Der Artikel vertieft den bisher punktuell diskutierten Raumbezug von "regional governance", nutzt als Fallbeispiel die Metropolitanregion Quito (Ecuador) und komplementiert damit die Forschungen, die sich stark auf den europäischen und nordamerikanischen Raum konzentrierten. Dies geschieht aus dem Blickwinkel angewandter Geographie, wobei auf vier theoretische Konzepte zurückgegriffen wird: "regional governance", Geographische Innovationsprozesse, Charakteristika innovativer Städte und geographische Netzwerkforschung. Konzeptionell steht dabei im Vordergrund, in welcher Art angewandte Geographie sich zur Entwicklung eines Instrumentariums der Analyse und Steuerung dynamischer Prozesse von Raumveränderung in der Dritten Welt eignet. Inhaltlich wird die Rolle kommunaler Kooperationsformen in einem Prozess der Diffusion innovativer Ansätze öffentlicher Politik diskutiert, dabei vor allen Dingen auf die Rolle von Metropolzonen abgehoben. Diese Verstädterungszonen wurden bisher vor allen Dingen mit Entwicklungsproblemen assoziiert, in dieser Arbeit wird der Blick auf ihre Potentiale für innovative Entwicklungen gerichtet. Wichtige Ergebnisse sind: 1) Es gibt eine große Anzahl von kommunalen Kooperationen in Lateinamerika, die sehr konkrete Themen der Kommunalpolitik diskutieren, und die Basis für einen Dialog über die Konstruktion lokaler öffentlicher Politiken darstellen. Die Organisationsebene ist aufgebaut, mit der Durchführung von Kongressen / Seminaren wird diese aktiv genutzt und die Ergebnisse sind dokumentiert. 2) Kollektive Lernprozesse wurden auf kommunaler Ebene in Gang gesetzt und auf dieser Ebene wird über neue Formen der kommunalen Selbststeuerung diskutiert. 3) Die kommunale Regierung Barrera (Quito 2009 – 2014) arbeitete die nationalen Vorgaben kohärent aus, die Prozesse kommunaler Selbststeuerung begünstigen. 4) Dabei kann die Gemeinderegierung auf einer Raumstruktur auf-bauen, die für die Entwicklung innovativer Ansätze der Kommunalpolitik förderlich ist. Die Metropolitanzone stellt gewissermaßen ein kreatives Territorium für Kommunalentwicklung dar. 5) Bemerkenswert ist, dass diese sozial politische Innovation umge-setzt werden konnte, ohne über die starken Anbindung an die Kapazitäten lokaler Universitäten zu verfügen, ein wesentliches Merkmal für Innovationsprozess auf der Grundlage theoretisch ausgerichteter Studien. 6) Mit dem umfassenden Ansatz zur Entwicklung des Öffentlichen Raumes in Quito existiert nun ein empirisches Beispiel, wie im Kern der Metropolzonen Räume für Lebensqualität und sozialer Identität am Ort geschaffen werden können. 7) Alle der für Megastädte typischen Charakteristika liegen vor, zeigen interessanterweise im Fall von Quito eine positive Tendenz: Auf dieser Basis kann diskutiert werden, ob / inwieweit die Entwicklung von lateinamerikanischen Mega-Städten doch noch von den kommunalen Entscheidungsträgern gesteuert werden kann 8) In dieser Arbeit wird ein neuer Vorschlag für Modelle geographischer Innovationsprozesse vorgestellt, der die Aussagekraft des bisherigen Modells erweitert. Die Kommunikationskanäle und der Aspekte der Barrieren sind nun präziser dargestellt, dies ist wichtig für einen Prozess sozialer (politischer) Innovation. 9) Der Dialog zwischen lateinamerikanischem Fortschritt in aktiver Umsetzung von Raumentwicklung und europäischer Kompetenz in Theoriediskussionen ist wenig dokumentiert. Die unterschiedlichen Wissensformen / Erfahrungen in beiden Kontinenten können interessante Perspektiven für anwendungsorientierte geographische Forschung ergeben, wenn Wege zu ihrer besseren Verbindung gefunden werden. Diese Studie zeigt Ansatzpunkt für den weiteren Dialog an dieser Schnittstelle von Wissen.
Die Entstehung einer eigenständigen Forschung über Flucht und Zwangsmigration ist als Ausdifferenzierung eines Forschungsbereiches innerhalb der interdisziplinären und anwendungsorientiert ausgerichteten Migrationsforschung erfolgt. Für die Migrationsforschung war und ist die Zielsetzung einer Einwirkung auf Politik und Öffentlichkeit und im Zusammenhang damit eine enge Anlehnung an Fragestellungen, Prämissen und Informationsbedarfe politischer Institutionen und Akteure kennzeichnend. Im Fall der Forschung über Flucht und Zwangsmigration verbindet sich dies zudem mit einer hohen moralischen Aufladung im Sinne der Erwartung, zur Lösung der gravierenden humanitären Probleme beizutragen, die im Kontext von Flucht sichtbar werden. Dies impliziert die Tendenz zu einer Engführung der Forschungsperspektive auf Fragestellungen, für die politische Relevanz angenommen wird. Demgegenüber werden hier Überlegungen zu den Problemen und Perspektiven einer selbstreflexiven sowie an der Unterscheidung normativer Überzeugungen von wissenschaftlichen Tatsachenbehauptungen orientierten Forschung entwickelt, die nicht auf die Bearbeitung politischer Problemdefinitionen und der dadurch präferierten Antwortmöglichkeiten begrenzt ist. Vor diesem Hintergrund wird argumentiert, dass die Flucht- und Flüchtlingsforschung mit Fragestellungen konfrontiert ist, die nicht zureichend im Kontext eines ausdifferenzierten Forschungsfeldes bearbeitet werden können und deshalb eine stärkere Rückbindung an Gesellschaftstheorien vorgeschlagen. Problems and Perspectives of Refugee Studies The emergence of distinct research on flight and forced migration occurred as a differentiation of a research area within the interdisciplinary and application- oriented field of migration research. A characteristic of migration research was and is the objective of influencing politics and the public and, in connection with this, a close connection to questions, premises and information needs of political institutions and actors. In the case of research on flight and forced migration, this is also associated with a high moral impetus in the sense of the expectation of helping to solve the serious humanitarian problems that become visible in the context of flight. This implies a tendency to narrow the focus of the research perspective to issues for which political relevance is assumed. In contrast, this paper develops reflections on the problems and perspectives of research that is not limited to the processing of political problem definitions and the response options preferred by them. The argumentation clarifies problems and perspectives of a research that is selfreflexive and oriented towards distinguishing normative convictions from scientific assertions. Against this background, it is argued that refugee research is confronted with questions that cannot be dealt with sufficiently in the context of a differentiated field of research and therefore a stronger connection to theories of society is proposed.
Systemic innovation theory emphasizes that innovations are the result of an interdependent exchange process between different organizations. This is reflected in the current paradigm in European innovation policy, which aims at the support of collaborative R&D and innovation projects bringing together science and industry. Building on a large data set using project-level evidence on 406 subsidized R&D cooperation projects, the present paper provides detailed insights on the relationship between the innovative success of R&D cooperation projects and project characteristics. Patent applications and publications are used as measures for direct outcomes of R&D projects. We also differentiate between academic-industry projects and pure inter-firm projects. Main results of negative binomial regressions are that large-firm involvement is positively related to patent applications, but not to publications. Conversely, university involvement has positive effects on project outcomes in terms of publications but not in terms of patent applications. In general, projects' funding is an important predictor of innovative success of R&D cooperation projects. No significant results are found for spatial proximity among cooperation partners and for the engagement of an applied research institute. Results are discussed with respect to the design of R&D cooperation support schemes. ; Die gegenwärtige europäische Innovationspolitik unterstreicht das systemische Verständnis von Innovationsprozessen, demzufolge Innovationen das Ergebnis interdependenter Austauschprozesse verschiedener Akteure sind. Dies spiegelt sich in einer verstärkten öffentlichen Förderung kooperativer FuE- und Innovationsvorhaben zwischen Wissenschafts- und Wirtschaftsakteuren wider. Der vorliegende Beitrag untersucht diesbezüglich den Einfluss wesentlicher Charakteristika solcher FuE-Verbundvorhaben auf deren innovativen Erfolg anhand eines Datensatzes von 406 geförderten FuEProjekten. Zur Messung des Innovationsoutputs dieser Projekte werden Patentanmeldungen und Publikationen herangezogen. Ferner wird nach Verbundprojekten zwischen Wissenschaft und Industrie und Projekten mit ausschließlich industriellen Partnern differenziert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Einbindung von Großunternehmen einen positiven Einfluss auf Patentanmeldungen hat, nicht aber auf die Zahl der Publikationen. Die Einbindung einer Universität in ein Verbundprojekt hat positive Effekte auf die Zahl der Publikationen, nicht aber auf die Anzahl der Patentanmeldungen. Ferner lassen sich signifikant positive Effekte für die Höhe der Förderung nachweisen. Räumliche Nähe der Kooperationspartner wie auch die Einbindung eines anwendungsorientierten Forschungsinstitutes haben keinen Einfluss auf den Innovationserfolg der FuE-Kooperationsprojekte. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion der Ergebnisse hinsichtlich der Ausgestaltung von Förderprogrammen zugunsten von FuE-Kooperationen.
2018 war für die Forschung an der Hochschule der Medien ein gutes Jahr. Erfreulich ist ein Anstieg der Forschungsdrittmittel auf nunmehr über 3,6 Millionen Euro. Neben den öffentlichen Förderprojekten gelingt es auch immer häufiger Forschung rein privatwirtschaftlich finanziert durchzuführen. So betrug der Anteil der Drittmittel aus privatfinanzierten Forschungsvorhaben in 2018 rund 20 %. Hinzu kommen die weiteren Drittmittel welche – ein Beispiel sind die Programme des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst aus dem "Fonds Erfolgreich Studieren in Baden- Württemberg" (FESt-BW) – erhebliche Forschungsanteile haben. So kommen wir in der Summe auf ein gesamtes Drittmittelaufkommen von weit über 4,6 Millionen Euro. Dass wir unsere Position weiter ausbauen konnten ist umso erfreulicher, wenn man die schwierigen politischen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Die langen Koalitionsverhandlungen führten dazu, dass zu Beginn des Jahres über Monate hinweg keine neuen Anträge auf Bundesebene bewilligt wurden und sich erwartete Ausschreibungen verzögerten. Gleichzeitig liefen Forschungsprojekte aus, wodurch Beschäftigungslücken entstanden und die Abwanderung von Mitarbeiter/-innen in die Industrie drohte. Hier setzte die Hochschulleitung mit dem Institut für Angewandte Forschung Akzente und machte mehrfach Risikozusagen mit dem Ziel die Mitarbeiter/-innen an der Hochschule zu halten. Das Finden und Halten guter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine der größten Herausforderungen für die Hochschule. Die Gehälter im Großraum Stuttgart kennen im Moment nur eine Richtung und zwar nach oben. Was für unsere Absolventen erfreulich ist bedeutet für uns als Arbeitgeber mit den bekannten Tarifstrukturen, dass wir uns anderweitig positionieren müssen. Neben inhaltlich spannenden Projekten ist das vor allem die Chance zur weiteren Qualifikation. Programme wie der Forschungsmaster und der Zugang zu Promotionen sind die großen Hebel dazu. Somit war ein Arbeitsschwerpunkt der weitere Ausbau des Zugangs zu Promotionen. Als Hochschule der Medien streben wir kein eigenes Promotionsrecht an, sondern setzen auf belastbare Partnerschaften. Erfreulich ist vor dem Hintergrund, dass die bestehende Kooperation mit Swansea University vom Themenschwerpunkt Drucktechnologie auf die Bereiche Management, Innovation und Entrepreneurship ausgeweitet werden kann. Auch mit unseren Partnern in Almeria, Swinburne und der OsloMet University gibt es fortgeschrittene Gespräche und neue Abkommen. Im Inland steht mit der Verabschiedung des neuen Landeshochschulgesetzes Anfang 2018 das Thema Assoziierung auf der Tagesordnung. Hier profitiert die Hochschule der Medien von der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Bereich Forschung aber auch den Transferinstrumenten wie Weiterbildung und Unternehmensgründung mit den Universitäten in der Region. Auch das bestehende Promotionskolleg zeigt, dass die Kooperation zwischen den Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaft in der Forschung funktionieren kann. Am Ende sind es vor allem die einzelnen Kolleginnen und Kollegen in unserem Haus, welche in der Scientific Community anerkannt und geschätzt sind. Somit sind wir zuversichtlich in enger Kooperation mit den Universitäten Stuttgart, Hohenheim und Tübingen auch in diesem Bereich noch enger zusammen zu arbeiten. Der große Wachstumstreiber der Forschung waren im vergangenen Jahr die Themen Data Science und Künstliche Intelligenz. Die Gründung des neuen Instituts für Künstliche Intelligenz, welche von allen drei Fakultäten unterstützt wird, bringt dies zum Ausdruck. Mit dem bewusst interdisziplinär ausgerichteten Ansatz wird hier vor allem anwendungsorientiert geforscht, was die Hochschule der Medien zu einem geschätzten Partner der Industrie macht. Ein wichtiges Ziel für 2019 ist der Ausbau der Kontakte und der Kooperation mit dem Cyber Valley. Intern wird das Ziel sein, die Visibilität der vielfältigen Themen weiter zu erhöhen und vor allem den Kollegen das Forschen "einfach" zu machen. Die Aufstockung des Personals des IAFs ist hier ein Hebel. Ich bedanke mit für das besondere Engagement und auch die Kreativität unserer Kollegen. Zudem möchte ich mich beim Team des IAFs bedanken. In unermüdlicher Arbeit stehen sie oft hinter den erfolgreichen Anträgen und sorgen dafür, dass aus einer tollen Projektidee ein erfolgreicher Antrag wird. Prof. Dr. Nils Högsdal Prorektor für Innovation
Against the background of post-socialist transition and nationwide economic growth in Azerbaijan this dissertation analyses the utilisation of rangeland resources by mobile pastoralists in Azerbaijan. The study was motivated by the initially scarce knowledge about pastoralism in Azerbaijan and concerns about declining pasture condition due to growing livestock numbers. The study was guided by three research objectives, which were addressed cumulatively in five publications. The first objective aims at analysing the development of pastoralism in the transition period in comparison to developments in the pastoral sectors of other post-socialist countries. Secondly, the study addresses socio-economic causes of inappropriate pasture management by pastoralists. Finally, in an application-oriented research process recommendations for improving the management of pastoral farms and pasture governance were developed in order to mitigate inappropriate pasture management. For addressing these objectives the study frames the management of rangelands as a complex natural resource management system, in which the environment, users, governance structures, and the socio-political context are closely linked. Within this framework, the study focused especially on pastoral farms using a farm economics approach and on pasture governance with employing institutional economic theories. Regarding the methodology, a case study approach in four study regions was chosen in order to deal with the ex-ante limited information about Azerbaijani pastoralism and the explanatory aim of research. ; Diese Dissertation analysiert die Nutzung von Weideressourcen durch mobile Tierhalter vor dem Hintergrund post-sozialistischer Transformationsprozesse und nationalem Wirtschaftswachstum in Aserbaidschan. Die Arbeit wurde durch fehlende Informationen über mobile Tierhaltung in Aserbaidschan und die Sorge um eine abnehmende Weidequalität auf Grund steigender Tierzahlen motiviert. Die Dissertation wird von drei Forschungszielen geleitet, die zusammenfassend in fünf Publikationen bearbeitet wurden. Das erste Forschungsziel fokussiert auf die Entwicklung der Tierhaltung während der Transformation in Aserbaidschan im Vergleich zu zeitgleichen Prozessen in den Tierhaltungssektoren anderer post-sozialistischer Länder. Zweitens analysiert die Studie sozio-ökonomische Gründe für unangepasstes Weidemanagement durch die Tierhalter. Letztlich werden in einem anwendungsorientierten Forschungsprozess Empfehlungen für ein verbessertes Management von Tierhaltungsbetrieben und für Veränderungen ihres institutionellen Rahmens entwickelt, um unangepasstes Weidemanagement zu korrigieren. Um diese Forschungsfragen zu beantworten, wird Weidemanagement als komplexes System des Managements natürlicher Ressourcen konzeptualisiert, in dem Umwelt, Nutzer, Regelungsstrukturen und das sozio-politische Umfeld eng verknüpft sind. In diesem konzeptionellen Rahmen fokussiert die Studie mit der Anwendung eines landwirtschaftlich-betriebswirtschaftlichen Ansatzes besonders auf die Tierhaltungsbetriebe sowie mithilfe institutionenökonomischer Theorien auf die Regelungsstrukturen für Weidezugang. Als methodischer Ansatz wurde eine Fallstudie gewählt.
