Robert Fenge, Universität Rostock, weist in seinem Kommentar darauf hin, dass der rentensystematische Grundsatz – wer mehr einzahlt, bekommt auch mehr Rente heraus – mit den Vorschlägen für steuerfinanzierte oder beitragsfinanzierte Zusatzrenten aufgegeben würde. Seiner Ansicht nach ist auch deshalb die Weiterentwicklung des bestehenden Rentensystems dem Umbau mit Hilfe von Zusatzrenten vorzuziehen.
Neoclassical economics assumes that provision for the future is simply a matter of the will to save enough of one's current income. However, saving requires the availability of a secure instrument. Historically, the availability of such instruments has always been a problem. The social security system of the 20th century provided a great improvement in this respect. In the meantime, life expectancy has grown to exceed retirement age by about two decades. The savings requirements for this long retirement period lead to an excess of the supply of savings (including social security contributions), which vastly exceeds the capacity of the private sector to build real capital. Government debt is required to prevent the provision nightmare.
Die Berufliche Vorsorge in der Schweiz ist – im Gegensatz zum europäischen Ausland – kontinuierlich und historisch gewachsen. Das Sozialversicherungssystem, um welches die Schweiz viele Länder beneiden, steht heute jedoch vor schwerwiegenden Herausforderungen. Seit Einführung des BVG 1985 haben sich der Kundenbedarf und die Versicherungslösungen weiterentwickelt. Demografie, Finanzmarkt-Aspekte und eine wachsende Regulierung verändern die Angebotsseite, der erhöhte Wohlstand die Nachfrageseite. Die vorliegende Bachelorarbeit hinterfragt die Zweckmässigkeit der unterschiedlichen Systeme und deren Eignung für die KMU's. Es wird der Frage nach dem idealen Modell (Vollversicherung versus Teilautonomie) und der Leistungsdefinition, in Bezug auf den tatsächlichen Bedarf (Primate/Leistungsziele) der KMU's, nachgegangen. In einem weiteren Teil werden die Einflüsse auf die Anbieter und die Gefahren für den Erhalt der Modellvielfalt, insbesondere der Vollversicherung, untersucht. Zur Bedarfsermittlung wurde eine Gesamtanalyse des Portefeuilles eines Brokers durchgeführt und daraus einen Benchmark (IST-Analyse der von KMU's gewählten Leistungen) abgeleitet. In einem zweiten Schritt wurde mit gezielten Interviews ein Bild für vergangene Entwicklungen (sowohl der Modelle sowie der Leistungsziele) wie auch der vermuteten Weiterentwicklung geschaffen. Die Fachmeinungen zeigen auch Gefahren für die Vielfalt der Angebote durch überhöhte politische Vorgaben auf. Die Analyse der KMU-Pläne zeigt einen deutlichen Trend zur besseren Risikoabsicherung, weg von dem BVG-Minimalleistungen. Heute werden lediglich noch 10 Prozent der Pläne auf BVG-Minimalleistungen versichert. Anscheinend steigert der zunehmende Wohlstand den Bedarf nach Risikoabdeckung/Vermögenssicherung mehr als die Vermögensakumulation selbst. Vollversicherung wie teilautonome Lösungen werden gleichermassen nachgefragt. Die Wahl ist abhängig von der Risikofähigkeit und Risikoneigung der Führungskräfte. Der Wegfall der Vollversicherungsanbieter, die zunehmenden Regulierungen und die Preisoffensive der teilautonomen Kassen lösen derzeit einen Trend in Richtung Teilautonomie aus. Beide Modelle stehen aktuell durch den zu hohen obligatorischen Umwandlungssatz (6,8 Prozent) stark unter Druck.
