The manifesto of the Quebecer art movement Automatism, the Refus global (Montreal, 1948), is today one of the best known socio-political writings of Quebec. It is considered to have been the beginning of Quebec's cultural modernity and an early sign of its political modernity. In the early 1940's the manifesto's author Paul-Émile Borduas (1905-1960) had already been praised for his art later named "Automatism". It was seen by the automatists as the evolution of Surrealism (like Abstract Expressionism). Many art critics called this the first Canadian painting that followed the modern aesthetics of the time. According to the surrealist program the automatists aspired to create a new Quebec society. In 1948, the fact that their manifesto differed greatly from the conservative political and social ideas of Maurice Duplessis (Prime Minister of Quebec from 1936 to 1939 and from 1944 to 1959) made Borduas and the manifesto famous. It was considered to be an attack against the traditionalistic institutions because it not only required pictorial but also general liberty. Maurice Duplessis' death in 1959 was the beginning of the Quiet Revolution. During this eventful time the Quebecois began officially to identify with the modern state they were creating. The end of the old regime was also the beginning of a new Quebec nationalism which is important for the new reception of Automatism. The intellectuals discovered the Refus global and saw in Borduas their spiritual father in their claim for an original Quebec culture and a greater political autonomy. In the former condemnation of the manifesto they found the proof that the old political system in Quebec prevented modernity. This thesis traces the reception of Surrealism, Automatism and the Refus global in Quebec throughout the period from the 1940's to the turn of the century. It shows how modern (cultural and national) identity has been established, which groups have been interested in its construction and how the commemoration of the manifesto still helps today to support the nationalist project in Quebec. ; Das Manifest des Automatismus, der Refus global (Montreal, 1948), zählt heute zu den bedeutendsten soziopolitischen Schriften Québecs und wird als Beginn der kulturellen und als Vorzeichen der politischen Moderne Québecs angesehen. Die Dissertation untersucht die Rezeption des Manifests und der quebecer Kunstströmung, die sich als eine Weiterentwicklung des europäischen Surrealismus sah, sowie den Wandel in der Sinnzuweisung. Der Untersuchungskorpus besteht aus Artikeln, Ausstellungskatalogen, Monografien, Dokumentarfilmen etc., die in den letzten 50 Jahren über den Automatismus bzw. den Refus global in Québec erschienen sind. Für ihre Analyse wurden literarische Rezeptionstheorien und "Gedächtnistheorien" (u.a. von Jauß, Assmann und Nora) herangezogen. Mit ihrer Hilfe wird der Weg nachgezeichnet, wie die Schrift und die Kunstbewegung in das kollektive quebecer Gedächtnis eingingen, um dem Aufbau einer modernen quebecer Identität zu dienen und den politischen Diskurs des Souveränismus in Québec zu stützen. Die Ergebnisse werfen auch ein Licht auf die Gruppen, die an diesem Prozess beteiligt waren und noch immer sind. Bereits zu Beginn der 1940er Jahre hatte der Autor des Manifests, Paul-Émile Borduas (1905-1960), die Aufmerksamkeit der Intellektuellen auf sich gezogen: Zahlreiche Kunstkritiker erkannten in seiner Malerei den Beginn einer originären kanadischen Kunst der Moderne, die nicht mehr die europäischen Vorbilder kopierte, sondern mit der zeitgenössischen Ästhetik (s. Abstrakter Expressionismus) aufschloss. Wie den Surrealisten, so ging es auch den Automatisten um die Schaffung einer neuen Gesellschaft. Ihr im Refus global dargelegtes Programm kontrastierte denn auch aufs Schärfste mit dem konservativen politischen und sozialen Diskurs von Maurice Duplessis (Premierminister von Québec von 1936 bis 1939 und von 1944 bis 1959), der zudem vom Antikommunismus in den USA beeinflusst wurde. Der Tod Duplessis' im Jahr 1959 war zugleich der Beginn der Révolution tranquille. Während dieser ereignisreichen Zeit identifizierten sich zahlreiche Quebecer mit dem modernen Staat, den sie schufen. Durch die Kontrastierung des Traditionalismus Duplessis' mit den Neuerungen der 1960er Jahre entstand der Eindruck, Québec trete erst jetzt in seine politische Moderne ein. Vor dem Hintergrund dieser Geschichtsinterpretation entstand ein neuartiger quebecer Nationalismus, der auf eine größere Autonomie Québecs abzielte und entscheidend für die Wahrnehmung des Automatismus war: Die Intellektuellen entdeckten den Refus global wieder und sahen in seinem Autor den geistigen Vater ihres Rufes nach einer originären quebecer Kultur der Moderne als Grundlage einer größeren politischen Autonomie. In den folgenden Jahren bedienten sie sich des Automatismus zur Schaffung einer neuen quebecer (Kultur-)Geschichte, in die der Ruf nach kollektiver Selbstbestimmung eingeschrieben wurde. So avancierten Borduas und die anderen Automatisten zu Vorvätern des modernen Québec. Diese Wahrnehmung der Bewegung wird begleitet von einer Abwertung der Leistungen anderer moderner quebecer Künstler und Immigranten und dient bis heute der Stärkung des nationalen Ichs
Pocos intelectuales de la República de Weimar se confrontaron tan intensamente con el Surrealismo francés como Walter Benjamin. El pensador judío-alemán vio reflejada en dicho movimiento su pretensión de una politización del arte en favor de la emancipación social. Frente a una república amenazada por el ocaso, la tarea del intelectual según Benjamin ya no podía ser exclusivamente contemplativa. Su concepto de una "iluminación profana", concebido a partir del relato Nadja (1928) de André Breton, puede entenderse como respuesta a la crisis de la intelectualidad europea. La presente contribución traza su posicionamiento frente al movimiento vanguardista, abarcando desde el ensayo sobre el surrealismo (1929) hasta el póstumo Libro de los Pasajes, y analizando sus implicaciones para la propia obra. ; Kaum ein Intellektueller der Weimarer Republik setzte sich so intensiv mit dem französischen Surrealismus auseinander wie Walter Benjamin. In der Bewegung sah der deutsch-jüdische Denker das eigene Anliegen, die Politisierung der Kunst zugunsten gesellschaftlicher Emanzipation, reflektiert. Angesichts einer vom Untergang bedrohten Republik war die Aufgabe des Intellektuellen für Benjamin nicht mehr rein kontemplativ zu erfassen. Sein Konzept einer "profanen Erleuchtung", vorgestellt anhand von André Bretons Erzählung Nadja (1928), kann auch als Antwort auf die Krise der europäischen Intellektualität gelesen werden. Der vorliegende Beitrag zeichnet Benjamins Haltung zu der Bewegung ausgehend vom Surrealismus-Essay (1929) bis hin zum posthum erschienenen Passagen-Werk nach und untersucht ihre Implikationen für das eigene Werk. ; Few intellectuals of the Weimar Republic have engaged so intensely in French Surrealism as Walter Benjamin. In this movement, the German-Jewish thinker found his own concern reflected: the politicization of art on behalf of social emancipation. Facing a Republic in decline, the intellectual's task could not be merely contemplative any longer. Benjamin's concept of a "profane illumination," put forward on the basis of André Breton's narration Nadja (1928), can be conceived as a response to the crisis of European intelligence. The present contribution traces his approach to Surrealism starting from the correspondent essay of 1929 until his posthumously published Arcades Project and analyzes its implication for Benjamin's own work.
