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The Emergence of Biography Blockades: Political Imprisoned Women in the GDR and Their Family Background
In: Gesellschaft – Individuum – Sozialisation: Zeitschrift für Sozialisationsforschung : GISo, Volume 3, Issue 1
ISSN: 2673-4664
There are only a few approaches in socialization theory that give empirical insights into the processes of growing up in an autocratic system. However, political regimes like the former German Democratic Republic (GDR) have (had) only limited control over private family structures. Thus, the different family backgrounds of women who were part of the opposition movement and imprisoned because they tried to (illegally) migrate to West Germany will be illustrated in this paper. The study consists of biographical narratives with women born in the 1940s, '50s, and '60s. The very different family backgrounds of these women influenced the acquired strategies to deal with the autocratic system. However, these strategies can fail or become ineffective in different life circumstances leading to biographical blockades. I argue that biographical blockades can be considered as a key concept to explain high-risk emigration decisions.
Die Entstehung von Biographie-Blockaden: Politisch inhaftierte Frauen in der DDR und ihr familiärer Hintergrund ; The Emergence of Biography Blockades: Political Imprisoned Women in the GDR and Their Family Background
In der Sozialisationstheorie gibt es nur wenige Ansätze, die empirische Einblicke in Prozesse des Aufwachsens in autokratischen Systemen geben. Politische Regime wie die ehemalige Deutsche Demokratische Republik (DDR) haben (hatten) jedoch nur eine begrenzte Kontrolle über private Familienstrukturen. Daher werden in diesem Beitrag die unterschiedlichen familialen Hintergründe von Frauen dargestellt, die der Oppositionsbewegung angehörten und inhaftiert wurden, weil sie versuchten, (illegal) nach Westdeutschland zu emigrieren. Die Studie basiert auf biographischen Erzählungen von Frauen, die in den 1940er, 50er und 60er Jahren geboren wurden. Die sehr unterschiedlichen familialen Hintergründe dieser Frauen beeinflussten die erworbenen Strategien im Umgang mit dem autokratischen System. Diese Strategien können jedoch unter verschiedenen Lebensumständen versagen oder unwirksam werden, was zu biografischen Blockaden führt. Im Artikel wird argumentiert, das Biographie-Blockaden als ein Schlüsselkonzept zur Erklärung riskanter Emigrationsentscheidungen betrachtet werden können. ; There are only a few approaches in socialization theory that give empirical insights into the processes of growing up in an autocratic system. However, political regimes like the former German Democratic Republic (GDR) have (had) only limited control overprivate family structures. Thus,thedifferent family backgrounds of women who were part of the opposition movement and imprisoned because they tried to (illegally) migrate to West Germany will be illustrated in this paper. The study consists of biographical narratives with women born in the 1940s, '50s, and '60s. The very different family backgrounds of these women influenced the acquired strategies to deal with the autocratic system. However, these strategies can fail or become ineffective in different life circumstances leading to biographical blockades. I argue that biographical blockadescan be considered as a key concept to explain high-risk emigration decisions.
BASE
Politisch inhaftierte Frauen in der DDR: eine biographieanalytische Studie zur Genese von Flucht- und Ausreiseentscheidungen
In der DDR gab es zahlreiche Maßnahmen, um eine Ausreise in den Westen zu verhindern. Die Integration in die DDR-Gesellschaft wurde durch einen ausgebauten Sozialstaat und einer ideologischen Erziehungspraxis sicherzustellen versucht. Überwachung, politische Justiz und ein rigides Disziplinarsystem sanktionierten zu offen vorgetragene Abweichungen von den sozialistischen Lebensmodellen. Trotz dieser herrschaftlich abgesicherten Präventionsmaßnahmen riskierten zahlreiche DDR-Bürgerinnen Fluchtversuche oder stellten Ausreiseanträge. Die Studie erörtert anhand 18 narrativer Interviews die spezifischen biographischen Konstellationen, die dazu führten, dass Frauen Widerstand gegen das Ausreise- und Migrationsverbot leisteten und zeichnet die Entwicklungsverläufe der politischen Verfolgung und Inhaftierung nach.
Die geschlossene Gesellschaft und ihre Feindinnen. Biographische Konstruktionen von politisch inhaftierten Frauen in der DDR
Der Staatssozialismus der DDR war seinem Anspruch nach hoch integrativ. Sozial-, bildungs- und wirtschaftspolitische Maßnahmen sollten die mangelnde Legitimität des SED-Regimes kompensieren. Insb. Frauen profitierten im hohen Maße von der Bildungsexpansion, den sich ausweitenden Frauenrechten, den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, sowie dem Recht auf einen Arbeitsplatz. Zugleich blieben strukturelle Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen weiterhin bestehen. Zudem oszillierten diese sozial- und familienpolitischen Maßnahmen in einem für Diktaturen eigentümlichen Verhältnis von Zwang und Emanzipation. Das Lebenslaufregime der DDR ragte durch Wohnungspolitik, Bildungsdelegation, fiskalische Anreize (z.B. Kindergeld) und Steuerung der Berufswahl enorm in die Biografien hinein. Ausgrenzung und Integration bildeten ein dialektisches Zwillingspaar.So blieben trotz dieser integrativen Maßnahmen, verstärkt durch ein hoch affirmatives Bildungssystem, Republikflucht und ab Mitte der 70er-Jahre die Ausreisebewegung ein zentrales Problem des SED-Regimes, welches durch Verfolgung, Zersetzung und Inhaftierung handhabbar gemacht werden sollte. Doch wieso wirkten bei den Ausreisewilligen die integrativen Mechanismen des SED-Staates nicht und welche biographischen Konsequenzen hatten die Repressionsmaßnahmen des MfS? An Hand einer biographietheoretischen Studie, in der ehemalig politisch inhaftierte Frauen aus der DDR interviewt wurden, können einige zentrale Befunde konstatiert werden: (1) Desintegrationsprozesse aus dem sozialstaatlichen Sicherungssystem lassen sich in aktiven Ausstiegsbewegungen, akzidentellen Verlaufskurven und anomischen Schicksalsschlägen unterscheiden. (2) In den drei Formen lassen sich unterschiedliche Ausgrenzungs- und Desintegrationsprozesse konstatieren. (3) Reaktionen auf diese Ausgrenzungsmechanismen sind Wandlungsprozesse, die neue Selbst-Welt-Verhältnisse erzeugen, die mit einem radikalen Bruch der DDR-Gesellschaft einhergehen. Es ergibt sich daraus die möglicherweise kontraintuitive These, dass es gerade die Inflexibilität und Allgegenwärtigkeit der sozialistischen Integrationsmechanismen war, die den alternativlosen Integrationszwang zu einer paradoxen Form der Ausgrenzung machen konnte. Dies wäre anhand einiger Fallbeispiele, deren Typus als ›Zusammenbruch der Normalbiographie‹ zu bezeichnen ist, zu zeigen.
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