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In: Critica diabolis 318
Wird hierzulande öffentlich über den politischen Islam debattiert, dann geht es zumeist um Kopftücher, Moscheen oder islamistische Anschläge in Europa. Selten geht es darum, wie jener den Alltag eines Großteils der Weltbevölkerung prägt, wie durch ihn das Leben der Menschen insbesondere in der sogenannten islamischen Welt regelmäßig ein beengtes und gefährliches ist. Während der politische Islam im Nahen und Mittleren Osten, seinem historischen Zentrum, trotz anhaltender Herrschaft und Gewalt an Rückhalt zu verlieren droht, was sich in stets wiederkehrenden oppositionellen Protesten zeigt, scheint er seinen gesellschaftlichen und politischen Einfluss in Afrika, Europa und Südostasien auszuweiten. Der Band beleuchtet die Entwicklung des politischen Islam in verschiedenen Regionen der Welt, fragt nach dessen Verschiebung vom "Zentrum" an die "Peripherie" und thematisiert das patriarchale Geschlechterverhältnis sowie den Antisemitismus als tragende Säulen der zugrunde liegenden Ideologie.
Einführungen in den politischen Islam mit all seinen Facetten und Ausrichtungen weltweit. Sowie wissenschaftlich fundierte Erläuterungen zum Thema fremdgesteuerter Islamismus in Deutschland durch die Türkei oder den Iran. Nennung politisch-islamistisch motivierter Konfliktzonen in der Gesellschaft. (2)
In: Materialien Nr. 17
Soll sich eine linke Stiftung mit Islamismus beschäftigen? Die terroristischen Anschläge des «Islamischen Staates» (IS) in Paris, Beirut und Istanbul sowie die sexuellen Übergriffe in Köln durch «nordafrikanische Männer» in der Silvesternacht 2015 haben das Thema Islam und Muslime einmal mehr in den Vordergrund gerückt. Aber auch ohne diese extremen Negativbeispiele sind Muslime und der Islam mittlerweile fester Bestandteil des politischen Diskurses in Deutschland. Die Debatte währt bereits mindestens zwei Jahrzehnte. Auffällig ist, dass sie immer noch von starker Stereotypisierung und von Vorurteilen geprägt ist. Die Tendenz zur Verallgemeinerung mag zwar psychologisch verständlich sein, da Identitätsfindung immer auch über Abgrenzung funktioniert. Sie muss aber von Institutionen der politischen Bildungsarbeit hinterfragt werden. Gerade in Zeiten, in denen extreme Gefühle wie Angst (vor dem Islam, vor Terror, vor «zu vielen» Flüchtlingen) den politischen Diskurs in Deutschland bestimmen, sollte eine kritische linke Stiftung Analysen und Positionen anbieten, die einen rationalen und differenzierten Zugang zum Thema ermöglichen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist unerlässlich, sowohl im Hinblick auf die sogenannte Wertedebatte in Deutschland als auch in Bezug auf die Lösung von Konflikten in anderen Ländern der Welt. Wer hier den Austausch und gewaltfreie internationale Beziehungen sucht, muss notwendigerweise bereit sein zum Gespräch mit Akteuren, die ihrerseits friedlich agieren und um Verständigung bemüht sind. Problematisch ist dabei, dass die in Deutschland kursierenden Informationen über «den» Islam sehr oft von Menschen verfasst werden, die diesen ablehnen. Die Positionsfindung zu den vielfältigen Aspekten des Themenkomplexes «Politischer Islam» ist nicht einfach. Sie befindet sich noch in der Entwicklung, auch innerhalb der Linken in Deutschland. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung, als Institution der politischen Bildung, will zu dieser Positionsfindung beitragen. Dabei müssen nicht alle Meinungen, die wir heute und in der Zukunft vorstellen werden, von allen in der Stiftung geteilt werden. In Nordafrika und Vorderasien (zum Teil auch in Westafrika) gibt es, insbesondere nach den letzten Anschlägen, vermehrt Versuche, die Ursachen für die Stärke und Anziehungskraft von terroristischen Organisationen wie dem IS insbesondere auf Jugendliche zu analysieren und entsprechend wirksame Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung ist daher an Studien interessiert, die ergründen, warum islamistische (militante) Organisationen wie der IS, Al-Qaida oder allgemein salafistische Gruppen (auch wenn diese nicht unbedingt militant auftreten) attraktiv für junge Menschen sind. Von einigen Auslandsbüros der Stiftung werden zurzeit Konferenzen zu diesem Thema durchgeführt, deren Ergebnisse auch in Deutschland vorgestellt werden sollen. Es hat sich gezeigt, dass bei freien Wahlen in Nordafrika und Vorderasien diejenigen Parteien, die sich politisch auf den Islam berufen, sehr erfolgreich sind. Gesellschaftliche Identitäten und die Vereinbarkeit von Religion und Demokratie sind daher Schlüsselthemen, die gegenwärtig in Nordafrika und Vorderasien verhandelt werden. Als Organisation, die in der Region arbeitet, können wir diese Debatten nicht ignorieren, wenn wir uns glaubwürdig mit den dortigen Entwicklungen auseinandersetzen wollen. Im Kontext der Beschäftigung mit dem moderaten politischen Islam sollen DenkerInnen und WissenschaftlerInnen vorgestellt werden, die sich um erkenntnistheoretische Annäherung oder philosophische (Neu-)Interpretationen islamischer Grundsätze bemühen. Im vorliegenden Materialienband sollen zwei Beiträge vorgestellt werden: Ersterer ist ein Interview mit dem libanesischen Wissenschaftler Karim Sadek, der sich generell mit den Überschneidungen von Kritischer Theorie, Demokratietheorien und islamischem politischem Denken befasst. In diesem Zusammenhang beschäftigt er sich auch mit den Schriften von Rached al-Ghannouchi, dem Präsidenten und Vordenker von al-Nahda. Sadek veranschaulicht die Bedeutung von Ghannouchis Werk für Diskussionen um die Vereinbarkeit von Demokratie und Islam. Es spiegelt die Kontroverse innerhalb der arabischen Welt wider, die nach einem friedlichen Ausweg aus der Polarisierung zwischen «säkularen» und «islamischen» Akteuren sucht. Der Beitrag «Mit Islamisten reden! Über die Notwendigkeit von kritischem Dialog und programmatischer Einbeziehung» von Ivesa Lübben, Heidi Reichinnek und Julius Dihstelhoff vom Centrum für Nah- und Mittelost-Studien (CNMS) an der Philipps-Universität Marburg ist eine Reaktion auf den Materialienband «Dialog mit dem politischen Islam», der von Tanja Tabbara und Wilfried Telkämper im Dezember 2014 herausgegeben wurde. Hier präsentierte die Stiftung mit Texten von Peter Schäfer und Werner Ruf das Für und Wider eines solchen Dialogs. Die AutorInnen des aktuellen Beitrags, die sich in ihrer Forschung mit moderaten islamistischen Akteuren befassen, setzen sich für eine differenzierte Betrachtung des politischen Islam ein. Sie weisen auf die Kontexte hin, die die verschiedenen Ausprägungen des politischen Islam beeinflussen. Sie legen die Notwendigkeit zum (kritischen) Dialog mit Islamisten dar, allein schon wegen der wichtigen gesellschaftlichen Stellung und Verankerung ihrer Organisationen in den arabischen Ländern. Vor allem stellen sie heraus, dass moderate islamistische Akteure und Linke gerade in Fragen sozialer Gerechtigkeit durchaus gemeinsame Werte haben, auf deren Basis ein kritischer Dialog möglich ist.