Der Surrealismus, die europäische Sprachschule der Zwischenkriegszeit, ist nicht tot. Er hat die leichtgewichtigen Werke Bretons und Aragons überlebt, das Ende der Ismen und den neuen Verismus, weil er in der Werbung und der Politik mächtige und prinzipiell unabschaffbare Verbündete besaß. Er musste sie nicht erst lang überzeugen. In ihm fanden sie willkommene Werkzeuge ihrer Überzeugungsarbeit. Der elitäre Kommunarismus, der massendemokratische Elan, der jede einzelne Handlung mit einer Zukunft verbindet, die weiß und offen in einem kochenden Weltall schwebt – Blochs Feuertopf (»Die Materie ist ein Feuertopf«) mitsamt dem rituellen Kopfschütteln, das er hervorruft, ist sein Erzeugnis. Der Surrealismus der Tat scheut die Macht, die er sucht. Er sucht nicht ihre Nähe, sondern sie selbst, er will sie, aber im Modus des Nichtbesitzens. Er will nicht als ihr Inhaber gelten, sondern als ihr Zerstäuber. Dazu bedarf es einer Gesellschaft von Gleichgesinnten, die es nicht gibt, die sich von Fall zu Fall erfinden muss, um den, der die Gunst der Stunde nützt, um sich in den Besitz des Zaubermittels zu setzen, wieder zu entzaubern und, wenn möglich, von der Bühne zu vertreiben.
EINLEITUNG. 5 1.METAMORPHISCH. 5 2\. FORSCHUNGSSTAND. 5 3\. LEBENSLAUF . 9 TEIL I: FRÜHWERK UND SURREALISMUS. 16 1\. AUSBILDUNG UND 30ER JAHRE. 17 1.1. AUSGANGSPUNKT LANDSCHAFT VOR 1945. 17 1.2. AUSBILDUNG AN BERLINER KUNSTGEWERBESCHULEN. 20 1.2.1. Die Reimann-Schule . 21 1.2.2. Bedeutung der Reimann-Schule . 24 1.2.3. Die "Höhere Fachschule für Dekorationskunst". 25 1.2.4. Einfluss des Unterrichts auf Kubicek . 26 1.3. VORBILDER VOR 1945. 29 1.4. EXKURS: BERLIN UM 1945. 31 1.4.1. Kunst vor 1945. 35 1.4.2. Kunst und Politik . 36 2\. ENTWICKLUNG UND WANDLUNG DER BILDSUBJETS. 39 2.1. DAS BILD ALS POLITISCHER KOMMENTAR . 39 2.1.1. Monument des Vorwurfs – Adolf Hitler. 40 2.1.2. Collagen für den Ulenspiegel und zu "Mein K(r)ampf". 41 2.1.3. Stunde Null . 42 2.2. LANDSCHAFT ALS SEELENSPIEGEL. 44 2.2.1. Trauer und Verlust - Zerstörte Bäume . 45 2.2.2. Hoffnung - Blühende Baumgruppen. 48 2.3. VERSCHMELZUNG VON MENSCH UND NATUR. 50 2.3.1. Herrin oder Gefesselte der Landschaft . 50 2.3.2. Metamorphosen der Landschaft 1947-49 . 52 2.4. EROTISCHE AKTE. 54 3\. BILDGESTALTUNG UND STILENTWICKLUNG. 58 3.1. GEMÄLDE. 58 3.1.1. Dreidimensionale Oberfläche . 59 3.1.2. Formen und Konturen. 60 3.1.3. Stilleben als Farbkonzepte . 62 3.1.4. Die Linie als gestalterisches Mittel. 65 3.2. COLLAGEN UM 1945 . 67 4\. DER EINFLUSS AMÉDÉE OZENFANTS . 72 4.1. AMÉDÉE OZENFANT UND DER PURISMUS . . 72 4.2. LEBEN UND GESTALTUNG. 74 4.2.1. Der Ur-Rhythmus und die Kunst zu Leben . 74 4.2.2. Kompositorische Elemente . 76 4.2.3. Ozenfants Bilder . 78 4.3. KUBICEKS BEZUG ZU OZENFANT . 80 4.3.1. Vergleich der Malweisen . 80 4.3.2. Lebensstil . 82 4.3.3. Invariable: Menschlichkeit. 84 4.4. PURISMUS UND SURREALISMUS . 87 5\. INTERNATIONALER SURREALISMUS. 89 5.1. DER SURREALISMUS IN DEUTSCHLAND u.d. Berliner Fantasten 5.1.1. Zeitgenössische Reaktionen. 95 5.1.2. Kunstförderung um 1945 in Berlin . 96 6\. AMERIKANISCHER KULTURAUSTAUSCH. 100 6.1. JURO IN AMERIKA . 105 TEIL II: TACHISMUS UND FREIES GESTALTEN. 111 1\. DAS "WORK AND ART STUDIO" IM AMERIKA-HAUS . ...
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem portugiesischen Liedermacher und Sänger José Afonso. Es gilt, aufgrund seines umfangreichen und vielfältigen vertonten und unvertontem Werkes, ihn auch als Dichter zu begreifen und möglichst seine Verortung sowie seinen Kontakt zu den entsprechenden Strömungen nachzuweisen. In einem ersten Schritt werden Konzepte engagierter Literatur (Lyrik) diskutiert. Engagierte Lyrik wird begriffen als ständige Beschäftigung mit der Engagiertheit selbst. Kunstkonventionen bzw. ihre Grenzen hinsichtlich außerliterarischer Themen und Motive stehen in einem unauflösbaren Spannungsverhältnis. Der zweite Schritt verfolgt die Literaturgeschichte der Poesie des Neorealismus (als erste Strömung, deren Umfeld sich zentral als engagiert versteht) über den Surrealismus bis hin zu den Strömungen der 1960er Jahre, als sich auch die Bewegung der Liedermacher ("canção de intervenção", Protestlied) entwickelt, bei denen José Afonso als wichtigster Vertreter gilt. Ein Autorenkreis von insgesamt sieben Akteuren, bei denen spezifische Verbindungen zwischen Musik und Poesie vorherrschen (hauptsächlich Vertonungen), weist diese poetisch-musikalische Entwicklung im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts konkret nach. Diesem Autorenkreis wird nun José Afonso hinzugefügt. Sein Werk wird nach den Kriterien "popular" (volkstümlich), "politisch-historisch" (thematisch, "Engagement"), "Innerlichkeit, Naturidylle, Metapoesie" (ästhetisch, stilistisch) erstmals vollständig untersucht. Es wird gezeigt, dass auch sein Werk dem Umfeld engagierter Poesie zuzuordnen ist, aber ebenso wie die Poesie des Surrealismus und der Folgeströmungen vor allem durch evasive Tendenzen (Verweigerung, Ludismus) geprägt ist.
