"Mittels Befragung von 183 jungen Menschen zwischen 16 und 25 Jahren wurde untersucht, inwieweit retrospektiv erhobene mütterliche Erziehungsstile während der Kindheit und Jugend mit späteren persönlichen und politischen Haltungen korrespondieren. Zur retrospektiven Erfassung von Erziehungsstilen wurde ein Imaginationsverfahren konzipiert und analysiert: Für je sechs zu imaginierende konkrete Konflikt- oder Problemsituationen für die Altersstufen 8 und 12 Jahre hatten die Befragten anzugeben, wie ihre eigene Mutter seinerzeit typischerweise reagiert hätte. Dazu waren für jede Situation vier lern- bzw. handlungstheoretisch abgeleitete Reaktionsalternativen vorgegeben. Es ergaben sich zwei weitgehend unabhängige Skalen mit angemessener innerer Konsistenz: Soziale Kompetenz unterstützende und aversiv-strafende Reaktionen. Das generalisierte Selbstkonzept eigener Fähigkeiten weist positive Beziehungen zu einer unterstützenden und negative Beziehungen zu einer aversiv-strafenden Erziehung in der Kindheit (8 Jahre) auf. Eine soziale Kompetenz unterstützende Erziehung in der frühen Jugend (12 Jahre) korreliert dagegen mit generalisierten finalen Kontrollüberzeugungen, mit dem Selbstkonzept eigener politischer Fähigkeiten und dem Ausmaß politischer Alltagsaktivitäten. Die Befunde sprechen für eine latente politische Sozialisation, d.h. für eine Beeinflussung politischer Kompetenzüberzeugungen und Handlungsbereitschaften durch unpolitische familiäre Interaktionserfahrungen. Allerdings stehen politikspezifische Haltungen mit Erziehungserfahrungen in der frühen Jugend in Beziehung, während Erfahrungen in der Kindheit nur mit generalisierten Kompetenzüberzeugungen korrespondieren." (Autorenreferat). Die Untersuchung enthält quantitative Daten.;;;"It was examined by questioning 183 young people between 16 and 25 years if retrospectively reported educational styles of the mother during childhood and adolescence are corresponding to later personal and political attitudes. A test based on the imagination of the participants was developed and analysed for measuring educational styles: the participants had to report the typical reaction of their mother for six concrete conflicts or problematic situations retrospectively for the age of eight and twelve. For each situation four alternative reactions, deduced from learning and action theory, were given. The analysis resulted in two nearly independent scales with adequate inner consistency: 1) social competency supporting reactions and 2) punishing reactions. The generalized self-concept of ones own abilities shows positive relations to a supportive and negative relations to a punishing education during childhood (8 years). An education supporting social competency during early adolescence (12 years), in contrast, is correlated to generalized goal-oriented locus of control, to the self-concept of ones own political ability and the extent of daily political activities. The findings are in favour of a latent political socialization, i.E. an influence of non-politic-related experiences within the family on self-efficacy concerning politics and action-readiness. Attitudes and actions concerning specifically politics are related to educational experiences during early adolescence whereas experiences during childhood only relate to generalized self-efficacy." (author's abstract).
Tourismus ist ein Phänomen, dessen Erscheinungsform und Auswirkungen von verschiedenen Fachdisziplinen betrachtet werden. In dieser Arbeit wird ein Ausschnitt des weltweiten Tourismus in einer wirtschaftssoziologischen Perspektive beleuchtet: Das Reisen asiatischer Touristen nach und in Deutschland. Eine besondere Zielgruppe wird der näheren Betrachtung unterzogen: Junge Individualtouristen aus Asien, konkret aus Taiwan, Hongkong, Japan und Südkorea. Verschiedene theoretische Ansätze, die in der tourismussoziologischen Diskussion eine Rolle spielen, werden auf diese Zielgruppe bezogen und durch eine empirische Studie bei 288 Jugendherbergsgästen, die aus den genannten Ländern stammen, ergänzt. In der Betrachtung des Tourismus unter wirtschaftlicher Perspektive wird die Positionierung Deutschlands auf dem Weltmarkt Tourismus dargestellt sowie die Bedeutung dieses Sektors innerhalb der Wirtschaft. Der Bereich des Incoming spielt zwar eine untergeordnete Rolle, aber gerade die Zahl der Deutschland bereisenden Gäste aus dem asiatischen Kontinent weist beachtliche Steigungen auf. Durch die Theorien über Modernisierung wird gezeigt, dass in einer sich modernisierenden Welt einerseits dem Bereich der Freizeit eine wachsende Bedeutung zukommt, dass andererseits Reisen eine Form darstellt, einen "modernen" Lebensstil zu realisieren. Eine Europareise kann dabei für (junge) Asiaten als Bestandteil einer "guten" Erziehung und Bildung gedeutet werden. Das Konzept der Fremdheit geht davon aus, dass Nicht-Insider einer Gesellschaft einen besonders scharfen Blick auf die ihnen "fremde" Gesellschaft werfen. Über "den Anderen" und "das Andere" bestehen in der menschlichen Vorstellung Bilder unterschiedlicher Festigkeitsgrade. Es wird eine Zusammenschau über bestehende Bilder über Deutschland und die Deutschen gegeben. In der empirischen Erhebung werden den jungen Asiaten diese Eigenschaften zur Einschätzung vorgelegt. Es zeigt sich, dass auch sie die gängigen Klischees "ordentlich, fleißig, sauber" für typisch halten. Nur zum Teil werden diese abstrakten Einschätzungen allerdings durch die konkreten Erfahrungen der Reisenden bestätigt. Ein wichtiger Begriff in der Tourismusforschung ist "Authentizität". Die Theorie zeigt, dass nicht alle Touristen die gleichen strengen Maßstäbe an die Forderung nach Authentizität anlegen. Was für die befragten asiatischen Reisenden als "echt deutsch" gilt und somit als "authentisch" angesehen werden kann, wird unter einigen vorgegebenen Oberbegriffen besonders deutlich. Der Bereich Wirtschaft wird von der Nennung der Automarken Benz und BMW dominiert, im Bereich Musik sticht die Bekanntheit von Beethoven und Bach hervor, und als der deutsche Schriftsteller ist Goethe bekannt. Der Abschnitt über Tourismuspolitik zeigt auf, in welcher Weise verschiedene Akteure auf internationaler und nationaler Ebene das touristische Geschehen mitbestimmen. Für Deutschland als Reiseland ausländischer Gäste spielen dabei die Aktivitäten der Deutschen Zentrale für Tourismus mit ihren Niederlassungen in den Herkunftsregionen eine besondere Rolle. Insgesamt ist festzustellen, dass weltweit Tourismus unter wechselnden ökonomischen Voraussetzungen ein boomender Markt ist. In Deutschland sollte der Incoming-Bereich nicht vernachlässigt werden. Den asiatischen Gästen kommt eine steigende Bedeutung zu. Sie betten eine Deutschlandreise meist in eine Europareise ein, so dass touristische Schwerpunkte ausgewählt werden müssen. Klassische Elemente wie München/Füssen, der Rhein und die Romantische Straße zeigen, dass thematische Arrangements favorisiert werden. Mit zunehmender Reiseerfahrung einer Gesellschaft werden die Ziele diversifiziert, wobei den jungen Leuten, vor allem den Frauen, Vorreiterposition zukommt. Dass bestimmte Namen bedeutender Persönlichkeiten und Elemente deutscher Kultur einen sehr hohen Bekanntheitsgrad in diesen asiatischen Ländern, vor allem in Japan haben, könnte von den Anbietern touristischer Dienstleistungen noch stärker als bisher bei der Zuschneidung der touristischen Leistungen umgesetzt werden. ; Tourism under an economic sociologic point of view: The travel of Asian tourists to and in Germany Tourism is a phenomenon that is subject to different disciplines of research. The presented research focuses on an extract of world wide tourism under an economic sociologic point of view: The travel of Asian tourists to and in Germany. A special target group is dealt with in particular: Young individual tourists from Asia, actually from Taiwan, Hongkong, Japan and South Korea. Different theoretical approaches that are important under tourism sociologic aspects are referred to. In addition, series of interviews, questioning 288 guests from the above mentioned countries who staid in youth hostels are analysed. By looking on tourism under an economic perspective, Germany's ranking on the world tourism market as well as the sector's importance for the national economy is presented. Incoming-tourism is of secondary importance, but the number of tourists from Asia, travelling in Germany, increases every year. With regard to the "modernisation theory" it is shown that in a modernising world leisure time in general and travelling in particular gain importance. In addition, travelling is one kind of realizing a modern life style. A journey to Europe for (young) Asians can also be considered as a component of a "good and complete" education. The concept of heterogeneity assumes that non-insiders of a society are very sensitive towards this society that is "strange" to them. Humans show different levels of stability in their picture of "the others" and "the other". A summary of existing pictures of Germany and the German people is presented. A validation of the 288 travellers' pictures - based on this summary about what is typical for Germany - is undertaken. It can be seen that their estimation is - in line with theory - dominated by the images "tidy, diligent and clean". Their abstract judgements are partly verified by their concrete experiences. An important subject in tourism research is "authenticity". The theory shows that not all tourists put the same emphasis on their request for authenticity. What is regarded by the Asian interviewees as "real German" and therefore considered as "authentic" is explained in detail by sorting the answers under predetermined categories. The category "economy" is dominated by the car brands "Benz" and "BMW". In the category "music" Bach and Beethoven are the most well known and Goethe is known as THE German Autor. The chapter on tourism policy shows in which way various actors on national and international level influence the touristic scene. For Germany as destination of foreign tourists the German Office for Tourism (Deutsche Zentrale für Tourismus) with its branches in the home regions of the tourists plays an important role. As result of this research it can be stated that - even considering alternating economic conditions - world wide tourism is a booming market. Incoming tourism in Germany is more than just a market niche and should by no means be neglected. Asian tourists are gaining importance. Currently, for most of them Germany is still part of a journey to Europe. Consequently, touristic focal points and high-lights are chosen. Classic elements as Munich/Fuessen, the Rhine valley or the Romantic Route show that arrangements concentrating on a theme are preferred. But as the Asian societies gain increasing experience.