In: Afrikanische Studien, 30
World Affairs Online
In: Politik- und kommunikationswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft 8
World Affairs Online
In: Materialien Nr. 20
Diese dritte Ausgabe nun befasst sich mit drei Ländern – Israel, Senegal und Tunesien –, in denen Religion eine große gesellschaftliche und politische Bedeutung hat. Eine Positionierung innerhalb des religiösen Kontexts ist hier Teil des politischen Geschäfts. Für die Linke und andere Kräfte, die für Säkularismus bzw. Laizismus eintreten, war die Vernachlässigung der gesellschaftlichen Funktion und Rolle von Religion einer der Gründe für schwindende Popularität in Ländern der arabischen Welt und darüber hinaus. Religiöse Kräfte sind in vielen sozialen Bereichen aktiv und vertreten zum Teil Positionen, die auch Linke befürworten. Der erste Beitrag befasst sich mit der Gemeinsamen Liste in Israel, einer Wahlallianz aus Linken und IslamistInnen. Hana Amoury und Tsafrir Cohen beschreiben in ihrem Artikel, dass politische Zugehörigkeit nicht nur auf Überzeugung beruht, sondern oft innerhalb der Familie «vererbt» wird. So kommen politische Zusammenhänge und Koalitionen zustande, deren Mitglieder in Bezug auf Ideologie, Werte oder spezifische Positionen hochgradig heterogen sind. Menschen nach Parteizugehörigkeit einzuteilen erweist sich hierbei als eine eingeschränkte Sicht der Dinge. Dazu kommt, dass Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen, die in religiös-konservativ dominierten Gegenden arbeiten wollen, dies nur mit der Zustimmung örtlicher anerkannter Autoritäten tun können. Der Text über die Gemeinsame Liste in Israel zeigt am Beispiel einer Solidaritätsdemonstration für Frauenrechte, dass Koalitionen mit islamischen Würdenträgern die Bündnis- und Mobilisierungsfähigkeit erhöhen. Der Senegal ist mit zwei Beiträgen vertreten. Der Artikel von Ibrahima Thiam diskutiert die Funktion islamischer Bruderschaften bei der Lösung gesellschaftlicher Konflikte sowie ihre historische Genese im antikolonialen Widerstand. Der Text konzentriert sich auf die wichtige Rolle sufischer Organisationen und Bewegungen. Sie «formen den Islam im Senegal, » schreibt Ibrahima Thiam, was bereits im Vergleich mit den meisten arabischen Ländern, in denen sufische Gemeinden eher eine marginale Rolle einnehmen und teils von salafistischen Gruppen bekämpft werden, auf die Heterogenität des politischen Islam hinweist. Das Interview mit Mamadou Diouf vertieft diese Analyse und beschreibt die stabilisierende Interaktion zwischen den Sufi-Bruderschaften und der staatlichen Ebene. Diouf bezeichnet die Bruderschaften als Grund für das Überleben des sich in einer wirtschaftlichen Dauerkrise befindlichen Staats, sieht sie jedoch auch als Bremsklötze für demokratische Entwicklungen. Saida Ounissi von der tunesischen al-Nahda Partei ist seit August Staatssekretärin für Berufsbildung im Ministerium für Arbeit in Tunis. Das Gespräch mit ihr konzentriert sich auf ihre Erfahrungen als Muslimin in Frankreich, wo sie aufwuchs und sich mit Fragen der Integration beschäftigte. Sie plädiert für die Einbeziehung und stärkere politische, auch vermittelnde Rolle muslimischer (und anderer religiöser) Gemeinschaften in europäischen Gesellschaften. Ounissi sieht gläubige MuslimInnen innerhalb eines christlich-geprägten Europas mit als treibende Kräfte für die Wiederbelebung humanistischer moralischer Werte in einer Zeit, in der Sinn- und Wertekrisen dominieren, religiöse Werte als politische Leitlinien nicht mehr salonfähig sind, das Vertrauen in demokratische Institutionen abnimmt und die Suche nach moralischen Maßstäben derzeit in vielen Ländern zu einer Renaissance nationalistischer Strömungen führt.
World Affairs Online
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In: Herder Spektrum 5279
Ist der Islam seinem Wesen nach eine politische Religion? Was sind die geschichtlichen und sozialen Hintergründe der modernen islamistischen Bewegungen? Welche Werte sind zentral für islamische Gesellschaften? Ein renommierter Politologe räumt auf mit verbreiteten Fehlauffassungen.