Die surrealistische Idee hatte einen starken Einfluss auf die Begründer der Négritude-Bewegung Aimé Césaire, Léopold Sédar Senghor und Léon-Gontran Damas. Diese Beziehung ist vielfach untersucht worden. Weitgehend unberücksichtigt ist bisher die jüngere Generation afrikanischer Schiftsteller geblieben. In dieser Studie wird daher besonders exemplarisch Dambudzo Marechera behandelt, dessen Werk noch nicht unter surrealistischen Aspekten untersucht wurde. Es geht darum, die Formen der literarischen Avantgarde in Afrika südlich der Sahara in ihren surrealistischen Prägungen anhand der Poetik und Lyrik des postkolonialen simbabwischen Schriftstellers Marechera zu analysieren. Es wird das Verhältnis zwischen dem europäischen Surrealismus und den afrikanischen Literaten, insbesondere der späteren Generation untersucht und die Art der Rezeption analysiert. Der Surrealismus ist eine bedeutende Tendenz in der afrikanischen Literatur, die sich unmittelbar auf die postkolonialen Realitäten bezieht und verdient es daher, in weit stärkerem Maße als bisher, beachtet zu werden. ; The surrealistic idea has surely had a great influence on the founders of the Négritude-Movement. We are able to find it in the works and poetics of Césaire, Senghor and Damas, and especially in the surrealistically orientated review Tropiques as well as in the critical reception of the African literature. The first alliance of the representatives of the first generation of African poets with Surrealism is due to some of their shared objectives such as the questioning of the colonial system, the critic of colonialism and the recovery and revalorization of the African cultural heritage. The first African poets like Senghor, Césaire and Damas tried to incorporate and apply the surrealistic program to their proper context in order to achieve their own targets, such as: poetically, like Rimbaud declared, to change life and politically, like Marx stated, to change the world. The relationship between Surrealism and African literature presents the main subject of this paper. The dissertation treats particularly authors, who have not yet been examined from a surrealistic point of view. Concerning this thesis, Dambudzo Marechera is regarded above all as an exemplary representative for new literary avant-garde writing from Africa. The area of research for this study is limited most notably on forms of literary Avant-gardes in Africa south of the Sahara and most of all on surrealistic forms. This will be examined by the means of artistic conceptions and philosophy as well as poetic extracts of the postcolonial Zimbabwean writer, which will demonstrate the tendencies of a new trend of writing. The dissertation examines the relationship between European Surrealism and African poetry stemmed from the first and later generations of African writers through Césaire and Marechera. Additionally, it presents a pleadge for pushing the boundaries of research in the field of Surrealisms of African literature and awakening the interest for more research concerning the topic of this paper.
Der Begriff ´Dramatisches Ballett´ ist mit Tatjana Gsovsky verknüpft wie der des ´New-German-Dance´ mit dem Namen der Mary Wigman. Der Name Tatjana Gsovsky steht für eine spezielle Ära des Klassischen Balletts in Deutschland, die bis 1965 dauerte. Der ´Berliner Stil´, 1955 erstmals benannt, ist ein choreographisches Phänomen des Zwanzigsten Jahrhunderts. Durch ihre Aufgeschlossenheit versteht es die Choreographin in den fünfziger Jahren verschiedene neuzeitliche, zum Teil extreme künstlerische Bestrebungen in einer überzeugenden Weise in ihren Choreographien zu verarbeiten. Verschiedene Themen der Weltliteratur dienen als Grundlage ihrer Inszenierungen. In dieser Untersuchung werden ausgewählte Werke Tatjana Gsovskys auf diejenigen Züge hin beleuchtet, deren regelmäßige Wiederkehr dazu berechtigen, sie als Eigentümlichkeiten des ´Berliner Stils´ anzusprechen. Die Komponenten Tanzverständnis/Bewegung, Dramaturgie, Bildhaftigkeit, Expressivität, Bühnenausstattung, Musik werden eliminiert und analysiert. Dabei verdeutlichen sich unter den Stichpunkten ´Synthetischer Tanz´, Akzentuierung ihrer Handlungsdramaturgie auf tiefenpsychologische Schwerpunkte sowie ´Plastischer Tanz´ einiger der Eigenarten dieser choreographischen Ausprägung. Im Rahmen der Zusammenarbeit Tatjana Gsovskys mit verschiedenen Bühnenbildnern wird der ?Berliner Stil? und seine Beeinflussung durch die Phänomene des Expressionismus und Surrealismus einer intensiveren Betrachtung unterzogen, sowie die Eigenheiten der verschiedenen musikalischen Vorlagen als wesentliche Elemente der Inszenierungen beschrieben. Anhand biographischer Forschungen werden die Wurzeln einzelner Komponente verdeutlicht und dieses spezielle choreographische Oeuvre Tatjana Gsovskys innerhalb der besonderen tanzgeschichtlichen, kulturgeschichtlichen sowie politischen Gegebenheiten Berlins der Nachkriegszeit und der Fünfziger Jahre des 20sten Jahrhunderts dargelegt.
