In: Soziologie in der Gesellschaft: Referate aus den Veranstaltungen der Sektionen der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, der Ad-hoc-Gruppen und des Berufsverbandes Deutscher Soziologen beim 20. Deutschen Soziologentag in Bremen 1980, S. 64-69
Das Lehrbuch bietet eine aktuelle Einführung in das Studium der gegenwärtigen multizentrischen Welt. Es vermittelt einen Überblick über die wichtigsten Tendenzen der Globalisierung sowie Einblicke in die einzelnen Weltregionen. Im Zentrum stehen dabei die soziokulturellen Konfigurationen in den unterschiedlichen Regionen, ihre Genese und ihr globaler Zusammenhang. Die vergleichende Perspektive ermöglicht es, die allgemeinen Debatten um die Globalisierung, die in vielen Bereichen einen Konsens erzielt haben, zu differenzieren und stärker zu kontextualisieren. Die Studie basiert auf der Interpretation empirischer Literatur und eigener Feldforschung in allen behandelten Regionen. Der interdisziplinäre Ansatz macht das Buch in vielen Studienfächern und Kontexten einsetzbar.
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Wer steuert was in Schule? Welche Aufgaben haben Schulleitung, Kommune, Land? Im Interview diskutieren Vertreter der drei Ebenen über Fehler im System, bürokratische Hürden und Möglichkeiten einer effektiveren Zusammenarbeit.
Herr Köster, wie frei ist man eigentlich als Schulleiter?
Holger Köster: Die meiste Zeit des Tages fühle ich mich frei. Und zwar in allen Dingen, die mit der Gestaltung von Schulalltag und Unterricht zu tun haben, da erfahre ich viel Unterstützung auch aus Stadt und Landkreis. Absolut unfrei fühle ich mich, wenn es um die Modernisierung unseres Schulgebäudes geht oder um die Suche nach neuem Personal. Dann kommt es mir vor, als würden die Behörden über die Köpfe von uns Schulen hinwegentscheiden. Es kostet im Alltag viel Kraft, immer wieder um vermeintliche Selbstverständlichkeiten kämpfen zu müssen.
Frau Wolfer, das deutsche Schulsystem gilt als komplex. Sie arbeiten für einen kommunalen Schulträger, die Stadt Jena. Können Sie in drei Sätzen erklären, wofür Sie zuständig sind und wofür nicht?
Christine Wolfer: Als Stadt bestreiten wir die äußere Schulträgerschaft, sind, vereinfacht gesagt, verantwortlich für Bänke, Stifte und Tafeln. Die innere Schulträgerschaft liegt dagegen beim Land, also die Unterrichtsgestaltung, die Personalbewirtschaftung, die Schulentwicklung. Dass diese Aufteilung nicht wirklich sinnvoll ist, hat der Städtetag schon 2007 in der sogenannten Aachener Erklärung festgestellt und umfassende Änderungen gefordert. Leider bis heute ohne Erfolg. In Jena haben wir immerhin einen Schulversuch in die Richtung unternommen.
Herr Schulz, als Staatsrat für Schule und Berufsbildung in der Hamburger Senatsverwaltung vertreten Sie hier die Länderseite? Müssen die Zuständigkeiten im deutschen Schulsystem stärker vom Ziel her gedacht werden?
Rainer Schulz: Ganz bestimmt. Oft geht es weniger um das Ziel als um das Festhalten an bestehenden Prozessen. Doch sollte einen das nicht davon abhalten zu tun, was man für richtig hält. Ich war selbst über viele Jahre Leiter einer Berufsschule und habe ähnlich empfunden wie Herr Köster: Das Drumherum nervte, aber im schulischen Alltag litt ich selten unter Gängeleien. Der Gestaltungsspielraum ist also
Christine Wolfer ist Diplom-Sozialpädagogin und leitet den Fachdienst Jugend und Bildung der Stadt Jena. Damit ist sie unter anderem für die Kitas, die Schulverwaltung und die Jugendsozialarbeit zuständig. Im Rahmen eines Schulversuchs übertrug das Land Thüringen zwischen 2011 und 2022 weitreichende Entscheidungsbefugnisse an drei Jenaer Schulen und an die Stadt als Schulträger.
trotzdem da – was wir daran sehen, dass in Deutschland unter denselben Rahmenbedingungen Leuchtturmschulen und Failed Schools existieren. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, über eine sinnvollere Verteilung der Aufgaben zu sprechen.
Und die wäre?
Schulz: In Hamburg haben wir 2007 entschieden, die innere und äußere Trägerschaft in einer Einheit zu konzentrieren, und zwar in der Behörde für Schule und Berufsbildung: Wenn Sie alles in einer Hand haben, können Sie wirklich vom Ende her fragen: Was braucht es, um gute Schule zu verwirklichen? Unsere Antwort ist die selbstverantwortete Schule. Herr Köster würde gern selbst Personal einstellen: In Hamburg könnte er das. Selbstverantwortete Schule benötigt auch selbstverantwortete Budgets. Wenn ein Kollegium sagt, dieses Jahr brauchen wir einen neuen Computerraum, dann können Sie genau dafür einen großen Teil der Sachmittel in dem Jahr einsetzen. Umgekehrt gehört zur selbstverantworteten Schule die Rechenschaftslegung. Die Schulen müssen uns zeigen, ob sie mit ihren Schülern die Bildungsziele erreichen.
Rainer Schulz ist seit 2017 Staatsrat beim Hamburger Senator für Schule und Berufsbildung und Vorsitzender der Amtschefkommission "Qualitätssicherung in Schulen" der KMK. Vorher war der Berufsschullehrer unter anderem Leiter der Staatlichen Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte, Oberschulrat am Landesinstitut für Lehrerbildung und Geschäftsführer des Hamburger Instituts für berufliche Bildung.
Köster: Haben Sie gerade eine Schulleiterstelle in Hamburg frei, Herr Schulz? Im Ernst: Was Sie zum Thema selbstverantwortete Schule sagen, gefällt mir sehr gut. Gerade weil Deutschland nicht nur aus Hamburg, Berlin oder Köln besteht, sondern aus viel ländlichem Raum. Wie bei uns in Olpe, wo qualifiziertes Personal noch mal knapper ist. Und da erlebe ich es als großen Wettbewerbsnachteil, wenn mir als Leiter einer staatlichen Schule die Hände gebunden sind, während die Ersatzschulen, deren Kosten auch zu 90 Prozent vom Staat finanziert werden, viel freier agieren können.
Und wie sieht es mit dem Geld aus, Herr Köster?
Köster: Auch da vermisse ich die Möglichkeit, strategisch handeln zu können. Im Moment läuft es eher so: Ab und zu regnet es Geld von oben, der Bund oder das Land schnüren große finanzielle Pakete, um die Qualität von Schule zu verbessern. Doch anstatt das Geld nach pädagogischen Gesichtspunkten auszugeben, finanzieren die Kommunen ihre ureigendsten Trägeraufgaben damit. So wurden mit Mitteln aus dem Paket „Gute Schule 2020“, das die damalige Landesregierung aufgelegt hatte, keine Tablets oder andere Lernmittel angeschafft, sondern Toiletten saniert und Dachböden gedämmt. Das wäre anders gelaufen, wenn wir Schulen bei der Verwendung der Mittel mitreden dürften.
Frau Wolfer, Hamburg hat die innere und äußere Schulträgerschaft in der Behörde konzentriert, Herr Köster wünscht sich Entscheidungsrechte für die Schulen beim Personal und bei den Investitionen. Wer braucht dazwischen eigentlich noch die Kommunen?
Wolfer: Ich bin auch für ein stärkere Verknüpfung der Trägerschaft und für möglichst viel Autonomie für die Schulen. Ich hielte es aber für falsch, alles in den Landesbehörden zusammenzufassen. In einem Stadtstaat wie Hamburg mag das gehen, in einem Flächenland wie Thüringen müssten wir es eigentlich genau andersherum handhaben. Aus dem Grund hatten wir bei uns in Jena ja über zehn Jahre unseren Schulversuch.
Holger Köster ist Lehrer für Mathematik und Physik und leitet seit 2017 das Gymnasium Olpe. Vorher war er bereits fünf Jahre lang stellvertretender Schulleiter. Die Schule mit ihren knapp 900 Schülern liegt im ländlichen, aber wirtschaftsstarken Südwestfalen und ist seit zwei Jahren als Internationale Schule für das International Baccalaureat Diploma Programm zertifiziert.
Was genau haben Sie ausprobiert?
Wolfer: In Jena befinden sich unsere Brennpunkte in den klassischen DDR-Plattenbauvierteln. Während die Schülerzahlen Anfang der Zehnerjahre überall in der Stadt stiegen, befanden sich die Schulen in den Plattenbauvierteln in der Krise – obwohl wir doch gerade dort gute Schulen brauchten. Wenn die Schulen gut sind, ziehen sie auch Schüler aus anderen Gegenden an, und die sozialen Milieus mischen sich wieder. Der Schulversuch hat uns erlaubt, drei Schulleitern, die sich auf den Weg machen wollten, besonders viel Bewegungsspielraum zu geben. Sie durften sich wie kleine Unternehmen
selbst ihre Lehrkräfte aussuchen, die zu ihrem pädagogischen Profil passten, ohne dabei ferngesteuert zu sein über das staatliche Schulamt oder das Landesministerium. Weil es damals noch mehr Lehrer in Thüringen gab als Stellen, klappte das wunderbar. Die Schulen konnten sich entwickeln, sich personell vernetzen mit der städtischen Jugendhilfe, den Freizeitzentren, dem Stadtteilbüro. Was es ihnen möglich machte, ganze Familien in den Lernprozess einzubinden. Leider erlauben die Regeln der Kultusministerkonferenz für Schulversuche nur die Maximaldauer von zehn Jahren, und das Bildungsministerium schien an einer Fortführung in anderer Form nicht interessiert zu sein.
Weil alle festhängen an den bekannten Zuständigkeiten, und keiner der vielen Köche etwas abgeben will?
Wolfer: Da ist sicher was dran. Unser System ist sehr starr. Vielleicht liegt das auch an unserem Beamtenwesen. Wenn wir Schule und Bildung wirklich neu denken wollten, müssten wir aber alle zu Änderungen bereit sein. Doch dafür müssten wir die Schulen zunächst stärken, indem wir sie mit zwei Leitungen ausstatten: einer pädagogischen und einer kaufmännischen. Die kaufmännische wäre dann für das Management von Personal und Budgets zuständig und würde auch die Beantragung zusätzlicher Mittel und Programme übernehmen. Natürlich nur bis zu einer sinnvollen und zumutbaren Grenze.
