In: Kontext: Zeitschrift für systemische Therapie und Familientherapie ; Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie, Band 55, Heft 1, S. 54-63
In: Kontext: Zeitschrift für systemische Therapie und Familientherapie ; Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie, Band 55, Heft 2, S. 137-151
'Grundlage dieser Analyse sind 68 Wirksamkeitsstudien zur systemischen Therapie/ Familientherapie bei Kindern und Jugendlichen im Zeitraum von 1973 bis 2004. Es wird der Frage nachgegangen, welche Qualitätsunterschiede in der Wirksamkeitsforschung zwischen eher integrativ und eher klassisch orientierten Modellen systemischer Familientherapie bestehen, und ob diese Unterschiede mit der Art der untersuchten Therapiemodelle, dem Zeitpunkt der Erforschung und dem Herkunftsland der Studien zusammenhängen. Die Ergebnisse zeigen, dass systemisch-integrative Familientherapie in einigen wichtigen Kriterien der klassisch-systemischen Familientherapie in der methodischen Güte der Studien überlegen ist (z.B. Vorhandensein einer Kontrollgruppe, randomisiertes Studiendesign, Erhebung eines klinisch relevanten Outcomes). Allerdings konnten weitere Analysen belegen, dass die Konfundierung zwischen Publikationsjahr und dem Herkunftsland ein methodisch hohes Niveau der Wirksamkeitsprüfung vorhersagte, unabhängig von der familientherapeutischen Ausrichtung der Studien. Die Analyse verdeutlicht darüber hinaus einen gerade in den letzten Jahren stark angewachsenen Bestand an Wirkstudien zur systemischen Familientherapie insbesondere in den USA, allerdings auch einen Mangel deutscher Wirksamkeitsstudien.' (Autorenreferat)
Hintergrund: Systemische (Familien-, Paar-, Gruppen-, Multi-Familien-Gruppen-, Einzel-)Therapie ist in den USA und vielen europäischen Ländern ein anerkanntes und etabliertes Psychotherapieverfahren, in Deutschland jedoch erst seit 2008 wissenschaftlich anerkannt und bisher nur unzureichend in der klinischen Versorgung etabliert. Methode: Über Datenbankrecherchen und Querverweise in Metaanalysen und Reviews wurden alle bis Ende 2008 publizierten kontrollierten, randomisierten (oder parallelisierten) Outcome-Studien zur systemischen Therapie (alle Settings) bei ICD-10-/DSM-IV-Substanzstörungen des Erwachsenen- und des Jugendalters identifiziert und systematisch inhaltsanalytisch ausgewertet (Meta-Inhaltsanalyse). Ergebnisse: Es wurden 10 RCT zur systemischen Therapie bei Störungen des Erwachsenenalters und 17 RCT zum Jugendalter identifiziert – trotz internationaler Recherchen ausschließlich englischsprachige Publikationen. Sehr gut belegt ist die Wirksamkeit systemischer Familientherapie bei Substanzstörungen des Jugendalters, insbes. Cannabisstörungen (auch in Kombination mit dissozialen und/oder internalisierenden Störungen). Bei erwachsenen Heroinabhängigen ist ST kombiniert mit Methadonsubstitution nachweislich wirksamer als Methadonsubstitution allein. Weniger überzeugend ist die Evidenz zu Alkoholstörungen im Erwachsenenalter. Die Ergebnisse sind meist zeitlich stabil über Katamnese-Zeiträume von bis zu fünf Jahren. Schlussfolgerungen: Bei Substanzstörungen des Jugendalters ist systemische Therapie weltweit das am besten evaluierte Verfahren. In Bezug auf das Erwachsenenalter sind die Befunde auch positiv, aber weniger umfassend.
Fragestellung: Nach der Anerkennung der ST durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (2009 ) stellt sich die Frage, wie die ST im ausdifferenzierten deutschen Suchthilfesystem stärker genutzt werden kann. Methodik: Dieser einleitende Artikel gibt einen kurzen Überblick über die Entwicklung und die evidenzbasierten Varianten der Systemischen Therapie (ST) im Bereich der Substanzstörungen. Ergebnisse: Die ST ist ein psychotherapeutisches Verfahren, das psychische Störungen in ihrem interaktionellen Kontext versteht und behandelt. Sie beschäftigt sich bereits seit über 40 Jahren mit der Therapie von Substanzstörungen, ausgehend von den frühen strukturell-strategischen Ansätzen über das klassisch systemische Mailänder Modell und lösungsorientierte Ansätze bis zu den in den letzten Jahren in den USA evaluierten ST-«Marken» wie Multidimensional Family Therapy, Multisystemic Therapy, Functional Family Therapy oder Brief Strategic Family Therapy. Schlussfolgerung: Die ST hat eine Vielzahl therapeutischer Konzepte zur Behandlung von Substanzstörungen entwickelt, die im deutschen Suchthilfesystem noch unzureichend genutzt werden.