Entstehung neuer Konfliktlinien: Geschlechterkonflikt und Alterskonflikt?
In: Der gesamtdeutsche Wähler: Stabilität und Wandel des Wählerverhaltens im wiedervereinigten Deutschland, S. 113-140
Die Verfasser gehen der Frage nach, ob ein Alters- und/oder ein Geschlechterkonflikt beim Wahlverhalten existiert und, wenn er existiert, über welche Faktoren er vermittelt ist. Die Analyse des Wahlverhaltens von Frauen und Männern seit 1972 zeigt, dass die erkennbaren Unterschiede auf der Verhaltensebene nicht ausreichen, um von einer Kluft zu sprechen.Es wird gezeigt, dass auf der Einstellungsebene sich Unterschiede der Geschlechter beobachten lassen. So neigen Frauen verstärkt zu materialistischen Werten, Männer liegen im Links-Rechts-Kontinuum eher rechts der Mitte. Für die Frauen sind die Sachfragen von Bedeutung. Sie trauen gerade den kleineren Parteien deutlich mehr Lösungskompetenz zu als Männer. Die Analysen lassen zwei Schlüsse zu: Erstens, Frauen denken anders als Männer, die Geschlechter unterscheiden sich in ihren Einstellungen. Zweitens führt dies zumindest derzeit nicht dazu, dass sie unterschiedlich handeln. Man muss jedoch davon ausgehen, dass sich Geschlechterkonflikte langfristig nicht ausschließen lassen. Ebenso wenig kann man ihr Auftreten langfristig prognostizieren. Für das Alter als Einflussfaktor haben sich etwas deutlichere Zusammenhänge mit dem Wahlverhalten gezeigt. CDU-Wähler sind eher ältere Menschen aus den Kriegs- und Nachkriegsgenerationen, Grünen-Wähler entstammen den jüngsten Generationen. Der Untersuchung liegt die Annahme zugrunde, dass dies weniger mit dem Lebensalter als vielmehr mit der Generationenzugehörigkeit zu tun hat. Beides, die Lebensphase in der sich der Wähler befindet und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation, beeinflusst die Entscheidung für eine bestimmte Partei. Auch für den Einfluss der Generationenzugehörigkeit auf das Wahlverhalten gilt, dass es sich meist nicht um direkte Effekte handelt, sondern dass der Einfluss des Alters über die Einstellungsebene vermittelt ist. (ICG2)