Wo wäre für Sie diese Grenze erreicht, Herr Köster? Wenn plötzlich jemand von Ihnen verlangen würde, selbst einen Neubau für Ihre Schule zu organisieren?
Köster: Dafür bräuchten wir natürlich Experten und Unterstützung, aber über deren Beauftragung könnten wir sehr wohl als Schule entscheiden. Wichtiger als die Zahl der Köche ist, dass wir uns auf ein gemeinsames Rezept einigen. Die entscheidende Frage lautet: Was muss Schule leisten, und wie versetzen wir sie in die Lage, das erreichen zu können? Statt einer klaren Richtung sehen wir aber ein Hin und Her. Nur ein Beispiel: Vor 15 Jahren war G8 die Innovation schlechthin. Doch wenig später geriet die Reform politisch in Verruf und wurde auch bei uns in NRW wieder gekippt. Dabei wissen wir aus der Schulforschung, dass es zehn, 20 Jahre braucht, bis eine grundlegende Veränderung greift. Ich habe aber noch eine Frage an Herrn Schulz. Wenn bei Ihnen in Hamburg die Schulleiter so viele zusätzliche Aufgaben haben, was tun Sie dann für deren Ausbildung?
Schulz: Wenn gute Schulleitungen die Motoren für die Schulentwicklung sind, dann brauchen sie erst mal die richtigen Typen, die Verantwortung übernehmen wollen und, ganz wichtig, auch einen Plan für ihre Schule haben. In einem ersten Schritt bieten wir allen, die Spaß und Interesse an Leitungsaufgaben haben, freiwillige Seminare an, wo sie sich klar werden können über das, was Führung in Schule bedeutet. Wer dann sagt: "Das kann und das will ich" und sich auf eine Schulleiterstelle bewirbt, der muss verpflichtend eine Anfangsqualifizierung durchlaufen, gefolgt von regelmäßigen Fortbildungen. Jetzt kommt ein dickes Aber.
Welches Aber?
Schulz: Keine noch so sinnvolle doppelte Schulleitung und keine noch so umfangreiche Schulleiterqualifikation werden dazu führen, dass wir in Deutschland die Zahl der Köche verringern können. Wenn eine Schule selbst entscheiden möchte, welche Lehrer sie einstellt oder wo der Anbau hinkommt, dann sollte sie das tun. Das ändert aber nichts daran, dass es auf Landesebene einen bestimmten Betrag für Schulbauten gibt, dessen Verwendung zentral geplant werden muss – abhängig vom Zustand der Gebäude, von der sozialen Lage der Stadtteile und der Entwicklung der Schülerzahlen. Apropos Schülerzahlen: Wenn die steigen, brauchen Sie auch eine übergreifende Strategie. Gibt es genügend Studien- und Referendariatsplätze? All das soll und muss weiter beim Land liegen. Und damit eine Schule zu günstigen Konditionen Strom erhält und Handwerker kommen, wenn etwas kaputtgeht, braucht es auch künftig die Kommunen, alles Andere wäre ineffektiv. Übrigens, weil immer wieder die Rufe kommen, nur der Bund könnte für das angeblich fehlende gemeinsame Rezept sorgen: Ich glaube nicht, dass irgendwas besser wäre, wenn in Berlin jemand säße, der dafür zuständig wäre, in der Schule von Herrn Köster das Licht anzumachen.
Köster: Es wäre aber schon sinnvoll, wenn es für ganz Deutschland Rahmenvorgaben gäbe, etwa zur Ausstattung von Schülern mit digitalen Geräten. Oder zu der Frage, was Bildung die Eltern eigentlich kosten darf. Beim Thema Lehrmittelfreiheit gilt von Bundesland zu Bundesland Unterschiedliches, teilweise sogar von Regierungsbezirk zu Regierungsbezirk. Und wie ist das mit der zweiten Fremdsprache? Wie ist die Inklusion geregelt? Wenn ich von NRW nach Hamburg ziehe, habe ich auch wieder das G8-G9-Problem. Vereinheitlichung würde uns da schon weiterbringen.
Schulz: Wir sollten jetzt aber auch nicht so tun, als würde das totale föderale Durcheinander herrschen. Wir haben bundesweit geltende Bildungsstandards; wir haben vergleichbare Stundentafeln, wir haben die Regeln und Inhalte der Abiturprüfungen angeglichen. Mich nervt die Kultusministerkonferenz auch oft, weil sie sich zu langsam bewegt. Die entscheidende Frage aber muss doch lauten: An welcher Stellen sind bundesweite Regelungen überhaupt sinnvoll, und an welchen Stellen würden wir damit den Spielraum in den Schulen einschränken – von dem wir ja alle finden, dass er wichtig und sinnvoll ist.
Frau Wolfer, Sie haben vorhin die Aachener Erklärung von 2007 erwähnt. Was macht Sie optimistisch, dass nach all den Jahren der darin geforderte Aufbruch noch gelingen kann?
Wolfer: Weil Not erfinderisch macht und die Not in unserem Schulsystem erst jetzt groß genug zu sein scheint. Durch den Lehrermangel sind viele Quereinsteiger in die Schulen gekommen, überall einstehen kleine Inselchen, Schulen, die sich auf den Weg machen: Richtung Eigenverantortung, Richtung Multiprofessionalität in einem neuen Miteinander von Lehrkräften, Schulsozialarbeitern und anderen Berufsgruppen. Ich habe die Wende mitgemacht und weiß, dass es immer wieder Zeitfenster für Veränderungen gibt. Meist gerade dann, wenn alles besonders schwierig scheint. Und solche Veränderungen gehen immer von unten aus.
Das Gespräch erschien zuerst im Magazin sonar der Deutschen Telekom Stiftung.
Diese Studie untersucht die Textentwicklung bei indigenen Kindern in der Primarschule der kleinbäuerlichen Lenca-Gemeinden in Honduras. Zahlreiche Kinder in Honduras scheitern beim Lesen- und Schreibenlernen: 1996 fielen 26% der Schüler der ersten und 17% der zweiten Klassen in Spanisch durch. Einer der Gründe ist die unzureichende Ausbildung der Primarschullehrer. Ein grundlegendes didaktisches Problem ist die Trennung zwischen der Aneignung der kulturellen Technik des Schreibens und die Vermittlung der Schriftnorm einerseits und der Bildung einer autonomen Schrift andererseits. FRAGESTELLUNGEN 1. Inwieweit haben die Lenca-Gemeinden eine elementare Literalität entwickelt, die es ihnen erlaubt an einer Schrifttradition teilzuhaben, so dass die in der Schule erlernten Lese- und Schreibkenntnisse genutzt und damit erhalten bleiben? 2. Wie entwickelt sich der geschriebene Text bei Kindern einer Kultur, die nur eine elementare Literalität entwickelt hat? METHODIK Für die Bearbeitung der ersten Frage wurde die teilnehmende Beobachtung bei literalen Ereignissen, z.B. Versammlungen, benutzt. Es wurden 19 semi-strukturierte Interviews mit repräsentativen Mitgliedern dieser Gemeinde geführt; außerdem wurde eine Auswahl aus den 163 geschriebenen und 43 gelesenen Texten in der Gemeinde gesammelt, die die Existenz einer elementaren Literalität in dieser Gemeinde belegen. Zur Beantwortung der zweiten und zentralen Frage wurde eine Quasi-Longitudinalstudie anhand von vier Fallstudien durchgeführt. Die 15 analysierten narrativen Texte, die im Rahmen eines GTZ-Bildungsprojektes im Spanischunterricht entstanden, wurden regelmäßig über zwei Jahre hinweg jeweils im Abstand von etwa sechs Monaten gesammelt. Zudem wurden offene Einzelinterviews über Kohärenz und Orthographie der Texte und das Konzept der Schrift durchgeführt. Die Ergebnisse der Fallstudien aus der urbanen Lenca-Gemeinde wurden mit 216 Schülertexten einer durchschnittlichen städtischen Schule in der Hauptstadt des Landes verglichen. ERGEBNISSE Zu Frage 1: Die Gemeinde gehört zwar zu einer vorwiegend oralen Kultur, aber sie hat in Interaktion mit politischen Bewegungen, der katholischen Kirche, Regierungsstellen, nationalen und internationalen Organisationen und NGOs ein gewisses literales Bewusstsein und eine elementare Literalität entwickelt. Die Mitglieder der Lenca-Gemeinde kennen verschiedene Textsorten und deren Funktion, d. h. sie unterscheiden, wann und welche Textsorte, z. B. ein Protokoll, geschrieben wird. Sie nutzen sie bei den literalen Praktiken und Ereignissen im Rahmen von organisatorischen, religiösen sowie Aus- und Fortbildungsveranstaltungen der Gemeinde. Auch Lenca, die nicht schreiben können, verfügen über eine Vorstellung von Schrift. Das belegt das Vorhandensein einer elementaren, spezifischen Literalität, die eine soziale und pragmatische Funktion erfüllt, insbesondere um die organisatorischen Ziele der Gemeinde zu erreichen. Zu Frage 2: Der entscheidende Zeitpunkt bei der Textentwicklung der Kinder der Fallstudien ist das dritte Schuljahr. Neben der Konsolidierung der narrativen Struktur entwickeln sich zu diesem Zeitpunkt verstärkt die für textliche Homogenität und Expansion des Textes wichtigen Elemente: die Einführung und Aufrechterhaltung der Referenz, die Einführung neuer Personen und/oder Eigenschaften und ihre Verbindung mit den bereits vorhandenen sowie die Explikation der für das Textverständnis nötigen Informationen. Insgesamt ähnelt die Textentwicklung der untersuchten Fälle hinsichtlich Kohärenz und textlicher Homogenität derjenigen in der städtischen Vergleichsschule. Auf der Syntaxebene treten drei Typen von untergeordneten Konstruktionen in den analysierten Texten auf: 1. Nebensätze mit que (dass) und si (ob) und Adverbialsätze (46%); 2. Infinitiv-konstruktionen oder untergeordneten Finalsätze (30%) und 3. Relativsätze (24,1%). In den Texten der Lenca-Kinder finden sich jedoch häufig linguistische Varietäten, z. B. Ersetzungen des la (sie) durch lo (ihn) beim direkten Objekt. DISKUSSION Die Analyse der Fallstudien zeigt, dass Desymptomatisierung und Kontextualisierung ein langer und nicht linearer Prozess ist. Er hängt eng mit der Komplexität des zu kommunizierenden Themas und mit den Charakteristiken des Schriftmediums zusammen. Die elementare Literalität der Lenca-Gemeinde ist eine der Grundbedingungen für die Nachhaltigkeit der in der Schule entwickelten Literalität. Dadurch können die Kinder eine Vorstellung von Schrift und ihrer Funktion entwickeln, die sie motiviert, die Schule zu besuchen. Wünschenswert wäre die Entwicklung einer Didaktik des Lehrens und Lernens einer authentischen Schrift, d.h. aus einer kulturellen Perspektive, die die Interaktion mit literarischen Texten (mündlich/schriftlich) sowie die vorhandenen literalen Praktiken der Gemeinde integriert, und eine entsprechende Aus- und Weiterbildung der Lehrenden. ; This study analyzes textual development of indigenous primary school students in Lenca communities of small farmers in Honduras. Many children in Honduras fail at learning how to read and write: in 1996 26% of the students in first grade and 17% of the students in second grade failed Spanish. One of the reasons contributing to this is primary school teachers not being sufficiently trained and educated. A fundamental didactic problem is the separation of learning how to write as a cultural technique from teaching the writing standard on the one hand and developing autonomous writing on the other. QUESTIONS 1. To what extent have the Lenca communities developed basic literality that would enable them to participate in a writing tradition so that the knowledge of reading and writing acquired in school may be used and consequently maintained? 2. How does written text develop in children of a culture that has only developed basic literality? METHODOLOGY To analyze the first question participatory observation of literal events was used, for example of meetings. 