Wie sind die Menschenrechte heute angemessen zu verstehen? Sich ausschließlich auf ihren rechtlichen Gehalt oder ethisch-moralischen Anspruch zu konzentrieren, genügt dafür offenbar nicht. Notwendig ist es vielmehr, die Dimension des Politischen, die diesen Rechten eigen ist, systematisch in den Blick zu nehmen: Erst im Feld der sozialen Praxis und in den historisch bezeugten Erfahrungen handelnder Individuen wird ein moralisch-rechtlicher Anspruch konkret greifbar. Am Beispiel des zeitgenössischen Umgangs mit dem Erbe des französischen Kolonialkrieges in Algerien setzt Daniel Bogner Theorie und Praxis, Normativität und Geschichte konsequent miteinander in Beziehung. Ergebnis ist ein neues Verständnis der Menschenrechte - jenseits der Sackgassen einer rein historischen oder exklusiv geltungstheoretischen Perspektive
Der rassistische Brandanschlag in Solingen jährt sich 2023 zum 30. Mal. Eine fachliche, gesellschaftspolitische und wissenschaftliche Auseinandersetzung ist bisher jedoch kaum erfolgt. Die Beiträger*innen ordnen die Geschehnisse und Zusammenhänge um den Mordanschlag kritisch ein und diskutieren seine Nachwirkungen und Folgen aus unterschiedlichen Perspektiven reflexiv. Neben zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Stimmen kommen auch Überlebende und Angehörige der Familie Genç sowie andere Betroffene rassistischer und extrem rechter Gewalt zu Wort
This book addresses the consequences of legitimacy in global governance, in particular asking: when and how do legitimacy crises affect international organizations (IOs) and their capacity to rule. The book starts with a new conceptualization of legitimacy crisis that looks at public challenges from a variety of actors. Based on this conceptualization, it applies a mixed-methods approach to identify and examine legitimacy crises, starting with a quantitative analysis of mass media data on challenges of a sample of 32 IOs. It shows that some, but not all organizations have experienced legitimacy crises, spread over several decades from 1985 to 2020. Following this, the book presents a qualitative study to further examine legitimacy crises of two selected case studies: the WTO and the UNFCCC. Whereas earlier research assumed that legitimacy crises have negative consequences, the book introduces a theoretical framework that privileges the activation inherent in a legitimacy crisis. It holds that this activation may not only harm an IO, but could also strengthen it, in terms of its material, institutional, and decision-making capacity. The following statistical analysis shows that whether a crisis has predominantly negative or positive effects depends on a variety of factors. These include the specific audience whose challenges define a certain crisis, and several institutional properties of the targeted organization. The ensuing in-depth analysis of the WTO and the UNFCCC further reveals how legitimacy crises and both positive and negative consequences are interlinked, and that effects of crises are sometimes even visible beyond the organizational borders
Der Totalitarismus wollte den Menschen auf ein Gattungswesen reduzieren. Hannah Arendts politische Theorie hingegen basiert auf einem Verständnis vom Menschen als Person, der sich im Handeln und Sprechen in seiner Einmaligkeit enthüllt und zusammen mit anderen eine gemeinsame Welt schafft. Barbara Bushart legt in ihrer rechtstheoretischen Untersuchung dar, wie Rechtsdogmen und -techniken die Pluralität sowohl zu realisieren helfen als auch zu zerstören wissen. Die Fokussierung auf die Interdependenz von Recht und der Verwirklichung menschlicher Potenziale ergänzt dabei die wachsende Forschung zum Arendt'schen Rechtsverständnis um eine bisher vernachlässigte Facette
Seitdem 2010 der frühere sexuelle Missbrauch am Berliner Canisius-Kolleg bekannt wurde, wird auch in Deutschland intensiv über den sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Vertreter der katholischen Kirche diskutiert. Mit der 2018 veröff entlichten MHG-Studie begann die wissenschaftliche Aufarbeitung, an der seitdem Vertreter verschiedener Disziplinen beteiligt sind. Der Band trägt den bisherigen Forschungsstand aus den unterschiedlichen Fachgebieten (Geschichtswissenschaft, Pädagogik, Recht, Psychologie) zusammen. Deutlich wird, welche innerkirchlichen und gesellschaftlichen Bedingungsfaktoren das Fehlverhalten von Geistlichen ermöglichten. Darüber hinaus wird danach gefragt, welche Spezifika der sexuelle Missbrauch in der katholischen Kirche aufweist und inwieweit er in gesamtgesellschaftliche Phänomene eingeordnet werden muss. Zudem zeigt das Buch, inwiefern gerade historiographische Zugänge dazu beitragen können, Licht in die katholischen Dunkelräume zu bringen
