In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 410-413
Der Verfasser stellt anhand statistischer Daten fest, dass die Anzahl der Kriege sinkt. Er argumentiert, dass es für eine realistische Einschätzung der gegenwärtigen Sicherheits- und Konfliktlage fatal wäre, sich auf jene Konflikte zu konzentrieren, die mit erheblichem Aufwand und Kosten Gewalt produzieren. Er richtet die Aufmerksamkeit auf die Tatsache des Bedeutungszuwachses von Konflikten, die nach deren Intensität unter der Kriegsschwelle bleiben. Der Autor analysiert die Dynamik des Konfliktgeschehens und die Art des Konfliktaustrags nach 1990 und stellt eine zunehmende Präsenz nichtstaatlicher Akteure fest. Es wird gezeigt, dass es in Zukunft immer weniger Akteuren möglich sein wird, Kriege im herkömmlichen Sinne zu führen, und dass diese Art Konflikte eine große Herausforderung für die internationale Politik darstellen. (ICG2)
"Der Beitrag untersucht die Bedeutung kultureller Faktoren (gemessen als sprachliche, religiöse und kulturelle Fraktionalisierung) für das inner- und zwischenstaatliche Konfliktgeschehen weltweit zwischen 1950 und 2005. Ausgehend von einer theoretisch vorgenommenen Trennung zwischen Ursache und Gegenstand von Auseinandersetzungen fragt er erstens, wann Kultur Konflikte auslöst, sowie zweitens, wann Kultur in Form der Identität von Akteuren selbst Thema eines Konflikts ist. Für die erste Frage zeigt sich als nichtlinearer Effekt, dass ein mittlerer Grad sprachlicher Fraktionalisierung das Konfliktrisiko anhebt. Ein ähnliches Muster wird für die religiöse Fraktionalisierung sichtbar, ist aber weniger robust. Zur Beantwortung der zweiten Frage wird die Teilmenge an Konflikten betrachtet, in denen Sprache, Religion und geschichtliche Identitätskonstruktionen eine wesentliche Rolle spielen und das Konfliktgeschehen als Thema kulturell überformen (Kulturkonflikte). Obwohl sich diese kulturell aufgeladenen Konflikte durch ein erhöhtes Gewaltniveau auszeichnen, liefert die statistische Analyse kaum Hinweise auf ein von nicht-kulturellen Konflikten abweichendes Ursachenprofil." (Autorenreferat)
Wehling sucht in einem historischen Rückblick die politische Kultur der Pfalz als deutlich abgehoben (z.B. im Wahlverhalten) von der größeren politischen Einheit und geprägt von ihrer "Grenzlandschaft" zu charakterisieren. Konstatiert wird eine pfälzische "Labilität", als Schwanken zwischen Napoleonkult und republikanischer Freiheitsbegeisterung, Bismarckverehrung und Franzosenfreundschaft und den "Heim-ins-Reich"-Parolen im Verlauf eines Jahrhunderts. Diese Labilität wird auf eine gemeinsame Ursache zurückgeführt: die historisch vermittelte, jahrhundertelange Erfahrung, daß Isolierung, Abseits- und Grenzlage die Pfalz in existenzgefährdende politische, wirtschaftliche und soziale Krisen stürzten, daß nur die sichere Einbettung in einen großen politischen und wirtschaftlichen Rahmen ihr Wohlergehen garantiert. Hinter dem Schwanken in politischen Extremen sieht die Autorin die Konstante der pfälzischen politischen Kultur. Die Entscheidung der Pfälzer im Jahre 1956, ihre Interessen - entgegen dem französischen Plan der Schaffung eines Sonderstatus für die Pfalz - in dem relativ kleinen Bundesland Rheinland-Pfalz durchzusetzen, entsprach dem aufgezeigten Sicherheitsbedürfnis. (VS)
Der Verfasser legt die Besonderheiten der politischen Teilkultur des Nationalsozialismus dar und analysiert anhand der Berichterstattung in vier nationalsozialistischen Zeitungen die Stellung der NSDAP zu den politischen Gedenktagen in der Weimarer Republik. In dem Aufsatz werden die von Ambivalenz und einem Schwanken zwischen Kontinuität und Diskontinuität gekennzeichnete Haltung der Nationalsozialisten zur Reichsgründung, die Diffamierungsmuster von Staat und Verfassung anläßlich des Verfassungstages und die Symbolkraft des 9. November als nationalsozialistischer "Tag der Rache" untersucht. Kein anderes Datum eignete sich für die Nationalsozialisten mehr zur Propagierung ihres dichtomischen Weltverständnisses als der Jahrestag der Novemberrevolution. (STR)
Karl Loewenstein unterscheidet in seiner Verfassungstypologie anhand des Spannungsverhältnisses von normativem Anspruch einer Verfassung und politischer Realität zwischen normativen, nominalistischen und den nur semantischen (Schein-)Verfassungen in Diktaturen. Mit Blick auf das Schwanken zwischen Autokratien und Demokratien in Lateinamerika hielt er einen wirklichen demokratischen Fortschritt im Rahmen der nach dem Vorbild der US-Verfassung konstruierten Präsidialsysteme trotz der Gefahr des "Neo-Präsidentialismus" für wahrscheinlich. Der Autor unterzieht in seinem Beitrag Loewensteins These einer kritischen Prüfung und kommt dabei zu dem Schluss, dass dessen Optimismus aus heutiger Sicht eher fragwürdig und typischer Ausdruck des damaligen Modernisierungsglaubens gewesen ist. (ICI2)