19 semi-structured interviews with representative members of this community were conducted. In addition, a selection from the 163 written and 43 read texts collected in the community was made that prove the existence of basic literality in this community. To answer the second and central question a quasi-longitudinal study using four case studies was conducted. The 15 narrative texts analyzed were created in Spanish classes during a GTZ (German Technical Cooperation) educational project and were collected during two years at regular intervals of about six months. In addition, individual interviews on the coherence and orthography of the texts and on the concept of writing were conducted. The results of the case studies from urban Lenca communities were compared to 216 student texts from an average urban school in the country's capital. RESULTS With regard to question 1: The community may belong to a predominantly oral culture, but by interacting with political movements, the Catholic Church, government institutions, national and international organizations and NGOs has developed certain literal awareness and basic literality. The members of the Lenca community know different types of text and their functions, i.e. they differentiate which type of text is written and when, e.g. a protocol. They use them in literal practices and events during organizational, religious, and educational and training events in the community. Also those Lenca unable to write have an idea of writing. This is confirmed by the existence of a basic, specific literality fulfilling a social and pragmatic function, in particular to achieve the organizational objectives of the community. With regard to question 2: The critical point in the textual development of the children in the case studies is third grade. Not only do they consolidate the narrative structure, but at this time, they also increasingly develop the elements important to textual homogeneity and text expansion: the ability to introduce and maintain the reference, to introduce new characters and/or characteristics and to connect them with existing ones as well as to explain the information necessary for understanding the text. With regard to coherence and textual homogeneity, the textual development in the analyzed cases in general is similar to those in the urban reference school. At syntax level, the analyzed texts feature three types of subordinate structures: 1. subordinate clauses with "que" (that) and "si" (if/whether) and adverbial clauses (46%), 2. infinitive constructions or subordinate final clauses (30%), and 3. relative clauses (24.1%). However, the texts by the Lenca children frequently show linguistic varieties, e.g. substituting "la" (she) by "lo" (him) in direct objects. DISCUSSION The analysis of the case studies shows that desymptomization and contextualization constitute a long and non-linear process. This process is closely connected to the complexity of the topic to be communicated and to the characteristics of the medium of writing. The basic literality of the Lenca communities is one of the prerequisites for sustaining the literality developed in school. It allows the children to develop an idea of writing and its function that motivates them to attend school. It is desirable to develop a theory and methodology of teaching and learning authentic writing, i.e. from a cultural perspective, that integrates the interaction with literary texts (oral and written) and the existing literal practices in the community as well as the corresponding education and training and continuing education of teachers.
Werke Kafkas wandern durch die Medien in andere mediale Produkte. Um diese These zu erläutern, wurden Beispiele aus kolumbianischen Kafka-Bearbeitungen herangezogen. Es gibt zahlreiche Kafka-Bearbeitungen aus Kolumbien: Nicht nur Übersetzungen und Literaturkritische und -wissenschaftliche Arbeiten, sondern auch musikalische und theatralische Inszenierungen, Filme, Hörbücher, Zeichnungen, Gemälde und literarische Bearbeitungen. Schon in der Literatur Kolumbiens hat die Auseinandersetzung mit Werken Kafkas einen hohen Stellenwert: Durch die Lektüre Kafkas sind eine Gattung und zwei literarische Strömungen entstanden. Kafka gilt in Kolumbien als einer der Väter der micro-cuentos. Außerdem geht auf ihn der realismo mágico zurück und die reciente literatura de la violencia bedient sich Kafkascher Elemente. Kafka-Bearbeitungen gehören zur medialen Migration der Werke Kafkas in Kolumbien. Sie sind ihr kolumbianisches Fortleben. Darstellungsmodi, Wahrnehmungen und Denkweisen Kafkas werden in den kolumbianischen Kafka-Bearbeitungen transformiert: 1) Sie werden an ein neues Publikum re- adressiert, 2) sie werden nach aktuellen Tatsachen neu verschlüsselt und 3) sie werden in lokale Diskurse eingebettet. Die Kultur bleibt nicht statisch. Die Kultur transformiert sich ständig, weil die Kultur an sich einen medialen Charakter besitzt. Kulturgüter werden in Medien hergestellt, prozessiert, verkettet und verwandelt, wie Walter Benjamins und Ludwig Jägers es formuliert haben. Medien aller Art haben Zugriff auf die Materialität und auf die Semantik kultureller Produkte. Dadurch entsteht eine kreative Dynamik für die konstante Aktualisierung der Kultur. Diese Dynamik wurde hier mediale Migration der Kultur genannt. Dieser Begriff bezieht sich auf die vielfältigen Bearbeitungen der Werke Kafkas in Kolumbien. Dabei handelt sich nicht ausschließlich um die empirische Rekonstruktion der Kafka-Rezeption, nämlich wann und von wem Werke Kafkas gelesen wurden, sondern vor allem um die daraus resultierende kulturelle Aneignung. Kolumbianer und Kolumbianerinnen sind keine reinen Konsumenten von Werken Kafkas; sie haben sich Werke Kafkas zu Eigen gemacht. Die Aneignungsperspektive der Arbeit betont das aktive Handeln und die Kreativität der Kafka-Bearbeiter. Die kulturelle Appropriation unterscheidet sich von der passiven Rezeption, indem Kafka-Bearbeitungen absichtlich die Semantik, die Ästhetik und die soziale Funktion der Werke Kafkas verändern. In den kolumbianischen Kafka-Bearbeitungen wird das Werk Kafkas mit ihm unbekannten Gattungen, Diskursen und Medien verkettet. Doch Werke Kafkas beeinflussen gleichzeitig auch das Verständnis des kolumbianischen Verhängnisses. Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler finden in Werken Kafkas eine Wirklichkeit dargestellt, die sich leicht auf die schwierige politische Lage Kolumbiens übertragen lässt. Kafkas Darstellungen von Justiz ermöglichen für Kolumbianer eine plausible Interpretation des kolumbianischen Bürgerkrieges. In diesem Sinne ist die Identität Kolumbiens auch eine ergänzende semantische Erfindung der kolumbianischen "kafkólogos" d. h. der europaorientierten Eliten, die für Kafka einen kulturellen Wert in Kolumbien etabliert haben. Kolumbianer und Kolumbianerinnen sind nicht unmittelbar "kafkianos", wie die kolumbianischen "kafkólogos" stolz proklamiert haben. Man kann wohl danach fragen, warum Kafka ein Schlüsselwort der kolumbianischen Eliten geworden ist? Denkweisen und Wahrnehmungen Kafkas spielen eine große Rolle in der medialen Konstruktion der heutigen kolumbianischen Mentalität. Die andere Seite jener medialen Migration der Werke Kafkas ist die Kolumbianisierung. Werke Kafkas (Bücher, Bildzeugnisse und Zeichnungen) werden mit Freiheit und Frechheit medial neu gestaltet. Kolumbianisierung heißt kulturelle Aneignung. Kafka-Bearbeitungen werden deshalb unter dem Begriff der medialen Anverwandlungen verstanden. Eine mediale Anverwandlung ist kein bloß technisches Verfahren. Sie bezieht sich auf die von Benjamin angesprochene Verkettung der Kultur. Es handelt sich, wie gezeigt wird, um ein Zusammenwirken von Symbolsystemen, Apparaturen und Diskursen aller Epochen. Diese Verkettung der Kultur ermöglicht, dass alle Kulturgüter der Vergangenheit aufrufbar, prozessierbar und aktualisierbar werden. Wenn die Medien Erscheinungs- und Verfahrensort der Kultur sind, wie Benjamin und Jäger behaupten, dann sind Kafka-Bearbeitungen mediale Erfindungen, die Werke Kafkas semantisch aufladen und neu erfinden. Die Kolumbianisierung der Werke Kafkas ist die mediale Konstruktion eines neuen Kafkas. ; La obras de Kafka migran a través de los medios a otros productos mediales. Para explicar esta tesis, fueron extractados algunos ejemplos de las Bearbeitungen (transformaciones) de las obras de Kafka en Colombia. Existen numerosas transformaciones de Kafka, no sólo traducciones y estudios críticos, sino también ediciones universitarias, escenificaciones, composiciones musicales, películas, audiolibros, dibujos, pinturas y obras literarias. En la literatura colombiana Kafka ocupa un lugar de privilegio. Gracias a la lectura de sus obras surgieron dos corrientes literarias y se consolidó un nuevo género. Kafka es uno de los grandes impulsores del micro-cuento. El realismo mágico retoma parte de Kafka y la reciente literatura de la violencia se sirve de elementos kafkianos. La transformaciones de la obra de Kafka en Colombia pertenecen a un fenómeno denominado migración medial de la cultura. Ellas representan una continuación colombiana de lo kafkiano. Las percepciones, los modos de representación y las formas de pensamiento subyacentes a las obras de Kafka se transforman en obras kafkiano-colombianas, a partir de procesos culturalres complejos: 1) o bien son direccionadas a un nuevo público, 2) o bien son cifradas a partir de hechos actuales, 3) o bien son inscritas en discursos locales. La cultura no permanece estática. La cultura se transforma constantemene gracias a los medios, pues ella en sí misma posee un carácter medial. Según la teoría de la cultura formulada por Walter Benjamin y por Ludwig Jäger los bienes culturales han sido producidos, procesados, enlazados y transformados en los medios. Por ese motivo todos los medios tienen acceso a la materialidad y a la semántica de los bienes culturales. Así surge una dinámica creativa propia de la actualización cultural. Esa dinámica ha sido llamada migración medial de la cultura. Este concepto se refiere en especial a las diversas transformaciones de las obras de Kafka en Colombia y no se ocupa exclusivamente de la reconstrucción empírica de la recepción, es decir cuándo y quiénes leyeron las obras de Kafka, sino en especial de la apropiación semántica, estética y política que resulta de ese proceso. Colombianas y colombianos no son simplemente consumidores de Kafka, ellos se apropian de sus obras y las transforman. Esta perspectiva de la apropiación resalta el papel activo y creativo de los continuadores de Kafka. La apropiación cultural se diferencia de la teoría de la recepción precisamente porque estudia la manera en que los continuadores de Kafka cambian intencionalmente la semantica, la estética y las funciones sociales de las obras de Kafka. En las obras de los colombianos Kafka aparece ligado a géneros, discursos y medios nuevos. Y al mismo tiempo este autor influye en la comprensión actual de la sociedad colombiana. Escritores, artistas y científicos sociales encuentran en las obras de Kafka una representación de la realidad, que con relativa facilidad se puede trasladar a la difícil situación política del país. La representación kafkiana de la justicia les permite a los colombianos hacerse a una imagen del país. En este sentido la identidad colombiana es en parte una invención semántica adicional de los kafkólogos colombianos, es decir, de las élites culturales de izquierda orientadas a Europa que le han atribuido a Kafka un valor cultural. Colombianas y colombianos no son "kafkianos" por naturaleza, como lo proclaman orgullosamente los kafkólogos. Pero es importante preguntarse por qué Kafka se ha convertido en una palabra clave de las élites colombianas. Los modos de percepción y de pensamiento de las obras de Kafka juegan un papel muy importante en la construcción medial de la mentalidad colombiana de los últimos tiempos. El otro lado de esa migración medial es la colombianización de Kafka. Las obras de Kafka (sus libros, fotografías y dibujos) han sido transformadas con libertad y descaro en nuevos productos mediales. Esa colombianización es justamente parte de la apropiación medial. Las transformaciones de Kafka se entienden aquí bajo la categoría de mediale Anverwandlungen (apropiación medial). Una mediale Anverwandlung no es resultado de un procedimiento técnico. Ella se refiere a esa complejidad cultural que Walter Benjamin denominó concatenación de la cultura. Se trata, como se intenta explicar en esta tesis, de un efecto conjunto entre sistemas simbólicos, aparatos y discursos de todas las épocas. Esa concatenación de la cultura hace posible que los bienes culturales del pasado se puedan emplear, procesar y actualizar. Si es cierto que los medios son el lugar de aparcición y de procesamiento semántico de la cultura, entonces, como Benjamin y Jäger afirman, también las tranformaciones de las obras de Kafka son invenciones mediales que de una forma propia crean una nueva semántica para Kafka.
