Kleinräumige, vielfach polarisierende und durch Wanderungen geprägte Veränderungen der Bevölkerungsstruktur wirken entscheidend auf die aktuelle Siedlungsentwicklung in Deutschland ein. Wenngleich die Landes- und Regionalplanung versucht, die damit in Verbindung stehenden Wohnbauflächenbedarfe zu steuern, kommt es infolge einer Konkurrenz der Gemeinden um potenzielle Wanderungsgewinne vielfach zu einer ungeregelten Ausweisung von Wohnbauflächen innerhalb der Gesamtregion. Für den vorliegenden Beitrag ist dies der Anlass, einen Ansatz für eine interkommunal abgestimmte, demographischen Entwicklungen Rechnung tragende Wohnbauflächenbedarfsermittlung zu entwickeln, um auf diese Weise die Flächeninanspruchnahme insgesamt zu verringern. In einem ersten Schritt werden dazu die aus zu erwartenden kleinräumigen Wanderungen ableitbaren Wohnbauflächenbedarfe in Form von unterschiedlichen Szenarien gemeindekonkret dargestellt. In einem zweiten Schritt gilt es, mittels eines Prüforteansatzes solche Gemeinden zu identifizieren, die aufgrund ihrer Ausstattungs- und Erreichbarkeitsmerkmale geeignet scheinen, zusätzliche Wohnbauflächenbedarfe aufzunehmen. In einem dritten Schritt werden die ermittelten Wohnbauflächenbedarfe mithilfe verschiedener Indikatoren Prüforten zugeordnet. Der Ansatz wird am Beispiel der Region Halle-Leipzig illustriert.
Die Wohnflächenentwicklung im Rahmen der Siedlungsentwicklung ist ein maßgeblicher Treiber der Flächeninanspruchnahme und somit entscheidend für das Ziel, die Neuinanspruchnahme von Fläche bis 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag zu senken. Obwohl Raumplanung und Raumwissenschaft diesen Umstand seit Jahren adressieren, z. B. über ein konsequentes Flächenmanagement, liegt die aktuelle Flächenneuinanspruchnahme in Deutschland bei rund 52 Hektar pro Tag (Stand 2019). Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Steuerung der Siedlungsentwicklung oftmals erst in Entwicklungen eingreift, die über die den Gemeinden zustehende Eigenentwicklung hinausgehen. Ansätze zur Steuerung der Eigenentwicklung verbleiben meist auf einer pauschalen Ebene und befördern somit dezentrale Entscheidungen, die in der Summe die gesetzten Ziele konterkarieren. Ziel des Beitrags ist es, ein Modell zur Berechnung der Eigenentwicklung vorzustellen, welches nicht nur die demographische Entwicklung berücksichtigt, sondern die Größe der Eigenentwicklung an ortsspezifischen Bedarfen ausrichtet, um so den Grundsätzen der Raumordnung gerecht zu werden und eine nachhaltige Raumentwicklung zu ermöglichen. In seiner empirischen Basis stützt sich der Beitrag auf Analysen von Daten der Statistischen Landesämter Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie Befragungen, Interviews und Forschungsergebnisse, die im Rahmen des BMBF-geförderten Projektes Interko2 durchgeführt wurden bzw. entstanden sind.
Im Ergebnis der Untersuchung liegt eine vergleichende Datenanalyse zur Charakteristik der EURES-TriRegio aus Sicht der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung vor. Aufbauend auf der Analyse des Standes der Migrations- und Pendlerverflechtungen wurden Push- und Pull-Faktoren der grenzübergreifenden Verflechtung diskutiert. In allen drei Teilregionen fanden ergänzend Interviews mit Arbeitsmarktexperten statt. Diese bildeten neben der Analyse und einer vergleichenden Literaturauswertung die Grundlage für Handlungsempfehlungen. Die Ergebnisse und insbesondere die Handlungsansätze wurden gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und regionalen Entscheidern auf drei Expertenworkshops (Leipzig, Prag, Szklarska Poreba) diskutiert.