Seit dem Mord an George Floyd durch den Polizeieingriff in den Vereinigten Staaten im Mai 2020 und der daraus erwachsenen (Social Media-)Bewegung #blacklivesmatter hat auch die Beschäftigung mit den verschiedenen Formen von Rassismus in Deutschland zugenommen. Konnte der Begriff vor wenigen Jahren in wissenschaftlichen wie öffentlichen Diskursen weitgehend nur schwierig oder selten genutzt werden, hat er sich inzwischen hierzulande auch als Gegenbegriff zur globalen Wirkmächtigkeit rechter Ideologien, die besonders Identitätskategorien zur Legitimation mörderischer Gewalt heranziehen, sowie im Kontext globaler Diversifizierungsmaßnahmen im Diskursmainstream durchgesetzt. Dieser Erfolg des Begriffs lässt auch die filmischen Produktionen zu Themen von Menschenfeindlichkeit, die auf Repräsentationskategorien basieren, in einem neuen Licht erscheinen. Filme zu Themen des Rassismus versuchen, Aufklärungsarbeit im Sinne anti-rassistischer Praxis zu leisten, während beispielsweise propagandistische Videos rechter und dschihadistischer Kreise zur (re-)produktiven Verhandlung von Rassismus beitragen. Andererseits lassen sich Filme, die scheinbar nichts mit Rassismus zu tun haben, bei einem genaueren analytischen Blick sehr wohl als Verstärkungs-, Reproduktions- oder Verschleierungsakteure von Rassismen verstehen. So sind Filme immer schon im Sinne von (Un-)Sichtbarkeitsmaschinen dazu geeignet, soziale Verhältnisse zu veräußerlichen und so ungedachte Zusammenhänge zu denken. In dieser argumentativen Bi-Perspektivität – Sichtbarwerden der Rassismusdiskurse und Filme als Sichtbarkeitsmedien sozialer Verhältnisse – geht der vorliegende Sammelband Diskursformen des Rassismus, seiner Filmkulturen und Möglichkeiten des (anti-rassistischen) Widerstands besonders/aber nicht nur im deutschsprachigen Kontext nach. Daran schließen sich folgende Fragen an: Wie sieht der Zusammenhang von (fiktionalen) Filmen und Formen des Rassismus in Film-kulturen aus? Wie gehen fiktionale Formate mit Antisemitismus, Rechtsradikalismus, antimuslimischem Rassismus, Antiziganismus und whiteness um? Und wie versuchen aktuelle (auch experimentelle) filmische Formate, Rassismus entgegenzutreten? Im Zentrum des Sammelbandes stehen die Filme und ihre Geschichten selbst. Ziel ist es, das Erkenntnispotential von Filmen in der Auseinandersetzung mit Rassismus zu befragen: Was genau am Rassismus machen die Filme sichtbar? Wie lassen sich mögliche historische Entwicklungen narrativer audiovisueller Diskursformen (für den deutschsprachigen Kontext) darstellen? Wie verändern sich in diesen Entwicklungen die Auseinandersetzungen mit jenen rassistischen Formen? Und grundsätzlich: Wie stehen Film und Rassismus zueinander? Die Beiträge des Sammelbands explorieren so diverse Erscheinungsformen des Rassistischen: Umweltrassismus, Antisemitismus, Rassismus gegen Schwarze Menschen, Anti-Zig*anismus, anti-muslimischer Rassismus, Rassismus und Gender, rechtsextremer Rassismus in Deutschland und filmische Erinnerungskultur, Afropolitanismus und Rassismus, Rassismus ohne Rassen*/Rassismus gegen Migrant:innen. Beiträge von Ömer Alkin , Julia Bee, Julia Dittmann , Irina Gradinari , Hilde Hoffmann , Kien Nghi Ha Hauke Lehmann, Radmila Mladenova,, Tobias Nagl , Burrhus Njanjo und Alena Strohmaier
Populists and the Pandemic examines the responses of populist political actors and parties in 22 countries around the globe to the COVID-19 pandemic, in terms of their attitudes, rhetoric, mobilization repertoires, and policy proposals. The responses of some populist leaders have received much public attention, as they denied the severity of the public health crisis, denigrated experts and data, looked for scapegoats, encouraged protests, questioned the legitimacy of liberal institutions, spread false information, and fueled conspiracies. But how widespread are those particular reactions? How much variation is there? What explains the variation that does exist? This volume considers these questions through critical analysis of countries in the Americas, Europe, Asia, and Africa, by leading experts with deep knowledge of their respective cases. Some chapters focus on populist parties, others on charismatic populist leaders. Some countries examined are democracies, others autocracies. Some populists are left wing, others right wing. Some populists are in government, others in opposition. This variation allows for a panoramic consideration of factors that systematically influence or mediate populist responses to the pandemic. The book thus makes a unique contribution to our understanding of the intersection between two of the most pressing social and political challenges of our time. The book will be of interest to all those researching populism, extremism, and political parties and those more broadly interested in political science, public policy, sociology, communications, and economics