Das hier vorliegende Werk wendet den von Kaminsky/Lizondo/Reinhart im Jahr 1997 als Frühwarnsystem für Währungskrisen entwickelten Signalansatz an, um die Gefährdung der ost- und ostmitteleuropäischen Transformationsländer im Hinblick auf eine Währungskrise zu ermitteln. Hierzu wird der ursprüngliche Signalansatz modifiziert und an die Besonderheiten der Transformationsökonomien angepasst. Mit Hilfe zahlreicher Verfahren und Darstellungsmöglichkeiten werden sodann vergangene Währungskrisen analysiert, aber auch die aktuelle Risikoexposition der einzelnen Länder der Region untereinander bzw. in ihrer zeitlichen Entwicklung bis Anfang 2003 dargestellt
Inhaltsangabe:Einleitung: Von einer Währungskrise wird gesprochen, wenn eine Regierung nicht mehr länger in der Lage ist, einen fixen Wechselkurs zu verteidigen. Die Konsequenz einer Krise kann z.B. in der Freigabe des Wechselkurses oder in einem Floaten innerhalb eines deutlich erweiterten Bandes bestehen. Für die am Wirtschaftsgeschehen Beteiligten stellt sich die Frage nach den Ursachen und der Voraussagbarkeit von Währungskrisen. Dazu wurden verschiedene Ansätze entwickelt. Gang der Untersuchung: In dieser Arbeit werden modelltheoretische und empirische Arbeiten vorgestellt und kritisch beleuchtet, die untersuchen, inwieweit Währungskrisen die Eigenschaft selbsterfüllender Erwartungen aufweisen. Das Kapitel 2 gibt zunächst einen Abriß der modellgeschichtlichen Entwicklung der Forschung über Währungskrisen während der letzten zwanzig Jahre und zeigt das Spannungsfeld auf, in dem sich die Modelle über selbsterfüllende Spekulation befinden. Die geschichtliche Entwicklung wird in Kapitel 3 anhand von expliziten Modellen konkretisiert: Vorgestellte Modelle: * DELLAS, H./STOCKMAN, A., Self-Fulfilling Expectations, Speculative Attack and Capital Controls. * FLOOD, R./GARBER, P., Collapsing Exchange-Rate Regimes: Some Linear Examples. * JEANNE, O., Are Currency Crises Self-Fulfilling? A Test. * OBSTFELD, M., Rational and Self-Fulfilling Balance-of-Payments Crises. * SACHS, J./TORNELL, A./VELASCO, A., The Mexican Peso Crisis: Sudden Death or Death Foretold? In Kapitel 4 wird dargelegt, inwieweit sich modelltheoretische Untersuchungen zu der Problematik selbsterfüllender Erwartungen empirisch durch die Analyse realer Währungskrisen unterlegen lassen. Kapitel 5 schließt mit einer kritischen Würdigung und einem Ausblick. Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: InhaltsverzeichnisI SymbolverzeichnisIII AbbildungsverzeichnisVII 1.Einleitung1 2.Grundlagen und modellgeschichtliche Entwicklung2 3.Modelltheoretische Analyse selbsterfüllender Währungskrisen7 3.1.Spekulative Attacken als Folge von sich verschlechternden Fundamentaldaten: Darstellung eines 'Modells der ersten Generation'8 3.1.1.Darstellung und Erläuterung der Modellgleichungen8 3.1.2.Konsequenzen der inkonsistenten Wirtschaftspolitik für das Fixkurssystem11 3.1.2.1.Das Konzept des Schattenwechselkurses11 3.1.2.2.Zeitpunktbestimmung des Zusammenbruchs12 3.1.3.Zusammenfassung15 3.2.Selbsterfüllende Erwartungen im Lichte von Abwandlungen des Standard-Spekulative-Attacken-Modells16 3.2.1.Multiple Gleichgewichte als Folge eines antizipierten Geldmengenpolitikwechsels im Falle einer spekulativen Attacke16 3.2.2.Kapitalkontrollen, selbsterfüllende Erwartungen und spekulative Attacken19 3.2.2.1.Vorstellung der Modellgleichungen19 3.2.2.2.Konsequenzen von drohenden Kapitalkontrollen21 3.2.3.Zusammenfassung22 3.3.Erklärungsansätze von Währungskrise mit Hilfe von 'Modellen der zweiten Generation': Optimierende Regierungen und