Große wiederkehrende Surveys sind eine wichtige Forschungsdateninfrastruktur für die Grundlagenforschung und für anwendungsorientierte Analysen in vielen Fachdisziplinen der Sozial-, Verhaltens- und Wirtschaftswissenschaften. Die Datennutzung hat sich in verschiedener Hinsicht weiterentwickelt: Die Sekundärnutzung bereits erhobener Daten hat disziplinübergreifend zugenommen; Daten aus Survey-Studien werden zunehmend für Replikationsanalysen verwendet und in letzter Zeit werden Survey-Daten immer häufiger durch Verknüpfung mit Daten aus anderen, etwa administrativen Quellen angereichert. Außerdem öffnen sich die Studien teilweise für Fragestellungen, die von Externen, d. h. (potentiellen) Nutzerinnen und Nutzern, herangetragen werden. Der RatSWD unterstützt diese Entwicklungen und unterbreitet Empfehlungen zur Verbreitung von Sekundärdatennutzung, zur Erleichterung von Replikationen und Datenverknüpfungen sowie zur weiteren Öffnung von bestehenden Surveys für von außen herangetragene Fragestellungen. Die vorliegenden Empfehlungen beschäftigen sich spezifisch mit den Herausforderungen für bestehende Surveys in den Bereichen Finanzierung, Planbarkeit und Weiterführung von Surveys, Herausforderungen des Datenschutzes, Zugang zu Registerinformationen und Personalförderung. Damit greifen sie Desiderate auf, die von den Studienleitungen unterschiedlicher Surveys (s. Anhang 1) an den RatSWD herangetragen wurden. Zusätzlich werden Empfehlungen ausgesprochen, die der Sicherung der Datenqualität dienen. Diese beziehen sich auf den Umgang mit Stichprobenselektivität im Rahmen niedriger Teilnahmebereitschaft bei Surveys, auf die deutsche Landschaft der Erhebungsinstitute sowie auf die methodische Survey-Forschung. Die beigefügten Anhänge beschreiben die Vielfalt der Survey-Landschaft in Deutschland. Um diese Landschaft optimal zu nutzen und in Zukunft noch besser auszugestalten, richten sich die Empfehlungen des RatSWD sowohl an die Studienleitungen, an die Forschungsfördernden, aber auch an die Wissenschaftspolitik. ; Surveys constitute important research data infrastructures for basic and applied research in many disciplines of the social, behavioral, and economic sciences. The use of survey data developed in various dimensions: secondary data use intensified across disciplines; survey data are increasingly used in replication studies; recently, they have been linked to data from other sources such as administrative data; finally, existing surveys increasingly allow additions to their survey instruments suggested by external scientists as potential data users. The German Data Forum supports these developments and presents recommendations to spread the secondary use of existing data, to facilitate replication studies and data linkage, and to open the questionnaires of extant surveys to new suggestions. In this document we discuss challenges for existing surveys in the areas of funding, planning, and continuation, with respect to data protection, access to registers, and human resource development. This responds to the needs of extant surveys (see Appendix 1) which have been pointed out to the German Data Forum by data producers. In addition, we suggest measures to safeguard data quality. These refer to sample selectivity as a consequence of low response rates, they cover issues related to the market structure among survey institutes in Germany, and to research on survey methodology. The appendices of this document describe the diversity and richness of existing surveys in Germany. In order to use the existing infrastructures to their fullest potential, our recommendations address various stakeholders: those administering surveys, research funding organizations, and those in charge of science policy.
Gemäß des "Drei-Sektoren-Modells" lässt sich der Kulturbereich in den öffentlichen, den gemeinnützigen und den privatwirtschaftlichen Sektor der sogenannten "Kulturwirtschaft" unterteilen. Die Grenzen zwischen diesen drei Feldern werden jedoch zunehmend durchlässiger. Die Verflechtungen beziehen sich dabei sowohl auf komplementäre Beziehungen, als auch auf Konkurrenzverhältnisse zwischen Kulturinstitutionen. So sind Kulturschaffende oftmals gleichzeitig für öffentliche, privatwirtschaftliche und intermediäre Kulturorganisationen tätig, öffentliche Kulturbetriebe treten als Auftraggeber und Dienstleister für private Kulturunternehmen auf, es werden Kooperationen zwischen öffentlichen und privaten Kulturanbietern eingegangen und Institutionen der verschiedenen Kultursektoren konkurrieren auf dem Kulturmarkt um dieselben Kulturnutzer. Diese exemplarische Beschreibung verdeutlicht, dass eine strikte Trennung der Aufgabenbereiche öffentlicher, gemeinnütziger und privatwirtschaftlicher Kulturakteure immer weniger möglich ist. Auch die Kulturpolitik muss dieser Entwicklung Rechnung tragen. Nachdem sich die Kulturpolitik in Deutschland seit Jahrzehnten nahezu ausschließlich mit dem öffentlich getragenen und teilweise auch mit dem gemeinnützigen Kulturbetrieb beschäftigt hat, kommt einer zeitgemäßen Kulturpolitik die Aufgabe zu, Kultur stärker als Gemeinschaftsaufgabe der verschiedenen Akteursgruppen zu begreifen. Dabei muss die kulturelle Produktion in allen Kultursektoren – und somit auch in der Kulturwirtschaft – betrachtet werden und es gilt, die Interdependenzen zwischen den drei Bereichen in strategische Entscheidungen einzubeziehen. Auf diese Weise kann sich die Kulturpolitik auf dem gesamten Feld kultureller Aktivitäten positionieren und Verknüpfungen anregen, die einen Mehrwert versprechen. Die Entwicklung und Implementierung sektorenübergreifender Ansätze setzt detaillierte Kenntnisse über das intersektorale Beziehungsgeflecht in der kulturbetrieblichen Praxis voraus. Diese Vernetzungen sind jedoch bislang noch wenig systematisch untersucht und nicht ausreichend empirisch belegt. Besonders hinsichtlich der Verflechtungen auf der Mikroebene zwischen den einzelnen Kultureinrichtungen besteht ein erhebliches Wissensdefizit. Daher betrachtet das Forschungsprojekt diese interorganisationalen Vernetzungen genauer, indem die Beziehungen zwischen privatwirtschaftlichen Kulturunternehmen, öffentlichen Kulturinstitutionen und gemeinnützigen Kultureinrichtungen in den Sparten Musik, Darstellende Kunst und Bildende Kunst anhand einer qualitativen Studie beleuchtet werden. Auf diese Weise wird das "Beziehungsgeflecht Kulturbetrieb" erstmals in seiner Mikrostruktur beschrieben und analysiert. Daraus werden im Sinne einer anwendungsorientierten Forschung anschließend Handlungsimpulse für die kulturbetriebliche und kulturpolitische Praxis abgeleitet. ; According to the 3 sector modell, the cultural sector can be divided into the public, the non-profit and the commercial sector – the so-called cultural industries. The borderlines between these three cultural sub-sectors are becoming increasingly permeable. A strict differentiation of the tasks and responsibilities of public, non-profit and commercial players is hardly possible. Therefore, the mission of an up to date cultural policy is to understand culture as a common task of different groups of players, to consider the cultural production in all cultural sectors and to include the cultural industries in strategic decisions. However, the development of an adequate approach requires detailed knowledge about the interdependences in the cultural sector on an organisational level. The dissertation bridges this research gap by focusing on the interdependences between cultural organisations in the three different cultural sectors. Within the scope of the research project, an interorganisational analysis between micro enterprises of the music industry, the art market and the performing arts and public and non-profit cultural institutions was carried out. The thesis concludes with perspectives for a successful intersectoral collaboration between cultural institutions of the three different sectors and recommendations for cultural policy support measures fostering the relations between public and private players in the arts.
Die Dissertation zeigt am Fallbeispiel Berlin, wie stadttouristische Konflikte politisch-administrativ (ent-)problematisiert werden. Die Forschung zur Governance konflikthafter touristischer Phänomene (z. B. Gewerbe-Monostrukturierung) betreibt bislang v. a. good governance-Kritik, oder sie thematisiert die Konflikt-Governance zeitdiagnostisch als Ausdruck unternehmerischer/postpolitischer Stadtpolitiken. Demgegenüber greift die Dissertation das konzeptuell etablierte Postulat auf, bereits die Deutung zu bearbeitender Probleme als zentralen Aspekt von Governance zu verstehen. In der empirisch-analytischen Anwendung wird der Governance-Begriff als "Sehhilfe" zur differenzierten Beschreibung von problembezogenen Governance-Arrangements herangezogen. Mittels einer Dokumentenanalyse und einer Ethnografie der Tourismusmanagement-Praxis werden sechs einschlägige Techniken der (Ent-)Problematisierung tourismusbedingter Konflikte herausgearbeitet: 1. die geschichtliche Naturalisierung von Interessenskonflikten, 2. die moralische Begrenzung von Debattierbarkeit, 3. die statistische Definition von Problemwahrnehmung, 4. die konzeptuelle Regulierung von Rechenschaftspflichten, 5. die partizipatorische Thematisierung von Problemen und 6. die begriffliche Konsensualisierung von Lösungen. Das Zusammenwirken dieser Governance-Techniken wird in Anlehnung an Mariana Valverde als ein Seeing Like a Tourist City betitelt: Probleme eines konflikthaften Tourismus sind nicht gegeben, sie werden politisch-administrativ mit diversen (teils widersprüchlichen) komplexitätsreduzierenden Mitteln geformt (u. a. moralisch, statistisch, geschichtlich), kontextspezifisch artikuliert (u. a. öffentlich-medial, in Partizipationsforen), verfahrensförmig negiert und nicht zuletzt in Abhängigkeit verfügbarer Lösungen hervorgebracht. Anwendungsorientiert gewendet macht die Dissertation das Zusammenwirken der o. g. Techniken als aktives Verwalten tourismusbedingter Konflikte (an-)greifbar. ; The thesis explores how conflictive urban tourism phenomena (e. g. commercial gentrification) are (de-)problematized by governmental actors in Berlin. Hitherto, research on "overtourism"-governance has been dominated by good governance criticism; alternatively, governance of conflict-prone urban tourism is discussed as manifestation of an entrepreneurial or post-political urban governance. The thesis, however, seizes on the conceptual claim to understand the way in which tourism conflicts are framed, constructed or contested by governmental bodies as key aspect of governance. Employing the notion of governance as analytical lens to comprehensively describe problem-oriented governance settings, six key techniques used to (de-)problematize tourism-induced conflicts haven been identified (building on document analysis and an ethnography of destination management practice): 1. Mobilising history to naturalise conflicts; 2. Limiting the debate about conflict-prone tourism under moral aspects; 3. Defining the perception of problems statistically; 4. Adjusting accountability conceptually; 5. Addressing problems by means of participatory forums; 6. Achieving consensual solutions by notions (e. g. "sustainability"). Referring to Valverde the combination of the governance techniques is dubbed as Seeing Like a Tourist City: problems of conflictive tourism do not exist a priori, but are constructed in an active political-administrative way. Problems of conflictive tourism are framed by (in part contractionary) ways of knowing (morally, statistically, by legends); conflicts are represented in highly context-specific manners, they are denied by administrative proceedings and intimately linked to the availability of solutions. The combination of the above-mentioned governance techniques represents an "active administration" of tourism conflicts; the "busy" but noncommittal governance remains in well-established patterns of (discursively) reconciling problems and solutions.
Effizienzpolitiken allein werden nicht mehr ausreichen, um Klimaschutzziele zu erreichen. Diese Erkenntnis setzt sich in der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte immer mehr durch, partiell selbst innerhalb der Green Economy-Diskurse. Wir werden um Politiken der Eindämmung struktureller Energiebedarfs-Erzeugung nicht herumkommen. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Forderungen nach Suffizienz und "Maß-Halten" nicht die Erwerbsökonomie und Wachstumspolitiken adressieren, sondern die privaten Haushalte: die genderbedingt erwerbsökonomisch und politisch externalisierte Versorgungsökonomie (Haushaltswirtschaft) und persönliches Handeln. Deshalb ist ein emanzipativer Energiesuffizienz-Politikansatz umso wichtiger. Wie aber lässt sich ein Energie-bezogener Suffizienz-Ansatz des "Genug - es reicht!" anwendungsorientiert und methodisch konkret fassen? Auf welches Sichtbarmachen von den in der Energieforschung und -politik fast immer ausgeblendeten Fragen nach dem gutem Leben, Versorgen und Versorgt werden kommt es an? Wie lassen sich dabei implizite Genderverzerrungen, die aus traditionell an Maskulinität als Norm orientiertem Denken stammen, gemeinsam überwinden? Welche Strategien, welche Potenziale, welche Eingriffspunkte für Energiesuffizienz-Politiken und welcher Art Instrumente resultieren daraus? Die im ersten größeren, vom BMBF geförderten Forschungsprojekt zu diesen Fragen erarbeiteten Analysen, Ansätze und Methoden wurden durch genderkompetente ExpertInnen aus den beteiligten Disziplinen in einer Fokusgruppen-Diskussion reflektiert, kritisch gewürdigt, mit Anregungen, disziplinären Wissensbeständen und praktischen Beispielen bereichert. Der Wuppertal Report 8 präsentiert die Auswertung und die Zusammenfassung des emanzipativen Ansatzes und neuen Methode. Er gibt damit einen Einblick in die vielfältigen Ergebnisse des Gesamtprojekts "Strategien und Instrumente für eine technische, systemische und kulturelle Transformation zur nachhaltigen Begrenzung des Energiebedarfs im Konsumfeld Bauen/Wohnen". ; Bericht zum emanzipativen Suffizienz-Ansatz, zur neuen genderreflektierten Methodik und Auswertung einer Fokusgruppendiskussion im Rahmen des Verbundvorhabens "Strategien und Instrumente für eine technische, systemische und kulturelle Transformation zur nachhaltigen Begrenzung des Energiebedarfs im Konsumfeld Bauen/Wohnen" ; Sufficiency actually is debated as a serious topic. Not at least because of the limits and destructive impacts of growth, producing global environmental damages, unsustainable consumption of ressources and climate change, but also economical and social destabilisations and inequalities. Also green economy and efficiency policies turn out to be no match for these problems. But how to design acceptable and effective sustainable sufficiency policies in concrete sectors like energy? Enabling "good life" without growth imperative (cf. the "sustainable livelihood" approach) necessitates adressing politically the structural production of energy needs and demand. Nevertheless there are emerging risks, not hitherto politics and market driven economy will be adressed by sufficiency, but private households: their care economy as well as the personal acting within. The care economy however already is long ago recognised being in an economical, social and ecological crisis: It is economically exploited, but because of gender biases externalised from being (societal the essential) part of economy and its rationality. The dominant societal masculinity model still comprises significant abstinence resulting i.a. in gender unequal chances of being served and provided. And societal nature relationships of caring are undermined by centering independent social security etc. around income from market. After the "feminisation of the environmental responsibility", pointed out for the waste and transport sector, now "feminisation of the energy sufficiency responsibility"? All the more important is an emancipative (energy) sufficiency approach. What methods are nescessary and adequate designing sustainable, i.e. gender responsive political energy sufficiency strategies and modeling potentials? Which political step ins, actions and types of instruments are resulting from an energy sufficiency approach of "Enough already!"? The analysis, approach and methods as well as their evaluation and enrichment by an interdisciplinary expert focus group discussion, done within a first research project on elaborating energy sufficiency policies, are presented by the Wuppertal Report no. 8.