Spätestens seit ihrer Hochzeit im 19. Jahrhundert ist die Femme fatale als Gegenstand in der Kunst etabliert. Heftig bewegte sie damals die Gemüter der Künstler sowie der Rezipienten, doch vermag sie Gleiches noch heute. In dieser Zeit von apokalyptischer Stimmung formt sich das Bild der 'klassischen Femme fatale', auf das die Darstellung jener verhängnisvollen Frauen zurückgeht, die noch heute Film-, Musik- und Werbeindustrie durchziehen. Einleitend erforscht die vorliegende Studie die Ursachen und Bedingungen der Kulmination des Bildes in der Zeit des Fin de Siècle und fragt nach einer typischen Erscheinungsweise anhand von exemplarischen Werkbeispielen der Zeit. Auf dieser Grundlage wird der Blick in das 20. Jahrhundert gewendet, in die Zwischenkriegszeit und die Zeit der Postmoderne. In der vergleichenden Gegenüberstellung des Phänomens der Femme fatale zu diesen drei Zeitstufen werden Wandel, Entwicklung und Wirken des Motivs deutlich. Im 20. Jahrhundert, wenn das Interesse an der Historienmalerei versiegt, stattdessen die künstlerischen Themen in dem Unterbewussten gesucht (Surrealismus) und in der Realität gefunden (Neue Sachlichkeit, Dadaismus), gesellschaftspolitisch reflektiert (künstlersicher Feminismus) und aus der Massenindustrie kopiert werden (Pop Art), wird das Bild der Femme fatale jeweils neu verhandelt. Es berichtet von der Gesellschaft, von Ängsten und Sehnsüchten der Zeitgenossen und gestaltet sich daher kontextgebunden, so dass unterschiedliche Zeiten und Stile diverse Erscheinungsbilder hervorbringen, die ebenso weibliche Degradierung wie Emanzipation bedeuten können. Die verschiedenen Seinsstufen implizieren Vielfältigkeit und machen das Bild der Femme fatale diffus. Sie ist ein kaum festzulegendes und wenig greifbares Phänomen, das wandel- und anpassungsfähig ist. Mit den vier analytischen Schwerpunkten – Bedrohliche Weiblichkeit, Bilder der Minderwertigkeit, Projektion und Lustobjekt – umkreist die vorliegende Studie das Phänomen und verdeutlicht Kontinuitäten, Verschiebungen und Erweiterungen der Frauenfigur vom ausgehenden 19. bis ins späte 20. Jahrhundert.
Die Dissertation verhandelt die Ambivalenz des Barbarischen als ästhetische und kritische Wertung innerhalb der vom Surrealismus abgespaltenen Fraktion um Georges Bataille in Paris zu Ende der 1920er Jahre sowie zeitgleicher völkisch-faschistischer kunstwissenschaftlicher Diskurse in Deutschland. Insbesondere wird die kunsthistorische und zeitgeschichtliche Begrifflichkeit des Barbarischen anhand einer komparativen Studie über Batailles Avantgarde Zeitschrift Documents (1929-1930), seinem später folgendem Collège de Sociologie, sowie der völkischen Publikation Germanien (1929-1944) vorgestellt und interpretiert. Hierbei werden die Berührungspunkte dieser gegensätzlichen Publikationen und intellektuellen Milieus anhand der korrespondierenden Methodologien ästhetischer und historischer Neubewertung nicht-westlicher bzw. vorchristlicher, gnostischer Kulturgegenstände und Gebräuche ausgearbeitet. Dies geht mit einer Re-evaluierung paralleler Konzeptualisierungen archaischer, anti-moderner und anti-humanistischer Formen von Gemeinschaft wie dem Opferritual und dem Sakralen sowie antikapitalistischer Ökonomien einher, als systematische Absage an die Gesellschaft der westlichen Moderne. In diesem Zusammenhang wird auch Walter Benjamins Idee des "positiv Barbarischen" – sein gesellschaftlich-ästhetisches Programm gegen Massenkultur und reaktionären Traditionalismus im prä-faschistischen Europa – rückbetrachtet. Die Arbeit behandelt abschließend die Restauration und postmodernistische Neuauflage von Batailles heterologischer Theorie durch Hal Fosters Konzeption des "Anti-Ästhetischen" (the "antiaesthetic") zu Beginn der 1980er Jahre, sowie durch die Zeitschrift October und der damit verbundenen Ausstellung und Publikation L'informe: mode d'emploi (1996) durch Rosalind Krauss und Yve-Alain Bois. Hier wird die kritische Relevanz und Effektivität künstlerischer Aufklärung und des Schockeffekts im Zeitalter der digitalen Bildgemeinschaft anhand von zeitgenössischen Arbeiten diskutiert, die sich explizit "transgressives" bzw. ...
1985 dreht Pino Solanas Tangos: L'Exil de Gardel und arbeitet die Geschichte der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) sowie des Schicksal der Exilanten in Paris auf. In anachronistischer Weise bedient er sich des Tangos, dessen Hochzeit in den 70er Jahren längst vorbei ist. Zweimal im Film wird die Zensur klassischer wie aktueller Tangos durch das Militärregime thematisiert. Tatsächlich jedoch war der Tango in der jüngsten argentinischen Diktatur nur marginal von Zensurmaßnahmen betroffen, während in den 30er und 40er Jahren die Ausstrahlung von Tangos im argentinischen Radio häufiger durch repressive Maßnahmen beschränkt wurde. Der Beitrag versucht zu klären, mit welchen Mitteln und mit welchem Ziel im Medium des Films ein Diskurs über die Zensurmaßnahmen eines diktatorischen Regimes geführt wird. Dabei geht es um die Spannung zweier sich gegenseitig dekonstruierender Interpretationsangebote, die sich an der Einordnung des Topos 'Zensur' unterscheiden. Zum einen scheint die Entlarvung einer vermeintlichen Tangozensur durch die Diktatur der Instrumentalisierung des Tangos als Bestandteil einer Widerstandskultur zu dienen. Zum anderen verdeutlicht der Plural Tangos im Titel, dass Tango ein komplexes Phänomen ist, voller diachroner und diatopischer Facetten, das nur in der paranoiden Sicht der Exilanten als ein vom Regime angeblich durch Zensur unterdrücktes Symbol von Argentinität gelten kann. Wenn die surrealen Momente des Films für diese zweite Interpretation sprechen, so legen Solanas reduktionistische Kommentare zur Funktion des Tangos die erste Interpretation nahe.