Die Altersvorsorgesysteme unterscheiden sich international stark, insbesondere hinsichtlich Ausgestaltung und Bedeutung der beruflichen Vorsorge, verstanden als eine kapitalgedeckte Arbeitnehmerversicherung. Diese Unterschiede übertragen sich selbstredend auch auf die Systeme zur Beaufsichtigung der entsprechenden Akteure. Der beruflichen Vorsorge kommt in der Schweiz eine sozialpolitisch äusserst gewichtige Rolle zu. Reformen, auch in Bezug auf die Aufsicht, müssen deshalb immer ausgewogen und den entsprechenden Verhältnissen angepasst sein. Eine Orientierung an Ländern, in denen die berufliche Vorsorge sozialpolitisch kaum von Bedeutung ist, wäre nicht sinnvoll. Die vorliegende Studie zeigt im ersten Teil einen Vergleich der Entwicklungen in Bezug auf die direkte Aufsicht bzw. die Oberaufsicht in sechs Ländern (Deutschland, Österreich, Niederlande, Schweden, Kanada und Japan). Es zeigt sich, dass die Aufsicht zunehmend integriert (Banken, Lebensversicherer und berufliche Vorsorge) gesteuert wird, wenngleich die direkte Aufsichtstätigkeit durchaus an regionale Instanzen delegiert werden kann, wie beispielsweise in Kanada oder Schweden. Die Konvergenz hinsichtlich des Integrationsgrads ist für die europäischen Staaten in besonderem Masse auf Entwicklungen im EU Recht zurückzuführen. In der Schweiz hat sich die berufliche Vorsorge seit ihrem Bestehen weitgehend unabhängig vom Banken- oder Versicherungssektor entwickelt. Das schlägt sich noch heute in der Regulierung nieder. Aus der Studie abzuleiten, dass die Schweiz eine integrierte und zentralisierte Aufsicht brauchen würde, wäre falsch. Die Autoren stellen fest, dass die Gefahr eines "administrativen Leviathans" nicht vernachlässigt werden darf. Zudem müssten die Aufsichtssysteme den lokalen Bedürfnissen und Rahmenbedingungen angepasst sein. Diese wichtigen Überlegungen bilden denn auch die Grundlage für die Strukturreform in der Schweiz. Mit ihr können die in der Studie genannten Herausforderungen effektiv und effizient adressiert werden. Durch die Regionalisierung der direkten Aufsicht wird die Nähe zu den Vorsorgeeinrichtungen und den Versicherten erhöht. Mit der Schaffung einer politisch unabhängigen Oberaufsichtskommission wird die Aufsichtsqualität und –Konsistenz sichergestellt. Diese Systemaufsicht unterstützt die Entwicklung hin zu einer risikoorientierten Aufsicht. Die Schweiz nimmt damit die internationalen Trends auf, jedoch angepasst an die sozialpolitische Bedeutung der beruflichen Vorsorge hierzulande und die paritätische bzw. sozialpartnerschaftliche Verwaltung. Die Entpolitisierung der Aufsicht erhöht darüber hinaus ihre Anpassungsfähigkeit an sich immer rascher wandelnde ökonomische Rahmenbedingungen. Für das Bundesamt für Sozialversicherungen ist es deshalb entscheidend, dass der Oberaufsichtskommission die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Der zweite Teil der Studie zeigt, dass die Aufsichtsbehörden zunehmend eine präventiv ausgerichtete Aufsichtsphilosophie verfolgen, die sich an den zugrundeliegenden Risiken orientiert. Die Europäische Union (CEIOPS1) treibt die Schaffung entsprechender methodischer Standards voran. Der Bericht beleuchtet verschiedene methodische Ansätze, die in der Fachwelt auch kontrovers diskutiert werden. In der Schweiz wird die diesbezügliche Verantwortung bei der neu geschaffenen Oberaufsichtskommission liegen. Mit dieser eigenständigen Lösung wird gewährleistet, dass die internationalen Trends in Bezug auf das Verständnis von Solvenz aufgenommen werden und gleichzeitig der Charakter und die Besonderheiten der beruflichen Vorsorge in der Schweiz bewahrt werden können. Über Fragen der Solvenz hinaus wird zum Aufgabengebiet der Oberaufsichtskommission auch gehören, die Regeln zur "Good-Governance" weiter zu entwickeln und eine einheitliche Anwendung zu gewährleisten. Diesem Punkt kommt aufgrund der grossen ökonomischen und sozialpolitischen Bedeutung der beruflichen Vorsorge in der Schweiz eine bedeutendere Rolle zu als in Ländern, die ihre Altersvorsorge primär in einem staatlichen Umlageverfahren durchführen.
