Staat und Schule oder Staatsschule?: Stellungnahmen von Pädagogen und Schulpolitikern zu einem unerledigten Problem ; 1789 - 1889
In: Athenäum-Taschenbücher 3158
In: Erziehungswissenschaft
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In: Erziehungswissenschaft
Der wilhelminische Schulstaat ist wiederholt "vermessen" worden. Doch die auf "Fortschritt" durch Herrschaftssicherung, Loyalisierung und Disziplinierung bedachten Erziehungsansprüche im Wilhelminismus sind nicht nur in der systemischen oder hierarchischen Verknüpfung von Gesellschafts- und Schulstrukturen, in schulpolitischen Erlassen, didaktischen Zielsetzungen, Konferenzprotokollen oder Schulbüchern, also auf der "klassischen" Spur bildungsgeschichtlicher Untersuchungen zu erfassen, sondern auch in mentalitätsgeschichtlich aufschlußreichen Zusammenhängen jugend-, sport- und militärpolitischer Initiativen. Selbst die ästhetische Inszenierung und Sakralisierung des Wilhelminismus in zeitgenössischen Architekturbeispielen oder die national-integrative Fest- und Feiertagskultur zeigen, daß er gesinnungsbildender Erziehungsstaat sein wollte. Dieser Anspruch steigert sich während des Ersten Weltkriegs sogar zu ersten Konzepten einer Staatsjugendorganisation. (DIPF/Orig.) ; The school system of the Wilhelmine era has repeatedly been surveyed. However, the pedagogical claims of that time, which aimed at progress by ensuring control, loyalty, and discipline, may be shown not only in the systemic and hierarchic connection between social and school structures, in school-political decrees, didactic objectives, conference proceedings, or school books - i.e., by following the "classic" track of educational-historical research - but also in youth-, sports- and military-oriented political initiatives that are instructive regarding aspects of historical mentality. Even the aesthetic Staging and sacralization of the Wilhelmian era in architecture and the national-integrative culture of festivals and memorial days demonstrate that this was supposed to be an educational state meant to further a specific ideology. During the First World War, this claim even led to first concepts of a state youth-organization. (DIPF/Orig.)
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Wirkungsweise und Wirkungsgeschichte der Ratgeberliteratur wurden bisher kaum untersucht. Anlass hierzu gaebe es allerdings, denn unterhalb der Ebene paedagogischer Theoriebildung gibt es eine paedagogische Praxis, die von Erziehungsratgebern nachhaltig beeinflusst wird. Diese Ratgeber verweisen zwar auf Probleme der Erziehungswirklichkeit, sie spiegeln aber haeufig nur Wunschbilder der Erziehung. Das Bestreben der Paedagogik, sich als Wissenschaft auszuweisen, fuehrt zu einem Auseinanderdriften von Theorie und Praxis. "Rat geben" wird in eine "mindere" Reflexionsstufe und in geringere Anbindung an den wisenschaftlichen Diskurs abgedraengt. Durchweg sind es Mediziner, Schulmaenner und Pastoren, die "Anweisungen", "praktische Winke" und "Handreichungen" verfassen, und fast ausnahmslos sind es Maenner. Die 40 bis 60 Neuerscheinungen pro Jahr stellen nicht nur paedagogisch betrachtet, sondern auch unter dem politischen Gesichtspunkt der Mentalitaetsbildung eine nicht zu vernachlaessigende Groesse dar. An drei Themenkomplexen: Geschlechtsspezifische Erziehung, "buergerliche Tugenden" und Gehorsam werden Inhalte und Zielsetzungen historischer und gegenwaertiger Ratgeber exemplarisch vorgestellt. Ratgeber folgen noch heute dem Muster alter Erziehungslehren: Sie liefern Erziehungsregeln und -rezepte, die - richtig angewendet - den Erfolg garantieren sollen. Erziehung reduziert sich damit auf einen Ursache- Wirkungs- Mechanismus, das Verhaeltnis Erzieher- Zoegling auf einen Subjekt- Objekt- Bezug. Das Risiko des immer unsicheren Ausgangs von Erziehung in einer Beziehung zwischen Subjekten wird nicht (mehr) akzeptiert. (DIPF/Orig.)
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