Biopolitik und Demographie: von der Fondation Alexis Carrel (1941-1945) zum Institut National d'Etudes Demographiques (1945-heute)
In: Frauen und Faschismus in Europa: der faschistische Körper, p. 72-89
In dem Beitrag wird die Entwicklung derForschungen zur Bevölkerungspolitik in Frankreich nachgezeichnet. Dabei werden zwei Phasen unterschieden: (1) die Forschung der Fondation Alexis Carrel von 1941 bis 1945; (2) die Forschung am Institut National d'Etudes Demographiques (INED) von 1945 bis heute. Es geht um die Frage, welche Auffassungen und Ziele sich hinter der Formel vom Rückgang der Geburtenrate verbergen. Die Bevölkerungstheorie von Carrel wird dargestellt, der zufolge die Natur den Tod einer bestimmten Anzahl von Müttern zum Überleben der Rasse erfordert. Es wird gezeigt, daß 1945 die Demographen der Fondation A. Carrel kurzfristig ein erhebliches Ansteigen der Geburtenziffern als Rseultat der Familienpolitik der Regierung Vichy erwarten. Ausgehend vom Gesellschaftsentwurf des INED wird nachgewiesen, daß die scheinbar wissenschaftlich fundierte Warnung vor einer Überalterung der Bevölkerung als Resultateiner rückläufigen Geburtenrate eine Scheinkonstruktion ist, die "auf dem Glauben an die Unvermeidlichkeit der Maßnahmen der Aussonderung, Ausbeutung und Ausrottung" beruht". Abschließend wird nach dem Sinn der aktuellen Auseinandersetzung mit den biopolitischen Ansätzen des Vichy-Regimes gefragt. (ICA)