Das bisherige institutionell arrangierte Verhältnis von Sicherheit und Risiko ist angesichts der massiven Veränderungen der inneren, der sozialen und der äußeren Sicherheit in der Krise. Moderne Gesellschaften stehen vor der Frage, wie und in welchen Formen dieses Verhältnis neu bestimmt und auf soziale, rechtliche und politische Weise neu arrangiert werden kann. Der Fokus dieses Bandes zielt auf die Evaluierung politischer, sozialer und technischer Umgangsweisen mit Risiko sowie auf die Analyse der gesellschaftlichen Imaginationen, die mit diesen unweigerlich verknüpft sind.
Inhalt: - Definition und Aufkommen risikobasierter Politikformulierung - Attraktivität einer auf Risikoanalysen basierenden Politikgestaltung - Unzulänglichkeiten und Herausforderungder Risikoanalysen - Fazit und Ausblick
Im April 2016 organisierten der Entwicklungsfonds Seltene Metalle ESM, MatSearch Consulting Hofmann, die Empa sowie Life Cycle Consulting Althaus mit Unterstützung der SATW einen Workshop zum Thema «Daten-Netzwerk für kritische Rohstoffe». Der Terminus «kritische Rohstoffe» bezieht sich auf die von der Europäischen Union definierten Rohstoffe, hauptsächlich Metalle, die in Zukunft für den Wirtschaftsstandort dringend gebraucht werden, die aber aufgrund ihres Versorgungsrisikos ein Risiko für Europas Wirtschaft darstellen – zum Beispiel die Seltenen Erdelemente, aber auch Elemente wie Indium, Kobalt, Wolfram und viele andere. Workshop «Daten-Netzwerk kritische Rohstoffe» Teilnehmende aus Forschung, Industrie, mittelständischen Unternehmen, Verbänden und Politik diskutierten Möglichkeiten, wie die Schweiz auf drohende Versorgungsengpässe mit kritischen Rohstoffen reagieren kann. Moderierte Diskussionsgruppen befassten sich mit dem Einfluss kritischer Rohstoffe auf den Schweizer und den europäischen Markt. Sie identifizierten Hindernisse für eine adäquate Priorisierung des Themas in Unternehmen sowie relevante Akteure und besprachen Möglichkeiten, mehr Transparenz im Bereich kritischer Rohstoffe zu schaffen. Als grösste Herausforderung wurde nicht ein Mangel an Daten identifiziert, sondern ein unübersichtlicher Informationsfluss und fehlende Möglichkeiten für Firmen, sich individuell zu informieren sowie mangelndes Wissen über Strategien, wie mit Rohstoffknappheit umgegangen werden kann. Die grösste Herausforderung für die Schweiz und Europa besteht darin, das Bewusstsein für die Problematik der sicheren Verfügbarkeit kritischer Rohstoffe zu erhöhen. Die Kurzbroschüre bietet einen Überblick über das Thema mit speziellem Fokus auf die Schweiz.
