Die Internationale Arbeitsorganisation als institutionalisiertes Verhandlungssystem: eine völkerrechtliche Betrachtung
In: Die Institutionalisierung internationaler Verhandlungen, S. 133-170
Über das klassische Völkerrecht und die traditionelle internationale Diplomatie hinaus ist mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eine besondere Form eines institutionalisierten Verhandlungssystems geschaffen worden, das mit seinen spezifischen Organisations- und Verfahrensstrukturen einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung des erheblichen zwischenstaatlichen Kooperationsbedarfs auf diesem Feld leistet. Während das klassische Völkerrecht ein Forum bietet, in dem prinzipiell gleichberechtigte staatliche Akteure zur Förderung gemeinsamer Politikziele oder zur Lösung von Konflikten Verhandlungen führen und konsensual Entscheidungen treffen, stellt die ILO eine weitgehende Institutionalisierung dieser Interaktion dar. Die Gewinnung transferfähiger Bausteine dieser Institutionalisierung erfordert daher neben der notwendigen Verortung der ILO in ihrem rechtlichen und thematischen Kontext zunächst eine völkerrechtliche Untersuchung der Struktur und Verfahren dieses internationalen Verhandlungssystems. Auf der Grundlage dieses juristischen Organisationsverständnisses gilt es sodann, die charakteristischen Bausteine des Institutionalisierungsrahmens der ILO zu identifizieren, um sie dadurch für eine mögliche Übertragung auf andere Bereiche internationaler Koordinierung bereitzustellen. (ICI2)