Die Auswirkungen von Direktinvestitionen deutscher Unternehmen auf die Arbeitsbeziehungen in Mittel-/Osteuropa Am Beispiel ausgewählter Länderfallstudien in Polen, der Tschechischen und Slowakischen Republik In diesem Forschungsprojekt untersucht das Institut Arbeit und Wirtschaft die Veränderungen der Arbeitsbeziehungen in Betrieb und Unternehmen der EU-Beitrittsländer unter dem Einfluß ausländischer Direktinvestitionen. Die Untersuchung erstreckt sich auf die Branchen Metall/Stahl, Chemie/Energie und die Nahrungsmittel produzierende Industrie in drei ausgewählten Mittelosteuropäischen Ländern (Polen, Tschechische Republik und Slowakei). Das Projekt ist anwendungsorientiert und setzt sich das Ziel, an einem Netzwerk von Wissenschaftlern und Praktikern, die mit den Arbeitsbeziehungen befasst sind, mitzuwirken. Dazu dienen eine Reihe von Hearings und Konferenzen in den beteiligten Ländern. [.] Im vorliegenden Arbeitspapier präsentieren die beteiligten Wissenschaftler einen Überblick über die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen in ihren jeweiligen Ländern. Die Reports beruhen auf der Auswertung existierender Forschungsberichte und eigenen Untersuchungen. Im letzten Teil erfolgt eine zusammenfassende Bewertung der Unterschiede und der Gemeinsamkeiten in den Arbeitsbeziehungen der drei Länder. Das Projekt wird finanziell gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung und die Otto Brenner Stiftung. ; The Impact of Foreign Direct Investments of German Companies on the Labour Relations in Middle-East-European Countries - Taking the Examples of Poland, the Czech Republic and Slovakia The controversial themes of "free movement of labour", "free movement of services", "costs for adaptation" dominate the discussion about the Eastern enlargement of the EU. The indirect long-term economic and political benefits of the EU enlargement as well as the costs for nonenlargement remain untouched. The Foreign Direct Investments can play a considerable role to modernise the economy and the social welfare state in Middle/East Europe. But this means, that other social actors than the state as trade unions, employers' associations, company management and employee representatives at works and company level have to take over an enormous responsibility. In the wake of foreign direct investments in the CEE countries, social actors from West European as well as from Central and eastern European countries can and must contribute to foster a "social Europe" more than ever before. [.] A research project, coordinated by the Institute Labour and Economy, University of Bremen aks for The Impact of Foreign Direct Investments of EU based Companies on Labour Relations in EU Candidate Countries". It covers the chemical, energy, metal, steel and food processing industry in three selected countries of Central and Eastern Europe, Poland, the Czech Republic and Slovakia. This project is an applied research, advisory and qualification project which also has the character of a model study. Through organizing hearings and conferences of results there should be closer connection to network with researchers and practitioners who are concerned with labour relations. Furthermore considerations regarding dealing with and examining the mutual effects between foreign direct investments and labour relations in the three CEE countries should be discussed and worked on with company and trade union representatives and other experts. The objective of the study are the labour relations at plant/company level, considering the supra company and legal levels too, if necessary. The empirical work of the study concentrates on evaluation of already existing surveys, expert interview on companies' and supra-companies level. The papers, presented herein, collect preliminary studies of the development of labour relations in the three countries, contributed by the partners in Poland, the Czech Republik and Slovakia. They are based on a evaluation of existing surveys and own research and should be taken as a framework for further investigation and as incentives for the following working packages of the project. In the summary there will be taken a look on the diversities and interfaces of Industrial Relations in the respective countries. Sponsored by Hans-Böckler-Foundation and Otto Brenner Foundation.
In Deutschland steht mit der Warenterminbörse Hannover (WTB) seit 1998 ein Instrument für das Management von Preisrisiken zur Verfügung. Die vorliegende Arbeit untersucht in einem grundlagenorientierten ersten Teil das risikopolitische Potential von Warentermingeschäften zum Management von Preisrisiken unterschiedlicher Fristigkeit, wobei mit einem Kontrakt auf Schlachtschweine ein nicht lagerfähiges Produkt im Mittelpunkt der Betrachtungen steht. In einem anwendungsorientierten zweiten Teil folgt die Konzeption eines Entscheidungsunterstützungssystems zur Durchführung von Warentermingeschäften in der landwirtschaftlichen Praxis. Der Darstellung der mikro- und makroökonomischen Rahmenbedingungen am Schlachtschweinemarkt folgt zunächst die Erläuterung wichtiger börsentheoretischer Zusammenhänge bei lagerfähigen und nicht lagerfähigen Agrarprodukten. Dabei liefern die "Theory of Storage" und das Konzept des "Price of Feedlot Services" wichtige Erkenntnisse zum Verständnis der je nach Lagereignung unterschiedlichen Preisbildungsmechanismen. Die empirische Untersuchung der Informationseffizienz des an der Terminbörse von Amsterdam (AEX) gehandelten Schlachtschweinekontraktes über einen Zeitraum von 10 Jahren offenbart die hohe Prognoseeffizienz der Terminkurse als Prädiktor zukünftiger Kassapreise. Eine regressionsanalytische Untersuchung bestätigt die "Forward Pricing Function" der Terminpreise für Schlachtschweine, was die individuelle Informationslage des Unternehmers zum Einstallungszeitpunkt spürbar verbessert. Die folgende Untersuchung der Markteffizienz, die auf die Ursachen möglicher Abweichungen schließt, ergibt ein gemischtes Bild. Die Hypothese der schwachen Markteffizienz, wonach die Terminpreise während der Kontraktlaufzeit einem "Random Walk" folgen, kann nicht abgelehnt werden. Hingegen wird die Hypothese der mittelstarken Markteffizienz, wonach die Terminkurse stets alle öffentlich verfügbaren Informationen reflektieren, mit Hilfe eines ARIMA-Modells auf Zeitreihenbasis widerlegt. Die sogenannte Portfolioselektion stellt das Rüstzeug zur Ermittlung des theoretischen Risikoreduzierungspotentials von Warentermingeschäften zur Verringerung des kurzfristigen Preisänderungsrisikos zur Verfügung. Die Herleitung ex post ermittelter Portfolios, bei denen sowohl Risiko- als auch Ertragskriterien berücksichtigt werden, bestätigt das erhebliche Potential von Warentermingeschäften zur Minimierung bzw. Optimierung des Preisänderungsrisikos. Da der landwirtschaftliche Unternehmer in erster Linie an gleichmäßigen Gewinnbeiträgen aus der Schweinemast und erst in zweiter Linie an der Reduzierung des kurzfristigen Preisänderungsrisikos interessiert ist, erfolgt anschließend die Entwicklung, empirische Simulation und Bewertung verschiedener Routine-, Portfolio- und Signalstrategien auf Basis von Terminkontrakten und Optionen. Die Bewertung der einzelnen Strategien erfolgt unter Ertrags- und Risikogesichtspunkten, wobei sich die Effizienzkriterien "Deckungsbeitrag" und "Standardabweichung der Deckungsbeiträge" aufgrund einer unter der Programmiersprache Visual Basic for Applications (VBA) konzipierten Absicherungssimulation über einen Zeitraum von 10 Jahren ergeben. Da die Komplexität der Terminmarktmechanismen für den landwirtschaftlichen Unternehmer eine hohe Marktzutrittsbarriere bedeuten, erfolgt abschließend die Konzeption und Programmierung eines internetbasierten Entscheidungsunterstützungssystems zur Durchführung von Warentermingeschäften. Nach Vorwahl einer entsprechenden Absicherungsstrategie liefert das System je nach aktueller Datenlage vollautomatisch Statusinformationen und Handlungsempfehlungen zur Umsetzung entsprechender Handelsaktivitäten. ; Since 1998 the commodity futures exchange in Hannover, Germany has provided an instrument for the management of price risks. The first section of this thesis investigates the potential of a agricultural commodity exchange to manage price risks. By focusing on a futures contract on hogs, a perishable product becomes the center of attention. The second, more user-orientated section, describes a concept of a decision-support-system to carry out commodity hedging in the agricultural practice. After the re-presentation of the micro- and macroeconomic conditions follows an explanation of important theoretical connections of non-perishable and perishable agricultural commodities. The "Theory of Storage" and the concept of "Price of Feedlot-Services" deliver important knowledge for the understanding of pricing-mechanisms with regards to suitable storage capabilities. Over a period of ten years the empirical investigation of information efficiency at the Amsterdam Exchange (AEX), Nederlands reveals the high prognosis efficiency of future prices as predictor of subsequent spot prices. A regression analysis confirms the "Forward Pricing Function" of futures prices on hogs. This improves the farmers information at the date new pigs are put into the pigsty. The subsequent research of market efficiency do not give a clear picture. The hypothesis of weak efficiency, where futures prices follow a "Random Walk" cannot be rejected. However, the hypothesis of semi-strong market efficiency, where futures prices reflect all public available information is refuted with the support of "ARIMA-modells". The so called "Portfolio-Selection" helps to determine the theoretical potential of futures to decrease price risks. Ex post Portfolios based on historical volatility, where risk- as well as return aspects are considered, confirms the high potential of commodity to minimise or optimise price risks. The farmer is mostly interested in profitable hog rearing and the second aspect is the reduction of short-term price risk. Then come the development, empirical simulation and valuation of various routine-, portfolio-, and signal strategies on the base of futures contracts and options. The assessment of individual strategies is based on return- and risk aspects. Here efficient criteria (marginal return and its standard deviation) is a result of a hedging simulation programmed under Visual Basic for Applications (VBA) over a period of ten years from 1991 to 2000. The complexity of commodity futures for the farmer makes it difficult to get into the market. The result is a concept of a internet-based decision-support system to manage hedging strategies based on futures and options. A selection of certain hedging strategies will be given by the system to allow the choice of appropriate status information and give suggestions on which actions to take.
Der Inhalt dieser Arbeit ist anwendungsorientiert. Sie entwickelt theoretische und algorithmische Grundlagen für ein System zur Entscheidungsunterstützung bei der Kundenakquisition im Marketing. Besondere Beachtung finden dabei die zeitliche Simulation des Kundenverhaltens sowie ökonomischer Kenngrößen, die Optimierung der Anzahl der Kunden, die mit einer Marketingstrategie bearbeitet werden, die Optimierung der Akquiseaktionen einer Marketingstrategie. Neben Simulation und Optimierung steht die Modellbildung im Mittelpunkt. Sie berücksichtigt zum einen die Stochastik des Kundenverhaltens und zum anderen die Unschärfe verschiedener Elemente der Kundenakquisition: der Kapazitätsbeschränkung für Akquiseaktionen, des Zieles der Kundenakquisition sowie der Bewertung, welche Aktionen für welche Kunden gut geeignet sind. Bei der Modellierung wird schrittweise vorgegangen: Formalisierung von Marketingstrategien mit Hilfe von Akquiseplänen und einem Wahrscheinlichkeitsraum, mit dem praktisch handhabbare Verfahren zur Simulation des Kundenverhaltens hergeleitet werden; Formulierung des unscharfen stochastischen Optimierungsproblems der optimalen Beschickung von Akquiseplänen; Erweiterung von Akquiseplänen zu dynamischen Akquiseplänen, mit denen eine Marketingstrategie als eine Akquise-Entscheidungsregel eines mehrstufigen stochastischen Entscheidungsprozesses in unscharfer Umgebung mit implizit vorgegebener Prozess-Endzeit dargestellt und optimiert werden kann. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Formulierung der Optimierungsprobleme und der Untersuchung ihrer Lösbarkeit. Als erste große thematische Einheit zur unscharfen Optimierung wird die Lösung des Problems der optimalen Beschickung von Akquiseplänen behandelt. Dabei werden Ansätze der unscharfen linearen Optimierung erweitert. Die Modellierung der Stochastik des Kundenverhaltens führt schließlich zur Erzeugung des deterministischen Äquivalents mit Hilfe von Szenarien. In gleicher Weise wird das scharfe Äquivalent des unscharfen Problems gewonnen. Die Strukturuntersuchung des Optimierungsproblems führt zu einer Erweiterung des Akquiseplan- Modells zum zeitlichen Akquiseplan und zur Beschreibung des Problems als ein Mehrgüterfluss-Problem. Als Lösungsverfahren werden die Mittelwertbildung über die Lösungen von linearen Optimierungsproblemen für unterschiedliche Szenarien sowie ein erweitertes Lagrange-Verfahren, das alle Szenarien zugleich berücksichtigt, entwickelt, beschrieben und untersucht. Die wesentlichen theoretischen Ergebnisse der Arbeit werden in der zweiten großen thematischen Einheit zur unscharfen Optimierung gewonnen, die die Optimierung mehrstufiger stochastischer Entscheidungsprozesse in unscharfer Umgebung mit implizit vorgegebener Prozess-Endzeit behandelt. Sie basiert auf der Arbeit von Bellman und Zadeh: "Decision-Making in a Fuzzy Environment" aus dem Jahr 1970. Während die bekannten Ansätze stochastische Entscheidungsprozesse mit vorab festgelegter Stufenanzahl betrachten, ist in der vorliegenden Arbeit die Prozess-Endzeit implizit durch Erreichen eines Endzustandes bestimmt. Die theoretische Untersuchung dieses Problemtyps führt schließlich zu einem praktisch einsetzbaren Verfahren. Eine andere Erweiterung der in der Literatur beschriebenen Behandlung dieser Optimierungsprobleme ist die Untersuchung der in der Modellierung benutzten t-Norm. Als Ergebnis kann gezeigt werden, dass alle wesentlichen Aussagen zur Lösung des Problemtyps für eine ganze Klasse von t-Normen gültig sind. Die hier entwickelten Modelle und Verfahren können zum Gebiet des finanzwirtschaftlichen Ingenieurwesens ("financial engineering") gerechnet werden, das aus dem Versuch heraus entstanden ist, Fragestellungen im Finanzwesen mit den Methoden des Ingenieurwesens zu bearbeiten. Aufgrund der Allgemeinheit der gefundenen Verfahren gehen die Anwendungsmöglichkeiten der Ergebnisse dieser Arbeit weit über den Bereich des Finanzwesens hinaus. Alle hier entwickelten Verfahren sind in Algorithmen umgesetzt und in höheren Programmiersprachen programmiert worden: die zeitliche Simulation des Kundenverhaltens und ökonomischer Kenngrößen einer Kundenakquise in Maple, die Optimierung der Beschickung von Akquiseplänen in C++ unter Verwendung von CPLEX und die Berechnung einer optimalen Politik von mehrstufigen stochastischen Entscheidungsprozessen in unscharfer Umgebung mit implizit vorgegebener Prozess-Endzeit in Matlab. Die praktische Tauglichkeit der Verfahren wird anhand zahlreicher Fallbeispiele illustriert und untersucht. Alle Programme und die Fallbeispiele sind in dieser Arbeit soweit beschrieben, wie es zu ihrem Verständnis nötig ist. Der Quellcode der Programme und alle für die Fallbeispiele nötigen Daten sowie ihre Ergebnisse sind über die Homepage des Verfassers zugänglich. Schlüsselwörter stochastische Optimierung, unscharfe Logik, Simulation, dynamische Optimierung, mehrstufige stochastische Entscheidungsprozesse, unscharfe Umgebung, Marketing, Kundenakquisition, Akquisepläne ; This work is application oriented. It develops the theoretical and algorithmic basis for a decision support system in marketing. Special emphasis is given to simulation of customer behavior and economic key figures, optimization of the amount of customers to which a marketing strategy is applied, optimization of marketing actions. Beside simulation and optimization focus is given to mathematical modeling. On the one hand, the latter focuses on stocastics of customer behavior, on the other hand it considers the fuzziness of various elements of customer acquision. Such elements are, for instance, capacity restrictions for marketing actions, the objective of the acquisition process, and the evaluation of which action suits which customers well. The model is developed step by step: Formalization of marketing strategies by means of acquisition plans and a probability space which allows deviation of practicable methods for simulation of the customer behavior. Formulation of the fuzzy stochastic optimization problem of feeding an acquisition plan optimally. Enhancement of acquisition plans to dynamic acquisition plans, in order to model marketing strategies as decision rules of a multi-stage stochastic decision process in a fuzzy environment with implicitly given process termination. Main focus is given to formulation of fuzzy optimization problems and investigation of their solvability. The first main part of fuzzy optimization is the solution of problems on how to feed acquisition plans, optimally. For this purpose, known approaches of fuzzy linear optimization are enhanced. Modeling of the stochastics of customer behavior is finally solved by generating the deterministic equivalent by means of scenarios. In the very same way, the crisp equivalent of the fuzzy problem is gained. Structural investigation of the problem leads to enhancement of the acquisition plan based model into a new network structure, the timely acquisition plan, and to a multi-commodity network flow problem. For its solution following approaches are developed and examined: Averaging over solutions of linear optimization problems for different scenarios. Augmented Lagrange method in order to take into account all scenarios simultaneously. The most relevant theoretical result of this work are derived in the second main part of fuzzy optimization. Its subject is optimization of multi-stage stochastic decision processes in a fuzzy environment with implicitly given process termination. It is based on Bellman's and Zadeh's article "Decision-Making in a Fuzzy Environment" in the year 1970. Whereas approaches in literature consider stochastic decision processes with a pre-defined number of stages, in this work process termination is defined implicitly by reaching a terminated state of a state space. Theoretical investigation of this type of problem, finally results in a practically applicable method. Another subject of investigation is the examination of the t-norms used in the model. It can be shown that all propositions for solution of this optimization problem hold for an entire class of t-norms. Models and methods developed in this work belong to the area of financial engineering which arose from the attempt to solve problems of finance by means of engineering. Owing to the generality of the methods developed in this work, areas of application go far beyond financial engineering. All methods developed here are implemented in an advanced computer language: Simulation of customer behavior and economic key figures in marketing is implemented in Maple. Optimization of feeding an acquisition plan is implemented in C++ utilizing CPLEX. Computation of an optimal policy of multi-stage stochastic decision processes in a fuzzy environment with implicitly given process termination is implemented in Matlab. Practical capability of the methods is illustrated by various case studies. All programs and case studies are described in this work in detail. Source code of the programs and all data of the case studies and related results are available from the author's homepage. Keywords stochastic optimization, fuzzy logic, simulation, dynamic optimization, multi-stage stochastic decision processes, fuzzy environment, marketing, customer acquisition, acquisition plans