Diese Arbeit befasst sich mit den Vorbezügen von Mitteln aus der 2. Säule für Wohneigentum und deren Auswirkungen auf die Vorsorgeleistungen der beruflichen Vorsorge. Die empirische Untersuchung des kollektiven Versichertenbestandes im Rahmen der beruflichen Vorsorge der AXA Leben AG der Jahre 2002 bis 2011 und die anschliessende Analyse unter Berücksichtigung bestehender Studien, geführter Experten-Interviews und der gesetzlichen Grundlagen haben folgende Erkenntnisse gebracht: WEF-Vorbezüge und Rückzahlungen: Die Quote der Anzahl WEF-Vorbezüge beträgt, bezogen auf die Summe aller im Rahmen der beruflichen Vorsorge aktiv versicherten Personen, weniger als ein Prozent. Gleiches zeigt sich im Rahmen des AXA-Bestandes bezüglich der bezogenen Kapitalien. Sie machen rund 0.7 % der gesamten Altersguthaben aus. Die Häufigkeit der Vorbezüge hat in den Jahren 2010 und 2011 abgenommen. Weniger als 10 % der WEF-Vorbezüge bzw. der vorbezogenen Summen werden in die Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlt. Die Anzahl der Rückzahlungen hat in den Jahren 2010 und 2011 jedoch zugenommen. Die durchschnittliche Bezugshöhe liegt bei CHF 77000, jene der Rückzahlungen bei CHF 66000. Die meisten Vorbezüge und die grössten gesamten Summen wurden im Alter zwischen 40 und 44 bzw. 45 und 49 bezogen. Bei den Rückzahlungen sind es die Altersgruppen zwischen 45 und 49 bzw. 50 und 54. Die Werte liegen leicht über jenen von früheren Studien. Die sogenannten Schwelleneinkommen zwischen CHF 60000 und 100000 haben die meisten Vorbezüge getätigt und auch das grösste gesamte Volumen bezogen. Die Frauenquote liegt unter 25 % und somit auch unter den Werten früherer Erhebungen mit rund einem Drittel. Die WEF-Vorbezüger haben unabhängig von der jeweiligen Bezugshöhe durchschnittlich zwei Drittel ihres gesamten Altersguthabens für Wohneigentum bezogen. Der gesetzliche Anteil (gemäss BVG) macht davon knapp die Hälfte aus. Junge beziehen den höheren Anteil ihres gesamten Altersguthabens als ältere Personen. 378 Personen haben während der zehnjährigen Betrachtungsperiode zwei WEF-Vorbezüge von durchschnittlich rund CHF 80000 bezogen. Die durch die Doppelbezüger bezogenen Summen machen insgesamt 3 % des gesamten bezogenen Volumens aller rund 26000 Vorbezüge aus. Auswirkungen auf die Vorsorgeleistungen: Die voraussichtlichen Altersleistungen reduzieren sich im Schnitt um gut einen Viertel. Am stärksten davon betroffen sind primär Personen ab Alter 40 oder mit jährlichen Einkommen unter CHF 80000. Die durchschnittlichen Einbussen bei den Invalidenrenten betragen 3.4 %, bei den Invaliden-Kinderrenten 8.4 %. Bei den Partner- oder Waisenrenten liegen die Werte bei 7.6 % bzw. 8.3 %. Diese geringen durchschnittlichen Einbussen sind auf die verbreiteten, einkommensbasierten Risikoleistungen zurückzuführen. Die Renteneinbussen bei Tod und Invalidität liegen somit durchschnittlich unter 10 % und sollten keinen massgeblichen negativen finanziellen Einfluss haben. Zudem besteht die Möglichkeit des Abschlusses einer Zusatzversicherung. Eine solche wird von bis zu einem Drittel der Vorbezüger genutzt. Einflussfaktoren und Risiken: WEF-Vorbezüge führen nicht automatisch zu finanziellen Engpässen im Alter. Wie stark die Leistungseinbussen im Rentenalter zu gewichten sind, hängt u.a. massgeblich von den künftigen Wohnkosten ab. Verschiedene Faktoren haben darauf Einfluss, so z.B. die Nachfrage nach Wohneigentum (demografische Entwicklung), die staatlichen Fördermassnahmen, die Mietpreise, die Finanzierungspolitik der Kredit- oder Hypothekargeber, das Zinsniveau sowie die steuerliche Behandlung von WEF-Vorbezügen oder des Eigenmietwertes. Weiter spielt die individuelle Situation des WEF-Vorbezügers eine wesentliche Rolle. So seien an dieser Stelle die Arbeitsunfähigkeit, die Scheidung oder eine Erbschaft exemplarisch erwähnt. Genauso wenig wie heute gesagt werden kann, wie der Immobilien- bzw. Wohnmarkt oder die ganz persönliche Situation in Zukunft aussehen wird, besteht eine Garantie auf die heute reglementarisch ausgewiesenen Vorsorgeleistungen im Rentenalter (Senkung Zinsen und Umwandlungssatz, Erhöhung Rentenalter). Die heutige Kapitalbezugsmöglichkeit von Mitteln der beruflichen Vorsorge kann im Einzelfall einen finanziellen Härtefall bewirken oder verstärken. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen dieser vorliegenden Arbeit erscheint eine Einschränkung oder Abschaffung des WEF-Vorbezuges von Mitteln der beruflichen Vorsorge aber als nicht gerechtfertigt. Die politisch und fachlich geführten Diskussionen zur Abschaffung oder Einschränkung des WEF-Vorbezuges sollten weiteren fundierten Erhebungen zugrunde liegen. Die letzte umfassende Wirkungsanalyse aus dem Jahre 2003 könnte mit einer Neuauflage wichtige Erkenntnisse und eine Entscheidungshilfe liefern.