In Hamburg erschienen 1746 die "Nachrichten von Island, Grönland und der Straße Da-vis" (Nachrichten) von Johann Anderson (1674 bis 1743). Der Autor, Sohn eines Walfang-reeders war als Jurist Mitglied des Hamburger Rates und 20 Jahre Bürgermeister gewesen. Zeit seines Lebens sammelte Anderson Wissen zu Island, Grönland und den Fisch- und Walfanggebieten im Nordatlantik, weil er als gläubiger Pietist Gottes Fürsorge für den Men-schen insbesondere in diesen rauhen Gegenden zu erkennen glaubte. Er verarbeitete seine Er-kenntnisse vorwiegend im letzten Lebensjahrzehnt zu den Nachrichten, einer wissenschaftli-chen Zusammenstellung des damals Bekannten zu dieser Region. Ohne eigene Anschauung des Nordens nutzte der Autor kritisch Literatur, authentische Berichte von See- und Kaufleu-ten sowie Sammlungsstücke aus dem Bereich. Er diskutierte und zitierte die Quellen. So lässt sich die genutzte Literatur der damals potentiell zur Verfügung stehenden gegenüberstellen. Seinerzeit wechselnde wirtschaftliche und politische Verhältnisse in Hamburg sowie massive außenpolitische Forderungen an die Stadt belegen, dass Anderson als "Patriot" Auf-klärungsideen folgte, die ihn geradezu trieben, seine Materialsammlung zum nordatlantischen Raum zu veröffentlichen zum Nutzen der Wissenschaft und Handlung, so der Untertitel des Buches. Demgemäß versuchte er, neben der wissenschaftlichen Kenntnismehrung durch Wis-sen um die regionalen Handelsgüter, vor allem Fisch- und Walprodukte, die eingebrochenen Hamburger "Commercien" Salzheringshandel und Walfang zu beleben und einen eventuellen neuen Hamburger Handel mit den nordatlantischen Inseln zu untermauern. Selbst postum herausgegeben, erschienen die bei Andersons Tod druckfertigen Nach-richten aus wissenschaftlicher Sicht zur rechten Zeit. Sie beantworteten u.a. alle damals aktu-ellen Fragen zum Auftreten und Fang des Herings durch eine von Anderson weiterentwickelte Einstammtheorie. Er differenzierte die Wale in Zahn- und Bartenwale sowie nach den Rü-ckenformen, die den Walfängern als erstes sichtbar waren. Seine Einteilung glich der heutigen Walsystematik. Die Angaben zu den Tranerträgen der Walarten und die genannten Güter des Handels mit den nordatlantischen Inseln dienten direkt der Handlung. Während die Wirkung der Nachrichten auf die Handlung nicht aktenkundig wurde, reichten die wissenschaftlichen Tradierungen der Heringstheorie sowie seiner Pottwal- und Narwalbeschreibungen und -abbildungen bis ins 20. Jh. Unerkannt blieb allerdings Andersons Erstbeschreibung des Eissturmvogels. Die Karte des Nordatlantiks in den Nachrichten war die erste gedruckte Darstellung Grönlands, in der die aus Navigationsungenauigkeiten und Fehl-interpretationen entstandenen vermeintlichen Wasserstraßen durch Südgrönland nicht darge-stellt wurden, mit Begründung im Buchtext. Die Karte sowie weitere Abbildungen und Text-passagen der Nachrichten gingen in nachfolgende Grönlandbeschreibungen ein. Der Herausgeber und der Drucker konzipierten aus dem Nachlassmanuskript ein anspre-chendes und gut beworbenes Buch. Mehrere Auflagen und Übersetzungen verbreiteten die Nachrichten sehr weit. Durch so geschärfte Beobachtungen entstand schnell Kritik an der He-ringstheorie, die endgültig allerdings erst durch Friedrich Heinckes Arbeiten in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. widerlegt wurde. Aber binnen kurzem riefen die Nachrichten durch ihre unsachliche Beschreibung der Isländer auch eine dänische "Gegen"-Beschreibung Islands hervor. Diese "verläßlichen Nachrichten" widersprachen Andersons Darstellungen, abgesehen von Angaben zu den Isländern, jedoch größtenteils nur in Nuancen oder gar nicht. In der Rezeptionsgeschichte entwickelten sich "Andersonsche Märchen" (besser "Mär-chen um Anderson und seine Nachrichten") durch Versehen, wie die nicht existente "Dodd-Andersonsche Heringstheorie", oder durch Mischen von Tatsachen und Erinnerung, wie Carl von Linnés angebliche Flucht vor dem Bürgermeister Anderson. Sie werden klargestellt. Da die Strukturen und Inhalte der Nachrichten-Kapitel über marine Nutztiere denen der heutigen fischereibiologischen Lehrbücher gleichen, lässt sich Johann Anderson als ein Vor-vater der heutigen Hamburger Fischereiwissenschaften betrachten. ; In 1746, the book Nachrichten von Island, Groenland und der Strasse Davis (An account on Iceland, Greenland, and the Davis Strait) was published in Hamburg. Its author Johann Anderson was the son of a whaling ship owner in Hamburg, became lawyer and member of Hamburg Senate. About 20 years he acted as burgomaster of his home town. All his life, the scholar Johann Anderson collected information about Iceland, Greenland and the adjacent fishing and whaling areas. As pietistic Christian, he was convinced that the Lord's blessing to mankind was to be recognized especially in those areas. With his exceptional knowledge he prepared the Nachrichten mainly during the 1730s. The manuscript was a scientific selection from the contemporary knowledge of the northern areas. Never having travelled that far north himself, Anderson based his compilation on a critical analysis of the available literature, first hand reports of sailors and merchants, as well as objects from the northern areas in curiosity collections of his time. As Anderson reveals his sources in citations, the literature he actually used can be opposed to the quite large literature potentially available at his time. The variable commercial and political situation of Hamburg during Anderson's time and tremendous financial claims from the town by surrounding countries show Anderson acting as a "patriot". Driven by the contemporary ideas of Enlightenment, he aimed his manuscript for "the use of science and commerce", as it was subtitled. Thus, he specifically tried to stabilize the decreased trade of salted herring and the reduced whaling enterprise of his town by increasing scientific knowledge and perhaps to initiate a new trade towards the North-Atlantic islands. When Anderson died in 1743, his manuscript was ready for print. Although edited 1746 posthumously, the book was published just in time from the scientific point of view. The contemporary questions concerning the local and seasonal appearance, the fishing and the processing of herring were answered by the single stock herring theory further developed by Anderson. Further on, he classified the separated teeth and baleen whales in accordance with the shapes of their backs, the first parts visible to the whalers. His classification is comparable to that presently used. Anderson's information on the oil volumes of the different whale species was addressed straight to the whalers and merchants. Whilst the commercial influence of the Nachrichten was not documented, the scientific utilisation of parts of Anderson's herring theory as well as his descriptions of the sperm whale and narwhale lasted into the 20th century. The first systematic description of fulmar glacialis he gave in this book was not recognized by the ornithologists. The North Atlantic chart in the book was one of the first printed presentations of an undivided Southern Greenland. The reason for omitting the traditional ice covered straits through it is given in the text. This chart as well as further figures and parts of the text were used in Greenland descriptions further on. In 1746, the editor and the printer in Hamburg created an attractive and well advertised book from the manuscript left by Anderson. At least three German editions (1746, 1747) and very soon Danish (1748), Dutch (1750, 1756), and French (1750) translations made the Nachrichten a widely spread book. By the thus sharpened attention critical statements opposed the single stock herring theory immediately, although the final refutation was not published until the second half of the 19th century by Friedrich Heincke. However, the improper description of the Icelandic people very soon led to a Danish counter description (1753). Besides the parts concerning the people's behaviour, this Danish "true account on Iceland" in the last analysis showed the Nachrichten to be wrong only in very few points. During the centuries, dealing with the Nachrichten led to some "Andersonsche fairy-tales" . These rumours originated in errors, e.g. the not existing "Dodd-Anderson herring theory", or in mixing of facts and personal imaginations, e. g. Carl von Linné and his story of run away off an angry burgomaster Anderson in Hamburg, and can be traced backwards. The structures and contents of the Nachrichten-chapters on commercial marine stocks are comparable to those in textbooks on fisheries biology of today. Thus, Johann Anderson has to be addressed as one of the forefathers of actually fisheries sciences in Hamburg.
Die Untersuchung arbeitet die Differenzen und Gemeinsamkeiten der Politikvermittlung auf EU- und Bundesebene heraus. Dabei werden sowohl allgemeingültige Ergebnisse geliefert als auch solche, die sich aus dem gewählten Schwerpunkt "Informationsgesellschaft" ergeben. Basierend auf einem ganzheitlichen Interaktionsmodell (Kreislaufmodell), wird in Kapitel II die Theorie hergeleitet und untermauert, dass Politikvermittlung über die Massenmedien den selben Gesetzmäßigkeiten folgt, denen auch Fernsehserien folgen. Politikvermittlung spielt sich in Kreisläufen ab, deren Bestand als Serie von den Motiven der Akteure, Medien und Bürger abhängt. Um diese Theorie ganzheitlich zu erfassen, wird eine Abkehr von der verbreiteten medienzentrierten oder akteurzentrierten Perspektive praktiziert. Kapitel III zeigt in einer umfassenden Fallanalyse mit Expertenbefragung, dass, während EU- und Bundesebene im eingangs modellierten Regelsystem der Politikvermittlung die gleichen Bedingungen erfüllen müssen, sie mit ungleichen Mitteln agieren. Es wird dargelegt, dass die zur Verfügung stehenden Mittel auf EU-Ebene aus historischen Gründen geringer sind: Die EU muss heute noch oft neue Politikvermittlungskreisläufe initiieren, während die Bundesebene ihre Vertrautheit nutzen und Aktuelles in vorhandene Kreisläufe einordnen kann. Als Nebenprodukt dieser Fallanalyse ergibt sich eine genaue Policy- und Kommunikationsanalyse im Politikfeld "Informationsgesellschaft". Dazu liefert die Arbeit eine umfassende Historie und Gegenwartsanalyse politischer Programme auf EU- und Bundesebene. Gleichzeitig schlägt sie die Brücke zu deren praktischer Vermittlung auf beiden Ebenen. Kapitel IV liefert den Nachweis der Inexistenz einer natürlichen Politikvermittlungsquelle. Nur bei wenigen Themen (z.B. Arbeitslosigkeit, Rente) ist die Bundespolitik aus Sicht der Bürger der natürliche Kommunikator. Die repräsentative demoskopische Untersuchung zeigt, dass die Bürger in den meisten Politikfeldern von beiden Ebenen gleich viele oder wenige Informationen aufzunehmen bereit sind. Dies zeigt das Potenzial für die EU auf. Eine Resignation vor allgemeinem Desinteresse der Bürger an Europa wäre fehl am Platz. Andere Faktoren, vorwiegend die Serienfaktoren, sind maßgeblicher. Schließlich werden verschiedene Szenarien für die Politikvermittlung auf EU- und Bundesebene analysiert. Die mögliche Wirkung externer Faktoren (z.B. EU-Verfassung) und interner Faktoren (z.B. Reorganisation der Sprecherdienste) wird aufgezeigt - vor dem Hintergrund einer langfristig eher abnehmenden historischen Benachteiligung der EU. Strategiehilfen für erfolgreiche Politikvermittlung, besonders auf EU-Ebene, werden geliefert. Die Bedeutung der Grundrauschenproblematik in der Politikvermittlung sowie Strategien zur Nutzung des Serienpotenzials werden aufgezeigt. ; Communicating politics through the media on EU and federal German level – a theoretical and practical comparison with special reference to the political field of Information Society The thesis outlines the different and common features of communicating politics through the media on EU and federal German level. It provides both, general results and such resulting from the selected focus on the information society. Based on a comprehensive interaction model (cycle model), in chapter II the theory is deduced and supported that communicating politics through the media follows the same rules as TV serials do. Such communication acts are conducted in cycles, creating a series and depending on the motives of the political actors, the media and citizens. To set up this theory, a break with the commonly media-centred or actor-centred approach is used. In a broad case analysis and including a survey among experts, chapter III shows that, while the EU and federal political communication must meet the same conditions in the rule system outlined in chapter II, they act with unequal means. It is revealed that the means available at EU level are limited for historical reasons: Up until today, the EU still has to initiate new cycles of political communication, while the federal level is taking advantage of the fact that the public is used to their mass media communication. Therefore federal politics can fit their news into existing cycles. As a by-product, the case analysis provides a precise policy and communication analysis in the political field of the Information Society. The work offers a full historical and present overview of political programs in that field, on EU- and federal German level. At the same time it explains how these policies are being communicated on both levels. Chapter IV provides the proof of the inexistence of a natural source for political communication in Germany. Only with few topics (e.g. unemployment, pension) the federal level is viewed by citizens to be the natural communicator. A representative public opinion poll shows that citizens are ready to take on as much or little information from both levels in most of the political fields. This indicates the potential for the EU. A resignation with regards to a general lack of interest of citizens in Europe would be inappropriate. This is because other factors, predominantly the given serial factors, are more relevant. Finally, different scenarios for communicating politics through the media on EU- and federal German level are outlined. The possible effects of external factors (e.g. EU constitution) and internal factors (e.g. reorganisation of the speaker services) are shown - in the light of a historical disadvantage for the EU that is gradually decreasing. Strategic suggestions for successful political communication, especially on EU level, are given. The thesis points out the significance of the "background noise" problem in communicating politics as well as strategies for taking advantage of the "serial potential".
