Der Autor diskutiert Probleme der Effizienz der Regierungstechnik unter Bezug auf die Fähigkeit des Regierungsapparates, Werte zu erzeugen und Ideale zu verwirklichen, die auf dem Weg über andere Prozesse festgelegt sind. Dabei werden als "Effizienz" die Nettoverwirklichung von Werten und unter "Technik" die wichtigsten strukturellen und funktionalen Eigenschaften des Regierungsapparates verstanden. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Frage, wie und ob die Regierungstechnik für eine Verbesserung der Qualität des Lebens geeignet ist bzw. welche Änderungen im Regierungsapparat erforderlich sind, um dieses Ziel zu erreichen. Die Untersuchung zeigt, daß viele der neuen Techniken, wie z. B.: operations research, Kosten-Nutzen-Analysen und Systemanalysen wie auch die komplexeren Verfahren (Zukunftstudien, dynamische Simulation, Makro-Strukturanalysen des politischen Entscheidungsprozesses) das Regieren leichter machen könnten aber nicht oder nur ungenügend genutzt werden. Hier wären weitere Forschungsbemühungen und Qualifizierungsmaßnahmen erforferlich sowie auch Änderungen in anderen Komponenten des gesellschaftlichen Steuerungssystemes. (NG)
"Die Jahre von 1953 bis 1961 kennzeichnen die Periode Adenauerscher Politik, für die das Wort von der 'ausgereiften' Kanzlerdemokratie zutrifft. Schon in Adenauers letzten Regierungsjahren kündigt sich aber ein Wandel im Verständnis von Regierungshandeln an. Bereits Ludwig Erhard und alle seine Nachfolger konnten das, was unter 'Kanzlerdemokratie' verstanden wird, nicht mehr ausfüllen: Ein Wandel zur Koalitionsdemokratie hin setzte ein. Während seiner Kanzlerschaft war Adenauer die prägende Gestalt deutscher Politik. Diese Rolle spielte er nicht nur in der Innenpolitik, sondern auch auf außenpolitischem Gebiet. Dies machte sich im Kabinett dadurch bemerkbar, daß er seine Richtlinienkompetenz voll einsetzte. Von Teamarbeit war er nicht zu begeistern; seine Informationspolitik gegenüber dem Kabinett war selektiv. Einen 'Kronprinzen' duldete er nicht neben sich. In der Koalitionspolitik spielte Adenauer geschickt und ohne Skrupel innerfraktionelle und innerparteiliche Gegensätze aus. Kritisch wurde es immer dann, wenn es zu einer Annäherung zwischen SPD und FDP auf außenpolitischem Gebiet kam. Solche Annäherungen durchkreuzte Adenauer durch eine außenpolitische Ausgrenzung der SPD - wie überhaupt sein Verhältnis zur SPD durch Konfrontation gekennzeichnet war. Adenauer war nicht von Anfang an der unumstrittene Repräsentant der CDU. Durch seine innerparteilichen Wahlerfolge hatte er sich aber bis 1949 an die Spitze des größten CDU-Landesverbandes gesetzt. Adenauers Machtbasis war jedoch nie die Partei, sondern die Bundestagsfraktion. Die Parteiorganisation auf Bundesebene war schwach, die Landesverbände der Partei hatten erhebliches Gewicht. Adenauers Macht ging zu Ende, als die Fraktion 1963 ihm die Unterstützung aufkündigte. Selbst wenn die 14 Regierungsjahre Konrad Adenauers bereits durch eine Fülle profunder Untersuchungen gut ausgeleuchtet sind, so warten weitere Politikfelder, wie z. B. Adenauers Verhältnis zur Wirtschaft, zum Bundesverfassungsgericht oder zur Publizistik, der zeitgeschichtlichen Bearbeitung." (Autorenreferat)
"Ist die 'Kanzlerdemokratie' ein spezifisches Merkmal der Ära Adenauer oder ein generelles Merkmal des Regierungssystems der Bundesrepublik - vergleichbar mit der starken Stellung des Regierungschefs in anderen westlichen Demokratien? In der Literatur sind beide Sichtweisen anzutreffen, neuerdings wird auch die Frage aufgeworfen, ob sich in der Bundesrepublik nicht seit der Ära Adenauer die Bedingungen politischer Führung geändert haben. Solche Entwicklungen werden nicht bestritten, doch ist daraus nicht der Schluß zu ziehen, die Kanzlerdemokratie in der Bundesrepublik sei 'historisch überholt'. Man braucht die Besonderheiten der verschiedenen Kanzler und der politischen Konstellationen während ihrer Amtszeit nicht in Abrede zu stellen und kann trotzdem die 'Kanzlerdemokratie' für ein generelles Merkmal des Regierungssystems in der Bundesrepublik (neben anderen) halten, dessen Dominanz freilich variierte. Dies wird für Adenauers Nachfolger - Ludwig Erhard, Kurt-Georg Kiesinger, Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl - im einzelnen dargestellt, wobei sowohl Spezifika der jeweiligen Kanzlerschaft als auch strukturelle Übereinstimmungen analysiert werden." (Autorenreferat)
Der Beitrag zeigt, dass es falsch wäre, Macron dem Bonapartismus zuzurechnen, wie Marx diesen Mitte des 19. Jahrhunderts verstanden hat. Vielmehr nützt Macron das Regelwerk der Verfassung der V. Republik für eine plebiszitär-demokratisch abgesicherte, bonapartistische Regierungstechnik. Dieser bedienten sich vor ihm alle französischen Präsidenten, aber - der Erfinder de Gaulle ausgenommen - keiner so virtuos wie Macron und mit Unterstützung seiner Bewegung von Mitmarschierern.