Mikrowellenkochgeräte sind heute in unseren Haushalten verbreitet. Der Weg zur Verbreitung in normalen Haushalten war jedoch weder schnell noch einfach. Die Erfindung des Mikrowellenerzeugers bis hin zur Verbreitung der Mikrowellenkochgeräte erstreckte sich über einen Zeitraum von vierzig Jahren. Das Herz des Mikrowellenkochgeräts, das Mikrowellenerzeuger genannte Magnetron, wurde ursprünglich nicht für Kochgeräte erfunden, sondern für Radargeräte. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Magnetron in Großbritannien erfunden, um leistungsfähige Radargeräte zu entwickeln. Durch eine entsprechend starke Förderung in Großbritannien sowie in den USA entwickelte sich die Mikrowellentechnologie rasch. Auch in Japan wurden sie im Rahmen der Waffenentwicklung gefördert, allerdings hauptsächlich mit dem Ziel, "Strahlenwaffen" zu entwickeln, was letztlich jedoch nicht praktikabel war. Die Anwendungsart des Magnetrons änderte sich je nach politischer, ökonomischer und sozialer Konstellation einer Gesellschaft. Bald nach dem Krieg nahm der militärische Bedarf an Magnetronen in den USA rasch ab, und die Magnetronhersteller wurden gezwungen, nach anderen Anwendungsmöglichkeiten des Magnetrons zu suchen. Die Firma Raytheon, ein großer Magnetronhersteller in den USA, gestaltete das Magnetron zu Kochzwecken um und baute damit das erste Mikrowellenkochgerät. Jedoch verlor die Firma bald nach dem Ausbruch des Koreakriegs im Jahr 1950 ihr Interesse am Bau dieses Geräts, da die Nachfrage nach Magnetronen durch das Militär wieder rasch anstieg. Die Mikrowellenkochgeräte dieser Zeit waren überdimensioniert und kostspielig, deshalb beschränkte sich der Verkauf dieser Kochgeräte meistens auf gastronomische Einrichtungen. Erst Mitte der 1960er Jahre wurde das Interesse für Mikrowellenkochgeräte in den USA wieder erweckt, als das amerikanische Verteidigungsministerium die Anschaffung von Mikrowellenröhren reduzierte. Zu diesem Zeitpunkt gelang es einem japanischen Mikrowellenröhrenhersteller, ein kleines und preiswertes Magnetron zu entwickeln. Daraufhin begannen japanische Elektrogerätehersteller mit der Produktion von kompakten und preiswerteren Mikrowellenkochgeräten. Anschließend produzierten auch amerikanische Hersteller diese Kochgeräte. Durch intensive Verkaufskampagnen begannen sich diese kompakten Kochgeräte im üblichen Haushalt zu verbreiten - zuerst in Japan sowie in den USA und später in anderen Ländern. Seitdem veränderten sich zwar die Funktionen und Gestaltungen der Mikrowellenkochgeräte je nach Nachfrage, die den jeweiligen Lebensstil der Verbraucher reflektiert, und nach – zur Verfügung stehender - Technologie. Aber die Grundstruktur des Magnetrons blieb unverändert. Ebenso spielte das Bewusstsein der Verbraucher über das Risiko der Mikrowelle auf ihre Gesundheit eine maßgebliche Rolle bei der Gestaltung der Mikrowellenkochgeräte. Nachdem in den USA und anschließend auch in Japan im Jahr 1970 festgestellt worden war, dass aus manchen Mikrowellenkochgeräten Mikrowellen austraten, stieg die Besorgnis und Befürchtung der Verbraucher über mögliche negative Einflüsse der Mikrowelle auf ihre Gesundheit. Folglich nahm der Verkauf des Mikrowellenkochgeräts drastisch ab. Als Maßnahme gegen "Leckstrahlung" führten die amerikanischen sowie japanischen Behörden innerhalb kürzester Zeit einen rechtlichen Standard zur Leckstrahlung ein. Die Hersteller brachten innerhalb weniger Monate entsprechend sicherere Geräte auf den Markt. Durch diese schnelle Reaktion und durchgeführte Verkaufskampagnen gewannen die Hersteller allmählich das Vertrauen der Verbraucher wieder, und die Verbreitung der Geräte stieg wieder an. Die rasche Einführung des rechtlichen Standards in Japan zielte jedoch in erster Linie auf die Erhöhung des Exports von Mikrowellenkochgeräten in die USA als auf den Gesundheitsschutz der Verbraucher. Denn Geräte, die diesem Standard genügten, konnten problemlos in die USA exportiert werden. Die vorliegende Studie zeigt an dem Beispiel der Geschichte der Mikrowellenkochgeräte in Japan erstens, dass der Entwicklungsprozess der dazu notwendigen Technologie sowie deren Anwendungsart nicht allein durch die verfügbare Technologie der damaligen Zeit bestimmt wurde, sondern durch eine Vielzahl von Interaktionen zwischen verschiedenen Akteuren, namentlich Verbrauchern, Magnetronherstellern, Herstellern von Mikrowellenkochgeräten, Behörden, Medien, Militär, Politik, Medizinern und nicht zuletzt der Lebensmittelindustrie. Zweitens widerlegt die Studie am Beispiel des Mikrowellenkochgeräts die oft geäußerte Behauptung, dass japanische Hersteller westliche Produkte nur nachgeahmt hätten bzw. nur noch kompakter gebaut und anschließend zu Schleuderpreisen verkauft hätten. Drittens analysiert die Studie, wie Verbraucher mit dem Risiko einer neuen Technologie, nämlich die der Mikrowelle, umgegangen sind, und wie der Entwicklungsprozess dieser Technologie durch die zeitgleich geführten gesundheitlichen Diskussionen beeinflusst wurde. ; Today the microwave oven is a popular kitchen ware. However, the way to make that oven popular until today, was neither short nor easy. It took over forty years from the invention of the microwave generator which is integrated in ovens until microwave ovens became widespread in normal households. The heart of any microwave oven, a microwave generator called magnetron, was originally invented not for the use in a kitchen, but for the use in a war. During the World War II a magnetron was invented in the United Kingdom in order to develop a new radar system with higher performance. For this purpose the research and development of magnetron was strongly promoted in the United Kingdom as well as in the USA, and correspondingly the microwave technology developed quickly. Also in Japan the research and development of magnetrons was promoted during the war, but mainly for the development of the so called "death ray" which turned out to be unpractical. The application of magnetrons was changed by the political, economical and social constellations of a society. As soon as World War II ended the demand for magnetrons for military purposes decreased dramatically in the USA, and therefore the magnetron makers were forced to search for alternative applications of the magnetron. A big magnetron producer in the USA called Raytheon adapted the magnetron to use it as a heater and actually built the first microwave oven with it. However Raytheon soon lost its interest to produce this kitchen ware, because the demands for radar devices, i.e. microwave tubes like magnetron, again increased since the outbreak of the Korean War in 1950. The interest to build microwave ovens rose again fifteen years later when the Department of Defence in the USA decided to cut its budget for procurement of microwave tubes. The microwave ovens during this time were so big and so expensive that most of purchasers were limited to restaurants owners. As U.S. American microwave tube makers again started to be interested in microwave ovens in the middle of 1960s, a Japanese microwave tube maker just succeeded in developing a small and inexpensive magnetron for microwave ovens. With this new magnetron Japanese producers of household appliances started to produce compact microwave ovens at a lower price. Other producers of household appliances in the USA followed Japanese producers and produced similar ovens. Through sales campaigns microwave ovens started to spread in usual households first in Japan as well as in the USA and later in other countries. Since then the functions and forms of microwave ovens frequently changed depending on the needs of consumers reflecting their life styles, as well as depending on technologies available at that time. However, the basic structure of magnetron was since then unchanged. The awareness of the consumers about the risk of microwaves to their health also contributed to the changes of microwave ovens. As soon as the media reported in Japan as well as in the USA in 1970 that microwaves "leak" out of some microwave ovens during using them, the concerns of consumers about possible negative influences of microwaves on their health rose quickly. Consequently sales of microwave ovens radically went down. As a measure against microwave leakage, the U.S. American as well as the Japanese government introduced regulations on microwave leakage within a very short time. The producers of microwave ovens reacted quickly to this regulation and began with the production of new safer microwave ovens within a few months. Through this quick reaction and new sale campaigns the producers of such appliances could regain the trust of the consumers. The main purpose of the quick introduction of regulation on microwave leakage in Japan, however, was primarily to promote the export of microwave ovens to the USA rather than to protect the health of consumers. With the example of the history of microwave ovens in Japan this study shows firstly that the development process and the way of application of technology are decided not only by the technical availability at each time, but mainly by the interactions between different actors, namely consumers, magnetron producers, producers of microwave ovens, government, media, military, politics, medical doctors and last not least the food industry. Secondly, this study rebuts the popular assertion that Japanese producers were not creative, only imitated western products, made them simply smaller, and sold them at extremely low prices. Thirdly this study analyses how the consumer dealt with the unknown risk of a new technology, in this case the microwave technology, and how the development process of this technology was accompanied by the discussion about health.