Die Dissertation ist der Kuünstlerpersönlichkeit und dem Werk des Kubaners Wifredo Lam gewidmet. Lam wurde 1902 auf Kuba als Sohn eines Chinesen und einer Kubanerin geboren und starb 1982 in Paris. Die vielen unterschiedlichen Lebensstationen des Künstlers bezeugen seine Mobilität und Reiselust, zeichnen aber auch gleichzeitig die historischen Turbulenzen und Umbrüche des 20. Jahrhunderts nach. Lam gilt heute als einer der Hauptvertreter der lateinamerikanischen Kunst des 20. Jahrhunderts und als Künstlerikone Kubas. Zu Lams Freunden und Bekannten gehörten unter anderem Pablo Picasso, André Breton, Michel Leiris, Pierre Mabille, Alejo Carpentier, Lydia Cabrera, Aimé Césaire, Benjamin Perét und Asger Jorn. Sein Werk ist durch den Kubismus und den Surrealismus beeinflusst. Auch interessierte er sich für die lokalen Gegebenheiten, Kulturen und Traditionen seiner jeweiligen Aufenthaltsorte. Er setzte sich unter anderem mit der Rezeption des "Primitiven" der europäischen Avantgarde vor dem Zweiten Weltkrieg, wie auch - zurück in der Heimat Kuba - mit der afrokubanischen Mischreligion Santeria auseinander und fühlte sich politisch wie intellektuell mit der karibischen Négritude verbunden. Diese und andere Eindrücke und Einflüsse hinterließen Spuren in Lams Werk, die er in eine Formensprache umsetzte, die seinem Œuvre einen unverwechselbaren Ausdruck verleiht. Dem poliperspektivistischen und semantisch mehrfach aufgeladenen Werk jedoch stehen eine erstaunlich einseitige und nicht selten stereotype internationale Repräsentation und Rezeption gegenüber. Die Dissertation jedoch stellt eine andere, eine neue Positionierung des Künstlers und seines Werkes vor, die ohne primitivistische Zuschreibungen und biografische Bezeugungen auskommt. Dies gelingt zum einen durch die Auseinandersetzung mit den Rezeptions- und Repräsentationsmechanismen, die den Künstlermythos Lam ausgebildet haben. Daran schließt sich eine detaillierte Analyse repräsentativ ausgewählter Einzelbildbeispiele an. Aber auch die Auseinandersetzung mit dem Gesamtwerk des Künstlers ist relevant. Denn es zeigt sich, dass die über Jahrzehnte hin praktizierte Wiederholung von Bildformeln und die Homogenität in der Darstellungsweise Teil des künstlerischen Programms von Wifredo Lam sind. Diese stilistische Formalität wurde von den Kritikern des Lamschen Werkes bisher nicht beachtet. Auf der Basis dieser neu erarbeiteten Erkenntnisse kann Wifredo Lam als Fallbeispiel für übergeordnete Fragestellungen dienen und zentrale Aspekte der cultural studies illustrieren. Denn Lams künstlerische Formgestaltung verweist auf ein alternatives ästhetisches Identitätsmodell, das Synkretismus und Hybridität nicht als Verlust von Identität, sondern als eine Praxis von Differenz versteht. Diese Ausrichtung der Lesart ermöglicht es, das Gesamtwerk als eine künstlerische Antwort auf Fragen kultureller Identität und Multikulturalität zu deuten. ; The dissertation is about Wifredo Lam and his oeuvre. The exotical appearance of Lam, a Chinese-Creole Cuban, strongly dominated the reception of his work. But beyond exotical and primitive categories the art of Wifredo Lam demonstrates an alternative aesthetic model of identity.
Even though the anthology Jewish Names, often called the beginning of Czech alternative culture, was published in 1995, several central questions concerning this seminal collection from the early 1950s remain unclear: Who initiated it, when was it assembled, and what is its connection with the causa of the 'Trotzkyites' in Prague and later anti-semitic show trials? Answers can be found if one appreciates the pivotal role of Honza Krejcarová in this unique project. The article connects dots between Czech history during the Protectorate when young Honza witnessed her mother Milena Jesenská's resistance activities, and the late 1940s of Stalinist Czechoslovakia when the State Security started surveilling and persecuting Krejcarová. Based on archival studies the article argues for the parallelism between secret service practices (interrogation, the revealing of names in the form of denunciation) and automatic surrealist writing techniques. Drawing on the example of the name of the Author it analyses the paratextual structure of the anthology connected to its literary models, mainly from France. Jewish Names is a rich collection of fictitious 'Jewish' pseudonyms attributed to real Czech writers, stressing the vulnerability of the literary intelligentsia, their mineurité. And it is this paratextual construction which can be considered as the most daring and auto-referential aspect of this illegal publishing project. The article reveals problematic aspects of the chosen path of pseudonymy and anonymity. Changing or omitting one's name is a common trait of female biographies, complicating the attribution of authorship. The article shows how pseudonymy takes its toll on an existential, gender, political, and historical level — precluding until today the proper names from entering Czech literary history. ; 51 ; 73
Even though the anthology Jewish Names, often called the beginning of Czech alternative culture, was published in 1995, several central questions concerning this seminal collection from the early 1950s remain unclear: Who initiated it, when was it assembled, and what is its connection with the causa of the 'Trotzkyites' in Prague and later anti-semitic show trials? Answers can be found if one appreciates the pivotal role of Honza Krejcarová in this unique project. The article connects dots between Czech history during the Protectorate when young Honza witnessed her mother Milena Jesenská's resistance activities, and the late 1940s of Stalinist Czechoslovakia when the State Security started surveilling and persecuting Krejcarová. Based on archival studies the article argues for the parallelism between secret service practices (interrogation, the revealing of names in the form of denunciation) and automatic surrealist writing techniques. Drawing on the example of the name of the Author it analyses the paratextual structure of the anthology connected to its literary models, mainly from France. Jewish Names is a rich collection of fictitious 'Jewish' pseudonyms attributed to real Czech writers, stressing the vulnerability of the literary intelligentsia, their mineurité. And it is this paratextual construction which can be considered as the most daring and auto-referential aspect of this illegal publishing project. The article reveals problematic aspects of the chosen path of pseudonymy and anonymity. Changing or omitting one's name is a common trait of female biographies, complicating the attribution of authorship. The article shows how pseudonymy takes its toll on an existential, gender, political, and historical level — precluding until today the proper names from entering Czech literary history.
