"Der 'Arabische Frühling' hat inzwischen zu einem bemerkenswerten 'Islamischen Erwachen' geführt. Welche Auswirkungen auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind von einer Politik zu erwarten, die verstärkt auf die Durchsetzung der Scharia setzt? Was bedeutet all dies für die die jugendlichen Rebellen, die säkularen, republikanischen Kräfte, die sich emanzipierenden Frauen und die religiösen und ethnischen Minderheiten?" (Autorenreferat)
Der politische Islam ist im heutigen Zentralasien eine feste Größe, deren Bedeutung unter den gegenwärtigen politischen und sozioökonomischen Bedingungen eher wachsen als verschwinden wird. Darauf müssen sich nicht nur die herrschenden Eliten einstellen, sondern auch westliche Politik. Politischer Islam ist keine uniforme, westlichen Vorstellungen grundsätzlich ablehnend gegenüberstehende Erscheinung. Es gibt auch moderate Kräfte, die islamische Werte und nationale Interessen verbinden, sie treten aber bislang wenig in Erscheinung. Noch hat westliche Politik die Chance, mit ihnen zusammenzuarbeiten und so auf eine moderate Ausrichtung des politischen Islam in den zentralasiatischen Staaten hinzuwirken. Aber die Zeit drängt.
"Gegründet vor ca. acht Jahrzehnten von dem nach einer gerechten Gesellschaft des 'wahren Islam' strebenden Al-Banna, stellt die ägyptische Muslimbruderschaft längst keine rein karitative Sozialbewegung mehr dar. Sie ist vielmehr zur mächtigsten politischen Oppositionskraft im Land geworden. Ihre Feinde sind nicht mehr nur die Länder des Westens, sondern auch die 'heuchlerischen' Regimes in der islamischen Welt selbst. Rückhalt finden die Muslimbrüder, zumal nach dem Abbau vieler Sozialleistungen, vor allem bei den ärmeren Ägyptern. Auf das 1994 von ihnen veröffentlichte politisch-ideologische Positionspapier und dessen Forderung nach einer auf der Scharia fußenden Staatsreform reagierte die Staatspartei NDP 2005 mit dem Vorschlag eines Modus operandi, der durchaus die Stärkung der Brüder vorsah, vor allem um westlichen Spekulationen auf eine säkulare Alternative zum Mubarak-Regime im Vorfeld des Präsidentschaftswahlkampfs eine Absage zu erteilen. Inzwischen hat die Wahl stattgefunden: Die Regierung behält die Macht, doch die Zahl der Muslimbrüder im ägyptischen Parlament ist gewachsen. Dass eine an der Regierung beteiligte Muslimbruderschaft dem pragmatischen Handeln den Vorrang vor dem ideologischen geben würde, ist keineswegs sicher. Gerade deshalb täte der Westen gut daran, sich dem Dialog mit dem 'politischen Islam' in Ägypten nicht zu versagen." (Autorenreferat)
Ist der Islam seinem Wesen nach eine politische Religion? Was sind die geschichtlichen und sozialen Hintergründe der modernen islamistischen Bewegungen? Welche Werte sind zentral für islamische Gesellschaften? Ein renommierter Politologe räumt auf mit verbreiteten Fehlauffassungen.
Die beiden Wissenschaftler sehen die freiheitlich-pluralistische Gesellschaft in Gefahr, da eine wachsende, konservative islamische Bewegung liberale Werte infrage stellt und die Gesellschaft mit der Durchsetzung religiöser Regeln konfrontiert. - Rezension: Die Politikwissenschaftlerin und der Geschichtswissenschaftler zeigen auf, wie eine wachsende konservative Bewegung innerhalb des Islams sich nicht mit säkularen liberalen Werten identifizieren und vielmehr konservativ-religiöse Regeln durchsetzen will, die das gesamte individuelle und gesellschaftliche Leben bestimmen sollen. Anhand zahlreicher Beispiele beschreibt das Autorenduo die wichtigsten Akteure und deren Strategien, die oft denen anderer totalitärer Ideologien ähneln. Die Ausführungen sind dezidiert und sachlich verfasst, die Thesen nachvollziehbar und durch Quellenangaben belegt. - Ein wichtiger gesellschaftspolitischer Debattenbeitrag, der ohne populistische Rhetorik auskommt und für eine freie, pluralistische Gesellschaft einsteht. (2)
Ein halbes Jahr nach der Wahl Mohammed Mursis zum ägyptischen Präsidenten wachsen die Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Muslimbrüder. Mit Recht, erklärt der ehemalige Muslimbruder Ibrahim El-Houdaiby im IP-Interview: Ein Konzept ist bislang ebenso wenig zu erkennen wie eine Vorstellung davon, welche Rolle der Islam im öffentlichen Leben spielen soll. (IP)
Der politische Islam ist eines der meistdiskutierten Themen der gegenwärtigen politikwissenschaftlichen Orientforschung. Dieser Band möchte die einschlägigen Diskussionen einem deutschsprachigen Publikum zugänglich machen. Die Beiträge nähern sich dem Thema sowohl aus theoretischer Perspektive als auch auf der Grundlage zahlreicher Fallstudien. Mit Fragen der konzeptionellen Einordnung des politischen Islam, der Radikalität und Mäßigung islamistischer Gruppen, ihrer Teilnahme am formalen politischen Wettbewerb sowie der Problematik staatlicher Eindämmungsstrategien gegenüber islamistischen Akteuren, bieten die einzelnen Beiträge einen Einblick in verschiedene Forschungsdebatten. Damit repräsentiert der Band den aktuellen Stand der deutschsprachigen sozialwissenschaftlichen Islamismusforschung. Gleichzeitig wendet er sich aufgrund seines Überblickscharakters nicht nur an ein Fachpublikum, sondern auch an eine breitere Leserschaft.Der Band wird herausgegeben von Holger Albrecht, American University in Cairo und Forschungsstipendiat des Zentrums für Demokratieforschung der Leuphana Universität Lüneburg sowie Kevin Köhler, Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen
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