1986 begann in den Tropen Cochabambas die Reduktion von Kokapflanzungen und 1994 die massive Einführung bzw. Ausweitung des Anbaus der sog. Alternativen Produkte als Ersatz des Kokaanbaus. Obwohl gegenwärtig diese Ersatzprodukte unter marktorientierten Aspekten angebaut und auf den inländischen sowie ausländischen Märkten verkauft werden, wird die Vermarktung dieser Produkte im Allgemeinen noch als problematisch angesehen. Identifizierung und Analyse der Hauptprobleme der Vermarktung dieser Alternativen Produkte sowie Vorschläge für entsprechende Lösungsansätze sind Ziele dieser Arbeit. Informationen aus der Literatur und Primärdaten aus Befragungen und Interviews wurden analysiert und interpretiert, um die genannten Ziele zu erreichen (Kap. 1). Über drei Viertel der Einwohner des Kolonisationsgebiets des feuchtsubtropischen Teils des Departements Cochabamba, die einerseits in Syndikaten und andererseits in Bauernverbänden organisiert sind, leben von der Landwirtschaft. Das staatliche Programm "Alternative Entwicklung" bekämpft den Kokaanbau in diesem Gebiet und fördert die Erzeugung von "legalen" Agrarprodukten (Kap. 2). Im Gegensatz zu den Alternativen Anbaukulturen ist die anspruchlose und an das tropische Gebiet von Cochabamba gut angepasste Kokapflanze pflegeleicht, guten Gewinn bringend und vor allem einfacher zu vermarkten. Aus diesen Gründen wird sie trotz den staatlichen Reduktionsmaßnahmen von den Bauern weiterhin angebaut. Andererseits werden die in dieser Arbeit ausgewählten Alternativen Produkte auf den internationalen Märkten in großen Mengen nachgefragt. Die zum größten Teil in lateinamerikanischen, afrikanischen und asiatischen Ländern angebauten Ananas, Obstbananen, Maracuja, Palmherzen und Pfeffer werden insbesondere in die USA und die Europäische Union exportiert. Ananas und Bananen aus den Tropen Cochabambas überwiegend nach Argentinien und Chile ebenso wie die Palmherzen, die aber auch nach Europa und in die USA geliefert werden. Die in relativ geringen Mengen erzeugter Maracuja sowie die Produktion von Pfeffer reichen nicht einmal zur Befriedigung der inländischen Nachfrage, daher werden sie derzeit auch noch nicht exportiert. Die schwankenden Preise der Alternativen Produkte haben eine sinkende Tendenz und bringen bei relativ hohen Produktionskosten und niedrigen Erträgen den Bauern nur geringe oder gar keine Gewinne (Kap. 3). Die als empirische Untersuchung vom Verfasser durchgeführte Befragung von 285 Bauern, die eines der fünf Alternativen Produkte anbauen, zeitigte folgende wichtigen Ergebnisse: Die Anbauflächen sind relativ klein und die Erträge noch niedrig; die Landstraßen sind von mäßiger Qualität und es besteht ein Bedarf an neuen Landstraßen und Brücken; die Bauernverbände sind noch nicht genügend entwickelt und bedürfen kompetentes Fachpersonal und mehr Kapital; die Bauern verfügen nur über unzureichende Vermarktungsinformationen und schließlich subventioniert der Staat gegenwärtig noch die Agrarberatung und die Erzeugung sowie die Vermarktung der Alternativen Produkte (Kap. 4). Aber wie lange das noch der Fall sein wird, ist ungewiss und damit eine weiterer Risikofaktor für die Bauern. Aufgrund der Analyse der Informationen in den vorangehenden Kapiteln und den Auskünften der Expertenbefragung wurden die Hauptprobleme der Vermarktung identifiziert, und zwar das unzureichende Produktangebot nach Menge und Qualität. Bestimmungsfaktoren für diesen Mangel sind die fragliche Rentabilität dieser Anbaukulturen, die unzureichende Agrarberatung, das fehlende Investitionskapital und die Konkurrenz der Kokapflanze. Auch die Transport- sowie Verkaufsinfrastruktur sind mangelhaft, ebenso wie die Vermarktungsinformationen, und schließlich ist die aktive Beteiligung der Bauernverbände an der Vermarktung der Alternativen Produkte äußerst gering (Kap. 5). Zur Behebung der Probleme der Vermarktung Alternativer Produkte werden vom Autor der vorliegenden Untersuchung folgende Lösungen vorgeschlagen: Für die Verbesserung des Angebots müsste die Agrarberatung verbessert und landwirtschaftliche Kleinkredite bereitgestellt werden. Die Verbesserung des Straßennetzes ist ein notwendiger, aber langfristiger Prozess; dagegen ist die Einrichtung weiterer Kabelbahnen für den schonenden Transport der geernteten Bananen auf den Bananenpflanzungen und der Bau von Verpackungszentren für Ananas und Bananen kurzfristig durchführbar. Entscheidend für das Erreichen der angestrebten Ziele ist auch eine Reorganisation der Bauernorganisationen durch Schulung des Führungspersonals sowie eine Erweiterung und qualitative Verbesserung der angebotenen Dienstleistungen und eine stärkere aktive Einbindung ihrer Mitglieder. Unabdingbar sind auch eine Institutionalisierung der Vermarktungsinformation und eine Förderung der Marktforschung. Beides könnte in einem Zentrum für Marktinformation und Marktforschung entsprechend der "Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP)" in Deutschland durchgeführt werden. Eine Lösung der wegen der Reduktion des Kokaanbaus schwelenden sozialen Konflikte im Gebiet der Tropen Cochabambas und die Sicherstellung eines ungehinderten Transports sowie eine gezielte Förderung privater Investitionen muss in diesem Gebiet außerdem gewährleistet werden. Eine andere politische strategische Maßnahme wäre auch die Förderung der Beteiligung der Syndikate an der Entwicklung des Agrarsektors (Kap. 6). ; Marketing of Alternative Products of the Tropics of Cochabamba (Bolivia) as Substitutes for the Coca-Cultivation In 1986 the reduction of cocaine plantations in Cochabamba's tropics began, and in 1994 the massive introduction and then expansion of cultivation of alternative products to replace cocaine cultivation. Although these replacement products are commercially cultivated and are sold in domestic as well as foreign markets, their marketing is labeled as problematic. The goals of this work are identification and analysis of the main problems of marketing of these alternative products as well as proposals for appropriate attempts to solve the problem. To attain these goals, information from the sources and primary data from surveys and interviews will be analyzed and interpreted (Ch. 1). In the humid subtropical part of Cochabambas department, three-fourths of the inhabitants, organized both in syndicates and in farmers' associations, live off of agriculture. The government program "Alternative Development" fights cocaine cultivation in this area and promotes the cultivation of "legal" agricultural products (Ch. 2). In contrast to the alternative crops, the undemanding and profitable cocaine plants are well adapted to Cochabamba's tropical region and, most importantly, are easier to market. It is for these reasons that, despite the government's measures to reduce cocaine production, it continues to be cultivated. However, the alternative crops discussed in this work are in high demand in international markets. Pineapples, bananas, passion fruit, hearts of palm and pepper, which are for the most part in Latin-American, African, and Asian countries produced, are exported especially the USA and in the European Union. Pineapples and bananas from Cochabamba's tropics are mostly exported to Argentina and Chile. Hearts of palm, however, are also sent to the USA and the European Union. Passion fruit and pepper are produced in relatively small quantities, which is not even enough to satisfy domestic demands. As a result, they are not exported. The alternative crops' prices fluctuate in a downward trend, which, combined with high production costs and low earnings, little or no profits for farmers (Ch. 3). An empirical study conducted by the author surveyed 285 farmers who cultivate one of the five alternative products. The following important results can be concluded from this study: the cultivable land is relatively small as is the yield; the roads are of moderate quality and new roads and bridges are needed; the farmers' organizations are not well enough developed yet and need competent staff and more capital; farmers dispose of insufficient marketing information; and finally, the government subsidizes at present agrarian consulting and production as well as the marketing of alternative products (Ch. 4). But for how long this will continue is uncertain and is with that another risk factor for the farmers. After analyzing the information in the previous chapters and the information acquired through expert surveys, the main marketing problems were identified, namely insufficient product supply in terms of quantity and quality. Determining factors for this deficiency include the questionable cost-effectiveness of this cultivation, the insufficient agrarian consulting, the lack of investment capital, and cocaine's competition. In addition, the transportation and vending infrastructures are lacking, just as much as the marketing information. Finally, the active participation of the farmers' associations in the marketing of the alternative crops is marginal at best (Ch. 5). The author proposes the following solutions for the resolution of the problems in marketing alternative products. In order to improve the supply, the agrarian consulting must be ameliorated, and agricultural micro credit provided. Although road network improvements are essential, they constitute a long-term process. In contrast, the installation of further cable railways on banana plantations for the considerate transport of harvested bananas and packing centres for pineapples and bananas are projects able to be realized in the short-term. To reach the targeted goals it is also crucial to reorganize the farmers' associations by training the leadership, as well as expanding and qualitatively improving the services offered, and increasing member involvement. Institutionalization of marketing information is also indispensable, as is the promotion of market research. Both could be carried out in a centre for market information and market research, equivalent to the "Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP)" (central market and price reporting place) in Germany. Furthermore, a solution of smouldering social conflicts in the tropical areas of Cochabamba, resulting from reduction of cocaine production, securing unimpeded transportation and systematically encouraging private investment, must be guaranteed in this region. Promoting syndicates to participate in the development of the agricultural sector would be another politically strategic measure (Ch. 6).