Die philosophische Diskussion um das, was mit Macht bezeichnet wird, bewegt sich vornehmlich im Rahmen des Politischen. Auch die Autoren, die Macht für eine anthropologische Konstante erachten, wie zum Beispiel Georges Sorel, Thomas Hobbes, Helmuth Plessner und Hannah Arendt, entwerfen den Begriff in der Regel im Hinblick auf ein Staats- oder Gemeinwesen. Im 19. und 20. Jahrhundert macht sich, als Folge der Industrialisierung, in den politischen Theorien eine zunehmende Berücksichtigung der ökonomischen Herrschaftsverhältnisse bemerkbar, wobei jedoch das Phänomen der Macht ebenso wie das Selbstverhältnis des handelnden Einzelsubjekts wie zum Beispiel bei Karl Marx, keine gebührende theoretische Beachtung finden. Im Bereich der Psychologie, der Soziologie und der Wirtschaftswissenschaften findet sich hingegen ein reichhaltiges Sammelsurium zu Fragen der. Zumeist beschäftigen sich die einschlägigen Publikationen jedoch überwiegend mit empirischen Problemen wie Management- und Konfliktlösungsstrategien. In der Regel ist eine theoretisch philosophische Fundierung des Subjekt- oder Machtbegriffs ebenso wie in der Politologie nicht zu erkennen. So schreibt Paul Noack: "Neuere Ansätze, Macht als ein sozialtechnisches Steuerungsmittel zu beschreiben, das heißt, sie als eine Kraft einzuordnen, die den Beziehungen zwischen den politischen Akteuren zugrunde liegt verzichten auf eine umfassende Definition. An Stelle dessen tritt der Versuch, die Wirkung und die Verteilung von Macht zu erkennen." Generell ist festzustellen, dass sich auch Autoren mit philosophischem Anspruch zumeist nur mit den Folgen der Machtausübung in größeren Zusammenhängen auseinandersetzen. Anstatt den Begriff in seiner Tiefe auszuloten und auch nach dem handelnden, Macht ausübenden Subjekt zu fragen, sind die Ausführungen bezüglich dessen, was das spezifische der Macht anbelangt, zumeist sehr oberflächlich und verlassen nur selten die Ebene der Empirie. Das Scheitern vieler Versuche das Phänomen der Macht zu beschreiben hat in der Regel seine Ursache im verfehlten Ansatzpunkt der Untersuchungen. Nicht die empirische Beobachtung muss, so man den ontologischen Status der Macht fassen will, als Ausgangspunkt der Untersuchung gewählt werden. Will man das Wesen der Macht verstehen, müssen die Vorgänge, welche die Konstitution des Subjekts, das machtvoll in den Weltlauf eingreift, bedingen sowie der Begriff der Subjektivität in ihrer ganzen Breite untersucht werden. Ein tieferes Verständnis der wechselseitig aufeinander verwiesenen Begriffe Subjektivität und Macht kann nur eine Analyse der das Subjekt beziehungsweise das Individuum konstituierenden Vorgänge leisten. Das Phänomen Macht kann erst dann Gegenstand einer Theorie werden, wenn es gelingt zu klären, wie ein Subjekt sich als Subjekt – das heißt als Ich – er- und begreift. Darüber hinaus muss geklärt werden, wie der Wandel vom Rezipienten amorpher, kontingenter Reize hin zum interpretierenden und handelnden Zurechnungssubjekt vonstatten geht. In der Auseinandersetzung mit der Philosophie der Subjektivität wird aufgezeigt, dass Macht und deren Ausübung nicht zum Beispiel in der Angst vor einem gewaltsamen Tod (Hobbes), dem Streben nach Lust (Helvetius), dem Streben nach wodurch auch immer motivierter Kommunikation (Arendt, Luhmann, Habermas) oder ähnlichem wurzelt, sondern, dass Macht als ein unbedingtes, diesen empirisch beobachtbaren Verhaltensmustern vorgelagertes Phänomen der Selbstvergewisserung und Selbstkonstitution des Subjekts betrachtet werden muß. Subjektivität ist ohne den Begriff der Macht nicht denkbar und umgekehrt. Die vorliegenden Arbeit zeigt auf, dass das einzelne Subjekt, wie der Begriff der Subjektivität, insofern auf den Begriff der Macht verwiesen sind, als das Ausüben von Macht die Form des "In-der-Welt-Seins" der Subjektivität ist. Macht und Subjektivität stehen in einem gegenseitigen Verweisungszusammenhang. Es sind zwei Begriffe, die wechselseitig füreinander konstitutiv sind. Subjektivität lässt sich nicht ohne Macht denken und Macht lässt sich ohne den Begriff der Subjektivität nicht verstehen. Subjektivität, so die These der vorliegenden Arbeit, ist das machtvolle, nach Fichte vor allem vernunftgeleitete, Gestalten von Welt und Gemeinschaft durch ein Ich, das sich zu sich und zur Macht selbst ermächtigt hat und als solches für sein Handeln verantwortlich ist. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wird das subjectum dem Wortsinn entsprechend anhand der Arbeiten von Johann Gottlieb Fichte und Walter Schulz als das "Zugrundeliegende" aufgewiesen. Im Anschluß an die zwei grundlegenden Theorien der Subjektivität folgt im zweiten Teil ein Aufriss klassischer Theorien der Macht, der deutlich die mangelnde theoretische Fundierung derselben bezüglich einer Theorie der Subjektivität aufzeigt. Im dritten Teil erfolgt der Versuch des Entwurfs einer Theorie der Macht auf der Basis einer Theorie der Subjektivität. ; The discussion and analysis of what we call 'power' is largely confined to the narrow field of politics and political science, apart from a few exceptions. Even philosophers like Georges Sorel, Thomas Hobbes, Helmut Plessner and Hannah Arendt, who consider power an anthropological constant, draft the idea with regard to political systems or communities. In the 19th and 20th centuries the consequences of industrialisation found their way into political theories, and as a result economical structures of power were considered more and more important. But neither the phenomenon of power nor the relation of the acting single subject to itself (like e.g. in Karl Marx' work) were discussed on a sound theoretical basis. However, in the fields of psychology, sociology and economic sciences there is an abundant coverage of the question of power. Yet the pertinent publications mostly deal with empirical problems like strategies of management and solving of conflicts. As a rule it is hard or even impossible to find any well-founded theoretical philosophical conception of 'subject' or 'power' neither in these publications nor in political science. Paul Noack writes: "Recent approaches which describe power as a means of socio-technological control, i.e. classify power as a force underlying the relations between political actors, relinquish a comprehensive definition. Instead, they try to recognise the effects and the distribution of power."1 All in all it has to be said that even authors who follow a philosophical approach in most cases just deal with the consequences of the exercise of power on a larger scale. They do not explore the idea of power in depth and neglect to pay attention to the acting subject that exercises power. On the contrary, discussions of what is specific about power are mostly superficial and rarely transcend the level of empirical observation. The fact that so many approaches fail to successfully explain the phenomenon of power is often due to an ill-conceived starting point of the discussion. I t is not empirical observation that can serve as a starting point if you want to determine the ontological status of power. If you want to understand the nature of power, you have to examine the processes which condition the constitution of the subject that powerfully engages in the course of the world, and you have to examine the idea of subjectivity in its whole range. Only an analysis of the processes that constitute the subject or rather the individual can yield a deeper understanding of the reciprocally referred ideas of subjectivity and power. The phenomenon of power can only be theorized about if you succeed in resolving the problem of how a subject considers and seizes itself as 'subject', i. e. as 'I'. Moreover, it has to be made clear how the change from a percipient of amorphous contingent stimuli into the interpreting and acting subject takes place. Through a critical dialogue with the philosophy of subjectivity this doctoral dissertation shows that power and ist exertion do not have their roots in e. g. the fear of a violent death (Hobbes), the pursuit of pleasure and desire (Helvetius), the pursuit of communication, however it may be motivated (Arendt, Luhmann, Habermas), or something similar. Instead, it shows that power is a phenomenon that precedes all these empirically observable patterns of behaviour, it shows that power has to be regarded as a phenomenon of selfreassurance and self-constitution of the subject. Subjectivity is inconceivable without the idea of power and vice versa. This doctoral dissertation shows that the individual subject, just like the idea of subjectivity, refer to the idea of power in as much as the exertion of power is the form of the "Being-in-the world" ("In-der-Welt-Sein") of subjectivity. Power and subjectivity refer to each other reciprocally. They are two ideas that constitute each other mutually. Subjectivity cannot be conceived withoutthe idea of power, and power cannot be conceived without the idea of subjectivity. The thesis of this dissertation is that subjectivity is the powerful, and according to Fichte mainly rationally-led act of giving shape and form to world and community by an Ego ("Ich"), that has empowered itself to itself and to power. And as such it is responsible for its action. The first part of this doctoral dissertation is based on the works of Johann Gottlieb Fichte and Walter Schulz and shows the subjectum in accordance with ist etymological roots as the "under-lying". Following the two basic theories of subjectivity the second part deals with an outline of classic theories of power, showing their lack of a sound theoretical basis concerning a theory of subjectivity. The aim of the third part of this dissertation is to try to present the outlines of a theory of power on the basis of a theory of subjectivity.
Bürgernähe und Transparenz des politischen Entscheidungsprozesses wurden seit 1975 zunächst als Mittel zur Optimierung der Akzeptanz der EG empfohlen. Erst in jüngster Zeit wird mit ihnen die weitergehende Erwartung verbunden, das Demokratie-Defizit der EU abbauen zu können. Diese Erwartungen sind verfehlt, insoweit dieses Defizit strukturell bedingt ist. Hingegen können Bürgernähe und Transparenz in Verbindung mit öffentlicher Diskussion politische Legitimationsmängel verringern. Dies allerdings unter der Voraussetzung plausibler politiktheoretischer Konzeptualisierung, die beiden Postulaten den Charakter von Leerformeln nimmt. (Zeitschrift für Politik / FUB)
Die Zusammenarbeit von Bauern, Beratern, Forschern und ihren Organisationen zur Entwicklung des ländlichen Raumes befindet sich in Brasilien in einer Krise. Es fehlen Entscheidungen und überzeugende Vorschläge seitens der Regierung für die Zukunft der landwirtschaftlichen Beratung. Die vorliegende Arbeit hat daher zum Ziel, zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Forschung und Beratung in Brasilien und der Zusammenarbeit der Akteure im ländlichen Raum beizutragen. Als eine spezifische Form der Partizipation wird die Partnerschaft eingeführt, bei der die Akteure Organisationen sind und deren Wirkung über die mikrosoziale Ebene hinaus die meso- und makrosoziale Ebene einbezieht. Zunächst werden die bisher in der brasilianischen Agrarforschung und Beratung vertretenen Konzepte untersucht. Das Verständnis ihrer Grenzen und Möglichkeiten erlaubt, den Spielraum für die Einführung neuer Ansätze besser einzuschätzen. In der Arbeit werden zwei partizipative Erfahrungen im brasilianischen Bundesstaat Pará als Fallbeispiele aufbereitet: eine Entwicklungsorientierte Forschung mit Gruppen von Bauern im Rahmen einer Partnerschaft zwischen einer Forschungsorganisation (LAET) und einer Bauernorganisation (MPST) und der Aufbau eines landwirtschaftlichen Beratungsdienstes (Lumiar). Die Tatsache, daß beide Projekte im gleichen Kontext in der Region der Transamazônica angesiedelt sind, erleichtert das Verständnis der verschiedenen Dimensionen von Partizipation und Partnerschaft. Die Fallstudien werden in einem Dialog zwischen Theorie und Praxis anhand von Schlüsselelementen analysiert: Einstellung, Motivation und Fähigkeit; Bedarf; Macht; Organisationen; Konflikte; Vertrauen und Verhandlungen. Die Arbeit gelangt zu der Schlußfolgerung, daß eines der größten Probleme in der Praxis die Unklarheit über die Art der Partnerschaft ist, die unterschiedlich eng gestaltet werden kann. Im Prinzip wird die Möglichkeit der partizipativen Zusammenarbeit zwischen verschiedenen sozialen Welten (Bauern, Forscher, Berater) bestätigt, wobei deren wesentliche Schwierigkeit die Vermittlung zwischen verschiedenen Interessen ist. Erst durch die Einbeziehung der Ebene der Organisationen mit ihren Interessen können die Handlungen der Akteure verstanden werden, die auf diesem Niveau durch die zunehmende Notwendigkeit gekennzeichnet sind, Ungewißheitszonen zu sichern. Hegemoniestreben und die Gefahr von Mißverständnissen werden größer. Machtbeziehungen und Konflikte sind normale Erscheinungen, mit denen die Forscher und Berater umzugehen lernen müssen. Die Freiheit der Akteure bietet Spielraum zur Verwirklichung neuer Ansätze, beschränkt jedoch auch ihre verordnete Einführung. Einerseits ermöglicht sie die Einbindung offizieller Institutionen in die Agrarentwicklung. Andererseits verwandeln sich Organisationen, die als homogen angesehen werden, in zahlreiche Akteure mit unterschiedlichen Interessen. Verhandlungen sind im allgemeinen keine Auseinandersetzung um Argumente, sondern es geht um Interessen und Macht. Vertrauen kann es wegen der Machtbeziehungen und der zu ihrer Aufrechterhaltung notwendigen Ungewißheitszonen nur in eingeschränktem Maße geben und ist eher auf die mikrosoziale Ebene beschränkt, wo Strategien und Machtspiele eine geringere Rolle spielen. Zahlreiche Phänomene offenbaren sich erst durch die Aktion, darunter die Verhältnisse zwischen den Beteiligten, der soziale Bedarf und die Motive für die Zusammenarbeit. Die Integration zwischen Forschung und Beratung sowie die Zunahme von Interdisziplinarität kann nur durch die Auseinandersetzung vor Ort erreicht werden. Subjektive Faktoren, an erster Stelle Empathie, spielen eine entscheidende Rolle bei der Beratung, der Verhandlung und der Konfliktbehandlung. Die Erfahrungen aus den Fallstudien werden zu einem Vorschlag für einen kombinierten Forschungs- und Beratungsdienst aufgearbeitet. Dieser ordnet sich in die aktuellen Bemühungen um eine Neudefinition der Dienstleistungen für die bäuerliche Landwirtschaft ein, bei der die brasilianische Bundesregierung und die Bauernorganisationen Auseinandersetzungen und Dialoge um Veränderungen in der Agrarpolitik führen. ; The cooperation among farmers, extensionists, researchers and their organisations to develop the rural areas in Brazil is in a crisis. Decisions as well as convincing proposals from the government are lacking about the future of the rural extension. The aim of this work is to contribute to the improvement of research and rural extension services in Brazil and also the cooperation among the actors in the rural areas. Partnership is introduced as a specific form of participation, in which organisations are the actors. Its impacts go beyond the micro social level to include the meso and the macro levels. Current approaches in Brazilian research and rural extension are analyzed first. Based on an understanding of their limits and possibilities, the opportunities for the introduction of new approaches are evaluated. Case studies on two participatory experiences in the Brazilian state of Pará are presented in this work: a research project with farmer groups in a partnership between a research organisation (LAET) and a farmer`s organisation (MPST), and the creation of a rural extension service (Lumiar). The fact that these studies are situated within the same context in the Transamazonian region facilitated the assessment of the various dimensions of participation and partnership, allowing the analysis of the research as well as the extension aspects. The case studies are discussed through key elements: attitude, motivation, ability, demand, power, organisations, conflicts, trust and negotiations. The results show that one of the biggest problems was the uncertainty about the type of partnership, which may take different forms: distant or close. The results of the dialogue between theory and practice, which were structured by the key elements, confirm the possibility of participatory work among different social worlds (farmers, researchers and extensionsts), whose main problem is the mediation between different interests. Only through the consideration of the organisational level can the actions of the actors be understood, which are characterized at this level by the growing need to protect uncertainty zones. The search for hegemony becomes relevant and the danger of disagreement grows. Power relations and conflicts are natural phenomena which the researcher and the extensionist have to learn to deal with. The actors´ freedom of action provides opportunities for the introduction of new approaches. However, it also limits its regulated implementation. Organisations, initially considered homogeneous, turn into many actors with diverse interests. In negotiations, arguments are less important than interests and power. Because of the power relations and the uncertainy zones, trust is only possible in a limited way. That is why it is more limited to the micro social level, in which the strategies and the power games play a minor role. Many phenomena only become apparent through action, such as the relationship between the stakeholders, their social needs and reasons for cooperation. The integration of research and extension, as well as an increase in interdisciplinarity can be achieved only through common action on the local level. Subjective factors, especially empathy, play a decisive role in advising, negotiation and conflict management. Based on the case studies, a proposal is presented for an integrated research and extension service. It can be part of the current efforts aimed at redefining services for smallholder agriculture, in which the Brazilian government and farmers` organisations are using confrontation and dialogue to achieve changes in the agrarian politics.
