Wählerwanderungen und Wahlprognosen: ein Vergleich zweier Erhebungsmethoden zur Ermittlung von Wanderungsbilanzen
In: Zeitschrift für Politik: ZfP, Band 23, Heft 1, S. 281-294
ISSN: 0044-3360
Zur Bestimmung von Wählerwanderungen zwischen verschiedenen Wahlterminen benötigt man personenidentische Angaben über Stimmabgabe oder Parteiensympathie. Um diese Basisdaten zu ermitteln, stehen zwei Möglichkeiten offen: In einer einmalig durchgeführten repräsentativen Bevölkerungsumfrage werden die Interviewten um Auskunft gebeten, welcher Partei sie bei der letzten Wahl ihre Stimme gegeben haben (recall-Frage) und wie sie sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt entscheiden wurden (Präferenzfrage). Oder in einer Verlaufs- bzw. Panel-Analyse wird zum Zeitpunkt die Stimmabgabe und zu späteren Zeitpunkten die aktuelle Parteienpräferenz ermittelt. In einer Panel-Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach konnte gezeigt werden, daß Antworten auf Recall-Fragen nicht zuverlässig sind. Deshalb weisen Wählerwanderungsmodelle auf der Basis von Recall-Fragen eine systematische Verzerrung auf und sind somit für Prognosezwecke nicht tauglich. Verläßliche Analysen der Wechsler, ihrer Zahl, Struktur und Motive sind nur auf Panelbasis, ausgehend von einem genügend großen Anfangsbestand, möglich. Hier können keine Verzerrungen entstehen, die aus mangelndem Erinnerungsvermoegen oder den aktuellen politischen Einstellungen herrühren. Für 1972 erbrachte die Wahlprognose mit Paneldaten ein zufriedenstellendes Ergebnis. (GB)