Die aktuellen Systeme der sozialen Sicherung stellen eine Antwort entwickelter Staaten auf die sozioökonomischen Bedingungen rasch wachsender Industriegesellschaften dar (hohe Wachstumsraten, stabile Erwerbsverhältnisse, junge Erwerbsbevölkerung etc.). Diese Bedingungen sind im 21. Jahrhundert zunehmend nicht mehr gegeben. Insbesondere die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft führt zu einem zunehmend globalen Wettbewerb, instabilen Erwerbsbiographien sowie weiteren Veränderungen im Arbeitsmarkt und gesellschaftlichen Wertesystem. Die vorliegende Studie analysiert die Konsequenzen dieser Entwicklung für das Vorsorgesystem in der Schweiz und skizziert möglichen Anpassungsbedarf für die Gestaltung der öffentlichen und privaten Vorsorge. Schwerpunkt ist der Themenbereich der Altersvorsorge, es werden aber auch darüberhinausgehende Vorsorgethemen wie etwa die Entwicklung der Gesundheitskosten angesprochen. Die Resultate der Studie werden dabei mit den Ergebnissen von Expertenbefragungen sowie mit einer repräsentativen Befragung unter der Schweizer Bevölkerung untermauert. Die Digitalisierung verändert Wirtschaft und Gesellschaft - und damit auch die Vorsorge - grundlegend. Dies bietet viele Chancen, es führt aber zugleich zu Herausforderungen und Veränderungsprozessen, die von der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft besser adressiert werden müssen. Sowohl die befragten Experten als auch die Bevölkerung wünschen sich keinen radikalen Systemwechsel in der Vorsorge, wohl aber mehr Flexibilität, Transparenz und Gestaltungsmöglichkeiten. Dazu zählt etwa die Einführung eines digitalen Vorsorgeportal, das Versicherten einen Gesamtüberblick über alle Vorsorgeleistungen bietet, und darüber hinaus auch den aktiven Eingriff in Vorsorgeentscheidungen ermöglicht. Hohe Zustimmung unter beiden Gruppen erfährt auch die verstärkte Nutzung von Wertkonten. Die Idee, Zeit -ähnlich wie Geld- zu sparen, anzulegen und zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen stellt eine mögliche Antwort zur Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit dar. Die Resultate zeigen zudem den Wunsch, die Basis des Vorsorgesystems zu verbeitern, indem die gesamte Bevölkerung einbezogen wird (insbesondere auch Selbstständige und Geringverdiener im Rahmen neuer Erwerbsformen). ; The current social security systems are the response of developed countries to the socio-economic conditions of rapidly growing industrial societies (high growth rates, stable employment, young population, etc.). These conditions no longer exist in the 21st century. The digitalization of the economy and society in particular is leading to increasingly global competition, unstable employment histories and further changes in the labor market and social value system. The present study analyzes the consequences of this development for the pension system in Switzerland and outlines possible adjustment for the public and private pension system. The focus is on the subject of old-age provision, but we also address further issues such as the development of healthcare costs. The findings of the study are supported by the results of expert interviews and a representative survey among the Swiss population. Digitization is fundamentally changing the economy and society - and with it also pension provision. This offers many opportunities, but at the same time it leads to challenges and change processes that need to be better addressed by politics, economy and society. Both the interviewed experts and the population have a strong desire for more flexibility and transparency in the area of pension provision. This includes, for example, the introduction of a digital pension portal, which offers insured persons a complete overview of all pension benefits and furthermore enables them to actively intervene in pension decisions. The increased use of flextime accounts is also receiving high approval from both groups. The idea to save, invest and subsequently receive time in the same way as money provides a possible answer for the flexibilization of the working time across life. The results also show the desire to expand the basis of the pension system by involving the entire population (especially self-employed people and low-income earners in the context of new forms of employment).
