Zum Sozialprofil der DDR-Richter
In: Recht und Ideologie: Festschrift für Hermann Klenner zum 70. Geburtstag, S. 442-460
Richter sind mehr als viele andere Berufsgruppen Repräsentanten und Träger einer jeden gesellschaftspolitischen Ordnung. Es ist daher nur folgerichtig, wenn sie in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche, aber auch in Krisenphasen und Perioden gesellschaftlicher Selbstbestimmung ein besonderes öffentliches Interesse finden. Da aber die gegenwärtige offiziell-öffentliche Diskussion über die Gesellschafts- und Staatsverfassung der DDR auch über ihre Richter fast nur Pauschalurteile übrig hat und bestenfalls im Einzelfall differenzierende Charakterisierungen erlaubt, versucht der vorliegende Beitrag, anhand vorliegender empirischer Angaben bisher kaum oder nicht berücksichtigte Aspekte ihres Sozialprofils zu vermitteln. Sie stützen sich auf zwei sozialwissenschaftlichen Richteruntersuchungen, die der Autor selbst 1965 und Roswitha Svensson 1990 durchführte, auf Quellen und Veröffentlichungen vor allem zu den Anfangsjahren nach 1945 sowie archivierte Arbeitsmaterialien aus dem DDR- Justizministerium. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß sich das Sozialprofil der DDR- Richter nur als widersprüchliche Einheit von Rechtsstaatlichkeit und Parteilinientreue, mit unterschiedlichen Ausprägungen zwischen den Generationen und im einzelnen, erkenntnismäßig erschließen läßt. (ICE)