In the context of the global environmental and developmental crisis, both environmental relations of modern societies as well as their relations to non-modern, 'traditional' groups are called into question. In this regard, the global environmental and developmental crisis not only threatens the well-being of present and future human populations, but also reflects a crisis of modernity. The demarcation of protected areas for the protection of 'nature' is an important approach to tackle global environmental problems. Frequently, the remaining 'natural' areas suitable for nature conservation are, at the same time, living spaces of non-modern peoples. The 'classical' modern concept of protected areas - based on ideas of an inherent antagonism between humans and nature - in many cases led to the eviction of these people from protected areas. The poor balance of this 'classical' approach to preserve nature in protected areas, resistance from affected local people, as well as a growing awareness for the rights of these people have induced a revision of this approach. In the international discourses a new utility-oriented approach has gained rather broad acceptance which is based on a conservation strategy that takes into account the interests and rights of local populations in resources and services of protected areas. In practice, however, the establishment and management of protected areas often is far away from the standards of this revised protected area concept. Furthermore, this utility-oriented conservation approach has not only provoked a counter-movement within the conservation community, but also has to confront a critical localist approach to nature conservation focusing on local resource control and self-determination. Against this background, the study is concerned with the conflicts and debates involving local communities of the Karen ethnic minority group living in the Thung Yai Naresuan Wildlife Sanctuary in Western Thailand which was established in 1974 and was declared a World Heritage Site by UNESCO in 1991. People of the Karen ethnic minority group have been living in the area for at least 200 years. Until today, the Karen in Thung Yai predominantly grow hill rice for subsistence needs in a rotational swidden system under a communal resource management regime. Since the establishment of the sanctuary villages have been removed by state authorities at different times. Specifically with the declaration as a World Heritage Site, the remaining Karen villages became a political issue. The Royal Forest Department, the Military and politicians frequently request their resettlement, impose restrictions on their tradi-tional land use system, and are trying to induce them to resettle 'voluntarily' using violence and terror. At the same time, within the present discourse on 'people and forests' in Thailand, the Karen in Thung Yai are quoted for the position that human forest use and conservation of forests may well go hand in hand. The research focused on processes of local change within the Karen communities, as well as on the political conflicts regarding the villages in the sanctuary. Both aspects only become comprehensible within the broader context of national and international processes of modernisation and environmental discourse. The dynamic cultural identity of the Karen in Thung Yai, which is essentially related to their specific place of living, is crucial for their adaptability towards these external changes and challenges, but also for their resistance towards the threats regarding their existence in Thung Yai. However, this research not only explores the concrete local case of conflict within its encompassing national and international contexts of deforestation, nature conservation, indigenous rights, etc., but also intends to reflect this conflict and the research on it with regard to the self-conceptualisation of modern science and the culture of modernity. The findings of the study support claims to legalise the traditional settlement rights and land use areas of the Karen in the sanctuary, and suggests the appreciation of their traditional forest- and land use systems as well as their integration into the conception and management of the sanctuary. Concerning the problem of national integration, modernisation and cultural diversity, the study proposes a 'culture conservation approach' focusing on local rights to self-determination and resource use in the context of participative, democratic approaches to conflict resolution. With regard to the culture of modernity this approach implies questioning universalistic and hegemonic claims of 'modernity' as well as an increased attentiveness for environmental relations beyond the stereotypes of 'tradition' and 'modernity'. ; Die Fähigkeit des Menschen, seine Umwelt so zu verändern, dass er damit die eigenen Lebensbedingungen beeinträchtigt - bis hin zur Gefährdung der Existenzgrundlagen - ist seit den 1960er Jahren zunehmend deutlich und problematisch geworden. Als Ursachen dieser realen und potenziellen Gefährdungen gelten einerseits die technischen Möglichkeiten und die Entwicklungsdynamik moderner Industrie-Gesellschaften, andererseits das Bevölkerungswachstum und die Entwicklungsoptionen in den Ländern der sogenannten 3. Welt. Die globale Umweltkrise rückt somit in einen engen Zusammenhang mit einer globalen Entwicklungskrise, indem moderne Konzeptionen von 'Wachstum', 'Entwicklung' und 'Fortschritt' in Frage stehen, und zwar in den 'Entwicklungsländern' wie auch in den 'entwickelten' Gesellschaften selbst. Damit wird in der globalen Umwelt- und Entwicklungskrise sowohl das Naturverhältnis der Kultur der Moderne als auch deren Verhältnis zu nicht-modernen, 'traditionalen' Gesellschaften und Gruppierungen problematisch. Diese Problematisierung des Verhältnisses der Moderne gegenüber der 'Natur' und dem 'Traditionalen' - den beiden konstitutiven Anderen der Moderne - lässt sich auch als eine Krise der Moderne lesen. Der Rückgang der Tropenwälder und der damit verbundene Verlust an biologischer Vielfalt spielen sowohl in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion als auch in der öffentlichen Wahrnehmung der globalen Umweltkrise eine wichtige Rolle. Ein dominierender Ansatz zur Lösung dieser problematischen Aspekte des modernen Naturverhältnisses ist seit dem Ende des 19. Jahrhunderts der Versuch, 'Natur' durch die Einrichtung von Natur-Schutzgebieten zu bewahren. Aus einer globalen Perspektive betrachtet decken sich diese schützenswerten Gebiete häufig mit Lebensräumen nicht-moderner sozialer Gruppierungen. Konflikte zwischen Interessen an der Einrichtung von Schutzgebieten und Interessen 'indigener' oder 'traditionaler' Bevölkerungsgruppen, die in diesen Gebieten leben oder deren Ressourcen nutzen, sind die Regel, und haben nicht selten zur Vertreibung von Menschen aus Naturschutzgebieten geführt. Die 'klassische' moderne Schutzgebietskonzeption geht primär von einem Antagonismus zwischen Naturschutz und menschlicher Natur-Nutzung aus. Im Kontext des Modernisierungs-Diskurses gefährden sowohl Bevölkerungswachstum und Armut 'traditionaler' Gruppen als auch die Modernisierung dieser Gruppen die natürlichen Ressourcen und die biologische Diversität ihres Lebensraumes. Deshalb zielen Naturschutzbemühungen in dieser Rahmung des Problems i.d.R. auf die Umsiedlung der in Schutzgebieten lebenden Menschen. Lediglich über die Identifizierung einfacher nicht-moderner Gesellschaftsformen mit 'Natur' und der Festschreibung dieses Status, wird deren Existenz in Schutzgebieten aus dieser Perspektive heraus tolerierbar, bzw. werden sie sogar selbst schutzwürdig. Die schlechte Bilanz dieser Schutzgebietsstrategie, der Widerstand betroffener Bevölkerungsgruppen sowie ein wachsendes Bewusstsein für die Rechte dieser Gruppen haben seit den 1980er Jahren zu einer Revision der 'klassischen' Schutzgebietskonzeption geführt. Im internationalen Schutzgebiets-Diskurs hat sich inzwischen ein utilitätsorientierter Ansatz durchgesetzt, der den problematischen Zusammenhang von Mensch und Natur in der Schutzgebietsproblematik primär im Rahmen von Schutz-durch-Nutzungs-Strategien konzipiert und die Interessen und Rechte lokaler Bevölkerungsgruppen in und um Schutzgebiete in Rechnung stellt. Die Praxis der Einrichtung und des Managements von Schutzgebieten ist häufig weit entfernt von den Maßstäben des revidierten Schutzgebietskonzepts und ist insbesondere in 3. Welt Ländern meist noch dem 'klassischen' Modell verhaftet. Darüber hinaus stößt dieser utilitäts-orientierte Managementansatz, der als Teil einer Strategie globalen Ressourcenmanagements konzipiert ist, im Kontext des Globalisierungs-Diskurses auf den Widerstand lokalistischer Gegenpositionen. Diese Positionen stellen Strategien lokaler Ressourcenkontrolle und kultureller Selbstbestimmung in den Mittelpunkt ihres alternativen Lösungsansatzes für die globale Umwelt- und Entwicklungskrise. Vor diesem Hintergrund untersucht die Arbeit die Auseinandersetzungen um die Gemeinschaften der ethnischen Minderheit der Karen im Wildschutzgebiet und Weltnaturerbe Thung Yai Naresuan im Westen Thailands. Hierbei zielt die Arbeit nicht nur auf die Analyse des konkreten lokalen Konfliktfalls im Zusammenhang der nationalen und globalen Kontexte, sondern auch auf die Reflektion dieser Auseinandersetzungen und meiner Beschäftigung mit ihnen mit Blick auf das eigene wissenschaftliche Selbstverständnis und den eigenen kulturellen Kontext, die Kultur der Moderne. Mit ihrer traditionellen Lebensweise, die eine nachhaltige und ressourcenschonende Nutzung ihres Lebensraumes ermöglicht, haben die Karen in Thung Yai erheblich zur Ausprägung der biologischen Vielfalt des Schutzgebietes und deren Erhaltung beigetragen. Hinsichtlich der Ressourcen und Ziele des Schutzgebietes stellen Bevölkerungsentwicklung und traditioneller zyklischer Brandrodungsfeldbau der Karen bis heute keine wesentlichen Probleme dar und werden dies im Kontext des traditionellen Systems vermutlich auch in Zukunft nicht sein. Erhebliche Einschränkungen der Nutzung von Bracheflächen durch das Royal Forest Department gefährden derzeit das traditionelle, subsistenzorientierte Land- und Waldnutzungssystem, was zunehmend zu Marktabhängigkeit und Cashcrop Anbau führt. Der Übergang von einer überwiegend subsistenz- zu einer stärker marktorientierten Wirtschaftsweise ist in verschiedenen Haushalten und Dörfern unterschiedlich weit fortgeschritten. Von staatlichen Behörden wird er teilweise propagiert und gefördert. Diese Veränderungen führen z.T. zu einer stärkeren Belastung und tendenziell zunehmenden Gefährdungen des Schutzgebietes und drohen so, die Legitimation der Siedlungen im Schutzgebiet in Frage zu stellen. Während eine Minderheit der Karen von diesen Veränderungen profitiert und sich mit den externen Interessen und Einflüssen zumindest arrangiert, empfindet die große Mehrheit der Karen diese Veränderungen und Einflüsse von 'außen' als eine Bedrohung ihrer traditionellen Lebensweise und Werte sowie ihres Lebensraumes, mit dem sie sich in hohem Maße identifizieren. Um sich mit diesen Veränderungen auseinander zu setzen und um eigene Interessen zu vertreten entstehen neue Institutionen und Organisationsformen.