selbsterfüllende Erwartungen23 3.3.1.Selbsterfüllende Erwartungen als Folge eines Trade-off zwischen Arbeitslosigkeit und Abwertung23 3.3.1.1.Allgemeine Modellannahmen23 3.3.1.2.Modelltheoretische Konkretisierung des Nettoertrages des Fixkurssystems25 3.3.1.3.Entwicklung der Bifurkation der Fundamentaldaten27 3.3.1.4.Zwischenresümee31 3.3.2.Multiple Gleichgewichte als Resultat einer Erhöhung des realen Nettoschuldenbestandes der Regierung32 3.3.2.1.Erläuterung der Modellgleichungen32 3.3.2.2.Bestimmung des kritischen realen Nettoschuldenbestandes35 3.3.2.3.Zwischenresümee37 3.3.3.Zusammenfassung38 4.Untersuchungen zur empirische Validierung selbsterfüllender Erwartungen40 4.1.Illustration der Krise des französischen Francs 1992/1993 anhand eines empirischen Tests eines Modells der zweiten Generation40 4.2.Empirische Untersuchungen von Währungskrisen anhand von Merkmalen selbsterfüllender Spekulation45 4.2.1.Die Krise des Europäischen Währungssystems 1992/199345 4.2.2.Die mexikanische Peso-Krise 199447 5.Kritische Würdigung49 Anhang53 Literaturverzeichnis70 Danksagung74 Eidesstattliche Erklärung75
In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, wie die Entstehung und Ausbreitung von Währungskrisen theoretisch zu erklären ist. Nach einem Überblick über die etablierten Erklärungsansätze zur Krisenentstehung werden schwerpunktmäßig zwei Thesen zur Krisenausbreitung untersucht. Erstens wird die Übertragung von Währungskrisen über realwirtschaftliche Verflechtungen erklärt. Zweitens wird die These eines "infektiösen" Übergreifens von Währungskrisen aufgegriffen. Hierunter wird die unabhängig von bestehenden ökonomischen Interdependenzen erfolgende Krisenübertragung verstanden. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die Entstehung und Übertragung von Währungskrisen an die Existenz fundamentaler ökonomischer Schwächen geknüpft ist. Auch wenn die Bedeutung, die den Fundamentaldaten in den einzelnen Modellen beigemessen wird, variiert, geben die präsentierten theoretischen Modelle keinen Hinweis darauf, dass sich Währungskrisen unabhängig von den ökonomischen Daten willkürlich auf andere Währungen erstrecken. Dennoch implizieren die Modelle nicht, dass allein die fundamentalökonomische Situation die Stabilität der Wechselkursfixierung eines Landes gegenüber den Spill-Over Effekten einer Krise bestimmt. Sobald hinreichend schwache ökonomische Ausgangsbedingungen den Boden bereitet haben, können spontane Änderungen der Markterwartungen bzw. der Markteinschätzung bestimmter Länder den letzten Anstoß zu einer Währungskrise geben
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"Die EU steht am Scheideweg: Will man die Vorteile einer gemeinsamen Währung haben, müssen die Mitgliedstaaten auf wirtschafts- und finanzpolitische Souveränität verzichten. Sind sie dazu nicht bereit, ist die gemeinsame Währung kaum zu halten." (Autorenreferat)
Neben Frühindikatoren und Übertragungsmechanismen werden Lösungsansätze diskutiert. Bei den multilateralen Ansätzen führt die Einführung von Referenzzonen nicht weiter, die Behinderung des internationalen Kapitalverkehrs ist mit erheblichen Wohlfahrtsverlusten verbunden. Der Währungsfonds sollte zusammen mit der Verbesserung des Frühwarnsystems seine Politik so ändern, daß keine Fehlanreize für souveräne Gläubiger und private Kreditgeber gesetzt werden. Dazu zählt insbesondere, daß Volkswirtschaften Stabilitätsstandards bei sich umsetzen. Die institutionellen Regelungen der Weltwirtschaft sollten deshalb auf die Verankerung eines Verursacherprinzips (Troublemaker Pays Principle) abzielen.