Im Sonderheft 2013 'Verdient der Markt noch unser Vertrauen?' veröffentlichte der Wirtschaftsdienst einen Aufsatz von Carl Christian von Weizsäcker mit dem Titel 'Der Vorsorge-Albtraum'. Dazu äußert sich Christian Hecker kritisch. Anschließend stellt Carl Christian von Weizsäcker in einer Erwiderung seine Sicht dar. ; Weizsäcker suggests that maintenance or even an increase in the current level of government debt is necessary to provide people with opportunities to save for the future. However, there are several politico-economic reasons for a reduction of public debt. Moreover, if people start to doubt the sustainability of an increasing percentage of public debt, a vicious circle can lead to a debt crisis, which would threaten the country's political and economic stability. Public debt is not a burden for later generations when the rate of interest is below the rate of growth. Public debt may cause problems for the economy, but the absence of public debt also causes problems. Germany raised substantial implicit public debt by providing guarantees for the public debt of other euro countries, but if Germany had let the euro collapse, the 'new Deutsche Mark' would have caused a severe deflation, which also would have led to increased public debt. The new era of the 'provision nightmare' requires a 'new thinking' concerning public debt. Whenever the capital market adopts this new thinking, it will develop instruments to stabilise the economy even at high levels of public debt.
Impfungen sind ein Traum der Moderne: Sie versprechen den Schutz ganzer Gesellschaften. In den beiden deutschen Staaten wurde dieser Schutz mit unterschiedlichen Methoden vorangetrieben – das Mobilisieren von Ängsten, Appelle an die Sorge um das Gemeinwohl oder die Durchsetzung von Impfpflichten sollten die Gesundheit des Einzelnen und den "Herdenschutz" der Gesellschaft sichern. Der Aufsatz erkundet die deutsch-deutsche Geschichte des Impfens von den 1950er-Jahren bis 1989/90. Im Fokus stehen Aushandlungen von Risiko- und Sicherheitsvorstellungen, Versuche eines "Emotion Management" sowie Debatten über das Verhältnis zwischen staatlicher Interventionsmacht und staatsbürgerlicher "Mündigkeit". Anhand der Konflikte zwischen der Bundesrepublik und der DDR wird zudem gezeigt, dass der Wettlauf um die bessere Immunisierung ein Kampf um die bessere soziale Ordnung war. Andererseits wird belegt, dass es auf dem Gebiet der Impfpolitik gerade in den 1980er-Jahren eine wachsende Tendenz zur deutsch-deutschen und internationalen Kooperation gab. ; Vaccinations count among the great dreams of modernity. They promise the protection of entire societies. In both German states, this protection was pushed with different methods – mobilizing fears, appealing to concerns about the common good or enforcing compulsory vaccination were supposed to secure individual as well as public health. The article investigates the history of vaccination in both German states between the 1950s and 1989/90. It focuses on negotiations of risk and safety, attempts at 'emotion management' to promote prevention and debates about the relationship between state intervention and civic 'maturity'. With reference to broader conflicts between the GDR and the FRG, it is also shown that the race for better immunisation was a competition between East and West for the better social state. On the other hand, vaccination politics had increasingly become a field of inner-German and international cooperation by the 1980s.
Wie gehen wir methodisch/wissenschaftlich und handlungsorientiert/pragmatisch mit der Tatsache um, dass die Technik eine immer dominantere Rolle in unserer politischen und kulturellen Entwicklung spielt? Dass diese Tatsache unsere Lebenswelt verändert, braucht nicht begründet zu werden, sie ist allgegenwärtig.