Dass 2016 der Republikaner Donald Trump als rechtmäßiger Vertreter einer demokratischen Öffentlichkeit gewählt wurde, wirkte sich auch dort aus, wo man es zuletzt vermuten würde: in den feinen Verästelungen des akademischen Schreibens über vierhundert Jahre alte Bühnentexte. Sucht man Phänomene der Gegenwart zu erklären, bieten Shakespeares Dramen eine beliebte Hilfestellung. Erst kürzlich veröffentlichte Stephen Greenblatt unter dem Titel TYRANT. Shakespeare on Politics die ausführliche Version eines Essays, der im Oktober 2016 unter dem gewagten Titel "Shakespeare Explains the 2016 Election" in der New York Times erschienen war. In der genauen und bisweilen etwas sprunghaften Lektüre von Shakespeares Dramen macht der Literaturwissenschaftler spezifische Figurenkonstellationen und Charaktereigenschaften aus. Daraus entwickelt er eine Typologie von "Ermöglichern", die tagespolitische Entwicklungen erhellen soll. In Shakespeare in Divided America wählt James Shapiro einen anderen Weg: Er untersucht, wie die szenische und analytische Behandlung von Shakespeares Bühnenfiguren in markanten historischen Momenten mit Themen und Ereignissen korreliert, die die Identität Amerikas ausmachen. Die Motivation teilt er dabei mit seinem Kollegen Greenblatt. So gesteht Shapiro gleich auf den ersten Seiten: "It was the election of Donald Trump in 2016 that convinced me to write about Shakespeare in a divided America." (S.8) Sein inhaltliches Fundament erhält dieses Verkaufsargument durch die 724 Seiten schwere Sammlung Shakespeare in America: An Anthology from the Revolution to Now, die der Autor vor sechs Jahren veröffentlichte. Das dort versammelte Material beginnt 1776, im Jahr der Unabhängigkeitserklärung, – die aktuelle Publikation eröffnet ein halbes Jahrhundert später mit den Konflikten um "Miscegenation", der Furcht vor einer 'Vermischung der Rassen', die dem bevorstehenden Bürgerkrieg den ideologischen Boden bereitete. Mit einem Artikel "On the Character of Desdemona" trug der ehemalige Präsident John Quincy Adams am Neujahrstag 1835 indirekt zu dieser Diskussion bei. Befeuert von der enttäuschenden Begegnung mit der vierzig Jahre jüngeren Schauspielerin Fanny Kemble, die seinen Ausführungen über Shakespeare keinen Beifall zollte, veröffentlichte er im American Monthly Magazine einen langen Brief. Darin wählt er den Umweg über seine bereits zuvor vielfach im Halbprivaten geäußerte Obsession mit Othello, um auszudrücken, "what he otherwise was too inhibited or careful to say" (S.44): Desdemona habe ihr Schicksal verdient, weil sie sich des naturwidrigen Vergehens schuldig gemacht habe, einen "blackamoor" (S.25) zu ehelichen. Hier zeigt sich – und das ist die grundlegende Überzeugung Shapiros –, dass Shakespeare für die Ängste und Vorurteile, die das gesellschaftliche Klima prägen, als "canary in the coalmine" (S.4) fungiert. So ist es folgerichtig, dass Shakespeare in America die 'hot topics' der Gegenwart – Race, Class, Gender, Sexual Orientation, Immigration, Otherness, Power & Politics – anhand der Aufführungs- und Rezeptionsgeschichte Shakespeares verhandelt. Auch Mental Health scheint zwischen den Zeilen immer wieder durch. Die Reflektiertheit, mit der Shapiro seine historische Rekonstruktion betreibt, würde man sich grundsätzlich von allen Autoren wünschen, auf die die Adjektive 'old white privileged male' angewandt werden können. Eben jene Aspekte sind es nämlich, die er ins Zentrum seiner kritischen Auseinandersetzung stellt. Wenn es gilt, historische Machtverhältnisse zu analysieren, lohnt der Blick auf die Mächtigen: Shapiro beobachtet ein ausgeprägtes Näheverhältnis, das sämtliche amerikanische Präsidenten zu Shakespeare pflegten. Das Vorwort der Anthology schrieb 2014 übrigens Bill Clinton, jener Präsident, für den Monika Lewinsky zum Valentinstag 1997 eigens ein paar Liebesverse aus Romeo und Julia in die Washington Post setzte. 'Sämtliche', natürlich ausgenommen Donald Trump, "who may be the first American president to express no interest in Shakespeare" (S.229). Für Präsident Abraham Lincoln, federführend bei der Abschaffung der Sklaverei, verlief die Begegnung mit einem Schauspieler tödlich: John Wilkes Booth, jüngster Sohn einer Schauspielerdynastie, sah sich die Rolle des Brutus auch auf den Brettern der Weltbühne spielen. In der Loge des Ford's Theatre schoss er dem theaterliebenden – und im Privaten bevorzugt Shakespeare rezitierenden – Staatsoberhaupt in den Kopf. Booth war überzeugt von der Rechtmäßigkeit der 'Sklavenhalterstaaten' und erkannte in Lincoln seinen ultimativen Feind. Shapiro rekonstruiert die Entwicklung von Booth' politischem Fanatismus biographisch entlang seiner Auseinandersetzung mit Shakespeare: "Rather than playing introspective or noble parts (as his father and brother Edwin had), the only roles in which he distinguished himself were dark and often villainous heroes, men of action who die fighting. If a character wasn't scripted that way, he didn't hesitate to exaggerate these traits." (S. 133) Fragen der 'Otherness' verhandelt Shapiro anhand der Aneignung von The Tempest, das wiederholt als "Shakespeare's One American Play" (S. 160) betitelt wurde. In der Figur Calibans, darwinistisch interpretiert als 'missing link' zwischen Wildheit und Zivilisation, wird das Fremde verortet, von dem wahlweise Gefahr ausgeht oder das es zu disziplinieren gilt. Das zeigt sich in zahlreichen Bearbeitungen und Adaptionen des Stückes. Dass in Shakespeares Dramen Gemeinschaft durch Ausschluss hergestellt wird, lässt sich auch in den Komödien nachweisen: "Community in Shakespeare's comedies depends – much like immigration policy – on who is barred admission as much as on who is accepted." (S. 151) Worin der Autor die aktuelle Geteiltheit Amerikas ausmacht, erschließt sich am Ende des Buches anhand eines Zitats des Regisseurs Oscar Eustis, dessen Produktion von Julius Caesar Shapiro beratend begleitete: "Part of the divide is between those of us who believe in this democracy and those of us who believe that this democracy has utterly failed. And those that believe that it has failed believe they are victims, they are oppressed by the intellectuals, by the liberals, by the elite, and that that's the source of their problem." (S. 246) Die sieben Kapitel lassen sich gut separat voneinander als eigenständige Essays rezipieren – jedoch zeigt sich in der Gesamtstruktur, dass ihr Verfasser seinen Shakespeare gelesen hat: Die narrative Klammer bildet besagte Produktion von Julius Caesar im Sommer 2017. In der Einleitung rollt Shapiro das Feld aus. Motiviert von der Wahl Trumps entschied Oscar Eustis, der Artistic Director des New Yorker Delacorte Theater, den gewaltsamen Sturz eines despotischen Herrschers in blonder Perücke und roter Krawatte auf der Bühne des Open-Air-Theaters vor 1.800 Menschen zu zeigen. Als Challenge für sein mehrheitlich liberales Publikum intendiert, sollte dem Mord an Caesar eine inszenierte Revolte von im Publikum stationierten Statist*innen folgen – dieser Theatervorgang wurde aber unvermittelt von der Realität überlagert: Die Rightwing Media griffen das Thema einseitig auf, der Widerstand gegen die Aufführung spitzte sich schnell zu. Erst in der Conclusio entfaltet Shapiro die ganze Geschichte und zeigt das verheerende Ausmaß von Social Media im Kampf gegen die Wahrheit. "CNN? Clinton? ISIS? Terrorism? It is hard to imagine a more irrelevant list of ideological or moral objections to the show. […] The crucial thing was not what was said but ensuring that the stunt would circulate on social media." (S.240) Allein im Juni 2017 erreichte die Kontroverse auf Facebook über zwei Millionen Menschen. Dass die gern herbeizitierte politische Sprengkraft des Theaters nicht bloß eine behauptete ist, wird umso deutlicher, weil Shapiro seine Leser*innen zwischen Einleitung und Schluss auf eine Zeitreise mitnimmt: Was 1846 in einem schottischen Theater als Privatfehde zweier Schauspieler-Egos begann – der Amerikaner Edwin Forrest pfiff den Briten William Macready während eines Hamlet-Monologes auf offener Bühne aus –entwickelte sich zu einem Flächenbrand, der drei Jahre später mit den Astor Place Riots seinen Höhepunkt erreichte. In die Aufstände rund um die Darstellung eines anderen Shakespeare Dramas, diesmal Macbeth, waren über 25.000 Menschen involviert. 