"Mit der 'Krise des Fordismus' (Lipietz 1985, S. 125 ff.) Ende der 1970er Jahre einhergehend, geriet auch das Modell des nationalen, keynesianischen Sozialstaats in die Krise. Seither werden unter verschiedenen Schlagwörtern - Postfordismus, Neoliberalismus, Globalisierung - die Transformationsprozesse in Ökonomie, Politik und Gesellschaft sowie die Veränderung des Verhältnisses jener Sphären zueinander innerhalb der Sozialwissenschaften kontrovers diskutiert. Gängige Interpretationsweisen dieser Transformationsprozesse nehmen an, dass die ökonomische Entwicklung dabei als Antrieb für einen generellen Wandel von Politik in den und zwischen den Nationalstaaten gilt. Neoliberalismus wird dabei zumeist als apolitisches oder antistaatliches Projekt bezeichnet (vgl. dazu Held et al. 2001, Strange 1996, Zürn 1998). Derartige Auffassungen der gegenwärtigen Transformationsprozesse basieren auf der Vorstellung, dass gesellschaftliche Entwicklungen sich autonom und gleichsam naturwüchsig ereignen. Ökonomischer und gesellschaftlicher Wandel wird dabei als von politischer Steuerung unabhängig konzipiert. Diese Annahme erachtet die Verfasserin jedoch als unzulänglich, da nach ihrem Dafürhalten ökonomische und gesellschaftliche Transformationsprozesse nicht unabhängig von politischer Führung zu denken sind. In Abgrenzung zu Interpretationen, die den politischen Charakter der gegenwärtigen Transformationsprozesse ausblenden, möchte die Verfasserin vorschlagen, die gegenwärtigen neoliberalen Umbauprozesse des Staates und der polit-ökonomischen Rahmenbedingungen als politisches Projekt zu verstehen, das eine Transformation von staatlichen Regierungsformen bedeutet (vgl. dazu auch Sauer 2003). Den gegenwärtigen neoliberalen Veränderungen liegt, so die These der Verfasserin, die Sie im Folgenden exponieren möchte, eine Veränderung der Rationalität zugrunde, über welche die Subjekte regiert werden. Diese neoliberale Regierungsrationalität zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Logik des Marktes in expliziter Form zum Prinzip des Regierungshandelns sowie der Organisation von Gesellschaft wird (vgl. dazu auch Bröckling et al. 2000, S. 15). Diese Regierungsrationalität ist jedoch nicht geschlechtsneutral und bedeutet daher sowohl, dass sich die Geschlechterverhältnisse - als fundamentale gesellschaftliche Regelungsverhältnisse gedacht - verändern, als auch, dass sich die 'Anrufungen' (Althusser 1977) der weiblichen Subjekte verändern und sich in die weiblichen Subjektkonstruktionen neue Widersprüchlichkeiten einschreiben. Im Folgenden möchte die Verfasserin daher in einem ersten Schritt aufzeigen, wie über eine Zusammenführung von hegemonietheoretischen und gouvernementalitätstheoretischen Überlegungen ein Instrumentarium gewonnen werden kann, mittels welchem analytisch fassbar wird, wie sich Regierungstechniken und damit einhergehend weibliche Subjektkonstruktionen im Neoliberalismus ändern. In einem zweiten Schritt möchte die Verfasserin mit diesem Instrumentarium die geschlechterpolitische Strategie des Gender Mainstreamings als Feld von Führungstechniken und Selbstführungen auf die Frage hin untersuchen, welche Regierungsrationalität und weibliche Subjektanrufungen in dieser vermittelt werden. Der Begriff 'Subjektanrufung' wurde von Althusser (1977) geprägt und beschreibt die gesellschaftliche Erzeugung der Subjekte, die erst durch die Anrufung zu diesen werden. Aus einer geschlechtertheoretischen Perspektive bedeutet dies, dass bestimmte Vorstellungen von 'Weiblichkeit' und 'Männlichkeit' sowie 'weiblichen' und 'männlichen' Eigenschaften und Zuständigkeiten in Politik, Kultur ebenso wie in den alltäglichen Praxen transportiert werden, die die Individuen als vergeschlechtlichte Subjekte anrufen. Durch die Übernahme dieser Anrufungen werden die Individuen erst zu weiblichen und männlichen Subjekten. Dabei geht die Verfasserin nicht davon aus, dass sich gegenwärtig eine bereits gefestigte 'neoliberale Hegemonie' konstatieren lässt. Vielmehr begreift die Verfasserin das neoliberale Projekt als Phase des Übergangs vom Fordismus zum Postfordismus, die bislang noch nicht als abgeschlossen gelten kann. Was sich gegenwärtig beobachten lässt, sind Versuche, diese Krisenhaftigkeit zu überwinden und neue Formen des Regierens auszuformulieren. Im Anschluss an K. Pühl fasst die Verfasserin den Neoliberalismus daher als 'ein Projekt der Umarbeitung als fordistisch bezeichneter Reproduktions- und Produktionsstrukturen sowie der darauf bezogenen gesellschaftlichen Verhältnisse' (Pühl 2003, S. 113), welches in seiner Ausgestaltung noch grundsätzlich offen ist, wenngleich sich in diesen 'Suchprozessen' eine bestimmte Tendenz bereits erkennen lässt (vgl. ähnlich dazu Brand, Görg 2000, S. 87)." (Textauszug)