Der Beitrag konzertiert sich auf die politischen Organisationsformen der Aymaragemeinden und ihre Beziehungen zum bolivianischen Zentralstaat. Nach einem Abriss über die Geschichte der Aymaragemeinschaften und die Entwicklung der ländlichen Gewerkschaftsbewegung wird das traditionale Ordnungssystem der Aymara vorgestellt. Danach werden die Organisation und die Funktionsweise des ländlichen Gewerkschaftsdachverbandes CSUTCB erläutert, der insbesondere über die lokale Ebene hinaus von großer Bedeutung ist. Daran anschließend stellt sich die Frage nach den Ursachen für die Legitimität der parastaatlichen Ordnungen. Zuletzt folgt eine Analyse der Beziehungen zwischen Aymaragemeinschaft, Gewerkschaftsverband und Zentralstaat, die seit jeher zwischen Kooperation und Konfrontation schwanken. Der Beitrag schließt mit einem Überblick über die Entwicklung seit der Wahl des Aymara Morales zum Präsidenten Boliviens. (ICE2)
Viele Arbeitsmigranten, vor allem der ersten Ausländergeneration, schwanken ein Leben lang zwischen Integration und Rückkehr in die Heimat. Ausländerfeindlichkeit auf der einen Seite und Rückzug sowie Konservierung nationaler und kultureller Lebensweisen und Eigenheiten auf der anderen Seite zeigen den Konflikt an. Die Autorin beleuchtet diese Problematik sowohl aus psychologischer als auch aus sozialpolitischer Sicht und kritisiert die bisherige Integrationspolitik als unzureichend. In ihrer Analyse konzentriert sie sich vor allem auf die erste Migrantinnengeneration, deren Kinder und Enkelkinder, die meist in der Bundesrepublik Deutschland aufgewachsen sind sowie auf die Frauen, die in den 80er und 90er Jahren eigenständig nach Deutschland kamen. Dabei werden die Migrantinnengruppen aus den traditionellen Anwerbeländern Italien, Ex-Jugoslawien, Griechenland, Spanien, Portugal und der Türkei untersucht. (prh)
Der Autor beschreibt die Diskrepanz zwischen dem Planungs- und Verwaltungsaufwand, der in die Realisierung eines Entwicklungsprojekts gesteckt wird und der fast überhaupt nicht vorhandenen Prüfung der Ergebnisse. Wirkungen der Projekte seien oft beliebig interpretierbar, Spätfolgen überhaupt nicht abzuschätzen. Der Beitrag setzt sich mit dieser Unbestimmtheit der eigentlichen Ziele von Entwicklungspolitik auseinander und diskutiert verschiedene, oft kaum hinterfragte Annahmen - die Kapitalmangelhypothese, die Relevanz- und Katalysatorhypothese, die Industrialisierungshypothese, die Kosteneffizienzhypothese. Charakteristisch sei die Unschärfe der Erfolgsbestimmungen, der Zeitrelationen und der Zielrelationen von Entwicklungspolitik, die Unschärfe der Aggregatebenen, der Kausalrelationen und der Selbstregelungen. Inmitten der wachsenden Zweifel schwanke die Entwicklungspolitik der 80er Jahre zwischen Resignation und blindem Aktivismus. Der Autor bietet eine Bilanz der Kritiken und der neuen Mythen und diskutiert die Chance einer evolutionären Selbststeuerung, bei der Hilfe als "Anreiz" funktioniert.
Die Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten sind turbulent und schwer vorhersehbar. Preise schwanken und neue Anbieter- und Nachfragestrukturen lösen altbekannte Muster ab. Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 sowie die europäische Staatsschuldenkrise 2011/12 sind dabei nur zwei von zahlreichen Faktoren, die die aktuellen Trends an den Rohstoffmärkten beeinflussen. Dies stellt Unternehmen und Politik gleichermaßen vor große Herausforderungen. Der Beitrag widmet sich den Aufgaben für eine internationale Rohstoff-Governance. Dabei geht der Beitrag zunächst auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Rohstoffklassen ein und wirft einen Blick auf die Preisentwicklungen und die Trends auf dem Rohstoffmarkt (Energierohstoffe, Mineralien und Metalle, Agrarrohstoffe). Anschließend betrachtet der Beitrag den Umgang mit Rohstoffunsicherheiten und nimmt die Reaktionen Deutschlands, Europas und der internationalen Staatengemeinschaft auf die Trends an den Rohstoffmärkten in den Blick. Das Fazit verweist auf die Schwierigkeiten einer Global Governance. (ICA2)
Dieser Aufsatz setzt sich kritisch mit der Begründung der Massenarbeitslosigkeit durch den "radikal-neoklassischen" Ansatz von Winfried Vogt auseinander. Im Mittelpunkt der Ausführungen stehen das Auseinanderfallen von tatsächlichem und gleichgewichtigem Reallohn bei Vollbeschäftigung und die Charakterisierung des kapitalistischen Gleichgewichts bei Unterbeschäftigung. Im einzelnen werden folgende Thesen entwickelt: (1) Es ist kein Spezifikum der neoklassischen Theorie festzustellen, daß Reallöhne um ein Gleichgewichtsniveau schwanken; indes ist das Gleichgewichtsniveau bei Vollbeschäftigung ein Spezialfall, der weniger überzeugend ist, als Vogt zu unterstellen scheint. (2) Die Beschreibung des dynamischen Prozesses um den instabilen Gleichgewichtspunkt bei Vollbeschäftigung ist nicht vollständig und daher nur beschränkt zufriedenstellend. (3) Die Begründung für das kapitalistische Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung läßt sich unabhängig von der Analyse der Reallohn- und Beschäftigungsentwicklung im Modell des allgemeinen Gleichgewichts formulieren. (4) Alle Zusammenhänge lassen sich viel natürlicher entwickeln, wenn die Argumentation in den Kontext einer Akkumulationstheorie eingebettet wird. (GF)