Vorlageberechtigung von Schiedsgerichten
Die Frage, ob private Schiedsgerichte als Gerichte iSd Art 267 AEUV anzusehen sind und somit Fragen zur Auslegung und Gültigkeit des Unionsrechts an den Gerichtshof der Europäischen Union richten können, ist seit jeher umstritten. 1981 versuchte ein Schiedsgericht erstmals ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu stellen. Dieser verneinte im Ergebnis eine Vorlageberechtigung privater Schiedsgerichte, erwähnte allerdings, dass ordentliche Gerichte im Rahmen der gerichtlichen Rechtshilfe, die sie Schiedsgerichten gewähren, Vorabentscheidungsfragen aus einem Schiedsverfahren vorlegen dürfen. Ebenso können ordentliche Gerichte, die mit der Überprüfung des Schiedsspruches befasst sind, ein Vorabentscheidungsverfahren bemühen. Wie der Verfasser zunächst darlegt, befinden sich Schiedsgerichte in Ermangelung einer eigenen Vorlageberechtigung in einer prekären Situation, denn auch sie haben das Unionsrecht ? mitunter sogar von Amts wegen ? anzuwenden. Im Falle der Fehl- oder Nichtanwendung zwingenden Unionsrechts kann eine Verletzung des ordre public und damit eine Aufhebung oder die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches die Folge sein. Eine Vorlage durch ein ordentliches Gericht im Aufhebungs- oder Vollstreckungsverfahren kommt für das Schiedsgericht jedoch zu spät. Ebenso wenig schafft die indirekte Vorlagemöglichkeit über die gerichtliche Rechtshilfe eine befriedigende Lösung, vor allem, da die diesbezüglichen nationalen Vorschriften zu uneinheitlich sind. Schließlich erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Gerichtsbegriff, den der EuGH dem Art 267 AEUV zugrunde legt, sowie den zahlreichen Argumenten für und wider eine eigene Vorlageberechtigung von Schiedsgerichten. Zuletzt werden einige Überlegungen de lege ferenda angestellt, wie eine sinnvolle Einbindung der Schiedsgerichtsbarkeit in das System des Vorabentscheidungsverfahrens erreicht werden könnte. ; It has always been controversial whether arbitral tribunals are "courts or tribunals" pursuant to Art 267 TFEU and therefore entitled to request preliminary rulings from the European Court of Justice (ECJ). In 1981 an arbitral tribunal submitted such request to the ECJ for the first time. The ECJ rejected the request but declared that ordinary courts of law in the course of a review of an arbitral award are entitled to request a preliminary ruling. This also applies for ordinary courts of law granting legal assistance to arbitral tribunals. As the author initially points out, arbitral tribunals find themselves in an unsatisfactory situation due to the lack of an entitlement to submit requests for a preliminary ruling on their own account. Arbitral tribunals are bound to European Union Law and are in certain cases even under the obligation to apply its binding provisions ex officio. A non-application or wrongful application of binding provisions of European Union Law can lead to a violation of public policy and subsequently to the setting aside of an arbitral award or the refusal of its recognition and enforcement. A request for a preliminary ruling in the course of the review of the award comes too late for an arbitral tribunal. Such request by way of legal assistance does not provide a satisfying solution either, especially since the respective national provisions are not uniform. The author then undertakes a critical examination of the ECJ?s apprehension of the term "court or tribunal of a Member State" and weighs the pros and cons of granting arbitral tribunals a right to request preliminary rulings on their own account. Finally, some considerations de lege ferenda on how arbitral tribunals could be involved in the system of preliminary ruling conclude the thesis. ; vorgelegt von Marco Skofitsch ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Zsfassungen in dt. und engl. Sprache ; Graz, Univ., Dipl.-Arb., 2014 ; (VLID)242684