Bei der Gestaltung der Sozialpolitik spielen Expertenmeinungen die wichtigste Rolle. Langfristig angelegte Reformen wie die der Alterssicherung können aber nur dann erfolgreich sein, wenn sie von den Bürgern akzeptiert werden. Deshalb sollten die Wünsche der Bürger bei der Gestaltung der Sozialpolitik stärker als bisher berücksichtigt werden. Auf Grundlage der Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) werden in diesem Bericht Meinungen der Bevölkerung zur Alterssicherung analysiert. Dabei zeigt sich, dass die Zufriedenheit der jüngeren Generation im Laufe der letzten zehn Jahre deutlich gesunken ist. Allerdings wird der staatlich organisierten Alterssicherung immer noch ein hohes Vertrauen entgegengebracht, und staatliche Zuschüsse zu einer privaten Altersvorsorge erreichen ihr Ziel nur bedingt. Sie kommen vor allem denen zugute, die auch ohne staatliche Anreize zusätzliche Vorsorge betreiben. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung fühlt sich dazu gar nicht in der Lage und kann deshalb nicht von den Zuschüssen profitieren.
Eine Geschichte der genetischen Beratung in der Bundesrepublik ist noch nicht geschrieben. Dies ist erstaunlich, lassen sich in der Verbindung von Beratungspraxis und Behinderung, Konzepten und Kritik an der Humangenetik doch grundsätzliche Fragen zum Wandel von Normalitätsvorstellungen, Geschlechterrollen und Gesellschaftsbildern verfolgen. Im Mittelpunkt des Aufsatzes steht ein brisantes Thema: Sterilisationsempfehlungen für geistig behinderte Frauen und Mädchen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren ausgestellt wurden. Am Beispiel einer Hamburger humangenetischen Beratungsstelle betrachtet der Aufsatz das damalige Verhältnis von Genetik, Behinderung, Geschlecht und Vorsorgekonzepten. Die Kritik an der Sterilisationspraxis bildet einen weiteren Schwerpunkt des Beitrags. In den frühen 1980er-Jahren trugen Gegner und Befürworter geschichtspolitisch aufgeladene Kontroversen aus, die neue Blicke auf Behinderung hervorbrachten, zugleich aber auch Ambivalenzen gesellschaftlicher Liberalisierungsprozesse erkennen lassen. ; To this day, there is no comprehensive account of the history of genetic counseling in the FRG. This is surprising, as studying the connections between counseling practice and disability as well as concepts and critique of Human Genetics allows for an investigation of fundamental questions regarding concepts of normality, gender roles and images of society. This article focuses an explosive subject: suggestions made in the 1970s and 1980s to sterilise mentally disabled women and girls. Using the example of a human genetic information centre in Hamburg, the article investigates the relationships between genetics, disability, gender and concepts of prevention. Moreover, it discusses criticism of sterilisation practices. In the early 1980s, advocates and opponents of sterilisation campaigns engaged in heated debates, evoking highly charged political and historical arguments. These controversies generated new perspectives on disability, but also revealed the ambivalence of the process of social liberalisation.