Das Idealbild der europäischen Stadt mit ihrer dicht gewachsenen Baustruktur und ihren öffentlichen Räumen steht als Synonym für 'Urbanität' und beeinflußt bis zum heutigen Tag das planerische Denken und Handeln. Eng verbunden damit tauchen immer wieder Assoziationen zu Agora und Forum auf, die als Archetypen des 'Öffentlichen' schlechthin, den Mythos einer sich dort artikulierenden und konstituierenden, idealen und demokratischen Stadtgesellschaft transportieren. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts stellt sich jedoch die Frage, ob sich die tradierten und erprobten Denkmodelle und Bilder des öffentlichen Raumes aufgrund der rasanten gesellschaftlichen und informationstechnologischen Veränderungen, überlebt haben. Haben die typischen Ideen von Stadt, die auf dem öffentlichen Raum beruhen nur noch rein symbolische Bedeutung? Verlagern sie sich mehr und mehr in den virtuellen Raum? 'Die Stadt der kurzen Wege' mit ihrer räumlichen Mischung ist als 'Marktplatz' für den Austausch von Informationen und Waren nicht mehr in der bekannten Weise relevant und gesellschaftlich bestimmend. Die Stadt als einheitliches und homogenes Gebilde existiert nicht mehr. Stattdessen ist sie durch Fragmentierung und Zersplitterung gekennzeichnet, wie u.a. die Diagnosen von Touraine ['Die Stadt - ein überholter Entwurf', 1996], Koolhaas ['Generic City', 1997], Sieverts ['Die Zwischenstadt', 1999] und Augé ['Orte und Nicht-Orte', 1998] zeigen. Synchron dazu entstehen mit dem Cyberspace oder 'Virtual Cities' [Rötzer, 1997] neue Formen von öffentlichem Raum und Öffentlichkeit - Parallelräume zur realen Welt. Welche Auswirkungen diese neuen Räume auf das Leben der Menschen und die Stadt haben werden, kann noch nicht abgesehen werden. In der realen Welt werden die Planungsspielräume der Kommunen immer kleiner; die Wechselwirkungen, die u.a. durch Globalisierung, Privatisierung und Deregulierung öffentlicher Aufgaben ausgelöst werden, immer komplexer. Neben den international zu beobachtenden Entwicklungen [Shopping-Mall, New Urbanism, Gated Community], die sich länderübergreifend in leicht abgewandelten Varianten durchzusetzen scheinen, üben auch soziokulturelle Gesellschaftstrends großen Einfluß auf den öffentlichen Raum aus. Der öffentliche Raum als Bindeglied zwischen dem 'Öffentlichen' und dem 'Privaten' ist zunehmend dem Druck der 'Erlebnis- und Konsumgesellschaft' ausgesetzt und kann deshalb seine gesamtgesellschaftliche Funktion für die Stadt nur noch eingeschränkt wahrnehmen. Die individualisierte und mobile Gesellschaft mit ihren gewandelten und diversifizierten Lebensentwürfen und Wertvorstellungen stellt das tradierte Verständnis des öffentlichen Raums zusätzlich in Frage. Das Bild des öffentlichen Raumes als ein Bereich der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts kann nicht mehr mit einem mythisierenden Agora-Begriff begegnet werden. Neue Wege und eine Überprüfung der aktuellen Entwicklungen sind dafür unerlässlich. Gleichzeitig müssen jedoch auch die geschichtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden, um aus ihnen zu lernen. ; The ideal of the 'European City' with its dense organic urban structure and its coherent network of public spaces stands as the prototype of urbanity and still influences planning theory and practice strongly. The tropes of the agora or the forum often appear as the archetypes of 'the public' proper and together they signify the myth of an ideal and democratic urban society which is constituted and articulated in them. At the beginning of the 21st century, however, the question evolves, if the traditional and entrenched models of public space are still adequate against the background of a rapidly changing society, in the so called information age. Are the typical ideas and notions of the 'city' which are based to a large degree on the perception of its public spaces only of a symbolic significance? Are meaningful public spaces gradually replaced by virtual spaces like chat rooms and online forums? The compact city, the city of the short distances with its dense variety of mixed land uses isn't any longer the sole 'market place' for the exchange of goods and information. The city as a coherent and homogeneous constructum does no longer exist except as a very powerful and persistent myth. Instead the city is characterised by fragmentation and splintering urbanisation as the diagnoses of Touraine ['The City – An Antiquated Bluepint', 1996], Koolhaas ['Generic City', 1997], Sieverts ['City Without Cities', 1999], and Augé ['Non-Places', 1998] show. At the same time, with the Cyberspace or 'Virtual Cities' [Roetzer, 1997] new forms of public spaces and the public sphere are evolving – parallel spaces to the material world. Which effects these new spaces will have on the life of man and the city, cannot be foreseen yet. In the material world the leeway of municipal planners becomes ever smaller; the complex socio-economic interdependencies, which are triggered by globalization, privatisation and deregulation of public tasks, become ever more complex. Beside comparable international phenomena such as proliferating shopping malls, new urbanism, gated communities, which are taking place all over the world in a similar fashion, also society-immanent socio-cultural trends are of crucial importance for public space. Public space as link between the realms of the 'private' and the 'public' is also increasingly under pressure of the 'event and consumer society' and therefore is can only fulfil its functions for the society as a whole in a reduced manner. Furthermore, the highly individualized and mobile society with its changing and diversifying life scripts and value conceptions questions the traditional notion of the public. The image of public space as an area for the society of the 21st Century can no longer be met with a mystifying Agora concept. A new fresh view and an examination of the current developments are essential for the future treatment of public space. At the same time, however, also the historical conditions need to be examined in order to obtain a clear view on the past in order to learn for the future.
Können Ergebnisse der neueren, interdisziplinären Gedächtnisforschung zu einer Erweiterung und Präzisierung des klinischen Verständnisses von psychischen Prozessen basierend auf unbewussten Erinnerungen, Phantasien und "Wahrheiten" beitragen? Diese Fragen werden in dieser Arbeit diskutiert.In einem selbstkritischen Rückblick auf eine Arbeit, in der R. Pfeifer und M. Leuzinger-Bohleber 1986 Konzepte der klassischen Cognitive Science zum Verständnis einiger Sequenzen aus einer Psychoanalyse beigezogen haben, wird postuliert, dass sich die damals benutzte Computermetapher als nicht geeignet erweist, die Mechanismen des menschlichen Gedächtnisses als biologisches System zu erklären. Im Gehirn gibt es keine Speicherplatten oder lokalisierbare Regionen, in denen Wissen (analog zu Wachstafeln von Aristoteles oder dem Wunderblock) eingeritzt, gespeichert wird, das später wieder abgerufen werden kann: Erinnern und Gedächtnis sind vielmehr Funktionen des gesamten Organismus. Bezugnehmend auf Edelmans Theorie der neuronalen Gruppenselektion (TSNG) wird Gedächtnis konzeptualisiert als dynamischen, rekategorisierenden und interaktiven Prozess, der immer ,,embodied" ist, d.h. auf sensomotorisch-affektiven Vorgängen im Organismus beruht. Eine ausschließlich kognitive Betrachtungsweise des Gedächtnisses hat sich als inadäquat erwiesen.Eine kurze Sequenz aus einer Psychoanalyse mit einem Borderlinepatienten wird analysiert, um zu illustrieren, dass sich diese neueren Konzeptualisierungen von Gedächtnis und Erinnern als produktiv für ein vertieftes klinisches Verstehen erweisen. Es wird postuliert, dass diese interdisziplinären Forschungsergebnisse Erkenntnisse der klinisch-psychoanalytischen Forschung stützen, z.B. wie relevant sich das Durcharbeiten unbewusster Konflikte und Phantasien in der Übertragung im Hinblick auf eine dauerhafte psychische Veränderung erweisen.Schlüsselwörter: Klassische und Embodied Cognitive Science, Gedächtnis, Erinnerung, Psychoanalyse, Theorie der neuronalen Gruppenselektion (TSNG) (Edelman), Rekategorisierung, frame, unbewusste Erinnerung, Durcharbeiten, therapeutischer Prozess, Archeologiemetapher, Computermetapher. ; What can interdisciplinary memory research add to our clinical understanding of psychic functioning based on unconscious memories, fantasies and "truth"? These questions are discussed in this paper.In a critical review of a paper published in 1986, in which we applied concepts from classical cognitive science (in particular the computer metaphor) to some sequences of a psychoanalysis, we suggest that the computer metaphor is not suited for application to the mechanisms of human memory as a biological system: In the brain there is no "box" or location where memory structures are stored and later retrieved but memory is an aspect of the whole organism. Referring to Edelman's theory of the selection of neural groups (TSNG) memory is now conceptualized as a complex, dynamic, recategorizing and interactive process, which is always "embodied", in other words based on actual sensory-motoric-affective experiences.Analyzing a short sequence of a psychoanalysis with a male Borderline patient we illustrate that these new concepts can be helpful for a deeper understanding of the functioning of memory in psychoanalysis. In our view many central insights of psychoanalytical research, e.g. pointing out the relevancy of transference for therapeutic change, are supported by this interdisciplinary research.Keywords: Classical and Embodied Cognitive Science, memory, remembering, psychoanalysis, theory of the selection of neural groups (TSNG) (Edelman), recategorization, frame, unconscious memories, working through, therapeutic process, computer metaphor. ; Je tente ci-dessous de montrer que - et comment - les théories de la mémoire influencent notre perception clinique et, de là, la manière dont nous saisissons (souvent inconsciemment) des évolutions thérapeutiques. Un regard critique jeté sur un travail publié en 1986, dans lequel nous appliquions des concepts empruntés à la théorie classique de la cognition pour analyser quelques séquences d'une psychanalyse, m'incite à conclure que les énoncés formulés à l'époque continuent à fournir des explications plausibles sur le plan clinique - à condition toutefois que nous nous en tenions au niveau purement descriptif. Par contre, compte tenu de la manière dont nous percevons maintenant la question, nous avions alors négligé le problème du « frame of reference »; dans le J contexte de notre analyse descriptive nous n'avions en effet pas effectué de distinction claire entre la reviviscence de souvenirs dans le cadre psychanalytique et les mécanismes qui, au niveau de la mémoire, avaient déterminé ces réminiscences. La métaphore utilisée par la théorie classique de la cognition - à savoir celle du traitement d'informations ou de l'ordinateur - ne peut pas s'appliquer à la manière dont la mémoire humaine fonctionne en tant que système biologique: le cerveau ne comporte pas de «mémoire» qui serait réactivée au moment où l'individu se trouve confronté (inconsciemment et par un processus cognitif) à des similitudes structurelles entre informations actuelles et informations appartenant au passé.En fait, et comme l'ont montré les travaux de Brooks, Edelman, Rosenfield, Clancey, Glenberg et du groupe travaillant avec Pfeifer, la mémoire constitue un aspect de tout l'organisme : elle n'est ni un module, ni un organe spécifique. La notion de mémoire est théorique et vise à expliquer des comportements; nous parlons d'apprentissage et de mémoire dès lors que le comportement de l'organisme évolue avec le temps.Au moment de choisir d'autres manières de conceptualiser la « mémoire en tant que structures emmagasinées » nous nous somme référés entre autres à la théorie d'Edelman concernant la sélection de groupes neuronaux (TSNG); il caractérise lui-même sa théorie comme une approche tenant compte de l'ontogenèse et de la phylogenèse de l'évolution du cerveau. Il utilise les mécanismes de «darwinisme neuronal» qu'elle contient pour expliquer et décrire les processus de mémoire autant au niveau de l'anatomie et de la biologie des neurones qu'à celui de la psychologie.En se basant sur ce principe on peut décrire la mémoire en tant que fonction de tout l'organisme, en tant que processus dynamique complexe au cours duquel des catégories sont créées; il se fonde sur l'interactivité, se réfère toujours à des vécus sensori-moteurs-affectifs actuels («incorporés ») et se manifeste à travers le comportement de l'organisme. Nous ne disposons malheureusement pas aujourd'hui d'une métaphore appropriée qui permettrait de concrétiser cette conceptualisation. Edelman écrit, par exemple, que le cerveau fonctionne plus comme un orage dans la forêt vierge que comme un ordinateur. Il se peut toutefois qu'il s'avère impossible de trouver une métaphore unique pour caractériser cette conception de la mémoire, processus dynamique s'adaptant constamment à de nouvelles situations.Il semble que ces nouvelles théories de la mémoire confortent à un niveau interdisciplinaire la recherche clinico-psychanalytique entreprise ces dernières années ; celle-ci postule en effet de manière toujours plus radicale que les évolutions thérapeutiques ne sont pas simplement provoquées par un retour à des traumatismes datant de la petite enfance (métaphore : archéologie), ni d'ailleurs par une «réalisation» se produisant dans la tête de l'analysant. Elles sont le produit d'un affrontement dans le cadre de la relation de transfert avec l'analyste (y compris des aspects sensoriels et affectifs faisant partie de l'interaction thérapeutique, c'est-à-dire «résonance corporelle» entre deux personnes comprise). Dans ce sens, 'se souvenir' n'est pas simplement évoquer des informations emmagasinées ; il s'agit au contraire d'un processus extrêmement dynamique de re-catégorisation qui se déroule dans l'ici et maintenant du transfert. De plus, il semble que se souvenir et devenir conscient dépendent d'une interaction entre un système et son environnement (dialogue intérieur ou extérieur avec des objets) et qu'ils impliquent la construction de «vérités narratives» dans le cadre de relations actuelles