Die Krise in der Türkei ist überwiegend selbst verschuldet und hat nur oberflächlich mit den verschärften US-Handelssanktionen zu tun. Zahlreiche expansive wirtschaftspolitische Maßnahmen trugen zwar dazu bei, einen anhaltenden Wirtschaftseinbruch nach dem Putschversuch im Juli 2016 abzuwenden. Jedoch hielt die türkische Regierung die starke Konjunkturstimulierung vor wichtigen Wahlen zu lange aufrecht und verteilte vor allem vor der Präsidentschaftswahl im Juni 2018 umfangreiche Wahlgeschenke. Dies führte zu einer Überhitzung der Wirtschaft mit steigender Inflation und höheren Leistungsbilanzdefiziten. Problematisch ist zudem, dass es zu einem starken Anstieg der Verschuldung von Banken und nicht-finanziellen Unternehmen kam. Diese von politischem Wahlkalkül getriebene Konjunkturpolitik auf Pump und auf Kosten der Zukunft rächt sich nun. Denn mit der privaten Verschuldung wuchs auch die Auslandsverschuldung von Banken und nicht-finanziellen Unternehmen deutlich, sodass Solvenzrisiken drohen. Besorgnis erregt in dieser Hinsicht vor allem der sehr hohe Fremdwährungsanteil an der Auslandsverschuldung. Damit ist die Türkei äußerst anfällig für Währungsabwertungen, weil mit jeder Abwertung die Auslandsverschuldung in inländischer Währung steigt. Im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2017 hat die Abwertung der türkischen Lira gegenüber dem Euro bis zum 22. August 2018 die Fremdwährungsschulden ceteris paribus um über 70 Prozent erhöht. Im Gegensatz zu den Banken sind nicht-finanzielle Unternehmen gegen dieses Risiko bislang kaum abgesichert, hatten aber Ende Mai 2018 Fremdwährungsschulden von knapp 340 Milliarden US-Dollar (teils auch bei inländischen Gläubigern). Allein aufgrund der Wechselkursveränderung seit Ende Mai hat sich deren Gegenwert um rund 500 Milliarden türkische Lira auf gut 2.000 Milliarden türkische Lira erhöht. Es drohen zudem Liquiditätsrisiken. Denn die private Verschuldung von Banken und nicht-finanziellen Unternehmen ist zu knapp einem Drittel mit kurzfristigen und daher schnell reversiblen Kapitalzuflüssen aus dem Ausland finanziert. Bei einer Vertrauenskrise kann es daher schnell zu einem Versiegen dieser Finanzquellen und einer Liquiditätskrise ("sudden stop") kommen, die bis hin zur Zahlungsunfähigkeit gehen kann. Dieses Risiko ist umso relevanter, weil die offiziellen Devisenreserven im internationalen Vergleich relativ gering sind und nur rund die Hälfte der kurzfristigen Auslandsverschuldung decken. Die türkische Regierung scheint bislang das Primat der Politik über die Erfordernisse der wirtschaftlichen Stabilität zu stellen. Die jüngsten Rating-Herabstufungen zeigen, dass vor allem deshalb das Vertrauen der Investoren im Ausland zu schwinden beginnt. Um dem entgegenzuwirken, muss die türkische Regierung die Unabhängigkeit der Zentralbank wieder garantieren und die Inflation konsequent bekämpfen lassen. In der Fiskalpolitik ist mehr Transparenz und Disziplin mit Blick auf die versteckten fiskalischen Risiken ebenso nötig wie eine baldige Beschneidung der ausgeuferten Subventionen und sonstigen Fiskalstimuli. Zentral ist auch die Sicherung der makrofinanziellen Stabilität angesichts der erheblichen Risiken, die sich aus dem Kreditboom und der gestiegenen Verschuldung ergeben. Eine restriktivere Geld-, Fiskal- und makroprudenzielle Politik wird die türkische Wirtschaft abbremsen und wohl auch zu einem Anstieg der ohnehin schon hohen Arbeitslosigkeit führen. Diese Anpassung muss die Politik hinnehmen, da sie unumgänglich ist, um die Überhitzung und die resultierenden Anfälligkeit aufgrund der hohen Auslands- und