Ergebnis des Forschungsprojekts ist eine monografische Studie über einen bisher von der Kunstgeschichte vernachlässigten Bereich in Leben und Werk Oskar Kokoschkas. Die Jahre seines Exils in Prag und vor allem in London, in denen er unter erschwerten Bedingungen arbeitete und lebte, sind die Entstehungszeit seiner politischen Allegorien. Da diese Werke außerhalb des Kanons der allgemeinen kunstgeschichtlichen Entwicklung liegen, und weder zum Surrealismus noch zur abstrakten Kunst in Affinität stehen, hat die Forschung ihnen bisher vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit gewidmet. Die nun vorliegende Untersuchung nähert sich der Werkgruppe der politischen Allegorien aus interdiziplinärer Perspektive. Die beiden Verfasser - G. Sultano ist Historikerin, P. Werkner Kunsthistoriker - gingen von unterschiedlichen Fragestellungen aus, sodaß als Ergebnis des Projekts sowohl ein zentraler Werkabschnitt des Künstlers beleuchtet wird, wie auch ein biographischer Abschnitt Kokoschkas zeitgeschichtlich aufgefächert wird. Die Jahre 1937 und 1950 wurden hier als ungefähre Grenzen für jenen Lebens- und Arbeitsabschnitt Oskar Kokoschkas gewählt, in dem er durch die weltpolitischen Vorgänge aufs stärkste betroffen war. 1937 ergab sich als Grenze nach unten, insbesondere im Blick auf die Zäsur dieses Jahres aufgrund zweier wichtiger Ausstellungen: der Kokoschka-Ausstellung im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien und der fast gleichzeitigen Wanderausstellung "Entartete Kunst", die von München aus ihren Anfang nahm und in der der Künstler prominent vertreten war. Für die Grenze nach oben gibt es mehrere markante Einschnitte, u. a. die große Werkübersicht von Kokoschkas Schaffen im Münchner Haus der Kunst von 1950, die bis dahin bedeutendste im Deutschland der Nachkriegsjahre, womit der Künstler am Ort seiner einstigen Diffamierung gleichsam rehabilitiert wurde. Innerhalb dieses Zeitrahmens wird kunsthistorische Werkanalyse mit politischer Geschichte, Rezeptionsgeschichte, Betrachterforschung und Institutionengeschichte verschränkt. Die Wiener Ausstellung von 1937 wird u. a. mit Blick auf den Kurator der Präsentation, Carl Moll, den Mäzen Ferdinand Bloch-Bauer und den Direktor des Museums, Richard Ernst, analysiert. Die Ausstellung "Entartete Kunst" wird zunächst im Blick auf den Prototyp derartiger "Schandausstellungen" untersucht und anschließend die Kokoschka zugewiesene Rolle in der Schau behandelt. Die Luzerner Auktion, in der auch hochbedeutende Werke des Künstlers aus deutschen Museen versteigert wurden, zeigt sich als Parallelaktion seiner Diffamierung im "Reich". Der anschließende Abschnitt thematisiert die politische Tätigkeit Kokoschkas zunächst im Prager und dann im Londoner Exil, wo er zu einer der führenden Figuren der Exilkreise und des Antifaschismus wurde. Der Abschnitt über die politischen Allegorien behandelt die Werkgruppe der entsprechenden Gemälde und bringt eine ikonographisch fundierte Gesamtsicht. Die Ära des Kalten Kriegs, die seit einigen Jahren auch Eingang in kunsthistorische Betrachtungsweisen gefunden hat, spielt bei Kokoschkas Rezeption in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine wesentliche Rolle. Hier wird sowohl das problematische Verhältnis von Wiener Kunst- und politischen Instanzen zum Künstler behandelt wie auch die Geschichte des Bildnisses des Wiener Bürgermeisters Theodor Körner. Schließlich wird die Frage des Verhältnisses zum Salzburger Galeristen Friedrich Welz untersucht und die konservative Wende Kokoschkas in den späten 40er Jahren behandelt. Eine wesentliche Rolle in der Studie kommt dem Bildmaterial zu, das die Publikation der Ergebnisse anschaulich macht und Zusammenhänge vielfach schlagartig erhellt. Der Briefeschreiber Kokoschka kommt in ausführlichen Zitaten zu Wort. Eine Synchronopsis führt politische und kulturelle Chronik des behandelten Zeitraums zusammen. Im Anhang bieten Ausstellungschronik, Presseecho und Bibliografie wertvolle Grundlagen für weiterführende Analysen und Forschungen. ; Result of our research is a monographic study dealing with a prominent part of Kokoschka's life and work which has hitherto been regarded too little by scholars. The years of his exile in Prague and particularly in London, where he had to work under a lot of stress and pressure, are the time in which his political allegories came to be. As these works are outside the established canon of art historical development, and as they have no affinity to Surrealism or to Abstract art, scholars have so far spent comparatively less effort to analyse them. This study approaches the group of these works from a transdisciplinary perspective. The authors (G. Sultano is trained historian, P. Werkner art historian) set out from different questions with regard to his oevre and his life. This results in combining the view of a prominent body of Kokoschka's paintings with a biographical perspective set against a political-historical background. The years between 1937 and 1950 were chosen as preliminary structure for a segment of a part of Kokoschka's life and work, in which he was hit to the utmost by the politcal changes of the time. 1937 was picked because of the prominent exhibition which Kokoschka had in that year at the Österreichische Museum für Kunst und Industrie in Vienna and also in the travelling exhibition "Degenerate Art", which was first opened in Munich. 1950 was picked for various reasons, among them the large overview of Kokoschka's work in the "Haus der Kunst" in Munich. By this, the artist was rehabilitated, as it was, at the place of his former degradation. Art historical analysis of Kokoschka's paintings is combined here with poltical history, with reception history and history of institutions, and also with questions regarding the role of the audience. The Viennese exhibition is analysed including studies of some of its proponents, among them the curator Carl Moll, Ferdinand Bloch-Bauer, the maecenas, and the museum's director, Richard Ernst. The show "Degenerate Art", which was held at nearly the same time in Munch, is looked upon with reference to the prototype of such "exhibitions of disgrace". The role attributed to Kokoschka in the show is also analysed. The auction in Lucerne, in 1939, in which highly prominent works from German museums were sold, shows itself as another variation of his defamation in the "Reich". Kokoschka had a prominent role in exile, first in Prague, then in London, where he became a leading figure among emigrants and in antifascist circles. The chapter on the poltical allegories both treats the allegorical group of his works and provides an elemental iconographical view in context. The era of the Cold War, which has also become prominent among art historians in recent years, plays an important role in the reception of Kokoschka's work after WW II. The artist's strenuous relationship to Viennese poltical and art circles is treated here, as well as the story of Kokoschka's portrait of the Viennese mayor Theodor Körner. Finally, the question of the artist's relationship to the Salzburg-based art dealer Friedrich Welz is examined, and also his conservative turnaround in the late 40's. The illustrations of the study are also of considerable interest, as they provide another form of insight at several occasions. Kokoschka, the letter-writer, is also being presented in a variety of long quotations. A synchronoptic presentation of political and cultural developments provides with a panorama of the time. A list of the artist's exhibitions, a selection of contemporary critiques in the press, and the literature list provide the scholar with material for further research.