A strong increase of onshore and offshore wind power capacities is an official political target in Germany and other countries. The wind energy shares therefore rise in many power systems. Wind power generation has other characteristics than the power generation by conventional power plants. The wind is a natural resource that is fluctuating. The meteorological dependency leads to a limited predictability of the available power. A third aspect is the concentration of wind farms at locations with high wind yields as in the North of Germany. From a methodological point of view, the thesis focuses on the analysis of the three aspects with regard to the power system operation and the development of related modelling approaches. This especially refers to the application of a stochastic optimization model for the system analysis and to the simulation of wind power generation and wind power forecasts. The application orientated focus is on a scenario analysis of the German power system in 2020. The analysis aims at the identification of promising system adaptations that lead to an improved wind power integration and a more efficient power system operation. Before the model presentation, the importance of the three aspects above is discussed giving the basics for the latter modelling. It is shown that the residual load fluctuations are increased by the wind power generation, especially if they are related to the residual load levels. The flexibility of thermal power plants is also regarded here. An analysis of operational uncertainties shows the importance of wind power forecast errors in relation to load forecast errors. The DC load flow model and characteristics of the transmission grid are explained. A stochastic market model is presented that allows an integrative analysis of the wind power integration. One characteristic of the optimization model is the application of a rolling planning so that forecast errors can be specifically considered. A main modification of the model compared to earlier model versions is given by the representation of grid constraints. A grid reduction approach is developed that reduces the transmission grid to a simplified structure that is applied in the market model. The grid reduction approach is based on a comparison of DC load flow solutions in the reduced and unreduced grid. Additionally, an approach for the calculation of tertiary reserves is given. The approach considers the wind forecast quality and combines probabilistic elements with an optimization. The simulation of wind power generation and forecasts combines different analyses and methods. General quantitative relations between the variability of wind power generation and the geographical region size are derived. The equations are applied in the simulation of wind power generation that is based on adapted wind power curves. The adapted power curves consider regional smoothing effects in the transformation of wind speed to wind power. The simulation results reflect the high variability of the concentrated offshore wind power. For the simulation of the wind power forecasts, a scenario generation method based on moment matching is presented that allows simulating non Gaussian distributed forecast errors and their correlations. The results of a statistical analysis of measured forecast errors are used in the simulation. An empirical relation between error correlation and geographical distance is for example given. The German forecast quality that is simulated for 2020 assuming an improvement of forecasting by 20% is, related to the installed capacity, similar to the one of today due to the high spatial concentration of the offshore capacities. For the scenario analysis of the power system in 2020, the power plant portfolios of twelve German regions and other parameters are derived based on different sources. This includes reserve requirement values and reduced grid parameters that are calculated by the methods mentioned above. The results show that, in the regarded scenario, 3% of the yearly wind energy cannot be integrated into the system. They are curtailed nearly exclusively due to transmission constraints. The network congestions also lead to high differences between the regional electricity prices. The yearly costs of wind forecast errors amount to circa 180 million Euros or 1% of the operational system costs. The model results thereby indicate a large cost saving potential by risk management methods. Based on scenario modifications, integration measures related to CAES capacities, demand side management and more flexible power plants as well as infrastructural changes by grid expansions and an adapted geographical allocation of power plants are analysed. The importance of a stochastic modelling approach for the evaluation of flexibility related scenarios is shown. The comparison of the integration measures identifies infrastructural changes as most efficient system improvements whereas the benefits of CAES capacities are small. Assuming a grid without any transmission constraints, the yearly system costs are reduced by one billion Euros. A limited grid upgrade leads to 10% of this cost reduction. Similar cost savings are achieved by adapting the geographical locations of the power plants. Adjusting the generation to the grid is therefore a promising alternative to grid expansions especially considering the long processes that are involved with new transmission lines. A market design with regional electricity prices would give related incentives. ; Ein starker Ausbau der Windenergie, onshore und offshore, ist ein erklärtes politisches Ziel in Deutschland und anderen Ländern. Der Windenergieanteil nimmt folglich in immer mehr Stromsystemen zu. Die Stromerzeugung durch Windenergie weist andere Eigenschaften auf als sie beim Betrieb konventioneller Kraftwerke gegeben sind. Die Erzeugung beruht auf der natürlichen Ressource Wind und ist daher fluktuierend. Die meteorologische Abhängigkeit führt auch zu einer begrenzten Prognostizierbarkeit des verfügbaren Stromes. Ein dritter Aspekt ist die Konzentration der Windenergieanlagen an windreichen Standorten wie im Norden Deutschlands. Die Arbeit verfolgt zunächst das methodische Ziel, diese drei Aspekte bei der Analyse des Strombetriebs greifbar zu machen und geeignete Ansätze für die Strommarktmodellierung zu entwickeln. Dies betrifft insbesondere die Simulation der Windstromerzeugung und Windstromprognosen und die Anwendung eines stochastischen Optimierungsmodells zur Systemanalyse. Außerdem wird das anwendungsorientierte Ziel verfolgt, verschiedene Szenarien des deutschen Stromsystems für das Jahr 2020 zu untersuchen. Vielversprechende Systemanpassungen für eine verbesserte Integration der Windenergie und einen effizienteren Strombetrieb sind dabei zu identifizieren. Vor der Methodenentwicklung und Anwendung des Strommarktmodells wird zunächst die Bedeutung der drei obengenannten Aspekte erörtert und die Grundlage für dianpassungen hinsichtlich des Einsatzes von CAES Speicherkraftwerken, Demand Side Mangagement und flexiblerer Kraftwerke sowie Änderungen der Infrastruktur durch Netzausbauten und einer angepassten geographischen Allokation von Kraftwerken untersucht. Die Ergebnisse belegen die Vorteile eines stochastischen Marktmodellierungsansatzes für die Evaluierung flexibilitätsbezogener Integrationsmaßnahmen. Der Vergleich der Integrationsmaßnahmen identifiziert infrastrukturelle Maßnahmen als wirksamste Systemverbesserung, während der Nutzen zusätzlicher CAES Speicherkapazitäten gering ist. Unter der Annahme eines Netzes ohne Übertragungsengpässe reduzieren sich die jährlichen Systembetriebskosten um eine Milliarde Euro. In einem moderateren Netzausbauszenario lassen sich nur 10% dieser Einsparung realisieren. Eine Kostenreduktion in ähnlicher Höhe wird durch eine angepasste Standortwahl neuer Kraftwerke erreicht. Eine Anpassung der Stromerzeugung an die Netzsituation ist demnach eine vielversprechende Alternative zu Netzausbauten, die vor allem auch wegen der langwierigen Prozesse beim Bau neuer Netzleitungen interessant ist. Ein regionales Preismodell würde dafür Anreize schaffen.
In Germany, secondary school students differ greatly in their science achievement, a dispersion that is far above the OECD average (Schiepe-Tiska, Rönnebeck, & Neumann, 2019). Immigrant students tend to be at the lower end of the scale in Germany – on average, they achieve substantially less well in science than non-immigrant students (OECD, 2016d), which is partially due to the German school system (Zoido, 2013). These differences in achievement translate into underrepresentation of immigrants in science-related jobs in Germany (OECD, 2008). Achievement and career choices are closely intertwined with academic self-concept (for an overview see Marsh & Craven, 2006). Regarding science self-concept, the pattern that immigrant students tend to score lower is present in many countries (e.g. Riegle-Crumb, Moore, & Ramos-Wada, 2011). The goal of the present research project was to investigate these inequalities between immigrant and non-immigrant secondary school students. This was done focusing on secondary school students' chemistry self-concepts. Chemistry self-concepts were focused on because achievement in chemistry is an important factor for careers in natural sciences (Cohen & Kelly, 2019). Research on chemistry self-concept has concentrated on young adults (e.g. Bauer, 2005; Xu & Lewis, 2011) and so little is known about secondary school students. Besides the impact of students' migration background, the research project analyses the role that gender plays because gender has important effects on science self-concepts (e.g. Jurik, Gröschner, & Seidel, 2013; Riegle-Crumb et al., 2011; Wan & Lee, 2017). A big challenge in this context was that the prevailing methods in academic self-concept research are prone to yield biased data (Byrne, 2002; Byrne et al., 2009). Although this was pointed out more than 15 years ago, the problem persists in science self-concept research. The present research project addresses this issue and presents a new mixed methods approach to culture-sensitive academic self-concept research. The term 'culture' is used in the sense of migration background, a concept that categorizes people's migration histories in Germany. A combination of qualitative interview data and quantitative data permit an investigation of certain types of bias defined by Byrne and colleagues (2009). The pilot study operated with a chemistry self-concept questionnaire (N=116) and qualitative interviews (N=43). The main study was based on an extended questionnaire comprising several other scales (N=585) and deeper qualitative interviews (N=48). The hypotheses based on the literature were that in Germany, (h1) immigrant students would show more negative chemistry self-concepts than non-immigrant students. (h2) Female students would show more negative chemistry self-concepts than male students. The third hypothesis (h3) was that the home environment has an important impact on students' chemistry self-concepts. The first two hypotheses (h1 and h2) were not confirmed. Gender and migration background did not show a significant effect on students' chemistry self-concepts. Instead, gender relations differ depending on the students' migration background. Among students without a migration background, boys tend to have stronger chemistry self-concepts than girls. In contrast, among students with a Turkish migration background, girls tend to have stronger chemistry self-concepts. Existing science self-concept literature did not explain this. Literature on gender relations in science in Turkey suggests that this interaction effect could be due to a more gender-neutral conception of science in Turkey. Slightly more women than men work in science in Turkey (OECD, 2009a) and girls achieve substantially better (Batyra, 2017a, 2017b). According to the third hypothesis (h3), the gender conceptions in Turkey could potentially be transmitted to students with a Turkish migration background in the home environment, through their parents or other people. Science education literature did not provide a satisfying model for conceptualizing the influence of the home environment on students in the field of chemistry that would allow investigating the third hypothesis (h3). Therefore, the concept of chemistry capital was introduced based on the analysis of the interviews in the main study. Chemistry capital was developed based on the concept of science capital by Archer and colleagues (2015). Chemistry capital conceptualizes the resources a person possesses that have value in the field of chemistry. This encompasses social networks (e.g. knowing a chemist) as well as emotional and cognitive resources (e.g. attitudes towards chemistry and chemistry knowledge), and the engagement in chemistry-related activities. In particular, the concept allows analyzing the transmission processes of chemistry from the home environment to the individual student. The qualitative analyses in the main study showed that the chemistry capital home environment influences the students in the field of chemistry in multiple ways. This supports hypothesis 3 (h3). Further, the data suggest that structural inequalities in the German school system might foster differences in chemistry. Students who already possess little chemistry capital in their home environments are in addition found more often at the type of school (Hauptschule) in which the proportion of chemistry teachers who do not hold a university degree in chemistry is the highest, depriving these students of another possible source of chemistry capital. Vice versa, students who already possess a lot of chemistry capital in their home environments more often attend school types (Gymnasium, Realschule) where also more formally qualified chemistry teachers are available, thus potentially widening the gap. The mixed methods analysis in the main study suggested that a simple linear relationship between student chemistry self-concept and chemistry capital in the home environment does not exist. A study based on quantitative (or mixed methods) analyses of data of a larger sample on chemistry capital in the home environment and students' chemistry self-concepts could provide further insights. It is not yet clear if the third hypothesis (h3) is true. To sum up, the present research project thus advances the field of chemistry education in three regards: (i) it provides an approach to culture-sensitive academic self-concept. This approach proved to increase both the validity and the explanatory power of chemistry self-concept research. It is not chemistry-specific and can, thus, be used in other areas of research as well. (ii) The research discovered an interaction effect of gender and migration background on chemistry self-concept that was unknown in science education literature. (iii) It introduces and defines the concept of chemistry capital which permits to analyze chemistry education from a sociocultural perspective. Employing the concept of chemistry capital helps to shift the focus from the individual student to the resources a student possesses in the sociocultural context that help him or her succeed in the field of chemistry. This allows uncovering social inequalities in the field that need to be addressed in educational policy. Moreover, it can inspire intervention studies and application-focused research (e.g. approaches to culture-sensitive chemistry teaching). ; Schülerinnen und Schüler in Deutschland unterscheiden sich immens in ihren Leistungen in den Naturwissenschaften, eine deutlich breitere Streuung als im OECD-Mittel (Schiepe-Tiska et al., 2019). Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund befinden sich in Deutschland tendenziell am unteren Ende der Leistungsskala – im Durchschnitt zeigen sie erheblich schlechtere Leistungen in den Naturwissenschaften als Schülerinnen und Schüler ohne Migrationshintergrund (OECD, 2016d). Dies scheint zu einem Teil dem deutschen Schulsystem geschuldet (Zoido, 2013). Diese Leistungsunterschiede in den Naturwissenschaften schlagen sich auf dem Arbeitsmarkt nieder: In Deutschland sind Personen mit Migrationshintergrund in naturwissenschaftsnahen Berufen unterrepräsentiert (OECD, 2008). Leistungen und Berufswahl sind eng mit akademischen Selbstkonzepten verwoben (for an overview see Marsh & Craven, 2006). Und auch hier zeigt sich, dass Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in vielen Ländern schwächere naturwissenschaftliche Selbstkonzepte haben (e.g. Riegle-Crumb et al., 2011). Ziel des vorliegenden Forschungsprojekts war es, diese Ungleichheiten zwischen Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe zu untersuchen. Hierzu wurden ihre Selbstkonzepte analysiert, mit besonderem Fokus auf den Aspekt des Migrationshintergrunds. Genauer gesagt wurden Chemie-Selbstkonzepte untersucht, da Leistungen in diesem Fach eine Gatekeeper-Funktion für naturwissenschaftliche Karrieren besitzen (Cohen & Kelly, 2019). Die Forschung über Chemie-Selbstkonzepte hat sich in der Vergangenheit auf junge Erwachsene beschränkt (e.g. Bauer, 2005; Xu & Lewis, 2011), weshalb wenig über die Chemie-Selbstkonzepte von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe bekannt ist. Neben dem Migrationshintergrund wird auch Gender als Variable betrachtet, da Gender bedeutenden Einfluss auf naturwissenschaftliche Selbstkonzepte ausübt (e.g. Jurik et al., 2013; Riegle-Crumb et al., 2011; Wan & Lee, 2017). In diesem Kontext stellte sich die große Herausforderung, dass die vorherrschenden Methoden in der Forschung zu akademischen Selbstkonzepte möglicherweise verzerrte Daten liefern (Byrne, 2002; Byrne et al., 2009). Obwohl diese Problematik schon vor über 15 Jahren thematisiert wurde, besteht es in der naturwissenschaftlichen Selbstkonzeptforschung bis heute fort. Das vorliegende Forschungsprojekt befasst sich mit diesem Problem und legt einen neuen Forschungsansatz für kultursensible akademische Selbstkonzeptforschung im Mixed-Methods-Design vor. Der Begriff der 'Kultur' wird hier im Sinne des Migrationshintergrunds genutzt, ein Konzept, mit dem sich die Migrationsgeschichten der Menschen in Deutschland kategorisieren lassen. Die Kombination aus qualitativen Interviewdaten und quantitativen Daten ermöglicht es, einige der Arten von Verzerrungen zu detektieren, die von Byrne und Kollegen (2009) definiert wurden. In der Pilotstudie wurden Daten mittels eines Fragebogens zum Chemie-Selbstkonzept (N=116) sowie qualitativer Interviews erhoben (N=43). Die Hauptstudie basiert auf Fragebogen (N=585), der einige weitere Skalen umfasst, sowie qualitativen Interviews (N=48). Aus der Literatur wurden folgende Hypothesen abgeleitet: (h1) Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zeigen vermutlich schwächere Chemie-Selbstkonzepte als solche ohne Migrationshintergrund. (h2) Weibliche Schülerinnen zeigen vermutlich schwächere Chemie-Selbstkonzepte als männliche Schüler. (h3) Das häusliche Umfeld übt vermutlich einen bedeutenden Einfluss auf die Chemie-Selbstkonzepte der Schülerinnen und Schüler aus. Die ersten beiden Hypothesen (h1 und h2) bestätigten sich nicht. Gender und Migrationshintergrund zeigten keine signifikanten Effekte auf die Chemie-Selbstkonzepte der Schülerinnen und Schüler. Stattdessen zeigte sich, dass die Geschlechterverhältnisse von den Migrationshintergründen der Schülerinnen und Schüler abhängen. Bei den Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund haben Jungen tendenziell stärkere Chemie-Selbstkonzepte als Mädchen. Im Gegensatz hierzu zeigen bei den Schülerinnen und Schülern mit türkischem Migrationshintergrund die Mädchen tendenziell stärkere Chemie-Selbstkonzepte als die Jungen. Die bestehende Forschung zu naturwissenschaftlichen Selbstkonzepten vermochte diese Befunde nicht zu erklären. Literatur über die Geschlechterverhältnisse in den Naturwissenschaften in der Türkei legt die Vermutung nahe, dass dieser Interaktionseffekt auf einem stärker genderneutralen Konzept der Naturwissenschaften in der Türkei beruhen könnte. In der Türkei arbeiten etwas mehr Frauen als Männer in naturwissenschaftlichen Berufen (OECD, 2009a) und Mädchen zeigen deutlich bessere Leistungen in Naturwissenschaften (Batyra, 2017a, 2017b). Nach der dritten Hypothese (h3) könnten diese Gender-Konzepte möglicherweise durch das häusliche Umfeld, also durch Eltern oder andere wichtige Bezugspersonen an die Schülerinnen und Schüler mit türkischem Migrationshintergrund weitergetragen werden. Die naturwissenschaftsdidaktische Literatur hielt kein zufriedenstellendes Modell bereit zur Konzeptualisierung des Einflusses des häuslichen Umfelds auf die Schülerinnen und Schüler im Feld der Chemie und somit zur Untersuchung der dritten Hypothese (h3). Aus diesem Grund wurde im vorliegenden Forschungsprojekt das Konzept des chemistry capital entwickelt und in die Forschungsliteratur eingeführt. Chemistry capital basiert auf der Forschung zu science capital nach Archer und Kollegen (2015). Chemistry capital konzeptualisiert die Ressourcen einer Person, die im Feld der Chemie Wert haben. Dies umfasst soziale Netzwerke (z. B. Kontakt zu einer Chemikerin/einem Chemiker), emotionale und kognitive Ressourcen (z. B. Chemie-Wissen und Einstellung gegenüber Chemie) sowie chemiebezogene Aktivitäten. Die qualitativen Analysen zeigten, dass das chemistry capital im häuslichen Umfeld die Schülerinnen und Schüler im Feld der Chemie auf vielfältige Weise beeinflusst. Dies unterstützt Hypothese 3 (h3). Weiterhin legen die Daten die Vermutung nahe, dass strukturelle Ungleichheiten im deutschen Schulsystem die Unterschiede in Chemie verstärken. Schülerinnen und Schüler mit wenig chemistry capital in ihrem häuslichen Umfeld besuchen tendenziell Schulen, in denen der Anteil an fachfremden Chemielehrkräften besonders hoch ist. Hierdurch wird diesen Schülerinnen und Schülern eine wichtige Quelle von chemistry capital vorenthalten. Im Gegensatz hierzu scheinen die Schülerinnen und Schüler, die bereits in ihrem häuslichen Umfeld über chemistry capital verfügen, tendenziell Schulen zu besuchen, in denen Chemie fast ausschließlich durch Fachlehrkräfte unterrichtet wird. Die Mixed-Methods-Analyse in der Hauptstudie legte die Vermutung nahe, dass zwischen Chemie-Selbstkonzept der Schülerinnen und Schüler und chemistry capital im häuslichen Umfeld kein linearer Zusammenhang besteht. Eine Studie mit größerem Stichprobenumfang basierend auf quantitativen (oder Mixed-Methods-) Analysen von chemistry capital im häuslichen Umfeld und Chemie-Selbstkonzept könnte tiefere Einblicke bieten. Es ist derzeit noch unklar, ob die dritte Hypothese (h3) wahr ist. Das vorliegende Forschungsprojekt treibt die chemie- und naturwissenschafts-didaktische Forschung also in dreifacher Hinsicht voran: (i) Es legt einen Ansatz für kultursensible Erforschung akademischer Selbstkonzepte vor. Dieser Ansatz verbesserte sowohl die Validität als auch die Erklärungskraft der Chemie-Selbstkonzeptforschung. Er ist nicht chemiespezifisch und kann daher in anderen Bereichen der Selbstkonzeptforschung genutzt werden. (ii) Ein Interaktionseffekt von Gender und Migrationshintergrund wurde entdeckt, der in der Literatur zuvor noch nicht beschrieben wurde. (iii) Das Konzept des chemistry capital wurde definiert und in die Literatur eingeführt. Es ermöglicht Analysen des Chemielernens aus einer soziokulturellen Perspektive. Der Fokus verschiebt sich von den individuellen Schülerinnen und Schülern hin zu den Ressourcen, über die eine Schülerin oder ein Schüler in seinem oder ihrem sozikulturellen Kontext verfügt und die sie oder ihn im Feld der Chemie unterstützen. Dies erlaubt es, soziale Ungleichheiten in dem Feld aufzudecken, mit denen sich die Bildungspolitik befassen muss. Weiterhin birgt chemistry capital das Potential, Interventionsstudien und anwendungsorientierte Forschung (z. B. Ansätze zu kultursensiblem Chemieunterricht) zu inspirieren.
Overview and introduction "Which organizational forms produce science? Expansion, diversity, and cooperation in Germany's higher education and science system embedded within the global context, 1900-2010". Already the title of my dissertation manifests an approach that examines the topic of the development of scientific productivity in the German higher education and science landscape from different perspectives: levels, dimensions, and an extensive timeframe. Deriving from and contributing to the international research project "Science Productivity, Higher Education, Research and Development, and the Knowledge Society" (SPHERE), my research focuses on the investigation of the influence of higher education development and science capacity-building on scientific knowledge production, globally, comparatively, and considerable depth for Germany, a key science producer for well over a century. Focusing mainly on the different structures and institutional settings of the German higher education and science system, the dissertations shows how these affected and contributed to the long-term development of scientific productivity worldwide. The historical, comparative, and in-depth analyses are especially important in light of advancing globalization and internationalization of science, stronger networks of scientists worldwide, and the emergence of the "knowledge society". The research design combines macro- and meso-level analyses: the institutionalized and organizational settings in which science is produced. Since information about single authors was limited in availability, extensive micro-level analyses were not possible here, yet the research articles analyzed were all written and published by individuals working in organizations, which are in the center of analysis here. By reference to the dimensions expansion, diversity, and cooperation, I elaborated the frame of my investigation, and sorted my research questions, including country, organizational field and form, and organizational levels. The structure of this work (see outline) addresses these themes and the observed timeframe spans the years from 1900 to 2010 – more than a century (see section 1.2). My main goal was to investigate how and why scientists publish their research results in peer-reviewed journal articles. The point is to emphasize the importance of scientific findings/discoveries, because non-published results are non-existent for the scientific community. From the ways and in which formats scientists publish their work, we can deduce how science is organized (within and across disciplines). My dissertation analyzes publications in peer-reviewed journals, because they are the most important format – alongside patents in applied fields – to disseminate new knowledge in science, technology, engineering, mathematics, and health (hereafter STEM+ fields). Articles not only record new knowledge, but also contribute to the reputation of researchers and their organizations. Journal publications in reputable journals with peer-review have become the "gold standard" measure of scientific productivity. Within the last several decades, the scientization of many dimensions of societal life proceeded, and the generation of new knowledge increasingly became the focus of political, economic, and social interests – and research policymaking. Therefore, it is important to identify the institutionalized settings (organizations/organizational forms) in which science can best be produced. Here, the diverse types of organizations that produce science – mainly universities, research institutes, companies, government agencies and hospitals – were identified and differences and similarities of these organizational forms were analyzed on the basis of their character, goals, tasks, and the kinds of research their members produce. In a first step, I show why I structured my work at the interface of higher education research, science studies, and bibliometrics (see chapters 2 and 5). Analyzing publications is still the key task of bibliometrics, but the results are used by many other actors as well: higher education managers, politicians, and scientists themselves to make claims about the quality of science, to compare each other, or to influence the structure, organization, and output of the higher education and science system. While it is difficult to make direct statements about the quality of research on the basis of simply counting the number of research articles a scientist publishes, the quality of journals is used as a proxy to compare across disciplines. To measure quality, other parameters are necessary. Thus, here statements focus on the quantity of science produced, not on the intrinsic quality of the analyzed research articles, the specific research achievements of individual scholars, organizations or organizational forms, or even countries. Nevertheless, output indicators elaborated here definitely show the huge expansion of scientific production and productivity, the stability of the research university over time as the most important science producer in Germany, but also rising differentiation and diversification of the organizational forms contributing to overall scientific output. Furthermore, the start of a considerable and on-going rise in national and international collaborations can be dated to the early 1990s. The chapter about the multidisciplinary context (see chapter 2) discusses the relationship between higher education research and science studies in Germany as well as the special position of scientific knowledge in comparison to other forms of knowledge. Scientific knowledge is generated, distributed, and consumed by the scientific community. To get an overview about the most important studies in the field, and to contextualize my work within the already existing empirical studies, I describe the current state of research in chapter 3. Research questions Section 1.2 provides a detailed description of my research questions: Which organizational forms produce science? 1. How has worldwide and European scientific productivity developed between 1900 and 2010 in comparison? 2. How has the German higher education and science system been embedded in the global developments of higher education and science over time? 3. How has scientific productivity in Germany developed between 1900 and 2010? 4. Among all science-producing organizational forms, what do the key organizational forms contribute to scientific productivity? 5. Which organizational forms provide the best conditions for scientific productivity? 6. Which single organizations produce the most research in Germany? 7. What is the impact of increasing internationalization of research on national and international cooperation, measured in publications in scientific journals? Theoretical framework Theoretically (see chapter 4), I apply a neo-institutional (NI) framework to explore and explain both the tremendous expansion of higher education and science across the world and considerable differences across time and space in the institutional settings, organizational forms, and organizations that produce scientific research in Germany. Sociological NI focuses on understanding institutions as important in guiding social action and shaping processes of social development. Such an approach emphasizes the development, functioning, and principles of institutions. Milestones in NI describe the nexus of organization and society supposing that organizational structures express myths and reflect ideals institutionalized in their environment. While capturing, copying, and asserting these, structural similarity (institutional isomorphism) between organizations in society will be established. The concept of "organizational field" emphasizes relationships between organizations within an environment. Organizational fields (communities) consist of all relevant organizations. In section 4.1.2 I discuss the differences between institutions and organizations and the difficulty of a distinction of the terms, especially in German-speaking sociology, which does not distinguish clearly between these terms. Fundamentally, NI approaches differ in the dimensions or pillars and levels of analysis they privilege (see figure 5, p. 80), but they share fundamental principles and the theoretical framework. Thus NI is particularly suitable for a multi-level analysis of scientific productivity across time and space. The historical development of the German higher education and science system must analyzed considering also global developments, because on the one hand it had an enormous impact on the development of other systems worldwide, and, on the other hand, global trends affect the on-going institutionalization and organization(s) of science in Germany. Intersectoral and international cooperation is growing and becoming increasingly important, leading to diverse networks within and between higher education and science systems worldwide. The classical, national case study is hardly longer possible, because macro units like countries are highly interdependent, embedded in global, regional and local relationships, such that borders between the global and the national dimension are increasingly blurred. Nevertheless, countries are units with clearly defined boundaries and structures, thus they can be handled as units to compare. The theoretical perspectives and different levels of analysis addressed here are displayed in Figure 5. I apply the "world polity" approach as a broader lense with which to make sense of the truly global arena of higher education and science (macro level). The focus of this perspective is on global and international structures and processes, which developed over time. Through this perspective, I explore global diffusion and formal structures of formal principles and practical applications. Combining historical and sociological institutionalism helps to focus on developments and processes over time on the meso level, to explain how institutions have developed and change(d). The concepts of "critical junctures" and path dependencies are useful to explain