ou actualisées ; simultanément, cette construction entraîne un rapprochement créatif avec une «vérité historique» (les expériences liées à la socialisation sont ancrées dans la biologie). C'est ainsi qu'au moment où d'anciens processus de catégorisation sont revivifiés, des vécus (traumatiques) demeurés inconscients sont modifiés et différenciés, ce qui constitue une condition sine qua non à l'évolution structurelle de comportements donnés ; en effet, se souvenir consciemment permet d'intégrer de manière différente une biographie toute personnelle (cf. Damasio, 1999) et d'en disposer autrement. Finalement, nous pensons que la recherche récente sur la mémoire, qui tente une fois de plus de mettre en évidence la base biol0gique et neuro-anatomique des processus psychiques, pourrait expliquer de manière plausible pourquoi les besoins et conflits qui naissent lors de la phase de socialisation précoce sont si durables et déterminants et pourquoi des «psychanalyses intervenant pour modifier des structures » doivent durer longtemps : les processus biologiques ne peuvent pas évoluer aussi rapidement qu'une perception «purement cognitive » !Certaines questions importantes du point de vue scientifique et épistémologique n'ont pas pu être traitées dans le cadre du présent texte. Par exemple, la tentative faite par Edelman pour redéfinir les rapports entre biologie et psychologie en postulant - tout en évitant tout réductionnisme et tout parallélisme - que sa théorie du darwinisme neuronal décrit des principes qui peuvent être appliqués tant au niveau anatomique et neurophysiologique qu'à celui de la description psychologique. Il nous semble toutefois que du point de vue épistémologie, cette démarche soit quelque peu problématique. Il est vrai que ses conceptualisations sont novatrices et permettent de saisir de manière différente certains processus de mémoire ('se rappeler' par ex.) et donc des processus psychiques proches de la manière dont le cerveau fonctionne et du plan biologique. Ses idées sont en outre plus proches de la psychanalyse que ne le sont les théories de la régulation de type cybernétique; contrairement à ces dernières, elles impliquent une sorte de «théorie du conflit» («survival of the fittest»). On sait que la théorie de Darwin a beaucoup influencé Freud; il s'y réfère directement lorsqu'il tente d'expliquer la prohibition de l'inceste ou élabore son hypothèse du parricide dans la horde archaïque. Il reste toutefois que ses écrits montrent clairement qu'il considérait la psychanalyse comme une méthode indépendante de recherche permettant, par exemple, d'expliquer la prohibition de l'inceste sur la base du conflit œdipien. On peut toutefois se demander si les modèles élaborés par Edelman permettent vraiment de jeter un regard nouveau sur d'autres aspects de la théorie et de la pratique psychanalytiques. L'histoire de la science inclut plus d'un exemple de ce genre d'erreur : un modèle est détaché du champ d'application pour lequel il a été développé et utilisé ailleurs - souvent de manière irréfléchie et peu critique. Dans ce sens, il me semble qu'un transfert naïf des concepts d'Edelman vers l'ensemble de la psychanalyse et en particulier sur sa théorie de la culture pose problème. Pour ne mentionner qu'un aspect: la théorie freudienne de la culture se situe Ci l'opposé des théories du darwinisme social qui semblent être actuellement à la mode et qui pourraient exploiter les idées d'Edelman pour légitimer «scientifiquement» des intérêts politiques. Ce darwinisme social menace une dimension culturelle que Freud a toujours considérée comme fragile et qui se fonde entre autres sur le conflit œdipien et la nécessité de sublimer (donc d'entreprendre constamment un effort psychique). Dans ce sens, Freud a expliqué un comportement social en l'attribuant Ci des rapports dialectiques entre biologie et culture et non pas simplement Ci une stratégie de survie de type darwinien (cf. entre autres Leuzinger-Bohleber, 1997 a, b).Je pense donc qu'en menant un dialogue avec les sciences cognitives, la psychanalyse se retrouve sur la corde raide : il faut d'une part que les résultats de ses recherches aient une « cohérence externe » (Strenger, 1991) et qu'elle poursuive son discours avec la communauté scientifique; elle risque d'autre part d'accepter trop rapidement des points de vue «scientifiques» qui, même s'ils sont acceptés dans le contexte d'une certaine culture, n'en aboutissent pas moins à une perte: elle renoncerait Ci aborder l'objet auquel la recherche psychanalytique doit absolument s'intéresser - l'inconscient, tabou individuel et collectif.
Die Schlafkrankheit ist wie keine andere tropische Seuche aufs engste mit dem Schicksal des "schwarzen" Kontinents verknüpft, sie wird häufig auch als "vernachlässigte Krankheit" einer "vernachlässigten Bevölkerung" bezeichnet. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mindestens 60 Millionen Menschen in 36 afrikanischen Ländern von der Schlafkrankheit bedroht, ungefähr 150.000 Menschen sterben jährlich an der Schlafkrankheit. Angola gehört zu den am stärksten betroffenen Ländern Afrikas, da in den letzten Jahren nur wenig für die Bekämpfung der Krankheit getan wurde, sei es aufgrund Geldmangels, politischer Instabilität im Land oder mangelhafter Festlegung der Prioritäten der Regierung. Um diese Versorgungslücke zu schließen, haben sich mehrere nicht-staatliche Organisationen (wie "Ärzte ohne Grenzen" oder die Caritas) dieses Gesundheitsproblems in Angola angenommen. Derzeit sind in Angola über 100.000 Menschen mit dem Erreger der Schlafkrankheit infiziert; ca. vier Millionen Menschen (rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung), sind unmittelbar dem potentiellen Infektionsrisiko ausgesetzt, aber nur 6% der angolanischen Bevölkerung hat derzeit Zugang zu adäquater medizinischer Versorgung und Behandlung. ANGOTRIP (aus ANGOla und TRIPanossomíase (portug. Trypanosomiasis) zusammengesetztes Kunstwort) ist ein Projekt der Caritas in Angola, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Schlafkrankheits-Infektionsrate zu senken. Die Arbeitsgruppe "Tropenmedizin und Seuchenbekämpfung" des Missionsärztlichen Instituts in Würzburg arbeitet eng mit Caritas de Angola zusammen und ist bemüht, dieses Projekt fachlich und konzeptionell zu begleiten und zu den Patienten und medizinischen Teams vor Ort Kontakt zu halten. In den Jahren 1995/1996 begannen Mitarbeiter des Missionsärztlichen Instituts und Caritas de Angola im Norden Angolas in drei Diözesen mit dem Aufbau eines Kontrollprogramms zur Bekämpfung der Schlafkrankheit, ähnlich dem Großprojekt der portugiesischen Kolonialregierung. Die Aktivitäten konzentrieren sich auf Standorte in den Provinzen Uige, Kuanza Norte und Zaire, Foci des Schlafkrankheitsvorkommens. Die Trypanosomen zählen zu den am besten untersuchten Organismen, es wird aber kaum Energie in die effektive und patientenorientierte Bekämpfung der Schlafkrankheit investiert. Die Daten dieser vorgelegten Arbeit basieren auf den Aufzeichnungen der ersten sieben Jahre dieses Schlafkrankheitskontrollprogramms. Das Projekt ANGOTRIP hat innerhalb der letzten Jahre seit Beginn der Aktivitäten trotz widriger Rahmenbedingungen durch den wieder aufgeflammten Bürgerkrieg einige erstaunliche Erfolge verzeichnen und eine hohe Qualität erreichen können. Wegen schlechter Infrastruktur und bisher schwieriger politischer Verhältnisse sind viele betroffene Gebiete nahezu unzugänglich für gezielte epidemiologische Überwachungen (gewesen), so dass genaue Fallzahlen nicht erhoben werden können und die übermittelten Zahlen gut verzehnfacht werden sollten. Die Aktive Fallsuche (Anteil 61,2%) ist ein sehr wichtiges und effizientes Instrument des Schlafkrankheits-Kontrollprogramms, auch wenn sie beträchtliche Geldmittel der ohnehin knappen Ressourcen verschlingt und mancherorts die Aktivitäten der mobilen Teams erheblich eingeschränkt werden. So konnten innerhalb des Projektzeitraumes 1995 bis 2001 unter meist ungünstigen und gefährlichen äußeren Umständen • 191.578 Patienten auf Schlafkrankheit hin untersucht werden • bei 12.948 Patienten eine Schlafkrankheit diagnostiziert werden • 13.426 Patienten auf Schlafkrankheit hin behandelt werden Als Screeningtest für die Bevölkerung wurde der CATT eingesetzt. Mit dem Einsatz von Tsetse-Fliegen-Fallen als Vektorkontrollmaßnahme konnten seit 1999 erste erfolgversprechende Daten gesammelt werden, In den ANGOTRIP-Behandlungszentren lag die Sterblichkeitsrate in allen Behandlungszentren zusammengenommen deutlich unter den üblichen 6 - 12%, zwischen 2,7% und 4,9%, nur Stadium II zwischen 4,2% und 6,6%. Ein Erregernachweis in vergrößerten Lymphknoten gelang nur in rund 27% der Fälle, im Blutausstrich bei rund 12% der in Negage untersuchten Patienten. Damit liefern beide Untersuchungsverfahren als diagnostische Frühzeichen nur unzureichende Ergebnisse. Im Liquor können Trypanosomen mit einmaliger Zentrifugation zuverlässig nachgewiesen werden; je höher die Zellzahl, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten von Erregern. Es zeigte sich, dass infolge der Therapie und anschließender Kontrolluntersuchungen die Liquor-Leukozytenzahl der Patienten deutlich reduziert und damit eine Heilung erzielt werden konnte. Aktivitäten wie die des ANGOTRIP-Programms können jedoch allenfalls einen kleinen Beitrag zur Lösung des Gesamtproblems leisten, das die Schlafkrankheit für die angolanische Bevölkerung darstellt. Die Eindämmung der Schlafkrankheit ist nicht nur eine medizinisch-ethische, sondern auch eine politische und soziale Aufgabe mit humanitärer Herausforderung. ; The sleeping sickness like no other tropical epidemic disease is intensively connected with the destiny of the "black" continent, it is often called the "neglected disease" of a "neglected nation". According to estimations of the World Health Organization (WHO) at least 60 million people in 36 countries of Africa are threatened by the sleeping sickness, about 150.000 people die of sleeping sickness every year. One of the worst affected countries in Africa is Angola, because in the past years little was done to control this epidemic disease due to a combination of lack of funds, political instability and low priority definition of health care by the government. In many places, various non-governmental organizations (such as MSF or Caritas) try to help and to find a solution for this health problem in Angola. At present there are more than 100.000 people infected with Human African Trypanosomiasis (HAT); nearly 4 million people (i.e. a third of the total population of Angola) are immediately exposed to the infection, but only 6% of the Angolan population get adequate medical supply and treatment. ANGOTRIP (an acronym combining the two words ANGOla and TRIPanossomíase (portug. Trypanosomiasis)) is a project of Caritas de Angola, with the aim to reduce the rate of infection of sleeping sickness. Members of the Department of Tropical Medicine and Epidemic Control, Medical Mission Institute Würzburg (Germany), cooperate closely with Caritas de Angola; they apply for a professional and conceptual support of this project and try to be a partner for the medical teams and patients in this geographical area in Angola. Since 1995/1996, members of the Medical Mission Institute Würzburg and Caritas de Angola have started their activities for implementation a HAT control program in three provinces in the north of Angola – Uige, Kuanza Norte and Zaire, foci of sleeping sickness in Angola – to control the epidemic disease, similar to the first specialized unit for HAT control of the Portuguese colonial government. The trypanosomes are one of the best analysed organisms, but there is a distinct lack of an effective and patient-directed research for control of the sleeping sickness. The results of this elaboration are based on notes and data of the first seven years of this control program. Within the last seven years since the beginning of all activities the project ANGOTRIP could achieve several astonishing successes of high quality in spite of adverse circumstances such as the ongoing cruel civil war. Because of the destruction of the country's infrastructure and extremely difficult political circumstances many involved areas are nearly not reachable for direct epidemiological controls and reliable data couldn't be collected. Therefore the number of infected cases should be multiplied by ten. The Active case finding-method (part 61,2%) is a very important and efficient instrument for controlling sleeping sickness, even if a lot of financial resources are necessary and the activities of the mobile teams are severely restricted in some areas. Since the beginning of the project in 1995 until 2001 during often adverse and dangerous external circumstances • 191.578 patients could be screened for sleeping sickness • 12.948 patients could be diagnosed with HAT • 13.426 patients could be treated for HAT For screening of the people, if they are diagnosed with HAT, the specific test CATT has been used. Since the start of systematic vector control activities in 1999 some very promising data could be collected by using tsetse-traps. The case fatality rate of HAT is usually 6-12%, in the treatment centres of ANGOTRIP the case fatality rate amount between 2,7% and 4,9%, only stage II between 4,2 % and 6,6%. An evidence of agent in extended lymph nodes (lymph node aspiration positive) was only possible in 27% of all screened patients in Negage, a positive blood film was found in 12%. This means, that there is no reliable early sign for an infection by detecting lymph nodes and blood films. With one single centrifugation in liquor cerebrospinalis trypanosomes can be reliably detected; the higher the number of cells, the appearance of trypanosomes is probable. It could be shown, that as a result of therapy and following controls the number of cells could be noticeably diminished and (in some cases only temporary) a cure could be achieved. Activities like ANGOTRIP at best can be a little contribution towards solving the major (serious) problem of sleeping sickness for the people of Angola. The containment of HAT is not only a medical-ethical problem, but also a political and social task with humanitarian challenge. This is a responsibility for all people – not only for the people of the far African continent.
