Männerforschung: Entwicklung, Themen, Stand der Diskussion
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Band 62, Heft 40, S. 24-30
ISSN: 2194-3621
Der Verfasser zeigt, dass der gemeinsame Tenor der gegenwärtigen Männerforschung sich dahingehend zusammenfassen lässt, dass sich hegemoniale Männlichkeit "flexibilisiert" hat und "ihre Ränder unscharf" geworden sind. Männlichkeit hat also an Eindeutigkeit und Selbstverständlichkeit verloren. Männlichkeiten und Mannsein werden heute im Arbeitsalltag, wo eine Kultur des Entgegenkommens der Geschlechter verlangt wird, anders gelebt, als dort, wo Männer "unter sich" sind, und wieder anders in der Partnerschaft, in der Aushandlungsmodelle angesagt sind. Dennoch bleibt - das findet man zentral in den Männerstudien wie in den Diskursen - die einseitige Abhängigkeit des Mannes und der männlichen Identität von der (Erwerbs-) Arbeitsrolle und die unter dem Druck der modernen Arbeitsorganisation anhaltende Erschwerung des Zugangs zur inneren Familie. Das Problem der Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf, das traditionell nur als Sache der Frauen galt, ist inzwischen auch zum Männerproblem geworden und wird deshalb die Männerforschung in Zukunft beschäftigen. Ebenso werden die männertypischen Probleme - Bewältigung von intensivierter Arbeit und sozialer Ausgrenzung sowie Verstrickung in Gewalt - als Themen erhalten bleiben. Allerdings muss die Männerforschung aufpassen, dass sie in Zukunft nicht die inzwischen schon fast eingebürgerte Tendenz, Männer ausschließlich als Problemgruppe zu sehen, verstärkt. (ICF2)