulturelle Umfeld und die Wirtschaftspolitik. Die empirische Betrachtung verdeutlicht, dass Strategien erlernt oder übernommen werden, aber ebenso aus der Situation heraus entstehen.
Im Mittelpunkt der Ausführungen in diesem Kapitel steht die Frage, welchen Beitrag eine strategische nationale Umweltplanung zu Innovationen und Pfadveränderungen in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung liefern kann. Eine am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtete Umweltpolitik kann vor diesem Hintergrund als politische Langfriststrategie betrachtet werden, "die auf langfristig ökologisch kritische Akkumulationseffekte ausgerichtet ist" (Jänicke/ Jörgens/Koll 2000: 224). Eine strategische Umweltplanung zielt auf die Lösung der "schleichenden" langfristigen Umweltprobleme, die gekennzeichnet sind durch eine geringe direkte Wahrnehmbarkeit und fehlende technische Standardlösungen, und denen mit nachsorgenden Maßnahmen nur unzureichend begegnet werden kann. Dabei gilt es, "stets die ökonomischen und sozialen Implikationen umweltpolitischer Maßnahmen und damit alle drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung (zu) berücksichtigen" (Schuster 2000: 154). Aus diesem Grund werden im folgenden die Begriffe "Nationaler Umweltplan" und "Nachhaltigkeitsstrategie" weitgehend synonym gebraucht. Zentrales Element einer Strategie nachhaltiger Entwicklung ist die Formulierung langfristiger Ziele und deren Operationalisierung in mittel- und kurzfristigen Handlungszielen (OECD 1995, Jänicke 2000). "Anstatt wie bisher vage Ziele mit konkreten Instrumenten umzusetzen, versucht die strategische Umweltplanung, konkrete und anspruchsvolle Ziele mit flexiblen Mitteln zu erreichen" (Jänicke/Jörgens/Koll 2000: 225). Neben einer verbesserten Überprüfbarkeit der Zielerreichung und der Konkretisierung des umweltpolitischen Aufgabenpensums wird in der Literatur die potentiell innovationsfördernde Wirkung dieses Ansatzes betont (Jänicke 2000, Fiorino 2000). Die Auffassung, dass Umweltinnovationen in den Mittelpunkt einer Nachhaltigkeitsstrategie gehören, und "verbindliche Umweltziele die Entwicklung umweltfreundlicher, rohstoffeffizienter Produkte, Verfahren und Dienstleistungen fördern" (Hustedt 2000: 178), ist vielfach ...