Trotz des erheblichen Ausmaßes der Bodenerosion in vielen Entwicklungsländern ist bislang weitgehend unklar, welches ihre wesentlichen anthropogenen Ursachen sind, und damit auch, wo Politiken und Maßnahmen für den Erhalt der Nahrungs- und Produktionsressource Boden ansetzen sollten. Jenseits unmittelbarer natürlicher und landnutzerischer Ursachen stehen heute sozioökonomische Faktoren im Mittelpunkt der Diskussion, von denen angenommen wird, daß sie die Anbau- und Bodenschutzentscheidungen der Landnutzer und darüber das Ausmaß an Bodenerosion beeinflussen, insbesondere: (i) verstärkte Armut, (ii) zunehmender Bevölkerungsdruck, (iii) verzerrte Agrarpreise, (iv) unangepaßter technischer Fortschritt sowie (v) unsichere Landbesitzverhältnisse. Der Bedeutung dieser Bestimmungsfaktoren wird vorwiegend im Rahmen produktionsökonomischer Ansätze und der Theorie der Induzierten Innovation nachgegangen. Allerdings wird die Wirkung einzelner Ursachen in der Literatur sehr unterschiedlich eingeschätzt. So wird beispielsweise in eher optimistischen Szenarien davon ausgegangen, daß Armuts- und Bevölkerungsdruck langfristig zur Entwicklung und Verbreitung bodenschonender Innovationen führen. In negativen Szenarien überwiegen hingegen Stimmen, die gerade in diesem Druck bei gleichzeitigem Preisdruck die wesentlichen Ursachen für die kurzsichtige Übernutzung des Bodens sehen. Empirische Studien zur Fundierung der kontrovers diskutierten Hypothesen liegen bislang nur für einen jeweils begrenzten lokalen Kontext vor und sind kaum verallgemeinerbar. Vor diesem Hintergrund bieten die Daten der ersten weltweiten Erhebung zum Stand der Bodenerosion (GLASOD, UNEP/ISRIC, 1991) nunmehr die Möglichkeit, sozioökonomische und landnutzerische Determinanten der Bodenerosion auf überregionaler Ebene empirisch zu untersuchen. Anhand der Aggregation und Analyse der im GLASOD enthaltenen Informationen wird zunächst deutlich, daß Afrika und Südostasien flächenmäßig mit jeweils rd. 4,5 Mio km2 am meisten zur Degradation durch Bodenerosion und Nährstoffverluste[1] in Entwicklungsländern beitragen, während der Anteil erodierter Fläche an der jeweiligen Gesamtfläche des Subkontinents[2] in Südwestasien (37%), Mittelamerika und Südostasien (jeweils rd. 25%) am höchsten ist. Extrem stark erodierte Länder finden sich v.a. in Mittelamerika und Afrika: In El Salvador, Haiti und Costa Rica sind zwischen 60% und 90% der jeweiligen Landesfläche betroffen. In Afrika sind vor allem die nord- und westafrikanischen Sahelländer Tunesien, Mauretanien, Libyen, Niger, Burkina Faso und Mali, im Osten die Hochlandstaaten Burundi und Rwanda sowie schließlich die Kapverdischen Inseln, besonders stark erodiert (40% bis 80% der Landesfläche). Wassererosion hat den größten Anteil an der Erosionsfläche, in Mittelamerika und Südostasien sind sogar mehr als 70% der erodierten Fläche von Wassererosion betroffen. Für die empirische Analyse der Zusammenhänge zwischen Bodenerosion und möglichen Bestimmungsfaktoren wird ein exploratives, ökonometrisches Vorgehen auf Grundlage nationaler Daten gewählt[3]. Die spezifische Aufeinanderfolge verschiedener Korrelations-, Faktoren- und Regressionsanalysen wird der großen Anzahl in Frage kommender Indikatorvariablen für mögliche Erosionsdeterminanten sowie den zu erwartenden Problemen der Multikollinearität und Modellspezifizierung in besonderem Maße gerecht. Letztere ergeben sich einerseits aus anzunehmenden Abhängikeiten unter verschiedenen Erosionsdeterminanten. Andererseits macht der latente Charakter[4], den die aus einem mikroökonomischen Kontext abgeleiteten Erosionsursachen auf aggregierter Ebene haben, es notwendig, für jede der angenommenen Determinanten verschiedene, u.U. korrelierte Indikatorvariablen zu definieren, was zusätzlich Kollinearität bedingt. Für Bodenerosion werden auf der Basis der national aggregierten GLASOD-Daten verschiedene Erosionsindizes definiert, die prinzipiell den von Wasser- und Winderosion sowie durch Nährstoffverluste betroffenen Anteil der nutzbaren Landesfläche wiedergeben. Die Datengrundlage für mögliche Erosionsdeterminanten wird ausgehend von Datensammlungen internationaler Organisationen für den Zeitraum 1961-1990 zusammengestellt. Für eine große Anzahl der in der Literatur diskutierten sozioökonomischen, landnutzerischen und auch natürlichen Rahmenbedingungen können repräsentative Indikatorvariablen definiert werden. Mangels geeigneter Indikatoren und Daten bleiben allerdings die Art und Sicherheit der Landbesitzverhältnisse unberücksichtigt. Insgesamt umfaßt die Datengrundlage rund 150 Variablen. Die Ergebnisse der Einfachkorrelationsanalysen zwischen den Erosionsindizes und möglichen Determinanten dienen einer ersten Einschätzung der Zusammenhänge. Sie zeigen, daß länderübergreifend insbesondere Variablen des Bevölkerungsdrucks sowie der durchschnittliche Waldanteil mit dem Ausmaß Bodenerosion in Zusammenhang stehen. Die Abholzungsraten in den 80er Jahren sind vor allem mit dem Ausmaß der Wassererosion korreliert. Bei Betrachtung der Länder mittleren Klimas[5] können Zusammenhänge mit Variablen nachgewiesen werden, die die Landnutzungsintensität und die Ausdehnung der tatsächlichen Nutzfläche in Relation zur potentiellen Nutzfläche wiedergeben. Weiterhin stehen in der mittleren Klimazone tendenziell sinkende Produzentenpreise für Agrarprodukte in Zusammenhang mit dem Ausmaß der Erosion. Erwartungsgemäß ist die Bedeutung natürlicher Faktoren für einzelne Erosionsformen und Klimazonen charakteristisch. Insgesamt scheinen Variablen, die das Ergebnis einer vermutlich längerfristigen Entwicklung wiedergeben, mehr Bedeutung für das Ausmaß der Erosion zu haben als solche, die Veränderungen im Referenzzeitraum 1961-1990 erfassen. Anhand verschiedener Faktorenanalysen für 62 Variablen und 73 Länder mit annähernd vollständigen Datensätzen können sodann strukturelle Zusammenhänge unter der Vielzahl möglicherweise relevanter Erosionsdeterminanten aufgedeckt und die Variablenanzahl auf Grundlage dieser Zusammenhänge auf eine geringere Anzahl weitgehend voneinander unabhängiger Größen reduziert werden. Es zeigt sich, daß die Struktur der Variablen durch etwa zehn gut interpretierbare Faktoren bei rd. 75% erklärter Gesamtvarianz klar wiedergegeben werden kann, und daß diese Faktoren auch bei Variation der Ausgangsvariablen sowie der Faktorextraktions- und Rotationsmethode stabil bleiben. Bemerkenswert ist, daß viele der Faktoren einen deutlichen Bezug zu den in der Literatur diskutierten Wirkungsketten unter möglichen Erosionsdeterminanten haben. So werden in dem für die Erklärung der Gesamtvarianz wichtigsten Faktor Variablen gebündelt, die die langfristige Intensivierung der Landnutzung im Zusammenhang mit strukturellem Bevölkerungsdruck und begrenzter Verfügbarkeit landwirtschaftlich nutzbarer Flächen erfassen. Weitere wichtige Faktoren beziehen sich auf strukturelle Armut in Verbindung mit erhöhtem ländlichen Bevölkerungswachstum; auf die mit Bevölkerungsdruck einhergehende langfristige wie auch rezente Expansion der landwirtschaftlichen Nutzfläche und Abholzung von Naturwald; auf Entwicklungswege, die eher auf die Produktion hochwertiger Produkte statt auf eine Flächenexpansion abzielen. Für die Preisentwicklung im Referenzzeitraum kann anhand einer Faktorenanalyse mit reduzierter Länderanzahl[6] gezeigt werden, daß ein Zusammenhang zwischen langfristig geringen oder negativen Preiszuwächsen im Agrarsektor und dem Faktor "Rezente Abholzungsraten" besteht. Um die relative Bedeutung dieser Faktoren für Bodenerosion zu quantifizieren, werden schrittweise Regressionsanalysen mit Bodenerosion als abhängiger Variablen und ausgewählten Repräsentantenvariablen für jeden Faktor als angenommenen unabhängigen Variablen durchgeführt[7]. Es lassen sich drei besonders relevante anthropogene Entwicklungen identifizieren, anhand derer das Erosionsausmaß bis zu rund 75% erklärt werden kann: (1) die langfristige, historische Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Kosten des Waldbestandes in Zusammenhang mit einem Gesamtbevölkerungsdruck, der gegen Ende der 80er Jahre die agrar-ökologische Tragfähigkeit überschreitet; (2) die rezente Abholzung von Naturwald, die in Zusammenhang mit dem Wachstum der Gesamtbevölkerung zu sehen ist. Hier scheinen weniger der Druck der Agrarbevölkerung und die Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzfläche - also die Produktionsseite - im Vordergrund zu stehen, als vielmehr der Druck der Nachfrageseite, in Kombination mit einem tendenziell sinkenden Agrarpreisniveau, das den Expansionsdruck auf das Land verstärkt hat. (3) Die langfristige, bevölkerungsdruckinduzierte Intensivierung der Agrarproduktion, vor allem durch Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland, verkürzte Brachezeiten und erhöhte Viehbesatzdichten. Ein weiteres Ergebnis ist, daß in keinem Fall ein wesentlicher Einfluß von Armut auf das landesweite Ausmaß der Bodenerosion nachgewiesen werden kann - wie bereits die Ergebnisse der Einfachkorrelationsanalysen für immerhin 15 verschiedene Armutsindikatoren vermuten lassen. Es bestehen Unterschiede in den Erklärungsmustern für verschiedene Erosionsformen und Klimazonen. Die rezenten Abholzungsraten haben für Wassererosion, insbesondere in Ländern der extrem humiden Klimazone, herausragende Bedeutung. Zusätzlich zu den Faktoren (1) und (2) ist die Intensität der landwirtschaftlichen Produktion (3) vor allem für Wassererosion und in Ländern der mittleren Klimazone von Bedeutung. Hier ist auch die negative Wirkung einer sinkenden Agrarpreisentwicklung am stärksten. Gleichzeitig gilt hier: je eher der eingeschlagene Entwicklungsweg auf die Produktion hochwertiger Produkte im Gegesatz zur reinen Flächenexpansion abzielt, desto geringer ist das Erosionsausmaß. Für das Ausmaß der Winderosion und der Degradation durch Nährstoffverluste hingegen sind insbesondere die agroklimatischen Bedingungen ausschlaggebend. Die als erosionsrelevant identifizierten anthropogenen Rahmenbedingungen sind mit zentralen theoretischen Hypothesen konsistent. Fraglos gehören sie eher zu den Größen, deren kurzfristige Beeinflussung durch politische Maßnahmen schwierig ist. Dennoch können folgende Ansätze für eine Schwerpunktsetzung bei der Gestaltung von Politikmaßnahmen zur wirksamen Erosionsverminderung abgeleitet werden: Die Reduktion des Bevölkerungsdrucks durch eine an die natürlichen Bedingungen und relativen Faktorknappheiten angepaßte Erhöhung des Produktionspotentials, gerade auch in Regionen mit relativ niedrigem Potential. Eine stärkere Fokussierung auf Forstpolitiken bzw. auf eine Regulierung der kommerziellen Nutzung von Wäldern, vor allem in humiden Klimazonen. .Eine selektive, langfristig angelegte Verbesserung der incentive-Struktur für bodenschonende Produkte und Anbaumethoden über wirtschaftspolitische Eingriffe sowie durch verbesserte institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen. Von Politiken zur Armutsbekämpfung ist hingegen nicht zu erwarten, daß sie maßgebliche Impulse zur Verminderung der Bodenerosion geben können. Es muß jedoch immer präsent bleiben, daß arme Landnutzer sicherlich am stärksten und häufig existentiell von Erosionsschäden betroffen sind. Die Qualität zukünftiger Forschungsbemühungen auf globaler Ebene wird vor allem von der zukünftigen Datenverfügbarkeit und -qualität bestimmt: Für den Stand der Bodenerosion sind Informationen für verschiedene Zeitpunkte erforderlich; für anthropogene Erosionsdeterminanten eröffnen georeferenzierte Daten der Forschung gänzlich neue Perspektiven. Parallel zu überregionalen Analysen sind weitere lokale, sub-nationale Studien unbedingt notwendig, um umfassend zu ergründen, warum und welche Landnutzer die Ressource Boden in einem konkreten sozioökonomischen Kontext degradieren. Fußnoten: [1]Neben der Wasser- und Winderosion wird eine weitere Degradationsform, der Verlust von Nährstoffen und organischer Substanz, mitberücksichtigt und vereinfachend mit "Nährstoffverluste" bezeichnet.[2]Gemeint ist die nutzbare Landesfläche, Ödland ausgenommen. [3]Georeferenzierte Daten liegen derzeit für sozioökonomische Erosionsdeterminanten noch nicht vor.[4]D.h. Größen, von denen a priori nicht bekannt ist, wie sie beobachtet und gemessen werden können. [5]Dies sind Länder, in denen weder extrem aride noch extrem humide Bedingungen vorherrschen. [6]Für die entsprechende Variable liegen nur Daten für 56 Länder vor.