Unter humanitärer Soforthilfe oder Nothilfe werden kurzfristige Maßnahmen zusammengefasst, die eine akute Unterversorgung im Bereich der Infrastruktur oder auf medizinischem Gebiet überbrücken sollen. Primäre Maßnahmen der Soforthilfe bestehen in der Sicherstellung von Trinkwasserversorgung, Ernährung, Hygiene, Unterbringung und Gesundheitsversorgung vor dem Hintergrund völkerrechtlicher und humanitärer Standards. Der Begriff der Katastrophe oder des Disasters wird in diesem Zusammenhang von einem Großschadensereignis durch eine schwerwiegende Beeinträchtigung oder Zerstörung lokaler Hilfsstrukturen abgegrenzt. Unterschieden wird hierbei zwischen Naturkatastrophen und menschlich verursachten Katastrophen, welche wiederum als technische oder Gewaltkatastrophen auftreten. Ein besonders im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten gleichzeitiges Auftreten von natürlicher, technischer und Gewaltkatastrophe wird als komplexe Katastrophe bezeichnet. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben verdeutlicht, dass die früher klare Unterscheidung zwischen natürlichen und menschengemachten Katastrophen nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Aus Naturereignissen werden erst durch die Anwesenheit von Menschen Naturkatastrophen und Naturphänomene wie Erdbeben und Überschwemmungen entfalten ihre fatalen Auswirkungen oft nur aufgrund verfehlter Siedlungspolitik, unzureichender Bauvorschrift, rücksichtsloser Gewässerbereinigung oder globaler Klimaveränderung. Als koordinierende Behörde treten bei Naturkatastrophen die jeweils landesrechtlich zuständigen Verwaltungsorgane auf, bei bewaffneten Konflikten oder Zusammenbruch staatlicher Ordnungsstrukturen (failing state) muss diese Aufgabe nach den Genfer Völkerrechtsabkommen jeweils von der besetzenden Kriegsmacht oder von den Behörden der Vereinten Nationen übernommen werden. Unter den Hilfsorganisationen kommt hierbei dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) bei bewaffneten Konflikten gemäß den Festlegungen der Genfer Konventionen eine einzigartige Sonderstellung als Völkerrechtssubjekt und Schutzmacht zu. Die weltweite Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung verfügt über insgesamt 97 Millionen Mitglieder in 185 nationalen Gesellschaften und steht daher nahezu an jedem Schadensort als kompetente, neutrale und unparteiische Partnerorganisation vor Ort bereit. Die Erfahrung der ungenügend koordinierten internationalen Hilfe im afrikanischen Zwischenseengebiet nach dem Genozid in Ruanda führte seit 1997 zur Intensivierung der Bemühungen namhafter international tätiger Hilfsorganisationen um Zusammenarbeit und Qualität. Technische Leitlinien der Daseins- und Gesundheitsfürsorge in Katastrophen werden daneben kontinuierlich von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und den Vereinten Nationen online auf den Seiten reliefweb und health library for disasters veröffentlicht. Mit der Gründung des Sphere-Projekts wurde 1997 ebenfalls ein verbindlicher Rahmen normativer und technischer Standards für die internationale Nothilfe geschaffen. Als Richtwerte für die Trinkwasserversorgung in Flüchtlingslagern legt das Sphere-Project beispielsweise fest: Mindestens 15 Liter Trinkwasser pro Person und Tag, Trinkwasserverteilung jeweils im Radius von 500 Metern erreichbar, Wartezeit dort nicht über 15 Minuten und Fülldauer für 20 Liter unter drei Minuten. In der Praxis der Trinkwasseraufbereitung wird zwischen mass water und specialized water unterschieden, wobei unter mass water chloriertes Oberflächenwasser ohne Filterung verstanden wird und unter specialized water ein hochwertiges Trinkwasser nach Flockung, Chlorierung und Keramikfilterung. Die Trinkwasserversorgung in der Erstversorgungsphase nach einer Katastrophe ist für Menschen in Notsituationen eine unmittelbar lebenserhaltende Maßnahme und muss daher notfalls auch unter Inkaufnahme eines erheblichen Kraftstoff- und Filtermittelverbrauches sichergestellt werden. In der Praxis der Nothilfe verfolgt ansonsten das Konzept der angepassten Technologie (appropriate technology) den Ansatz der Orientierung an den lokalen Standards und vermeidet technologische Abhängigkeit. Bei jeder Planung und Durchführung der Hilfsmaßnahmen stellt die frühzeitige Einbeziehung kompetenter Betroffener nicht nur eine kostensenkende Nutzung lokal vorhandenen Ressourcen dar, sondern fördert unmittelbar die Gesundheit der Opfer durch Stärkung des Kohärenzgefühls im Sinne des Salutogenesekonzeptes. Das weltweite Nothilfe-Programm der Emergency Response Units der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) ist beispielsweise in Ausrüstung und Personalausstattung von der Alarmierung an auf sofortige Zusammenarbeit mit der jeweils betroffenen nationalen Rotkreuz- oder Rothalbmondgesellschaft ausgerichtet, um innerhalb weniger Wochen dauerhaft in deren Bestand übernommen zu werden.