31 kamen dabei ums Leben, 120 wurden verletzt. Was war geschehen? Als Symbol des Britischen Königreiches, gegen das es sich aus Perspektive der weniger wohlhabenden amerikanischen Bevölkerung zur Wehr zu setzen galt, hatten sich der Engländer Macready und der amerikanische Nationalheld Forrest binnen dreier Jahre zu den Gallionsfiguren eines "Class Warfare" entwickelt. Ort der Handlung war ein neu erbautes Theater, das zum Flaggschiff des Klassenkampfes auserkoren wurde. Denn im Bau des Astor Place Opera House mit seinem weiß behandschuhten Publikum spiegelte sich ein neu erstarkender Elitismus: Um den Kontakt der sozialen Klassen möglichst zu unterbinden, waren die billigen Plätze vom "pit", "renamed the parquette" (S.87), auf den vormals teureren Rang verlegt worden, der nun nur mehr durch separate Stiegenhäuser zu erreichen war – eine Umkehrung der Sitzordnung, die sich bis heute durchgesetzt hat. Als Macready in diesem Gebäude eine Serie von Shakespeare-Gastspielen antrat, die Forrest im Übrigen in einem benachbarten Theater spiegelte, rief dies wüste Proteste hervor. Es ist die Kombination aus historischer Detailgenauigkeit und gegenwärtigem Blick, mit der Shapiro das Geschehen lebendig macht: Am ersten Abend der Riots spielten die stoischen Schauspieler*innen das Stück stumm zu Ende, als sie merkten, dass ihre Stimmen sich gegen den Tumult auf der Galerie nicht durchsetzen konnten. Am nächsten Tag wurde der Widerstand physischer; Eier flogen aus dem Zuschauerraum. "Potatoes followed, along with lemons, apples, an old shoe, and a bottle of asafetida, a foul-smelling spice, that splashed Macready's costume." (S. 94) Erst als die Bestuhlung auf die Bühne geworfen wurde – "Macready didn't have the luxury of knowing that the chairs crashing onstage a few feet from where he stood weren't meant to hit him" (S. 95) – brach der standfeste Engländer die Vorstellung ab. In die atmosphärische Rekonstruktion des Zeitgeistes flicht Shapiro immer wieder heutige Perspektiven ein. So auch in seinen Ausführungen über die Schauspielerin Charlotte Cushman: "As is so often the case in the theater, there was a gap between what people saw and what they projected upon the performers or simply imagined seeing. A video clip of Cushman's performance would no doubt disappoint, failing to capture its allure." (S. 67) Die Gründe für diese 'Projektion' entfalten sich im Kapitel "Manifest Destiny", jenem Leitspruch, der Amerikas gottbestimmte Dominanz über den gesamten Kontinent legitimieren sollte. Im Kontext territorialer Ausdehnung wirft der Autor ein Licht auf die Geschichte jener weiblichen Darstellerinnen, die für einen kurzen Moment der Geschichte als Romeos und Hamlets die amerikanischen Bühnen betraten – laut Shapiro, weil sich das fragile männliche Ego in Zeiten des Bürgerkrieges von schwachen und wankelmütige Helden akut gefährdet sah. Über die Schauspielerin Cushmann – die mit 23 zum ersten Mal als Romeo neben ihrer jüngeren Schwester auf der Bühne stand und diese Rolle für weitere 20 Jahre verkörpern sollte – transportiert Shapiro einerseits die Stimmung der Bevölkerung in Zeiten des Krieges und andererseits die private Biographie einer Frau, die im 19. Jahrhundert ihre berufliche Existenz auf Schauspielerei gründete. Auch wenn sie eine gleichwertige Gage zur Bedingung machte, war ihre Position als alleinstehende Berühmtheit, die sich anmaßte, Männerrollen auf der Bühne zu verkörpern, stets gefährdet. Die durch private Korrespondenzen gut dokumentierten Beziehungen, die sie zu anderen Frauen unterhielt, musste sie stets so kaschieren, dass ihr Liebesleben nicht zur existenzbeendenden Schlagzeile wurde. Mit dem Waffenstillstand veränderte sich die öffentliche Wahrnehmung: "Martial manliness was, many now saw, a hollow and dangerous thing." (S.72) In unmittelbarer Folge bildete sich auf der Bühne eine ähnliche Verdrängung ab, wie sie mit Ende der beiden Weltkriege auch in Europa zu beobachten war: Aus den beruflichen Positionen, die Frauen in Abwesenheit der Männer eingenommen hatten, mussten sie sich wieder zurückziehen. "Once men could comfortably play a Romeo who could at times appear effeminate, they reclaimed the role." (Ebd.) Cross-Dressing ereignete sich aber auch in umgekehrter Richtung: Als 1845 die Disziplin der im Camp Corpus Christi Stationierten sukzessive zu zerfallen drohte, wurde von einem umsichtigen Kommandanten ein Armeetheater gegründet. Mithilfe von Othello, dessen Militärszenen die Lebenswirklichkeit der Soldaten reflektierten, sollte die Moral der Wartenden gehoben werden. In Ermangelung einer weiblichen Besetzung begab man sich auf die Suche in den eigenen Reihen. Gefunden wurde das Substitut im späteren Präsidenten der Vereinigten Staaten, Ulysses S. Grant, "because of his looks and perhaps his voice too" (S.49). Zur Aufführung kam es trotz dieser offensichtlichen Qualifikation jedoch nicht, da der Othello-Darsteller sich weigerte, mit Grant zu spielen – aus Angst, unter Homosexualitätsverdacht zu geraten. Weitere Berührungspunkte von Homosexualität, Emanzipation, Marginalisierung und Theater treten im Kapitel über das Musical Kiss me Kate zutage, das auf Shakespeares sperriger Komödie The Taming of the Shrew basiert. In diesem Backstage-Frontstage-Drama kam es 1948 für einen kurzen Moment der Geschichte auf der Bühne zur friedvollen Koexistenz unterschiedlicher Lebenswirklichkeiten: "The defining feature of the Shakespeare musical was its hybridity – mixing musical styles, mixing Shakespeare's language with contemporary American idiom, mixing races, and mixing highbrow, middlebrow, and at times lowbrow." (S. 183) In der Verfilmung des Musicals wurden diese Unterschiede fünf Jahre später jedoch zugunsten eines Mainstream-Leinwanderlebnisses wieder homogenisiert. Zur Kontextualisierung der Themen "Adultery and Same Sex Love" bezieht sich Shapiro auf Erhebungen des Gallup Instituts und kontrastiert diese mit Zahlen zu tatsächlicher Untreue. Die aktuellsten Daten zum Wertekanon der USA stammen aus dem Jahr 2015 und besagen: "To give some sense of American's disapproval of infidelity, no other behavior that was polled was considered less morally acceptable – not even human cloning, suicide, or abortion." (S.214) Ein großer Teil des Kapitels gilt der Analyse der Drehbuchentwürfe zu Shakespeare in Love (R.: John Madden, UK/US 1998) und den in den verschiedenen Fassungen wirksamen Moralvorstellungen. Die Fiktionalisierung rund um Shakespeares Gender-Swap-Komödie Twelfth Night verwebt Shapiro mit dem Produktionsgeschehen – Homosexualität in Hollywood! Harvey Weinstein! –und Bill Clintons Impeachment-Prozess, der im Jahr des Kinostarts die Weltöffentlichkeit bewegte. Es ist unmöglich, über Shakespeare zu sprechen, ohne die eigenen innersten Haltungen zu verraten. "Shakespeare's plays are rich in the extremes of experiences – injustice, separation, violence, revenge." (S. 7) Daher werden persönliche Überzeugungen, Misogynie, Rassismen und Intoleranz angesichts seiner Stücke so sichtbar wie sonst allenfalls nach dem fünften Bier, erläutert Shapiro im Podcast der Folger Library, der das Erscheinen des Buches begleitet.[1] Die Stärke der Publikation liegt nicht allein in der ungemein kenntnisreichen Kontextualisierung, sondern in der Lebendigkeit des Eindrucks, den man beim Lesen davon erhält, wie sich die öffentliche Wahrnehmung der shakespeareschen Figuren im Kontext bestimmter gesellschaftlicher Konstellationen verändert hat. Während sich rekonstruierende Versuche eines 'original practice style' meist auf die getreue Umsetzung von Raum, Requisiten, Kostümen und womöglich Spielweisen beschränken, trägt die Lektüre von Shakespeare in a Divided America dazu bei, das Mindset der Menschen zu einer spezifischen Zeit an einem spezifischen Ort besser zu verstehen. Auf 250 Seiten (plus 50 Seiten kommentierte Bibliographie) erzählt Shapiro eine dichte Geschichte Amerikas, bei der man en passant Erstaunliches aus der Aufführungsgeschichte Shakespeares, viel mehr aber über die enge Verwobenheit von Theater und Gesellschaft erfährt. Dass er dabei die Rolle Shakespeares mitunter ein wenig überschätzt, ist man ob der Kraft der Narration schnell zu vergeben bereit. Nach der Lektüre dieses Buches hat man eine Menge erlebt. Und am Ende ist man mit Shapiro überzeugt, dass wir von der Auseinandersetzung mit Shakespeare, der noch immer der meistgelesene Autor Amerikas ist, auch nach vierhundert Jahren beständig Neues über unser Menschsein lernen können. [1] Barbara Bogaev/James Shapiro: "Shakespeare Unlimited: Episode 140". In: The Folger Library. 17.03.2020. https://www.folger.edu/shakespeare-unlimited/shapiro-divided-america.
'Seit der Unabhängigkeit der baltischen Staaten 1991 steht die Frage der russischen Diaspora im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Gründe dafür reichen von den Moskauer Versuchen, sich über die Russischsprachigen in die baltische Politik einzuschalten, über den Umfang der Minderheiten in Estland und Lettland bis zur moralischen und praktischen Abwägung zwischen baltischer Nationalstaatsbildung und Grundrechten der Einwanderer. Aus der baltisch-nationalen Innensicht ist die Konfrontation zwischen Titularnationen und Russischsprachigen ein ethnisch-zivilisatorischer Gegensatz a la Huntington. Die westlichen Stellungnahmen beschränken sich meist auf normative Politikberatung zur Minderheitengesetzgebung und deren Implementierung oder auf postmoderne Betrachtungen zur apodiktischen Identitätskrise der Diasporarussen oder Umfragen zu deren Integrationsfortschritten und Selbsteinschätzungen. Gemeinsames Defizit dieser Ansätze ist die Vernachlässigung der von der forcierten sowjetischen Modernisierungs- und Migrationspolitik verursachten Schnittstellen von national-kultureller Ethnizität und sozioökonomischer Prosperität. Die postkommunistische Transformation hat diese Asymmetrien zwischen Ethnizität und sozioökonomischer Prosperität (oft unter umgekehrten Vorzeichen) noch verstärkt. Zu einer Identifikation und Analyse dieser Schnittstellen gehören zwei Aspekte: eine Bestandsaufnahme des Politikbereiches, in dem die Diaspora disproportional vertreten ist, und eine Erörterung des für diese Schnittstelle relevanten Politikfeldes, in dem nationale und wirtschaftliche Motive um den Vorrang streiten. Kernpunkt ist der Teufelskreis aus vorhandenen Asymmetrien, Transformationspolitik und einer ethnopolitischen Deutung. Nach diesen beiden Aspekten lassen sich - zusätzlich zur eigentlichen Minderheitenpolitik - drei größere Politikbereiche als ethnopolitisch relevant identifizieren: Wirtschaftspolitik, Regionalpolitik und Sozialpolitik.' (Textauszug)