Fremdwährungsschuldenlast zu bekämpfen. Sollte es zu einer deutlichen Krisenverschärfung kommen, wird kein Weg daran vorbeiführen, den IWF zu Hilfe zu rufen. ; The crisis in Turkey is largely self-inflicted and has only superficially to do with the tightened US trade sanctions. Numerous expansionary economic policy measures helped avert a sustained economic slump following the coup d'état in July 2016. However, the Turkish government kept the strong stimulus for too long in view of two important elections and handed out extensive election presents, especially before the presidential election in June 2018. This resulted in the economy overheating with rising inflation and higher current account deficits. Another problem is that there has been a sharp increase in the private debt of banks and non-financial companies. This economic policy is now taking its toll. Particularly the increase in private debt and external debt of banks and non-financial companies poses serious solvency risks. In this respect, the main source of concern is the very high share of 94 percent of foreign exchange debt in total external liabilities. This makes Turkey extremely vulnerable to currency devaluation, as any devaluation increases external debt in domestic currency. Compared to the annual average for 2017, the devaluation of the Turkish lira against the euro until 22 August 2018 increased ceteris paribus foreign exchange liabilities by more than 70 per cent in Turkish lira. In contrast to the banks, non-financial companies are widely exposed to this risk, and had foreign exchange debt of nearly 340 billion US dollars at the end of May 2018 (partly also for domestic creditors). Solely as a result of the exchange rate change since the end of May, the equivalent value has risen by around 500 billion Turkish lira to more than 2,000 billion Turkish lira. There is also the risk of a liquidity crisis. For the private debt of banks and non-financial companies is financed to nearly a third with short-term and therefore quickly reversible capital inflows from abroad. In the event of a crisis of confidence, it can quickly lead to a sudden stop up of these financial sources and an ensuing liquidity crisis, which could eventually even lead to insolvency. This risk is all the more relevant given that official foreign currency reserves are relatively low by international standards and only cover around half of short-term external debt. Politics hardly contributes to the creation of trust. Instead, the Turkish government seems to put the primacy of politics above the requirements of economic stability. The recent rating downgrades show that investor confidence abroad is beginning to dwindle. In order to counter-act this, the Turkish government must reassure the independence of the central bank without doubt and give clear priority to fighting inflation. Fiscal policy calls for more transparency and discipline with regard to the hidden fiscal risks, as well as a timely adjustment of the excessive subsidies and other fiscal stimuli. It is also crucial to safeguard macro-financial stability, given the considerable risks arising from the credit boom and increased debt. More restrictive monetary, fiscal and macro-prudential policies will slow down the Turkish economy and probably lead to an increase in already high unemployment. This adjustment must be accepted by policy makers in Turkey, as it is indispensable to combat overheating and the economic vulnerabilities of the huge debt burden. Should there be a significant deepening of the crisis, there will be no choice but to call for help from the IMF.