these processes over time. To describe the transformation of knowledge production over the entire twentieth century, and to analyze different organizational forms that produce science in Germany, two prevalent theoretical concepts are discussed: Mode 1 versus Mode 2 science, and the Triple-Helix model to describe the relationship between science, industry and state. In "The New Production of Knowledge" Michael Gibbons and his colleagues describe the transformation of knowledge from an academic, disciplinary, and autonomous – "traditional" – organization of science (Mode 1) with a focus on universities as the key organizational form, to a more applied, transdisciplinary, diverse, and reflexive organization of science (Mode 2) that features a more diverse organization of science, relying on a broader set of organizations producing knowledge. Within the literature, debates center on whether this new model has replaced the old, and which of these models best describes the contemporary organization of science (here: the STEM+ fields). In turn, the Triple-Helix model preserves the historical importance of the universities. This approach assumes that future innovations emerge from a relationship between universities (production of new knowledge), industry (generation of wealth), and state (control). Data and methods In these analyses, only peer reviewed journal publications were used – as the best indicator for measuring the most legitimated, authoritative produced science. This focus enabled an investigation of publications in-depth and over a 110 year timeframe. Research articles in the most reputable, peer-reviewed, and internationally reputable journals are the gold standard of scientific output in STEM+. The data I used is based on a stratified representative sample of published research articles in journals in STEM+-fields. My measure relies on the key global source for such data, the raw data from Thomson Reuters' Web of Science Science Citation Index Expanded (SCIE) (the other global database is Elsevier's Scopus, which also indexes tens of thousands of journals), which was extensively recoded. Methodologically, my approach is based on a combination of comparative institutional analysis across selected countries and historically of the German higher education and science system, and the systematic global evaluation of bibliometric publication data (see chapter 6). The SCIE includes more than 90 million entries (all types of research), mainly from STEM+-fields. I focus on original research articles, because this type of publication contains certified new knowledge. The SPHERE dataset covers published research articles from 1900 to 2010. From 1900 to 1970, we selected data in 5-year-steps in the form of a stratified representative sample. From 1975 onwards full data is available for every year. Depending on the research question, either five or ten-year steps were analyzed. A detailed description of the sampling and weighting of the data can be found in chapter 6. In consideration of the criteria above, I analyzed 17,568 different journals (42,963 journals were included into the database if we count the same journals in different years), and a total of 5,089,233 research articles. To prepare the data for this research, it had to be extensively cleaned and coded. Very often our international research team found missing information on the country level and/or on the level of organizations/organizational forms. From June 2013 to December 2015, research in the archives of university libraries was necessary to manually add missing information, particularly organization location and author affiliations. In the field of bibliometrics, we find different methods to count publications. In this work, I mainly apply the "whole count" approach (see table 1, p. 126). This decision is based on the assumption that every author, organization, or country contributed equally to a publication. An overestimation of publications can't be precluded, because research articles are counted multiple times, if a paper is produced in co-authorship, which has been rising worldwide over the past several decades. The absolute number of publications (worldwide, Europe, Germany) is based on a simple counting of research articles (without duplicates, in cases of co-authored articles). Summary of the most important results The empirical part of my work is divided into three parts. In the following sections, I will present the most important findings. The global picture – higher education and science systems in comparison The central question of my research project was "which organizational forms produce science"? For a better understanding and classification of the results of my case study, I embedded the German higher education and science system into the European and global context. I answered the questions "how did the worldwide and European scientific productivity developed between 1900 and 2010 in comparison", and "how was/is the German higher education and science system embedded in global developments of higher education and science over time" as follows: First, I show that the worldwide scientific growth followed a pure exponential curve between 1900 and 2010 (see figures 3 and 10; pp. 50, 147) – and we can assume that this strong upward trend continues today. The massive expansion of scientific production had and still has a tremendous influence on societal developments, beyond simply economic and technical developments, but rather transforming society. I show that higher education and science systems worldwide exhibit communalities, which have led to similar developments and expansion of scientific productivity. The comparison of important European countries (Germany in comparison with Great Britain, France, Belgium and Luxembourg) uncovered the contribution of the development and spread of modern research universities and the extraordinary and continued rise in publication output (see section 7.2; Powell, Dusdal 2016, 2017a, 2017b in press). Within the global field of science, three geographical centers of scientific productivity have emerged over the twentieth century: Europe, North America, and Asia. Their relative importance fluctuates over time, but today all three centers continue to be the key regions in the production of scientific research in STEM+ journals. Especially in Asia, the growth rates have risen massively in recent years (Powell et al. 2017 in press). Second, I investigated that all countries worldwide invest more into research and development (R&D) (figure 9, p. 140). These investments have a clear impact on the scientific productivity of nations, yet there are important differences between countries in absolute production and productivity rates. Alongside direct investments in R&D or the application of patents in STEM+-fields that influence the expansion of science, the capacity for producing more knowledge fundamentally depends on rising student enrolments, a growing number of researchers, the widening of research activities into various arenas of society, the development of products, and the (re-)foundation of universities (Powell, Baker, Fernandez 2017 in press). As part of the higher education expansion and massification during the 1960s and 70s, the numbers of researchers and students rose tremendously. The growth of scientific publications thus results from the on-going institutionalization of higher education and science systems worldwide. The growth of publications is also explained by the steady growth in the number of researchers working within these growing – and increasingly interconnected – systems. Third, I could reject the argument of Derek J. de Solla Price that the pure exponential growth of scientific literature has to flatten or would slow-down several decades after the advent of "big science" (see paragraph 2.4; figure 4 and 10; p. 53, 147). Although radical historical, political, economical, and technical events (see figure 11, p. 150) led to punctual short-term decreases in publication outputs, the long-term development of universities and other organizational forms producing science led to sustained growth of scientific publications, with the numbers of publications rising unchecked over the long twentieth century. In 2010, the worldwide scientific productivity in leading STEM+ journals was about one million articles annually. Fourth, I could show that the absolute numbers have to be put into perspective and standardized in relation to the investments in R&D, the size of the higher education and science systems, the number of inhabitants (see figure 12, p. 159), and the number of researchers (table 3, p. 162; figure 13, p. 164). The initial expansion of scientific publications in STEM+-fields is based on a general growth of higher education and science systems. The different institutional settings and organizational forms that produce science have an impact on scientific productivity. The selected country case studies – Germany, Great Britain, France, Belgium and Luxembourg – demonstrate that systems with strong research universities are highly productive; they seem to provide conditions necessary for science. As a result, not only the number and quality of researchers is important, but also the institutional and organizational settings in which they are employed. Fifth, in international comparison, Germany continues to contribute significantly to scientific productivity in STEM+ fields. With an annual growth rate of 3.35%, Germany follows the United States and Japan. In 2014, German governments invested €84.5 billion in R&D – 2.9% of overall GDP. The EU-target of 3% by 2020 was barely missed. In 2010, Germany produced 55,009 research articles (see table A5). In comparison to Great Britain, France, Belgium and Luxemburg, Germany still leads in scientific output in Europe –comparing just the absolute numbers. The size of the country itself and the institutionalization of the higher education and science systems influence publication outputs, of course, with these absolute numbers in relation to other key indicators showing a different picture. Standardized by the number of inhabitants, Germany published less articles per capita than Belgium and Great Britain. The number of researchers amounted to 327,997 (FTE) in 2010. The ratio of inhabitants to scientists was 1,000:4. Among these countries studied in-depth, Luxembourg and Great Britain had more researchers per capita than did Germany. The interplay of the organizational forms of science in Germany between 1900 and 2010 On the basis of the analysis of the global and European contexts, and development of worldwide scientific productivity over time in chapter 7, I started the in-depth case study of Germany. Bridging this overview and the following in-depth analyses is a chapter on the institutionalization of the German higher education and science system (see chapter 8). Here, I described the most important institutions and organizations and the organizational field – universities, extra-university research institutes and universities of applied sciences. Furthermore, I discussed the differences between West and East Germany during their division (1945–1990). Summarizing the most important results shows that the development of publications in Germany follows global and European trends (on a lower scale) (see figure 16, p. 208). Over time, Germany experienced pure exponential growth of scientific publications and a rising diversity of organizational forms that contribute to scientific productivity (see sections 9.1 and 9.3). I answered the following three research questions: "how has the scientific productivity in Germany developed between 1900 and 2010", "among all science producing organizational forms, what do the key organizational forms contribute to scientific productivity", "which organizational forms provide the best conditions for scientific productivity", and "which single organizations are the most research intense in Germany"? First, the growth curve of scientific publications in Germany turns out as expected – it shows pure exponential graph, comparable with the worldwide and European development of scientific productivity between 1900 and 2010. Here, too, cataclysmic events such as the two world wars and the Great Depression as well as reunification had only short-term (negative) impact (figure 11, p. 150) on scientific productivity, without even a medium-term slow-down or flattening of the curve. By 2010, the total number of publications in STEM+ fields by researchers in German organizations topped 55,000 in one year alone. Second, a detailed examination and comparison of the development of scientific productivity in West Germany and East Germany between 1950 and 1990 showed that the growth rate of Germany (altogether) was based mainly on steady growth of scientific publications in West Germany (see figure 17, p. 211). The growth curve of the former GDR was quite flat and proceeded on a very low level. As a result, I conclude that the GDR's higher education and science system, based on its academy model, did not provide conditions for scientific productivity as optimally as did the BRD. Third, a detailed analysis of the "key classical" organizational forms of science – universities and extra-university research institutes – show that universities were and are the main producers of scientific publications in STEM+ from 1975 to 2010 (see figure 18, p. 217). On average, university-based researchers produced 60% of all articles and defended their status against other organizational forms, which leads to the rejection of the Mode 2 hypothesis. Non-university publications reached an average of 40%. But that does not mean that other organizational forms were not producing science as well. The percentage share of articles is ultrastable and shows only marginal variations. The thesis that the proportion of university publications should decrease over time can be rejected for the period from 1975 to 2010. This suggests that scientific productivity of universities is actually rising, since despite decreasing financial support (R&D) in favor of extra-university research institutes, the universities produced more research articles with less resources over time. Fourth, although not only scientists within universities and research institutes publish their research in scientific journals, jointly these organizational forms have produced more than three-quarters of all research articles since 1980. Already in the earlier years, they produced a large number of scientific articles. Other organizational forms also generate scientific knowledge (for an extensive description of the organizational form matrix, see table 4, pp. 222f.). Especially scientists in firms, government agencies, and hospitals publish articles in peer-reviewed journals in STEM+ (see figures 19 and 20; pp. 220, 246). Indeed, the universities have been the driving force of scientific productivity for more than a century. With their specific orientation to basic research and their linkage of research and teaching, they provide conditions that facilitate the production of science. Universities are among the oldest institutions with a high degree of institutionalization. All other organizational forms (academies, associations, infrastructures, laboratories, military, museums and non-university education) were identified in the dataset played only a minor role and were summarized in the category "further types". Fifth, the analysis of the ten most research-intensive single organizations in Germany in the year 2010 confirmed the results. Only universities and institutes were part of this group. A summary of publications of single institutes under their umbrella organizations shows that the institutes of the Max Planck Society and of the Helmholtz Association are the leading science producers in Germany, outpacing the scientific productivity of universities, but only when aggregating the contributions of dozens of individual institutes (see table 5, p. 259f). An analysis of single institutes shows that these research institutes cannot compete with universities, because of their size and the number of researchers. The Charite – Universitätsmedizin Berlin, a hybrid organization, is another leading science producer in Germany. National and international cooperation of scientific research Finally, increasing internationalization of research has impacted on national and international cooperation. leading to collaboratively-written publications in scientific journals. Through advancing globalization, national and international scientific cooperation increased in volume and importance. International cooperation in STEM+ is facilitated by the reputation of the research organization and of the co-authors, higher visibility within the scientific community and more possibilities for interdisciplinary research as well as better or more specialized facilities. Today, more than a third of all research articles worldwide are produced in scientific collaboration; only around a quarter are single-authored articles. In contrast to Humboldt's principle "in Einsamkeit und Freiheit" (in loneliness and freedom), research is no longer done by one scientist, but is much more likely the result of collaboration. Research networks are increasingly important, and researchers share their common interests on a research question, publishing their results in joint publications. Researchers, organizations, and indeed countries differ in the ways they organize their research and thus how they enable research and collaboration. This depends on location, size, higher education and science system, the organizational field and organizations. Here, varying patterns of scientific cooperation were presented, showing a massive increase in scientific collaboration in (inter)national co-authorships over time. Until the 1990s, researchers in all investigated countries (France, Germany, Great Britain, USA, Japan, China, Belgium, Luxembourg) published their research articles mainly as single-authored papers. Only since the 1990s