Theorie versus Praxis: zu Ferdinand Tönnies
In: Theorie und Praxis: Beiträge zur Kritik der Gesellschaft, S. 13-28
Der Verfasser betrachtet seine Studie nicht als Beitrag zur akademischen Tönnies-Forschung, sondern als Würdigung eines Sozialforschers, dessen praktisches Handeln und Verhalten in Opposition zur Volksgemeinschaft des Nationalsozialismus stand. Es wird gezeigt, dass er sich dadurch eklatant vom Verhalten der Mehrzahl der Deutschen abhebt, die nicht von Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung betroffen waren. Entgegen einer Rekonstruktion und Reflektion auf 'Gemeinschaft und Gesellschaft' wird im Beitrag der oftmals zu kurz kommende biografische und lebenspraktische Aspekt in Tönnies' Haltung unterstrichen. Dass er den Kapitalismus in seiner imperialistischen Phase theoretisch abbildete, hinderte ihn nicht, seine konsequent anti-nazistische und demokratische Haltung am Ende dieser Epoche zur Geltung zu bringen. Neben Tönnies' Biographie werden auch drei Aspekte seines publizistischen Lebens betrachtet. Dies sind seine Thesen zur Schuld am Ersten Weltkrieg, seine Reportagen während des Hamburger Hafenarbeiterstreiks 1896/97 und sein Engagement gegen den Nationalsozialismus. (ICF2)