Wirtschaftspolitische Optionen gegen strukturelle Arbeitslosigkeit
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Band 12, S. 3-19
ISSN: 0479-611X
"In der Diskussion um die 'strukturelle' Arbeitslosigkeit haben sich drei Denkschulen herausgebildet, deren Diagnosen und Therapieansätze in diesem Beitrag vergleichend untersucht werden. ... Die neuere Entwicklung ist durch eine deutliche Wachstumsschwächung einerseits und durch seine in zwei Rezessionen jeweils sprunghaft angestiegene persistente Arbeitslosigkeit andererseits gekennzeichnet. Diese Symptome werden von der neoklassischen Schule als angebotsseitig bedingte Störungen interpretiert, die bei steigenden unternehmerischen Risiken die Rentabilität von Realinvestitionen schmälern und so zu einem rückläufigen Angebot an rentablen Arbeitsplätzen führen. Die post-keynesianische Schule diagnostiziert dagegen eine strukturelle Nachfrageschwäche und verweist auf Überkapazitäten, die nicht durch zusätzliche Investitionen noch vermehrt, sondern durch eine Expansion der öffentlichen und privaten Nachfrage besser ausgelastet werden sollten. In beiden Diagnosen spielt der Verteilungskonflikt eine zentrale Rolle. Ein dritter Ansatz - die post-industrielle Schule - interpretiert Wachstumsabschwächung und strukturelle Arbeitslosigkeit als Folgen ökologisch bedingter 'Grenzen des Wachstums' und irreversibler Veränderungen (Sättigung, Wertewandel etc.) und folgert daraus die Notwendigkeit einer umfassenden Anpassung an einen quasi-stationären Zustand, in dem menschliches Wachstum Vorrang vor wirtschaftlichem Wachstum haben soll. Zwischen diesen drei Diagnose- und Therapieansätzen bestehen tiefreichende Widersprüche. Der Beitrag der Wissenschaft könnte darin bestehen, diese Widersprüche aufzuklären und damit die Bedingungen für eine rationale Politik zu verbessern." (Autorenreferat)