have co- and multi-authored publications risen (considerably): In 2000, only a third of all publications were published by one author. In 2010, the proportion reached its lowest level with only one-fifth of all papers single-authored (see table 6, pp. 279f). Countries differ considerably in their amount of collaboratively-written research articles. References Powell, J. J. W. & Dusdal, J. (2016). Europe's Center of Science: Science Productivity in Belgium, France, Germany, and Luxembourg. EuropeNow, 1(1). http://www.europenowjournal.org/2016/11/30/europes-center-of-science-science-productivity-in-belgium-france-germany-and-luxembourg/. Last access: 13.12.2016. Powell, J. J. W. & Dusdal, J. (2017a): Measuring Research Organizations' Contributions to Science Productivity in Science, Technology, Engineering and Math in Germany, France, Belgium, and Luxembourg. Minerva, (). Online first. DOI:10.1007/s11024-017-9327-z. Powell, J. J. W. & Dusdal, J. (2017b in press). The European Center of Science Productivity: Research Universities and Institutes in France, Germany, and the United Kingdom. IN Powell, J. J. W., Baker, D. P. & Fernandez, F. (Hg.) The Century of Science: The Worldwide Triumph of the Research University, International Perspectives on Education and Society Series. Bingley, UK, Emerald Publishing. Powell, J. J. W., Baker, D. P. & Fernandez, F. (2017 in press). The Century of Science: The Worldwide Triumph of the Research University, International Perspectives on Education and Society Series. Bingley, UK, Emerald Publishing. Powell, J. J. W., Fernandez, F., Crist, J. T., Dusdal, J., Zhang, L. & Baker, D. P. (2017 in press). The Worldwide Triumph of the Research University and Globalizing Science. IN Powell, J. W., Baker, D. P. & Fernandez, F. (Hg.) The Century of Science: The Worldwide Triumph of the Research University, International Perspectives on Education and Society Series. Bingley, UK, Emerald Publishing. ; Überblick und Einleitung Bereits der Titel meiner Dissertation "Welche Organisationsformen produzieren Wissenschaft? Expansion, Vielfalt und Kooperation im deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystem im globalen Kontext, 1900-2010" verspricht, dass sich dem Thema der Entwicklung wissenschaftlicher Produktivität in Deutschland aus verschiedenen Perspektiven (Analyseebenen, Dimensionen und Zeitrahmen) genähert werden soll. Eingebettet in das international vergleichende Forschungsprojekt Science Productivity, Higher Education, Research and Development, and the Knowledge Society (SPHERE) rückt meine Dissertation die Analyse des Einflusses der Hochschulentwicklung und der wissenschaftlichen Kapazitätsbildung auf die wissenschaftliche Wissensproduktion in den Vordergrund. Es interessiert mich, wie die im deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystem vorherrschenden Strukturen und institutionellen Settings die langfristige Entwicklung wissenschaftlicher Produktivität beeinflusst und verändert haben. Besonders vor dem Hintergrund einer voranschreitenden Globalisierung und Internationalisierung der Wissenschaft, einer weltweiten Vernetzung von Wissenschaftlern und der Herausbildung einer Wissensgesellschaft. Die Annäherung an den Forschungsgegentand erfolgt auf der Makro- und Mesoebene: den institutionalisierten und organisationalen Settings, in denen Wissenschaft produziert wurde und wird. Da Informationen zu einzelnen Autoren nicht zur Verfügung standen, können keine Aussagen auf der Mikroebene getroffen werden, wenngleich Publikationen natürlich immer von Individuen verfasst werden und nicht von den hier untersuchten Ländern oder Organisationsformen und Einzelorganisationen. Anhand der Dimensionen Expansion, Vielfalt und Kooperation wird der Untersuchungsrahmen abgesteckt und eine Ordnung der Fragestellung vorgenommen, an denen die Struktur der Arbeit ausgerichtet ist. Der Zeitrahmen der Arbeit umfasst die Jahre 1900 bis 2010, also mehr als ein Jahrhundert (siehe Abschnitt 1.2). Ziel dieser Arbeit ist es darzulegen, warum Wissenschaftler ihre Ergebnisse in Form von Zeitschriftenartikeln publizieren. Es geht unter anderem darum, die Wichtigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse hervorzuheben, da nicht publizierte Ergebnisse für die Wissenschaft nicht existieren und sich aus der Art und Weise, wie publiziert wird, die Organisation der Forschung innerhalb und übergreifend einer Disziplin oder eines Fachs ableiten lässt. In den in dieser Arbeit untersuchten Fächergruppen Mathematik, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften sowie Medizin (im Folgenden angelehnt an die englische Abkürzung STEM (Science, Technology, Engineering and Mathematics) plus Medicine als STEM+ bezeichnet) spielen Publikationen in peer reviewed Zeitschriften eine wichtige Rolle – neben Patenten in den angewandteren Fächergruppen sind sie heutzutage das wichtigste Publikationsformat. Sie dienen nicht nur der Dokumentation generierten Wissens, sondern sind auch ein Anzeiger für die Reputation eines Forschers und dienen der Messung wissenschaftlicher Produktivität. Zeitschriftenpublikationen in hochklassigen Zeitschriften, die einem peer review Verfahren unterliegen, können als gold standard zur Messung wissenschaftlicher Produktivität herangezogen werden. In den letzten Jahrzehnten kam es zu einer zunehmenden Verwissenschaftlichung vieler gesellschaftlichen Teilbereiche und die Generierung wissenschaftlichen Wissens rückte immer weiter ins Zentrum des politischen und wirtschaftlichen Interesses, unabhängig davon, wo es produziert wurde. Aus diesem Grund werden die Orte und institutionellen Settings (Organisationen, Organisationsformen) wissenschaftlicher Produktivität (hauptsächlich Universitäten, außeruniversitäre Forschungsinstitute, Unternehmen, Behörden und Ressortforschungseinrichtungen und Krankenhäuser) identifiziert und voneinander abgegrenzt. Indem ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede anhand ihrer Aufgaben und Ziele sowie der Art der Forschung diskutiert werden. In einem ersten Schritt lege ich dar, warum ich diese Arbeit an der Schnittstelle zwischen Hochschul- und Wissenschaftsforschung und der Bibliometrie angelegt habe (siehe Kapitel 2 und 5). Publikationsanalysen werden zwar immer noch als Hauptaufgabe der Bibliometrie gesehen, aber ihre Ergebnisse werden auch von anderen Akteuren wie Hochschulmanagern, Politikern und Wissenschaftlern genutzt, um einerseits Aussagen über die Qualität der Wissenschaft zu treffen, aber auch um sich miteinander zu vergleichen oder steuernd in die Struktur und Organisation einzugreifen und Aussagen über den Output des Hochschul- und Wissenschaftssystems zu treffen. Direkte Aussagen über die Qualität der Forschung auf Basis der Anzahl an Zeitschriftenartikeln, die ein Wissenschaftler publiziert, können nicht getroffen werden, es kann aber über die Qualität einer Zeitschrift (Impactfactor) ein Proxi gebildet werden, mit dessen Hilfe Vergleiche zwischen Disziplinen getroffen werden können. Um wissenschaftliche Produktivität zu messen, müssten ergänzende Parameter hinzugezogen werden. Aus diesem Grund werden in dieser Arbeit lediglich Aussagen über die Quantität wissenschaftlicher Produktivität getroffen, nicht aber über die Qualität der untersuchten Zeitschriftenartikel, die Forschungsleistung einzelner Wissenschaftler, Organisationen oder Organisationsformen und einzelner Länder. Nichtdestotrotz zeigen Indikatoren zur Messung wissenschaftlichen Outputs eine große Expansion wissenschaftlicher Produktivität, eine Stabilität der Universitäten im Zeitverlauf und die Wichtigkeit Deutschlands als Wissensschaftsproduzent sowie eine steigende Differenzierung und Diversifizierung der Organisationsformen. Zudem können die 1990er Jahre als Startpunkt steigender nationaler und internationaler Kooperationen gesehen werden. In Kapitel 2 zum multidisziplinären Kontext der Arbeit zeige ich, in welcher Beziehung sich die Hochschul- und Wissenschaftsforschung in Deutschland zueinander befinden. Wissenschaftliches Wissen nimmt eine Sonderstellung im Vergleich zu anderen Wissensformen ein, da es unter bestimmten Bedingungen, die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft selbst bestimmt werden, generiert und verbreitet wird. Um einen Überblick über die wichtigsten Studien innerhalb meines Feldes zu bekommen, und um meine Arbeit in den empirischen Kontext zu rücken, beschreibe ich in Kapitel 3 dieser Arbeit den aktuellen Forschungsstand. Forschungsfragen Abschnitt 1.2 stellt einen detaillierten Überblick über die dieser Arbeit zugrunde liegenden Forschungsfragen bereit: Welche Organisationsformen produzieren Wissenschaft? 1. Wie hat sich die wissenschaftliche Produktivität weltweit und im europäischen Vergleich zwischen 1900 und 2010 entwickelt? 2. Wie war/ist das deutsche Hochschul- und Wissenschaftssystem in die globalen Entwicklungen der Hochschulbildung und Wissenschaft im Zeitverlauf eingebettet? 3. Wie hat sich die wissenschaftliche Produktivität in Deutschland zwischen 1900 und 2010 entwickelt? 4. Unter allen Wissenschaft produzierenden Organisationsformen, was tragen die "klassischen" Formen zur wissenschaftlichen Produktivität bei? 5. Welche Organisationsformen stellen die besten Bedingungen für wissenschaftliche Produktivität bereit? 6. Welche Einzelorganisationen gehören zu den forschungsstärksten in Deutschland? 7. Welchen Einfluss hat die zunehmende Internationalisierung der Forschung auf nationale und internationale Kooperationen in Form von Publikationen in Zeitschriftenartikeln? Theoretischer Rahmen Theoretisch (siehe Kapitel 4) basiert meine Arbeit auf einem neu-institutionellen (NI) Ansatz zur Untersuchung und Erklärung der Expansion des Hochschulwesens und der Wissenschaft weltweit. Trotz des allgemeinen Wachstums wissenschaftlicher Produktivität bestehen beträchtliche Unterschiede zwischen den institutionellen Settings, Organisationsformen und einzelner Organisationen, die maßgeblich zur wissenschaftlichen Produktivität beitragen. Der soziologische NI konzentriert sich auf das Verständnis von Institutionen und Organisationen. Institutionen sind ein wichtiger Baustein, um soziales Handeln und Prozesse der Gesellschaftsentwicklung zu verstehen. Organisationen und Institutionen stehen in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. Die zentralen Annahmen des NI wurden von Walter Powell, Paul DiMaggio und Richard Scott formuliert. Meilensteine: der Zusammenhang von Organisation und Gesellschaft und die Annahme, dass formale Organisationsstrukturen Mythen zum Ausdruck bringen, die in ihrer gesellschaftlichen Umwelt institutionalisiert sind. Indem Organisationen diese Mythen erfassen, kopieren und zeremoniell zur Geltung bringen, werden Strukturähnlichkeiten (Isomorphien) zwischen Organisationen und der Gesellschaft hergestellt. Das Konzept der "organisationalen Felder" dient der Beschreibung der Beziehung zwischen verschiedenen Organisationen und beinhaltet alle relevanten Organisationen, die sich mit ihrer gesellschaftlichen Umwelt auseinander setzen. In Abschnitt 4.1.2 werden die Unterschiede zwischen den Begriffen Institutionen und Organisationen diskutiert, da diese besonders in der deutschsprachigen Soziologie nicht trennscharf genutzt werden. Grundsätzlich unterscheiden sich Ansätze institutioneller Theorie in ihrer Anwendungsebene, sie sind aber durch ihren Überbau miteinander verschränkt. Folglich ist der NI als theoretische Basis besonders gut geeignet, um eine Mehrebenenanalyse der wissenschaftlichen Produktivität zeit- und ortsübergreifend durchzuführen. Die historische Entwicklung des deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystems kann nicht ohne eine Berücksichtigung der globalen Entwicklungen durchgeführt werden, da es einerseits einen enormen Einfluss auf die Entwicklung anderer Systeme weltweit hatte/hat und andererseits globale Entwicklungen die Institutionalisierung und Organisation der Wissenschaft in Deutschland beeinflussen. Intersektorale und internationale Kooperationen sind im Zeitverlauf angewachsen, werden immer wichtiger und führen zu ausgeprägten Netzwerken innerhalb und zwischen Hochschul- und Wissenschaftssystemen weltweit. Aufgrund einer zunehmenden Verzahnung einzelner Länder und den damit einhergehenden Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Analyseebenen (makro, meso, mikro) ist eine klassische, nationalstaatliche Analyse nicht mehr zielführend. Nichtsdestotrotz können Länder als vergleichbare Einheiten gesehen werden, da sie über klar definierte Grenzen und Strukturen verfügen. Die unterschiedlichen theoretischen Perspektiven und Analyseebenen werden in Abbildung 5 genauer beschrieben. Der theoretische Ansatz der "Weltkultur" bietet eine breitere Linse des soziologischen NI auf die globale Arena. Der Fokus liegt auf globalen und internationalen Strukturen und Prozessen, die sich über lange Zeit entwickelt haben. Mit Hilfe dieser Perspektive können globale Diffusion und formale Strukturen der Entkopplung von formalen Grundsätzen und praktischer Anwendung erklärt werden. Zusammen nehmen der historische und soziologische Institutionalismus zeitliche Entwicklungen und Prozesse in den Blick, die erklären, wie Institutionen entstehen und sich verändern. Die Konzepte critical junctures und Pfadabhängigkeit sollen helfen diese Prozesse auf der Mesoebene zu verstehen. Um die Transformation der Wissensproduktion im Zeitverlauf des 20. Jahrhunderts zu verstehen und um zu analysieren, welche Organisationsformen an der Produktion wissenschaftlichen Wissens beteiligt waren, werden zwei theoretische Konzepte herangezogen: Modus 1 versus Modus 2 Wissenschaft und das Triple-Helix Modell zur Beschreibung der Beziehung zwischen Wissenschaft, Industrie und Staat. In The New Production of Knowledge beschreiben Michael Gibbons und seine Kollegen den Wandel der Wissenschaft von einer akademischen, disziplinären und autonomen, traditionellen, Organisation der Wissenschaft (Modus 1) mit einem Schwerpunkt auf Universitäten als wichtigste Organisationsform, hin zu einer anwendungsorientierteren, transdisziplinären, diversen und reflexiven Organisation der Wissenschaft (Modus 2), die eine diversere Organisation der Wissenschaft unterstützt und auf einem breiteren organisationalen Setting der Wissensproduktion beruht. Innerhalb der Literatur wird diskutiert, ob das neue Modell das alte ersetzen soll und welches der Modelle die gegenwärtige Organisation der Wissenschaft am besten beschreibt. Im Gegensatz hierzu bleibt beim Triple-Helix Modell die historische Rolle der Universitäten erhalten. Der Ansatz geht davon aus, dass zukünftige Innovationen aus einer Beziehung von Universitäten (Wissensproduktion), Industrie (Generierung von Wohlstand) und dem Staat (Kontrolle) resultieren. Daten und Methoden In dieser Arbeit werden ausschließlich Publikationen in peer reviewed Zeitschriften als Kennzeichen wissenschaftlicher Produktivität herangezogen. Dieser Schwerpunkt ermöglicht mir eine tiefgreifende Analyse von Publikationen über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrhundert. Zeitschriftenartikel in hochklassigen und möglichst internationalen Journalen bilden den gold standard wissenschaftlichen Outputs in den hier untersuchten Mathematik, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften sowie der Medizin (STEM+). Meine Daten basieren auf einem stratifizierten, repräsentativen Sample (siehe ausführlich Kapitel 6) publizierter Zeitschriften, die als Rohdaten aus Thomson Reuters Web of Science Science Citation Index Expanded (SCIE) zur Analyse zur Verfügung stehen (eine vergleichbare Datenbank stellt Elseviers Scopus bereit). Methodologisch wird eine Kombination aus einer vergleichenden institutionelle Analyse ausgewählter Länder, eine historische Untersuchung des deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystems und eine systematische, globale Auswertung bibliometrischer Publikationsdaten angestrebt. Der SCIE umfasst mehr als 90 Millionen Einträge (gespeichert werden nahezu alle Typen wissenschaftlichen Outputs), hauptsächlich aus den oben genannten Fächergruppen. Diese Arbeit beschränkt sich auf originale Zeitschriftenartikel (Originalmitteilungen), da lediglich dieser Publikationstyp zertifiziertes und neues Wissen enthält. Der SPHERE Datensatz umfasst publizierte Zeitschriftenartikel aus den Jahren 1900 bis 2010. Von 1900 bis 1970 wurden die Daten in 5-Jahres-Schritten mittels einer geschichteten Zufallsstichprobe ausgewählt. Ab 1975 stehen die Daten vollständig und ab 1980 in Jahresschritten zur Verfügung. Abhängig von der untersuchten Fragestellung werden die Daten in 5-Jahres- oder 10-Jahres-Schritten analysiert. Eine detaillierte Beschreibung des Samplings und der Gewichtung der Daten kann den Abschnitten 6.2.2 und 6.8 entnommen werden. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien werden 17.568 unterschiedliche Zeitschriften (42.963 Zeitschriften, wenn dieselbe Zeitschrift in unterschiedlichen Jahren mehrfach berücksichtigt wird) und 5.089.233 Forschungsartikel untersucht. Um die Daten für die Analyse aufzubereiten muss eine intensive Vorarbeit geleistet werden. Sie werden umfassend (nach-)kodiert und bereinigt. Besonders häufig sind Fehler oder fehlende Informationen auf Ebene der Länder und/oder der Organisationen/Organisationsformen, in denen die Forschung betrieben wurde. Im Zeitraum von Juni 2013 bis Dezember 2015 habe ich die Originalzeitschriften und -artikel in Online-Zeitschriftendatenbanken oder Archiven verschiedener Universitätsbibliotheken eingesehen, begutachtet und mit Hilfe einer Excel-Tabelle katalogisiert und fehlende Informationen, wenn vorhanden, ergänzt. In der Bibliometrie werden verschiedene Vorgehensweisen diskutiert, wie Publikationen gezählt werden können. Die Analysen dieser Arbeit basieren hauptsächlich auf der whole count Methode (siehe Tabelle 1). Die Entscheidung basiert auf der Annahme, dass jeder Autor, jede Organisation, oder jedes Land gleichermaßen zu einer Publikation beigetragen hat. Folglich kann es zu einer Verzerrung bzw. Überschätzung der Ergebnisse kommen, da Zeitschriftenartikel mehrfach gezählt werden, wenn sie in Form von Forschungskooperationen publiziert wurden. Um die absolute Anzahl an Publikationen (weltweit, Europa, Deutschland) zu ermitteln, wird die Gesamtzahl an Artikeln pro Jahr (ohne Duplikate) berechnet. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Der empirische Teil meiner Arbeit ist in drei Teile untergliedert. Die folgenden Abschnitte fassen die jeweils wichtigsten Ergebnisse zusammen. The Global Picture – Hochschul- und Wissenschaftssysteme im Vergleich Im Mittelpunkt meiner Dissertation steht die Frage, welche Organisationsformen Wissenschaft produzieren. Um die Ergebnisse der detaillierten Fallstudie einordnen und bewerten zu können, erfolgt zunächst eine Einbettung in den globalen und europäischen Kontext. Die forschungsleitenden Fragen, wie hat sich die wissenschaftliche Produktivität weltweit und im europäischen Vergleich zwischen 1900 und 2010 entwickelt und wie war/ist das deutsche Hochschul- und Wissenschaftssystem in die globalen Entwicklungen der Hochschulbildung und Wissenschaft im zeitverlauf eingebettet, wird folgendermaßen beantwortet: In einem ersten Schritt wird gezeigt, dass das weltweite wissenschaftliche Wachstum zwischen 1900 und 2010 exponentiell verlief und dieser Trend vermutlich bis heute anhält (siehe Abbildungen 3 und 10, S. 50, 147). Die massive Ausdehnung wissenschaftlichen Wissens hatte und hat auch heute noch einen großen Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen, die nicht auf den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt beschränkt sind. Ich werde darstellen, dass Hochschul- und Wissenschaftssysteme weltweite Gemeinsamkeiten aufweisen, die zu einer ähnlichen Entwicklung und Ausweitung wissenschaftlicher Produktivität geführt haben. Im Vergleich wichtiger europäischer Länder (Deutschland im Vergleich mit Großbritannien, Frankreich, Belgien und Luxemburg), kann gezeigt werden, dass zwischen der weltweiten Ausweitung der Wissenschaft, dem Anstieg an Publikationen und der Expansion von modernen Forschungsuniversitäten ein Zusammenhang besteht (siehe Abschnitt 7.2; Powell, Dusdal 2016, 2017a; 2017b im Druck). So wurde ein globales Feld der Wissenschaft aufgespannt, das als übergeordneter Rahmen fungiert. Drei geografische Zentren wissenschaftlicher Produktivität werden im Zeitverlauf identifiziert: Europa, Nordamerika und Asien. Sie haben zu unterschiedlichen Zeitpunkten an Bedeutung gewonnen oder verloren, doch zum heutigen Zeitpunkt tragen sie alle zur wissenschaftlichen Produktivität in den untersuchten Fächergruppen bei. Allerdings sind besonders in Asien die Wachstumsraten massiv angestiegen (Powell et al 2017 im Druck). Zweitens investieren alle Länder weltweit in Forschung und Entwicklung (FuE) (siehe Abbildung 9, S. 140). Diese Investitionen haben einen Einfluss auf ihre wissenschaftliche Produktivität. Zwischen einzelnen Ländern sind zum Teil große Unterschiede in der absoluten Publikationszahl und der relativen wissenschaftlichen Produktivität feststellbar. Nicht nur Investitionen in FuE tragen zur Expansion der Wissenschaft bei, sondern auch die Anmeldung von Patenten, höhere Studierendenzahlen, eine gestiegene Anzahl an Forschern, die Ausweitung von Forschungsaktivitäten in viele gesellschaftliche Teilbereiche, die Entwicklung von Forschungsprodukten und Neugründungen von Universitäten (Powell, Baker, Fernandez 2017 im Druck). Im Zuge der Hochschulexpansion und der Massifizierung der Hochschulbildung in den 1960er und 70er Jahren sind besonders die Studierendenzahlen und die Anzahl der Wissenschaftler extrem angestiegen. Es kam also zur Ausweitung des kompletten Hochschul- und Wissenschaftssystems und nicht nur zu einer Erhöhung der Anzahl an Publikationen. Im Umkehrschluss kann ein Teil des Anstiegs wissenschaftlicher Publikationen auf eine steigende Anzahl an Wissenschaftlern zurückgeführt werden. Drittens kann die von Derek J. de Solla Price aufgestellte These, dass das exponentielle Wachstum wissenschaftlicher Literatur irgendwann abflachen müsse, wiederlegt werden (siehe Abschnitt 2.4; Abbildungen 4 und 10, S. 53, 147). Obwohl einschneidende historische, politische, wirtschaftliche und technologische Ereignisse sowie Ereignisse bezogen auf die Hochschulen und Wissenschaft (siehe Abbildung 11, S. 150) kurzfristig zu einer Verringerung der Publikationszahlen geführt haben, wurde die Wachstumskurve nicht nachhaltig beeinflusst. Im Jahr 2010 wurden weltweit fast eine Million Zeitschriftenartikel in den Natur- und Technikwissenschaften sowie der Medizin publiziert. In Abschnitt 7.2.2 zeige ich, dass die Anzahl der publizierten Zeitschriftenartikel im Verhältnis zu den Ausgaben für FuE, der Größe der Hochschul- und Wissenschaftssysteme und der Anzahl der Einwohner (siehe Abbildung 12, S. 159) und Wissenschaftler (siehe Tabelle 3, S. 162; Abbildung 13, S. 164) relativiert werden müssen. Die anfängliche extreme Expansion der wissenschaftlichen Publikationen in den Mathematik, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften sowie der Medizin basiert auf einem allgemeinen Wachstum der Hochschul- und Wissenschaftssysteme (siehe oben). Unterschiedliche institutionelle Settings und Organisationsformen, in denen Wissenschaft produziert wird, haben einen Einfluss auf die wissenschaftliche Produktivität. Anhand der ausgewählten Fallbeispiele (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Belgien und Luxemburg) werde ich darlegen, dass Hochschul- und Wissenschaftssysteme, die über forschungsstarke Universitäten verfügen, höchst produktiv sind. Es kommt also nicht nur darauf an, wie viele Wissenschaftler innerhalb eines Systems beschäftigt werden, sondern auch darauf, in welchen institutionellen Settings sie arbeiten. Fünftens, im internationalen Vergleich trägt Deutschland immer noch erheblich zur wissenschaftlichen Produktivität in den untersuchten Fächern bei. Mit einer Wachstumsrate von 3,35% Prozent folgt Deutschland den USA und Japan. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 84,5 Mrd./€ für FuE von der Regierung bereitgestellt. Dies entspricht einem Anteil von 2,9 Prozent des BIP. Somit wurde der EU-Richtwert von 2020 von 3 Prozent lediglich knapp verfehlt. Im Jahr 2010 wurden in Deutschland insgesamt 55.009 Zeitschriftenartikel in den STEM+-Fächern publiziert (siehe Tabelle A5 im Anhang). Im Vergleich der absoluten Zahlen mit Großbritannien, Frankreich, Belgien und Luxemburg nimmt das Land die Spitzenposition ein. Die Größe des Hochschul- und Wissenschaftssystems hat somit einen Einfluss auf die Publikationsleistung. Werden die Zahlen in einem nächsten Schritt mit anderen Schlüsselindikatoren in Beziehung gesetzt, verändert sich die Leistung der miteinander verglichenen Systeme zum Teil erheblich. Gemessen an der Einwohnerzahl werden in Deutschland weniger Zeitschriftenartikel publiziert als in Belgien oder Großbritannien. Die Anzahl der beschäftigten Wissenschaftler betrug in Deutschland im selben Jahr 1000:4. Nur in Luxemburg und Großbritannien ist das Verhältnis von Wissenschaftlern zur Einwohnerzahl größer. Das Zusammenspiel der Organisationsformen der Wissenschaft in Deutschland von 1900 bis 2010 Auf Basis der Analysen zum globalen und europäischen Kontext der Entwicklung wissenschaftlicher Produktivität im Zeitverlauf (siehe Kapitel 7) folgt eine tiefgreifende, institutionelle Analyse des deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystems (siehe Kapitel 8). Sie dient als Ein- und Überleitung zur detaillierten empirischen Auswertung der Daten zum deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystem. Hier werden die wichtigsten Institutionen und Organisationen sowie das organisationale Feld der Wissenschaft (Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen) vorgestellt. Zudem diskutiere ich die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland zur Zeit des geteilten Deutschlands (1945-1990). Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse zeigt, dass die Entwicklung der Publikationszahlen in Deutschland dem weltweiten und europäischen Trend (im kleineren Umfang) folgt (siehe Abbildung 16, S. 208). Es kam sowohl zu einer Expansion des wissenschaftlichen Wissens in Form eines exponentiellen Anstiegs an Publikationen, als auch zu einer Erhöhung der Vielfalt wissenschaftlicher Produktivität im Zeitverlauf (siehe Abschnitte 9.1 und 9.3). Die folgenden vier Forschungsfragen werden beantwortet: Wie hat sich die wissenschaftliche Produktivität in Deutschland zwischen 1900 und 2010 entwickelt? Unter allen Wissenschaft produzierenden Organisationsformen, was tragen die "klassischen" Formen zur wissenschaftlichen Produktivität bei? Welche Organisationsformen stellen die besten Bedingungen für wissenschaftliche Produktivität bereit? Welche Einzelorganisationen gehören zu den forschungsstärksten in Deutschland? Wie oben beschrieben, verläuft das Wachstum wissenschaftlicher Produktivität in Deutschland zwischen den Jahren 1900 und 2010 exponentiell. Die Kurve ist vergleichbar mit der weltweiten und europäischen Entwicklung, wenn auch in kleinerem Umfang. Zwar hatten auch hier verschiedene Ereignisse, wie der Zweite Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise oder die Wiedervereinigung, einen kurzfristigen Einfluss, allerdings kam es zu keiner Verlangsamung oder Abflachung des Wachstums (siehe Abbildung 11, S. 150). Bis ins Jahr 2010 wuchs die Anzahl der publizierten Zeitschriftenartikel in Deutschland auf 55.009 an. Zweitens, zeigt eine detaillierte Betrachtung der wissenschaftlichen Produktivität Westdeutschlands im Vergleich zu Ostdeutschland, dass der Anstieg der gesamtdeutschen Publikationszahlen auf einem Anstieg der Zahlen in Westdeutschland basiert (siehe Abbildung 17, S. 211). Zwischen 1950 und 1990 verlief die Kurve der wissenschaftlichen Produktivität in der DDR flach und auf einem niedrigen Niveau. Hieraus kann geschlossen werden, dass das Hochschul- und Wissenschaftssystem der DDR, aufbauend auf seinem Akademiemodell, keine guten Bedingungen für wissenschaftliche Forschung bereitgestellt hat. Drittens, zeigt die detaillierte Analyse der "klassischen" Organisationsformen der Wissenschaft, Universitäten und außeruniversitäre Forschungsinstitute, dass Universitäten im Zeitraum von 1975 bis 2010 in den STEM+-Fächern die Hauptproduzenten wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel waren und sind (siehe Abbildung 18, S. 217). Im Untersuchungszeitraum beträgt der prozentuale Anteil der universitätsbasierten Forschung im Mittel 60 Prozent. Somit verteidigen sie ihren Status als wichtigste Organisationsform gegenüber anderen. Die Modus 2 Hypothese, dass es im Zeitverlauf zu einem Absinken des prozentualen Anteils der Universitäten kommen muss, wird verworfen. Der Anteil der Nicht-Universitäten liegt hingegen im Durchschnitt bei 40 Prozent. Obwohl die Richtigkeit der folgenden Aussage nicht empirisch überprüft werden kann, wird davon ausgegangen, dass es sich tatsächlich sogar um einen Anstieg wissenschaftlicher Produktivität der Universitäten im Zeitverlauf handelt. Unter Berücksichtigung einer Verschiebung der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für FuE zugunsten der außeruniversitären Forschungsinstitute haben die Universitäten im Zeitverlauf mit weniger Forschungsgeldern immer mehr wissenschaftliche Zeitschriftenartikel publiziert. Viertens, obwohl nicht nur Wissenschaftler innerhalb von Universitäten und Forschungsinstituten Zeitschriftenartikel veröffentlichen, haben diese beiden Organisationsformen zusammen mehr als drei Viertel aller Publikationen seit den 1980er Jahren verfasst. Aber auch schon in den Jahren zuvor ist ihr gemeinsamer Anteil sehr hoch. Zu den wichtigsten Wissenschaftsproduzenten gehören neben ihnen die (Industrie-)Unternehmen, Behörden und Ressortforschungseinrichtungen und Krankenhäuser (für eine ausführliche Beschreibung der Matrix der Organisationsformen siehe Tabelle 4, S. 222f und Abbildungen 19 und 20, S. 220, 246). Dennoch sind die Universitäten die treibende Kraft wissenschaftlicher Produktivität seit mehr als einem Jahrhundert. Mit ihrer speziellen Ausrichtung auf Grundlagenforschung stellen sie die besten Bedingungen für wissenschaftliche Forschung bereit und gehören zu den ältesten Institutionen mit einem hohen Institutionalisierungsgrad. Universitäten sind widerstandsfähig gegenüber Veränderungen und critical junctures haben keinen negativen Einfluss auf ihre wissenschaftliche Produktivität. Alle anderen im Datensatz gefundenen oder aus der Theorie abgeleiteten Organisationsformen (Akademien, Vereine/Gesellschaften, wissenschaftliche Infrastrukturen, Laboratorien, Militär, Museen und nichtuniversitäre Bildungseinrichtungen) spielen nur eine untergeordnete Rolle und wurden in der Gruppe "sonstige" Organisationsformen zusammengefasst. Fünftens, eine Auswertung der zehn forschungsstärksten Einzelorganisationen Deutschlands im Jahr 2010 bestätigt die oben beschriebenen Ergebnisse, da lediglich Universitäten und außeruniversitäre Forschungsinstitute dieser Spitzengruppe zugehören. Eine Zusammenfassung der Publikationen der Institute unter ihrer Dachorganisation zeigt, dass die Institute der Max-Planck-Gesellschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft maßgeblich zur Produktion wissenschaftlichen Wissens in Deutschland beitragen. Sie übertreffen zusammengezählt die Publikationstätigkeit einzelner Universitäten bei weitem (siehe Tabelle 5, S. 259f). Eine Einzelauswertung der Institute zeigt aber auch, dass sie allgemein genommen, aufgrund ihrer Größe und der Anzahl der Wissenschaftler, nicht mit den Universitäten konkurrieren können. Zudem gehört die hybride Organisation, die Charité – Universitätsmedizin Berlin zu den führenden zehn Wissenschaftsproduzenten im deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystem. Nationale und internationale Kooperationen wissenschaftlicher Forschung Im letzten empirischen Kapitel der Arbeit wird auf der Makroebene die Frage beantwortet, welchen Einfluss die zunehmende Internationalisierung der Forschung auf nationale und internationale Kooperationen in Form von Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften hat. Durch die voranschreitende Globalisierung und Internationalisierung haben nationale und internationale Kooperationen stark zugenommen. Zu den wichtigsten Gründen für (internationale) Kooperationen in den Mathematik, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften sowie der Medizin zählen unter anderen die Reputation der Forschungsorganisation und der Mitautoren, eine höhere Sichtbarkeit innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft, mehr Möglichkeiten für interdisziplinäre Forschung oder auch eine bessere Ausstattung der Labore. Heute sind bereits ein Drittel aller Forschungsartikel weltweit das Ergebnis wissenschaftlicher Kooperationen und lediglich ein Viertel wird von einem Autoren verfasst. Übertragen auf die Organisation der Forschung bedeutet der von Humboldt geprägte Leitsatz "in Einsamkeit und Freiheit", dass wissenschaftliche Forschung nicht mehr in alleiniger Verantwortung eines Wissenschaftlers durchgeführt wird, sondern das Ergebnis von Kooperationen ist. Netzwerke werden immer wichtiger, um gemeinsame Interessen zu teilen, an einer Fragestellung zu arbeiten sowie die aus der Forschung gewonnenen Erkenntnisse gemeinsam zu publizieren. Wissenschaftler, Organisationen und Länder unterscheiden sich dahingehend, wie sie ihre Forschung organisieren und folglich auch darin, wie sie ihre wissenschaftliche Zusammenarbeit gestalten. Diese Wege sind abhängig von der geografischen Lage und Größe des Hochschul- und Wissenschaftssystems, dem organisationalen Feld und den Einzelorganisationen. In dieser Arbeit werden unterschiedliche Muster wissenschaftlicher Zusammenarbeit präsentiert. Die Ergebnisse zeigen einen massiven Anstieg wissenschaftlicher Kooperationen in Form von gemeinsamen Publikationen im Zeitverlauf. Bis in die 1990er Jahre hinein publizierten die Wissenschaftler in den hier untersuchten Länder (Frankreich, Deutschland, Großbritannien, USA, Japan, China, Belgien und Luxemburg) hauptsächlich in Alleinautorenschaft. Erst danach kam es zu einem Anstieg an Kooperationen: Im Jahr 2000 wurden lediglich 37 Prozent aller Artikel von einem Autor verfasst. Im Jahr 2010 erreichte der Anteil einen Tiefststand von lediglich einem Fünftel Alleinautorenschaften (siehe Tabelle 6, S. 279f). Allerdings unterschieden sich die Länder hinsichtlich ihres Anteils an Ko-Autorenschaften zum Teil deutlich voneinander. Literatur Powell, J. J. W. & Dusdal, J. (2016). Europe's Center of Science: Science Productivity in Belgium, France, Germany, and Luxembourg. EuropeNow, 1(1). http://www.europenowjournal.org/2016/11/30/europes-center-of-science-science-productivity-in-belgium-france-germany-and-luxembourg/. Zugriff: 13.12.2016. Powell, J. J. W. & Dusdal, J. (2017a): Measuring Research Organizations' Contributions to Science Productivity in Science, Technology, Engineering and Math in Germany, France, Belgium, and Luxembourg. Minerva, (). Online first. DOI:10.1007/s11024-017-9327-z. Powell, J. J. W. & Dusdal, J. (2017b im Druck). The European Center of Science Productivity: Research Universities and Institutes in France, Germany, and the United Kingdom. IN Powell, J. J. W., Baker, D. P. & Fernandez, F. (Hg.) The Century of Science: The Worldwide Triumph of the Research University, International Perspectives on Education and Society Series. Bingley, UK, Emerald Publishing. Powell, J. J. W., Baker, D. P. & Fernandez, F. (2017, im Druck). The Century of Science: The Worldwide Triumph of the Research University, International Perspectives on Education and Society Series. Bingley, UK, Emerald Publishing. Powell, J. J. W., Fernandez, F., Crist, J. T., Dusdal, J., Zhang, L. & Baker, D. P. (2017, im Druck). The Worldwide Triumph of the Research University and Globalizing Science. IN Powell, J. W., Baker, D. P. & Fernandez, F. (Hg.) The Century of Science: The Worldwide Triumph of the Research University, International Perspectives on Education and Society Series. Bingley, UK, Emerald Publishing.