Politikerverdrossenheit, Wertewandel und politische Institutionen
In: Gesellschaft im Übergang: Problemaufrisse und Antizipationen, S. 31-37
Die Frage, warum die Politiker- und Parteienverdrossenheit seit Jahren zunimmt, wird vielfach mit dem sogenannten Wertewandel der "postindustriellen Gesellschaft" in Verbindung gebracht. Der vorliegende Beitrag eruiert einige der Gründe für diese Entwicklung: Das zunehmende Bedürfnis nach Autonomie und eigener Entscheidung, die Ablehnung autoritativer Vorgaben und würdevoll gespreizter Institutionen, das nüchterne Fragen nach den eigenen Interessen und die Ablehnung nicht begründbarer Pflichten - all das ist dazu angetan, die politischen Institutionen zu entzaubern und sie der kritisch rationalen Prüfung durch die Menschen zu unterwerfen. Das Ergebnis der vorliegenden Prüfung ist skeptisch. Der kritische Blick zeigt, daß das politische System in vielen wichtigen Bereichen nicht mit den Grundprinzipien übereinstimmt, auf die der demokratische Staat sich selbst beruft und mit denen die Menschen rationalerweise - und mit Augen, die durch den Wertewandel kritisch geschärft sind - den Staat tatsächlich auch messen. (ICE)