[7]Umgekehrte Wirkungen der Erosion auf die als unabhängig angenommenen anthropogenen Variablen sind im Betrachtungszeitraum - bis auf die Armutswirkung starker Erosion - unwahrscheinlich. ; By the end of this century, soil erosion has reached an alarming extent in many developing countries. Still, uncertainty prevails regarding the human-induced causes of soil erosion. In consequence, many efforts to design efficient anti-erosion policies and instruments remain erratic. The actual discussion about human-induced causes of soil erosion focusses on socioeconomic factors that assumably influence the land users´ decisions on agricultural production and soil protection, and, hence, the degree of soil erosion. The most frequently discussed factors are: (i) poverty, (ii) population pressure, (iii) biased agricultural prices, (iv) the introduction of inadequate technical innovations and (iv) insecurity of land tenure. They are basically deduced from and discussed on base of production theory and the theory of induced innovation. Nevertheless, the different views on the importance to be assigned to the single factors are quite controverse. For example, in a rather optimistic scenario, it is argued that poverty and population pressure lead to the development of soil-conserving innovations in the long run. On the other side, poverty and population pressure, in combination with falling agricultural prices, are assumed to lead to a short-termist overuse of the soil. Empirical evidence that supports some of the controverse hypotheses on the causes of soil erosion is restricted to local studies based on local data on soil erosion, their results can hardly be generalized. In this context, the spatial data compiled within the global assessment of human-induced soil degradation (GLASOD; UNEP/ISRIC, 1991) for the first time permits a large-scale empirical analysis of socioeconomic and landuse factors relevant to erosion. By aggregating the information of the GLASOD data, countries and regions whith marked soil erosion can be identified. While Africa and Asia most contribute to the extent of soil erosion and the loss of nutrients[8] in absolute terms (4,5 mio sqkm each), it is in Southwest Asia (37%), Central America and Southeast Asia (25% each), where the proportion of of the land area - excluding wastelands - that is affected reaches the highest levels. Looked at on a national level, countries with an extreme extent of soil erosion are to be found in Central America and Africa: In El Salvador, Haiti and Costa Rica, 60 to 90 percent of the land area[9] are affected. In Africa, Sahelian Countries as Tunesia, Mauretania, Libya, Niger, Burkina Faso and Mali, as well as the eastafrican highlands of Burundi and Rwanda, and also Cape Verde show the highest proportions of eroded land area2 (40 to 80 %). Water erosion is the most widespread type of erosion, in Central America and Southeast Asia it even contributes with about 70% to the area affected by erosion and the loss of nutrients1. The methodological approach chosen for the empirical analysis of human-induced causes of soil erosion is an explorative, econometric one, based on national cross-country data[10]. A specific combination of correlation analyses, factor analysis, and regression analysis is designed, that can handle the great number of possible indicators for the assumed causes of erosion, and cope with related problems of multicollinearity and model specification. Those problems result from supposed interrelationships among different human-induced causes of soil erosion. At the same time, many of the causes of erosion have a latent character when considered on a national level[11], since they are deduced from a microeconomic context. This makes it necessary to define various indicator variables for each of them, which, again, implies additional multicollinearity. On the basis of the aggregated GLASOD data, a set of operational variables for soil erosion is defined. They basically indicate the proportion of a country´s degradable land area (i.e. land area minus wastelands) that is eroded through wind, water, or degraded by the loss of nutrients and organic matter by the end of the 80´s. In turn, the database for possible determinants of erosion is compiled departing from standard international data sets for the time span 1961-1990. Representative indicators can be defined for many of the causative factors discussed in literature, as well for socioeconomic ones, as for landuse, and also for natural factors. They are adapted in a way that they not only best fit and capture the hypothesized determinants, but also the ecological and timely dimension of the analysis. One important field that is not covered is land tenure. The resulting database comprises about 150 variables for possible causative factors, with a varying number of country-data available. The results of correlation analyses between the indicator variables for soil erosion and for possible causative factors facilitate a first assesion of relevant relationships. They show, that variables that quantify population pressure and the proportion of forested area are correlated with soil erosion for all countries. Deforestation rates in the 80´s are especially related to water erosion. Considering only countries without extreme climatic conditions[12] correlations are found between soil erosion and variables for the intensity of land use and the degree of expansion of the agricultural frontier. Producer price declines for relevant agricultural products are also found to be correlated with soil erosion in these countries. Corresponding to theoretical assumptions, the importance of different natural factors vary for different types of erosion and climatic zones. Altogether, variables that express structural conditions and can be regarded as the outcome of historical, long-term developments, seem to have stronger correlation with the extent of soil erosion than variables that quantify changes that took place within the time span under consideration, 1961 to 1990. The next methodological step consists in different factor analyses for 62 of the variables that express possible causative factors and for 73 countries with approximatively complete data sets. The principal objectives are to detect structural interrelationships among the multitude of variables and to reduce their number on the basis of these interrelations, in a way to obtain a set of variables that are largely independent of each other. It turns out that the structure of the 62 variables under consideration can clearly be reproduced by about 10 factors, with about 75% of their total variance being explained. These factors prove to be robust with respect to changes in the set of included variables, and in the methods of extraction and rotation. It is noteworthy, that many of the identified factors refer to cause-effect relationships that are discussed in literature. For instance, the factor that explains the greatest part of total variance, combines variables that quantify the long-run intensification of land use with others that stand for structural population pressure and a limited buffer for the expansion of the agricultural area. Other important factors relate to structural poverty, in combination with high rates of rural population growth; to the long-term and recent deforestation and to total population pressure; to development paths that aim at sopisticated animal procuction and permanent culture rather than at a mere expansion of the agricultural area. Other factors stand for the prevailing natural conditions. Based on a factor analysis for a reduced number of countries, it can be shown that declinig aggregate agricultural producer prices[13] are associated with the factor ´recent deforestation rates´. To quantify the relative importance of the identified factors, stepwise regression analyses are then carried out, with soil erosion as the dependent variable and selected representative variables for each of the factors as presumed independent variables[14]. Three human-induced factors, or developments, show to have particular relevance for the extent of soil erosion, that they can explain to up to 75%: (1) the long-run historical expansion of the agricultural frontier at the expense of the forested area, in combination with a population pressure well above the corresponding supporting capacities in the 80´s; (2) recent deforestation rates in conjunction with total population growth. This effect can rather be associated with a growth of demand for agricultural and forestral products and declining agricultural prices than with pressures directly resulting from agricultural population and expansion; (3) the long-run intensification of land use, mainly throug the conversion of permanent pastures to arable land, the shortening of fallow periods, and the increase of animal densities. This type of intensification is associated with and possibly induced by high structural population pressure in agricultural areas. Another important result is that poverty seems to have minor impact on the extent of soil erosion at the aggregate, national level. None of the included variables that represent the factor ´poverty´ shows a significant relative impact, neither in the models for the sum of erosion nor for specific types of erosion or climatic zones. This fact supports the low correlation coefficients for altogether 15 different poverty indicators that were calculated in the context of simple correlation analysis. Specific models for specific types of erosion and climatic zones show that there exist characteristic patterns of explanation for each type and zone. Recent deforestation rates and the associated features (factor (2))are particularily important in the explanation of water erosion, especially in countries with predominant humid climate. The impact of production-intensity in terms of factor (3) is specific for water erosion, and for countries without extreme climatic conditions, together with the factors (1) and (2). This is also where the negative effect of declinig agricultural prices appears to be strongest. At the same time, the development of sopisticated animal procuction and the growth of the area under permanent culture in contrast to a mere expansion of the agricultural area seem to be favourable to the soil in this context. In the explanation of wind erosion and loss of nutrients, natural factors are in the foreground. The identified, human-induced pressures related to long-term population growth, intesification, agricultural price decline and recent deforestation are consistent with important theoretical hypotheses. Those pressures are clearly not of the type that can be overcome over night through political intervention. Nevertheless, they lead to the following areas of intervention that should be given priority in the design of policy measures for the reduction of soil erosion: A reduction of population pressure through an increase in site-specific production potentials, based upon innovations that match the prevailing agro-ecological and economic conditions. Special attention should be given to low potential areas.A stronger focus on forest policy and the regulation of commercial forest use especially in the humid zone.A selective, long-term improvement of economic incentives for the production of soil-conserving crops with soil-conserving methods, by means of economic policy as well as through improved institutional conditions. Policies that aim at the reduction of poverty can not be expected to play a decisive role in the reduction of soil erosion. In spite of that, it is most necessary that policy makers keep in mind that the poor certainly are most affected by and vulnerable to erosion damages. At a global scale, the quality of future research on the topic will largely be determined by data availability and quality: concerning soil erosion, information at different points in time is necessary; for anthropogenic factors, spatial datasets will bring a new dimension into scientific research. Parallel with global analyses, further in depth local studies are necessary for a comprehensive and detailed insight into why and which land users degrade the resource they depend on in a specific socioeconomic context. footnotes: [8]The loss of nutrients and organic matter, independent of soil erosion, is also considered and is abbreviated with the term ´loss of nutrients´ in this text. [9]Again, it is the land area excluding wasteland that is being referred to. [10]Spatial data sets are not avaiable yet for socioeconomic factors related to soil erosion. [11]I.e. it is not known a priori, how these causes can be measured and quantified. [12]I.e. countries without predominant arid, hyper-arid or humid agroclimatioc conditions. [13]The availability of data for the variable in cause is limited to 56 coutries. [14]Reciprocal effects that soil erosion might have on anthropogenic factors are not very likely to occurr within the considered time span, except a possible increase of poverty due to erosion.
Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war es, das theaterhistorische Phänomen des chinesischen experimentellen Theaters komparatistisch sowohl als das Ergebnis der Begegnung zweier sehr verschiedener kulturhistorischer Linien (China/ Europa) zu beschreiben als auch in den traditionellen Kontext chinesischer Theaterinnovationen einzuordnen und aus ihm heraus zu erklären. Behandelt wird u.a. der machtpolitische Kontext interkultureller Begegnungen. Es stellt sich die Frage, ob man auf einem "transzendentalen Hügel hockend" China beobachten kann. Man ist immer wieder mit der Frage konfrontiert, aus welcher Perspektive man bei der Untersuchung anderer Kulturen zu adäquaten Ergebnissen kommen kann. Soll man einen aussenstehenden Beobachterposten behaupten oder soll man anerkennen, dass die eigene Anwesenheit vor Ort den Beobachtenden bereits involviert in das zu Beobachtende oder soll man sich seiner eigenen Aktivität bewusst werden und den ohnehin fiktiven Objektivitätsstatus bewusst aufgeben? Ich konnte während der Arbeit an der Inszenierung "Leg deine Peitsche nieder - Woyzeck" in Peking künstlerische und Alltagskommunikation erleben und Einsichten gewinnen, die ohne diese Arbeit unmöglich gewesen wären. Die chinesische Kultur hat bereits frühzeitig Schriftsysteme und eine Schriftkultur ausgebildet. Dennoch haben meine Untersuchungen ergeben, dass die Bereiche der Wissensvermittlung (Lern- und Lehrverhalten), der darstellenden Künste und der sozialen Kommunikation bis in unser Jahrhundert hinein von einer Tradition oraler Techniken und Kommunikation geprägt sind. Ganz wesentlich ist z.B. traditionell der Aspekt der LEIBLICHKEIT bei der Wissensvermittlung. Das Leibwissen eines Lehrers wird durch ständiges Üben und Wiederholen durch den Schüler in dessen Leib inkorporiert. Die Schüler (im profanen, im religiösen oder künstlerischen Bereich) werden hauptsächlich in das WIE der Übungen, nicht aber in das WARUM eingewiesen, weil sich aus der Logik dieses Denkens ergibt, dass sich aus der ausgefeilten Qualität des Geübten mit der Zeit der Sinn dessen über den Leib des Schülers von selbst erschließt. Oralen Techniken von Wissensvermittlung ist es eigen, dass sie dem Wiederholen größeren Wert beimessen als dem Neuerfinden. Dies ist eine Traditionslinie, die noch heute für das chinesische Sprechtheater wirksam ist. Innovation im chinesischen Kontext bedeutet vor allem Detailinnovation, aufbauend auf ein gegebenes Modell. Die chinesische Gesellschaft verfügt über ein reiches Instrumentarium theatraler Kommunikation. Aufgrund der Sozialstruktur und des ausgeprägten Relationsdenkens verfügen die kulturell Kommunizierenden über "shifting identities" wie Jo Riley es für die Darsteller im chinesischen traditionellen Musiktheater feststellte und wie Rosemarie Juttka-Reisse ein adäquates Phänomen für die Praxis von sozialem Rollenwechsel in sozio-kulturellen Kommunikations- und Interaktionsprozessen nachwies. "Shifting identies" bedeutet, dass Kommunizierende in der Lage sind, spontan und flexibel auf neue Kommunikationskontexte mit dem entsprechenden performativen Instrumentarium zu reagieren. Dieser Umstand hat weitreichende Konsequenzen für die Rollengestaltung im chinesischen Theater. Zum Beispiel ist der Brecht'sche Begriff der Verfremdung aus diesem Grunde NICHT oder bestenfalls nur partiell auf das chinesische Theater anwendbar. Die Brecht'sche Verfremdungstheorie ist nicht dem chinesischen Theater abgeschaut, sondern auf das chinesische Theater projiziert. Im Zusammenhang mit dem Leiblichkeitskonzept steht eine spezifische Vorstellung der EINVERLEIBUNG von Wissen, auch nicht-chinesischen Wissens. Beispielsweise wird bis in die 1990er Jahre hinein immer wieder auf die VERDAUUNGSMETAPHER zurückgegriffen. Das Einverleibungsprinzip, welches in engster Verbindung mit dem chinesischen Ahnenkult steht, ist mindestens einmal einer Fundamentalkritik unterzogen worden. Kurioserweise geschah dies nach der Einverleibung westlichen Wissens, insbesondere der Fortschrittsidee und der Vorstellung evolutionärer historischer Weiterentwicklung. Lu Xun nämlich prägte die Metapher der Menschenfresserei, die sich auf die als reaktionär erkannte Einverleibung "feudalistischen" Wissens aus der alten, dem Westen unterlegenen chinesischen Gesellschaft bezog. Seither gibt es die "fortschrittliche" und die "reaktionäre" Verdauung, wobei der Diskurs um kulturelle Identität, um Erneuerung und Bewahrung immer wieder neu festzulegen versucht, was gegebenfalls nützlich oder nutzlos ist. Die Entstehung des chinesischen experimentellen Theaters ist ohne das Eingebettetsein in historische Linien der chinesischen Theatergeschichte nicht erklärbar. Aneignungsmuster in bezug auf die Aufnahme neuer Anregungen aus anderen Kulturen haben eine traditionelle Logik entwickelt, die man nur erkennen und einordnen kann, wenn man sich ausführlich den historischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen von Theater in China widmet. Deshalb bin ich auf diese historischen Linien ausführlich eingegangen. Das experimentelle Theater in China setzt diese Linie fort. Deshalb kann man schlussfolgern, dass das chinesische Sprechtheater "eine Art Pekingoper mit anderen Mitteln" ist, und nicht ein bürgerlich-westliches Sprechtheater mit chinesischer Kolorierung. Das chinesische Theater hat sich über die langen historischen Zeiträume seiner Entstehung als sehr aufnahmefähig für interkulturelle Anregungen gezeigt. Man kann sagen, dass es das Ergebnis dieser Interaktionsprozesse ist. In diesem Sinne ist die Integration westlicher Theaterstile und damit auch die Entstehung des experimentellen Theaters als traditionelle Strategie im Umgang mit dem Fremden anzusehen. Es handelt sich tendenziell nicht (nur) um einen Ausdruck von Modernität, sondern von Tradition. Es ist in der chinesischen Theatergeschichte nicht um die Echtheit/ Authentizität des adaptierten ausländischen Materials gegangen, sondern hauptsächlich um die Anwendbarkeit im eigenen Kontext. Das wiederum führt folgerichtig zu dem Schluss, dass es z.B. keine "falsche" Rezeption westlichen Theaters in China geben kann, sondern nur eine chinesische. Der experimentelle Zugang zu neuen Formen innerhalb der chinesischen Theaterkultur ist ein historisch praktizierter. Die chinesische Praxis des Experiments ist historisch verbunden mit einer Praxis des Ausprobierens, Integrierens, Ausschmückens, einer Art Patchwork-Strategie. Im Gegensatz zum westlichen Begriff des Experiments ist diese Praxis nicht an abstrakte Hypothesenbildung und die systematische Beweisführung gebunden. Hauptinstrument neuer Erkenntnisse war die empirische Beobachtung. Die Entstehung des experimentellen chinesischen Theaters im 20. Jahrhundert, welches erstmals an verschiedene Begrifflichkeiten gebunden wird und nicht einfach als historische Praxis dem chinesischen Theater inhärent ist, deutet auf eine neue Qualität dieses Phänomens in der chinesischen Theatergeschichte hin. Die neue Qualität im Vergleich zur historisch-experimentellen Praxis besteht darin, dass die chinesische Kultur erstmals in ihrer Geschichte als Hochkultur Asiens mit einem ernstzunehmenden, hegemonial operierenden Feind konfrontiert war, der mit seinem ökonomisch-militärischen Potenzial die Qualität der chinesischen Kultur als Ganzes in Frage stellte. Nun sahen sich die chinesischen Eliten gezwungen, die westlichen Mittel zum chinesischen Zweck des Überlebens zu machen. Aus diesem Grunde wurden westliche Ideen und Praktiken, wie z.B. das bürgerliche Sprechtheater rezipiert. Dies musste als Praxis aber auch als Begriff umgesetzt werden. Aus diesem spezifischen Entstehungskontext ergibt sich eine unterschiedliche Richtung der Theateravantgarden in China und im Westen. Während die historische Theateravantgarde im Westen in ihrer Kritik am bürgerlichen Theaterkonzept und in ihrer Auseinandersetzung mit Industrialisierungs- und Technologiesierungsprozessen auf "Retheatralisierung" des Theaters drängte, gingen die chinesischen Theaterkünstler den entgegengesetzten Weg. Die neuen historischen Erfahrungen ließen sich in den volkstümlichen Geschichten und den historischen Analogien des traditionellen chinesischen Theaters und in ihrer stilisierten Theatralität nicht mehr adäquat darstellen. Plötzlich wurde ein neues Realismuskonzept, welches nach DETHEATRALISIERUNG drängte, wesentlich. Darüberhinaus gehört es zur historischen Linie des chinesischen Theaters, dass es stark profitierte sowohl von nicht-chinesischen Anleihen anderer Theaterkulturen als auch von den Volkskünsten der eigenen Kultur. Es waren zunächst Laiendarsteller und Amateurtheaterkünstler, die in den 1920er Jahren die vielfältigen Kategorien des chinesischen "experimentellen" Theaters erfanden und später in einen professionellen Status überführten. Neben den kulturellen Einflüssen des westlichen Imperialismus war China ebenfalls mit dem hegemonialen Bestreben insbesondere des sowjetischen Kulturimperialismus konfrontiert. Die sowjetische Kulturpolitik favorisierte das Stanislawski-Konzept. Dieses wurde dann zunächst, nach Gründung der VR China 1949, zu einem der Grundpfeiler der Idee eines neu zu entwickelnden chinesischen Nationaltheaters. Seit den 1980er Jahren wird es zunehmend kritisiert. Seitdem werden andere westliche Konzepte interessant. Dazu gehören die Konzepte der westlichen historischen Avantgarde ebenso wie die des absurden und weitestgehend postmodernen Theaters. Seit den 1990er Jahren sind zwei Haupttendenzen im modernen chinesischen Theater festzustellen. Zum einen unterliegt das Theater rigiden Kommerzialisierungstendenzen. Zum anderen sieht sich das Theater einer Vielzahl neuer Unterhaltungsmedien (TV, Kino, Karaoke, Shows etc.) gegenüber, die es veranlassen, sich verstärkt auf die spezifischen Möglichkeiten theatralen Ausrucks zu besinnen. Das führt dazu, dass nun sowohl das theatrale Potenzial des klassischen chinesischen Theaters interessant wird ebenso wie die Retheatralisierungsversuche der westlichen Avantgarde. Seit Mitte der 1980er Jahre ist eine erneute, hitzige Debatte über Begriff und Inhalt von experimentellem Theater im chinesischen Kontext zu beobachten. ; The starting point of this paper was both to describe the theatre-historical phenomenon of Chinese experimental theatre in a comparative way, as the result of the encounter of two culture-historical lines differing very much (China/Europe) and to put it in its proper historic context and thus to explain from its context. The power-political context of intercultural encounters is dealt with. The question arises whether one would be able to watch China at all " sitting on a transcen-dental hill". You are constantly facing the question from which perspective you can achieve adequate results when researching/ investigating foreign cultures. Should you maintain your (external) observer status or should you recognise that your own presence at the site involves the observer what he watches or should you consciously give up the anyhow fictitious status of objectivity. While staging "Put down your whip - Woyzeck" in Beijing at the State theatre called Central Experimental Theatre I could experience both artistic and every-day communication, without which this paper would and could never have been written. The Chinese culture has developed writing systems and a written culture early on in history. Nevertheless, my study has shown, that instruction (learner and teacher behaviour), performing arts and social communication have been highly influenced by the oral tradition of communication throughout the centuries. The aspect of corporality in instruction is essential. The teacher's incorporated knowledge is transferred to the student's body through permanent exercise and repetition/revision. The student (worldly, religious and artistic spheres) is taught HOW to do the exercise but not necessarily WHY because part of this thinking is the idea that the awareness of the meaning of the skill comes to the student through his body. This implies that it is a characteristic feature of oral instruction/information stresses repetition rather than innova-tion. This line of tradition has always been efficient for the Chinese spoken drama, even today. Innovation in a Chinese context means chiefly innovation of detail based on a model given. The Chinese society developed a rich variety of tools of theatrical communication. Due to the social structure and a well-developed relational thinking the cultural communicators have "shifting identities" as Jo Riley stated it in terms of the performers in the Chinese traditional music thea-tre. Rosemarie Juttka-Reisser confirmed an adequate phenomenon for the practice of switching social roles in processes of socio-cultural communication and interaction. "Shifting identities" means that communicators are capable of spontaneously and quickly responding to new communication contexts through adequate performative sets of instruments. This has an impact on the performance of roles in Chinese theatre. Therefore the Brechtian term of alienation, for instance, can not or only partly be applied to Chinese theatre. Thus, the Brechtian theory of alienation is not derived from Chinese theatre but rather projected to it. Linked to the concept of incorporation of knowledge is a specific image of incorporation of knowledge including the non-Chinese one. Up to the 1990s the metaphor of digestion had been used again and again. The principle of incorporation which is closely connected with ancestor cults underwent fundamental criticism at least once. Curiously enough, this happened after the incorporation of Western knowledge, in particular of the idea of progress and evolution/ revolution. Lu Xun coined the metaphor of cannibalism. This relates to the traditional incorporation of the so-called "feudal" knowledge based in the Chinese culture which has been understood as inferior to the West. Since then there has been "progressive" and "reactionary" digestion; discourse about cultural identity, about renewal and preservation of Chinese values has always been trying to re-determine what is useful or useless respectively. The appearance and existence of the Chinese experimental theatre can not be explained without it being embedded in the line of Chinese (theatre)history. Patterns of acquisition in terms of the perception of new stimuli from other/foreign cultures have developed a traditional logic which can only be recognized and categorized if you have a deeper understanding of the historic condition and the whole framework of theatre in China. Therefore I dealt with this historical line in detail. The experimental theatre in China continues this line to a certain extend. This results in the Chinese spoken theatre being "a kind of Beijing opera with a different approach" but not a bourgeois Western spoken drama with a Chinese touch. Throughout its history the Chinese theatre has always readily absorbed intercultural stimuli. So you can say that these processes of interaction have contributed to contemporary Chinese theatre. Thus you can regard the integration of Western theatre styles including the development of the experimental theatre a highly traditional strategy for encountering and dealing with the foreign element. This strategy is not an expression of modernity only but mainly of tradition. Chinese theatre history was not particularly interested in the authenticity of the adopted foreign material but in its application within the Chinese context. This has led to the conclusion that there cannot be any "wrong" perception of the Western theatre in China but only a Chinese. The experimental approach to new forms within the Chinese theatre culture has been used all the time. The Chinese experimental practice has indeed been linked with integrating, ornamenting and trying out resulting in a kind of patchwork. In contrast to the Western term of experiments this practice does not depend on abstract hypotheses and proofs systematically shown. This is partly due to Western sciences focussing on mathematics while Chinese sciences were concentrating on dealing with problems of relations (physics). Therefore they (have) preferred empirical observation to mathematical analysis in order to achieve new knowledge. In contrast, the experimental Chinese theatre in the 20th century, reflects a new quality in their approach to theatre which, for the first time, attempts to use concepts like in the Western theatre. The reason for this new approach resulted from the fact that for the first time in its history Chinese culture as an Asian high culture was faced with a serious hegemonially operating enemy that questioned the quality of the Chinese culture as a whole through its economic and military potential. The Chinese intellectual elite was forced to respond to the Western threat by using Western methods (including spoken drama) in order to survive: using a Western means to a Chinese end. These specific historical circumstances and power relations have led to different directions of avantgarde theatre movements in China and the West in the early 20th century. Western and Chinese theatre artists went opposite ways: while the former initiated the Re-theatralisation in their criticism of the bourgeois theatre concept and of industrialisation; the latter focused on De-theatralisation which had become a new concept, that of realism/ naturalism. The new experiences of the time could no longer be expressed in their folktales and historical analogies of the traditional Chinese theatre and its stylised theatricality. Amateurs (in particular students of big cities) were the first to invent the various categories of a Chinese "experimental" theatre and later transformed its status into a professional one. Apart from cultural influences of Western (including Japan) imperialism China faced the same problems with the Soviet cultural imperialism. The Soviet cultural policy favoured Stanislavsky's concept. This idea became the basis of a new Chinese national theatre which was to develop after the formation of the People's Republic of China in 1949. Since the 1980s it has increasingly been criticised. In addition other Western concepts have attracted attention including concepts of the Western historical avantgarde, the theatre of the absurd and post-modern theatre. Since the 1990s two major tendencies of modern Chinese theatre can be stated. On the one hand, the theatre is subject to rigid tendencies of commercialisation (which means that the state cut the subsidies), on the other hand, the theatre is confronted with a variety of new entertainment media (TV, cinema, karaoke, shows etc.) which make it remember its specific oppor-tunities of theatrical expression (now including traditional Chinese theatre forms). At the moment a new heated debate about the term and the content of experimental theatre is going on.