"Wenn es anderen Leuten bedauerlich scheine, daß eine immer größere Anzahl von Kindern keine Milch mehr bekomme, so scheine es ihnen [den Kunsthistorikern] bedauerlich, dass eine immer kleinere Anzahl von Leuten Kunstwerke bekomme. Es sei auch ihrer Ansicht nicht in der Ordnung, daß genauso wie die Bergwerke auch die Kunstwerke nur mehr einigen wenigen Leuten gehören sollten. So meinen sie und kommen sich soweit ganz revolutionär vor. […] In Wirklichkeit besteht nämlich zwischen dem Zustand, in dem hungernde Kinder keine Milch bekommen, und den Bildwerken und Plastiken ein tiefer und böser Zusammenhang. Der gleiche Geist, der jene Kunstwerke geschaffen hat, hat diesen Zustand geschaffen."[1] Der von Eva Knopf, Sophie Lembcke und Mara Recklies herausgegebene Sammelband Archive dekolonialisieren. Mediale und epistemische Transformationen in Kunst, Design und Film setzt an, einen solchen "bösen Zusammenhang" zu entschlüsseln. Basierend auf Beiträgen zur Tagung Translating Pasts into the Future – Dekoloniale Perspektiven auf Dinge der HFBK Hamburg setzt sich die Sammlung mit den kolonialen Fundamenten europäischer Museen, Archive und ihrer historiographischen Deutungsmacht auseinander. Es werden ästhetische, kreative und intellektuelle Verfahren besprochen, die es ermöglichen sollen zu "intervenieren in Fortschreibungen kolonialer Zusammenhänge" (S. 7). Die Autor_innen gehen der Leitfrage nach, inwieweit diese "strukturelle Verschiebungen auslösen" (S. 8) oder "neue Erzählungen hervorbringen" (S. 8). Der Fokus auf das Wissen der Objekte, die durch ihre Eigenschaft als Zeit- und Geschichten-Speicher der europäisch-wissenschaftlich ideologischen Modellierung ihrer Historiographie widersprechen und ihr andere Erzählformen entgegenstellen, zeichnet den Band aus. Viele Beiträger_innen fordern ein Mitspracherecht der Gegenstände als Zeug_innen kolonialer Gewalt, Enteignung und Ausbeutung. Verwendung und Anwendung des Archivbegriffs durch die Autor_innen leiten sich deshalb sowohl von konkreten Praxisbeispielen als auch von einem stark von Foucault geprägten Konzept des Archivs als sozial umgrenzten Speicherorts des Sagbaren und Sichtbar-Sein-Könnenden innerhalb bestimmter gesellschaftlicher Milieus ab. Akademisches Schreiben wird von Text- und Bildkombinationen unterbrochen, die sich in Artikeln von Marie Kirchner, Anna Morkowska, Veronika Darian und Jana Seehusen als Transkriptionen von Performances und Experimentieren mit sprachlichen Möglichkeiten lesen. Schwellen-Texte, die zwischen akademischem und experimentellem Schreiben siedeln – von Ofri Lapid zu subversiven Lesetechniken von Schriftzeichen und Undine Stabrey zur Überwindung des Anthro-Kolonialismus, der auf andere Lebensformen dieses Planeten permanent übergriffig wird – lassen Passagen zwischen diesen Komponenten zu. Dem Gedanken folgend, dass jedes Archiv auch der Scherenschnitt seiner Lücken ist, integrieren die Herausgeber_innen einen ins Deutsche übersetzten Textausschnitt von Trinh T. Minh-Ha, der das Fehlen von Information durch Zensur in einen potentiellen Raum für rebellische Imagination transformiert. Die weiteren Schauplätze der Dekolonisierungs-Bemühungen umfassen eine Bandbreite von Archiven, die von ethnographischen Sammlungen über Film- und Musikarchive bis hin zum Körperwissen im Tanz reicht. Alyssa Großmann, deren Artikel den Auftakt des Buches darstellt, untersucht "ethnographische Archive, Kataloge und Lager" (S. 13), welche "Objekte in ideologisch begrenzten Kategorien gefangen" (ebd.) halten. Aus einer kunsthistorischen Perspektive betrachtet sie künstlerische Praktiken des Surrealismus wie 'Bricolage' und 'Assemblage' als aktuelle Strategien zur kolonialkritischen Auseinandersetzung mit Museumskollektionen. Hier wie im Großteil der Beiträge wird jedoch eine Hinterfragung der Zugänglichkeit dieser Sammlungen und Kataloge und damit eine klassenkritische Überlegung dazu, wer "zum Assembleur, zur Assembleurin werden und anhand eines in sich geschlossenen Inhalts mit dessen Form experimentieren" (S. 19) kann, ausgespart. Zwei Texte setzen sich aus jeweils entgegengesetzter Perspektive mit Filmarchiven der kolonialen Welt auseinander. Eva Knopf skizziert auf Grundlage ihres eigenen Filmschaffens die widerständigen Spuren von Majub Bin Adam Mohamed Husseins Alltags-Rebellionen in den Archiven der deutschen Kolonial- und NS-Bürokratie. Knopf fragt, ob es möglich sei, dem später als Statist beim deutschen Film arbeitenden Hussein "posthum seine erste Hauptrolle [zu] geben" (S. 83) bzw. "die Kolonisierten wieder in die 'große' Geschichte einzuschreiben" (S. 85). Sie übersieht jedoch, dass dies durch Hussein und viele andere längst geschehen ist: "Decolonization […] transforms spectators crushed with their inessentiality into privileged actors, with the grandiose glare of history's floodlights upon them"[2]. Aus einer tatsächlich dekolonialen Sichtweise heraus, muss die "große Geschichte" – so man daran festhalten will – also von wo anders angefangen, von anderen Stimmen erzählt werden. Cornelia Lund geht auf zwei Filmarchive der Befreiungskämpfe Palästinas und Guinea-Bissaus ein. Beide Archive haben innerhalb der vergangenen Jahre im deutschsprachigen Raum durch das Arsenal Institut für Film und Videokunst in Berlin einen relativen Bekanntheitsgrad erlangt. Eine Analyse dessen, wie bestimmte, machtvolle Institutionen die öffentliche Wahrnehmung bestimmter Archive formatieren (und die Grundlage des Wissens der Autorin zu großen Teilen konstituieren), fehlt auch an dieser Stelle. Daher bietet das Interview mit Mitwirkenden des Projekts Colonial Neighbours in Berlin indirekt Aufschluss über die Nachbarschaft (!) des Arsenals und die neokolonialen Verhältnisse des Sammelns. Sich diesen Strukturen zu widersetzen, heißt für Colonial Neighbours, das "Sammeln radikal zu öffnen" (S. 152), um gerechtere Praktiken des Archivierens zu erfinden und "gegenwärtige Erinnerungspolitiken in Bezug auf den deutschen Kolonialismus zu verändern" (S. 152). Marc Wagenbach und Holger Lund setzen sich mit dem Machtmissbrauch von Kulturinstitutionen Europas auseinander. Wagenbach untersucht das europäische Ballett als politisch aufgeladene Tanztradition, die als Institution und "Praktik zur Disziplinierung und Normierung von Körpern" (S. 200) rassistisches koloniales Gedankengut verankert und fortschreibt. Holger Lund benennt Kontinuitäten zwischen Zentrum und Peripherie in den Wertschöpfungsketten der Popmusikindustrie anhand konkreter Ungleichheiten in der Musik-Label Arbeit, wo "Europa und die USA […] immer noch zentrale Macht- und Entscheidungszentren" (S. 243) darstellen und "die nicht-westlichen Elemente nicht-westlicher Pop-Musik als exotischer Wert gleichsam kulinarisch genossen" (S. 245) werden. Zwei weitere Beiträge gehen auf Designgeschichte als bislang unzureichend in kolonialen Kontexten betrachtet ein, verharren jedoch bei einer Zusammenfassung mittlerweile standardisierter Theorien zu Nationalismus und Transnationalismus, Globalisierung und Postkolonialismus. Daher tut es dem Buch gut, mit einem Interview mit Ruth Sonderegger zur Kolonialialität der europäischen Ästhetik zu schließen. Denn wenn Sonderegger sagt, dass " [d]ie westliche Ästhetik seit ihrer Gründung eine – wie auch immer schräg verschobene – Auseinandersetzung mit imperial-kapitalistischen Verhältnissen" (S. 251) sei, dann verdeutlicht sie auch, dass das Buch selbst innerhalb dieser Klammern gelesen werden muss. Sie spricht gezielt einen "Kreativkapitalismus" (S. 255) an, dessen Ursprünge ebenfalls in einem auf Versklavung der 'Anderen' basierenden Wirtschaftssystem zu suchen sind. Dies stellt die Rhetorik des 'Dekolonialen' auf den Prüfstand. Denn während die Terminologie rund um Archive auf nachvollziehbare Weise offengelegt und dann angewendet wird, wirft die verwendete Begrifflichkeit hinsichtlich Dekolonisierung Fragen auf. Auch die im Titel verwendete Abweichung vom regulär gebrauchten Verb 'dekolonisieren', das in der deutschen Sprache definiert wird als "die politische, wirtschaftliche und militärische Abhängigkeit einer Kolonie vom Mutterland beseitigen, aufheben"[3], bleibt unbegründet. Es ist zudem auffällig, dass als häufigste und mitunter einzige Referenz zur Besetzung des Begriffs 'dekolonial' Walter Mignolo genannt wird. Nur vereinzelt wird zusätzlich Anìbal Quijano als der Vordenker von Mignolos Texten angeführt. Diese verkürzte Herleitung des Begriffs verschweigt nicht nur die Arbeit der Coloniality Working Group,[4] welche die Grundlage für Mignolos Publizieren erarbeitete. Sie radiert Geschichte, Gegenwart und Zukunft der antikolonialen Kämpfe, deren Theoretiker_innen wie Pratiker_innen aus. Sie bringt weitere Wortschöpfungen wie beispielsweise den in Alyssa Grossmanns Text aufkommenden Begriff des "gegen-kolonialen" (S. 14) mit sich. Ein derartiges Ignorieren der langen Geschichte des Antikolonialismus und seiner vielfältigen Widerstandsformen und -theorien in allen Bereichen des Lebens stellt einen performativen Widerspruch zu den rhetorischen Intentionen dar. Offengelegt wird der Widerspruch auch durch den bereichernden Beitrag von Sophie Lembcke zur Kunstgeschichte von Reproduktionen und Kopien im Kontext des Kolonialraubs. Ausgestattet mit detailliertem Hintergrundwissen zum Fall der Nofretete von Tell Al-Amarna, skizziert Lembcke eine koloniale Kontinuität, die in die aktuelle Digitalisierung der kolonialen Raubkunst durch das Neue Museum Berlin mündet, welches nun "als staatliche Institution nicht nur die Büste, sondern auch die Daten ihres Scans unter Verschluss hält" (S. 56). Auch das darauffolgende Interview mit Nora Al-Badri und Jan Nikolai Nelles kritisiert die von Konzernen wie dem Google Cultural Institute angetriebene "Verzerrung des kulturellen Gedächtnisses im digitale Raum" (S. 57), da diese Unternehmen mit staatlichen Museen zusammenarbeiten, um Archivbestände zu digitalisieren, welche dann theoretisch allen, in Wirklichkeit aber nur sehr wenigen Menschen zugänglich sind und "derzeit nur recht beschränkte, auf Konsumieren und digitales (Daten-)Sammeln ausgerichtete Anwendungen möglich" (S. 58) machen. Reale Dekolonisierung als Befreiung aus diesen Strukturen hat diese Machtzentren anzugreifen, wie es das Künstlerduo mit seinem Nefertiti Hack getan tat. Hier wird in der Zusammenschau der Artikel der fundamentale Unterschied deutlich zwischen jenen Interventionen, die gegen das gesamte Kolonialsystem in all seinen Verstrickungen aufbegehren, und solchen, die innerhalb einer dominanten Ordnung lediglich 'umordnen' oder 'transformieren'. "Decolonization, which sets out to change the order of the world, is, obviously, a program of complete disorder. But it cannot come as a result of magical practices, nor of a natural shock, nor of a friendly understanding"[5]. Ein freundliches Verständnis, wie es auch die Kunsthistoriker_innen bei Brecht zeigen, schafft für ein Denken Raum, welches an "dekoloniale Optionen" (S. 44, wieder in Referenz zu Mignolo) glaubt, ohne sich die Frage zu stellen, für wen Dekolonisierung eine "Option" sein und bleiben kann und für wen sie in Form von anti-kolonialem Widerstand immer schon eine Notwendigkeit des Über-Lebens war und ist. Ein freundliches Verständnis sieht denn auch die "Befreiungskämpfe der 1960er und 1970er Jahre" als "gescheitert" an (S. 164), deren Filmarchive folglich als "alternative institutionelle Ordnungsstruktur" und nicht als der einzige Ausweg angesehen werden. Dies macht es möglich, dass ein ins Deutsche übersetzter Text zur Dekolonisierung von Design mit offenkundig rassistischen Vokabeln arbeitete und von "Ethnien" und "verstreute[n] Völker[n] wie Juden und Roma" (S. 230) spricht. Dies alles hinterlässt nach Lektüre des Sammelbandes ein Unbehagen, das die Skepsis und Selbstkritik gegenüber der derzeit inflationären Verwendung des Dekolonialen im deutschen akademischen Sprachgebrauch stärkt. Verhält es sich nun mit der 'Dekolonisierung' als Worthülse der Ent-Schuldigung wie mit der 'Ent-Nazifizierung', damit "der gleiche Geist", der Kolonialismus und Faschismus gleichermaßen und immer schon gemeinsam am Leben hält, Stabilität und Sicherheit der Zustände garantiert in einer Zeit, in der sich mit den Geistern der kolonialen und anderen Weltkriege viel 'Geschäft' machen lässt? [1] Bertolt Brecht: "Über die Notwendigkeit von Kunst in unserer Zeit" [Dezember 1930]. In: Ders.: Über Kunst und Politik. Leipzig 1977, S. 34–35. Hervorhebung im Original. [2] Frantz Fanon: The Wretched of the Earth. New York 1963, S. 36. [3]https://www.duden.de/rechtschreibung/dekolonisieren, letzter Zugriff 29.09.2019. [4] Zur Arbeit der Coloniality Working Group siehe Coloniality's Persistence, Sonderausgabe von CR: The New Centennial Review 3/3, 2003. [5] Frantz Fanon: The Wretched of the Earth. New York 1963, S. 36.